Ford schließt Motorenwerk in Wales mit 1.700 Arbeitsplätzen

Der Autohersteller Ford gab letzte Woche die Schließung seines Motorenwerks in Bridgend in Südwales bekannt. 1.700 Arbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz. Das Werk soll bis September 2020 geschlossen werden. Nach jahrzehntelanger Deindustrialisierung der Region versetzt dies den dortigen Arbeitern und ihren Familien einen verheerenden Schlag.

Das Werk in Bridgend wurde 1980 eröffnet, nachdem Ford von der scheidenden Labour-Regierung unter James Callaghan Anreize für Investitionen geboten worden waren.

Die Schließung ist Teil des globalen Restrukturierungsprogramms von Ford, wobei der Präsident von Ford Europa, Stuart Rowley, erklärte: „Eine veränderte Kundennachfrage und Kostennachteile sowie das Fehlen zusätzlicher Motormodelle für Bridgend in der Zukunft machen das Werk in den kommenden Jahren wirtschaftlich unhaltbar“. Das Unternehmen teilte mit, dass es plant, die Produktion von Hybrid- und nicht von Benzinmotoren zu erhöhen.

Die Arbeiter im Werk wurden am Donnerstag nach Hause geschickt, nachdem sie einen Brief erhalten hatten, in dem ihnen erklärt wurde, dass sie ihre Arbeitsplätze in mehreren Etappen bis zum 25. September 2020 verlieren würden. Nach Angaben einiger Beschäftigter, könnte Ford schon in dieser Woche mit den Entlassungen beginnen.

Einer der Arbeiter berichtete ITV News, dass „ziemlich viele von uns von Southampton nach Bridgend umgezogen sind, als sie das dortige Ford-Werk geschlossen haben“. Er fügte hinzu: „Es wird hier nichts übrig bleiben, oder?"

Ford schloss sein Werk in Southampton, das Transporter herstellte und zuletzt 500 Arbeiter beschäftigte, im Jahr 2013. Das Unternehmen verlagerte die Produktion in die Türkei und gab an, dass die Kosten dort „deutlich niedriger“ wären als in Westeuropa.

Der Schritt zur vollständigen Schließung des Werks in Bridgend erfolgt nur wenige Monate nachdem Ford im Januar letzten Jahres angekündigt hatte, dort 1.000 Arbeitsplätze abzubauen, davon 370 in einer ersten Welle.

Ford produziert jährlich über eine Million Motoren an zwei britischen Standorten – in Bridgend und in Dagenham in Essex (Herstellung von Dieselmotoren). Als Teil eines integrierten globalen Produktionsnetzwerks werden die in Bridgend hergestellten Benzinmotoren für den Einsatz in den Modellen Focus und Kuga an Ford-Produktionsstätten ins Ausland geliefert.

Ein wesentlicher Faktor bei der Schließung war das bevorstehende Ende eines Vertrages über eine größere Motorenproduktion für Modelle von Jaguar Land Rover (JLR). Die Motorenproduktion für JLR geht auf das Jahr 2008 zurück, als Ford die Autoproduzenten Jaguar und Land Rover an Tata Motors verkaufte und einen Vertrag über die Produktion der Motoren in Wales abschloss. Aber 2017 kündigte JLR an, ab 2020 alle seine Motoren im eigenen Werk im englischen Wolverhampton selbst zu produzieren.

Bridgend sollte ab diesem Jahr den neuen Dragon-Dreizylinder-1,5-Liter-Motor herstellen, aber dessen Nachfrage geht zurück. Das Werk war mit einer Kapazität von 750.000 Dragon-Motoren pro Jahr ausgelastet, aber die prognostizierten Mengen sanken zunächst auf 250.000, dann auf 125.000 und laut Berichten inzwischen auf nur noch 80.000. Infolgedessen hat Ford seit 2016 die geplanten Investitionen in Bridgend von 181 Millionen Pfund (203 Mio. Euro) auf 100 Millionen Pfund (112 Mio. Euro) reduziert.

Ford gibt den Dragon-Motor nicht auf, sondern wird die Produktion – im Rahmen der globalen One-Ford-Strategie – in seine kostengünstigeren Werke in Indien und Mexiko verlagern, in denen der Motor bereits hergestellt wird. Die Dragon-Motoren werden zusätzlich auch in Brasilien, China und Russland produziert.

Ford behauptete, dass der geplante Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union kein Faktor für seine Entscheidung sei. Ford und andere Automobilhersteller haben jedoch wiederholt vor der Gefahr eines No-Deal-Brexit gewarnt, und betont, dass der Verlust des zollfreien Zugangs zum Binnenmarkt ihre unzähligen grenzüberschreitenden Liefergeschäfte gefährden würde.

Aufgrund der fehlenden Nachfrage und einem Überangebot von Fahrzeugen auf dem Weltmarkt, sank die Zahl der in Großbritannien gebauten Autos im April gegenüber dem Vorjahr um fast die Hälfte. Der Rückgang wurde noch verschärft, da mehrere in Großbritannien tätige Hersteller, darunter Nissan, Honda und Jaguar Land Rover, in Erwartung eines Brexits, der nun auf den 31. Oktober verschoben wurde, Produktionsausfälle im Sommer vorzogen.

Die Ankündigung, das Werk in Bridgend zu schließen, folgt auf Fords Schritt im vergangenen Monat, von weltweit 7.000 Jobs in der Verwaltung 550 in Großbritannien abzubauen.

Die Schließung von Bridgend bedeutet eine Beschleunigung der globalen Umstrukturierung von Ford, nachdem ein neuer Finanzvorstand vom Online-Einzelhandelskonzerns Amazon, der für die Ausbeutung seiner Belegschaft bekannt ist, eingestellt wurde. Im April kündigte Ford den Abbau von 5.000 Arbeitsplätzen in Deutschland an. Darüber hinaus ist die Schließung von Werken oder die Konsolidierung der Aktivitäten in Frankreich, Russland und Brasilien geplant. Ford baut auch Tausende von Arbeitsplätzen in China ab, nachdem dort die Fahrzeugverkäufe um 40 Prozent zurückgegangen waren.

Die Gewerkschaften haben mit vorgetäuschter Empörung auf die Entscheidung von Ford reagiert. Der Generalsekretär der Gewerkschaft Unite Len McCluskey erklärte, dass die Gewerkschaft „dieser Schließung mit aller Kraft widerstehen wird“. Wie ein Co-Manager erklärte er die Schließung der „Produktionsbasis“ zu „einem grotesken Akt des wirtschaftlichen Verrats“, nachdem „Ford gegenüber Großbritannien ein Versprechen nach dem anderen brach“.

Um einen Keil zwischen die britischen Arbeiter und ihre Kollegen in ganz Europa und weltweit zu treiben, fügte er hinzu: „Das Unternehmen hat seine britischen Aktivitäten bewusst heruntergefahren, so dass heute kein einziger PKW oder Van mehr von Ford in Großbritannien hergestellt wird“. McCluskey beschwerte sich, dass es „einfacher und schneller war, unsere Arbeiter zu entlassen als die in unseren Konkurrenzländern“.

Die Gewerkschaft organisiert weder Streiks noch andere Formen von Arbeitskämpfen. Unites falscher „Widerstand“ konzentriert sich auf einen bankrotten „Aufruf an die Regierungen in der Walisischen Versammlung und in Westminster, sich uns anzuschließen, um dieses Werk zu retten und einen weiteren tödlichen Schlag auf den Produktionsstandort Großbritannien zu verhindern“.

McCluskeys Demagogie widerlegt alles, was Unite und die anderen Gewerkschaften bereits getan haben, um den Weg für die jetzige Schließung vorzubereiten. Das schließt ihre bisherige Zusammenarbeit mit dem Unternehmen ein, um jegliche vom Konzern geforderten „freiwilligen“ Entlassungen durchzusetzen.

Im Januar berichtete Walesonline, dass die Gewerkschaften an einer Ford-Präsentation teilnehmen würden, in der dargelegt wird, wie das Unternehmen die Belegschaft in den nächsten zwei Jahren reduzieren will. Damals erklärte Ford, dass der Konzern mit seinen „Gewerkschaftspartnern“ und anderen wichtigen „Interessensgruppen“ zusammenarbeiten werde, um einen „umfassenden Transformationsplan zur Stärkung der Marke Ford“ umzusetzen. Das Unternehmen fügte hinzu: „Die Strategie wird zu weniger Arbeitsplätzen führen – sowohl im Bereich der Zeitarbeits- als auch der Stammbeschäftigten. Aber es ist verfrüht, darüber zu spekulieren, um wie viele Arbeitsplätze es sich handelt. Denn wir haben gerade erst Gespräche mit unserem Betriebsrat und unseren Gewerkschaftspartnern aufgenommen... [W]ir zielen darauf ab, die Senkung der Arbeitskosten durch die freiwillige Trennung von Mitarbeitern zu erreichen und werden eng mit Sozialpartnern und anderen Interessengruppen zusammenarbeiten.“

Dieser verfaulte Prozess hinter verschlossenen Türen, der die Arbeiter im Dunkeln lässt, hat nur wenige Monate später zu einem Plan geführt, die gesamte Anlage zu verschrotten. Den Gewerkschaften geht es einzig und allein darum, ihren Status als zuverlässige „Partner“ sowohl der Unternehmensleitung als auch der Regierung zu festigen.

Der Regionalorganisator der Gewerkschaft GMB (General, Municipal, Boilermakers and Allied Trade Union) Jeff Beck sagte, die Ankündigung sei ein „echter Schlag für die walisische Wirtschaft und die Gemeinde in Bridgend“. Er betonte: „Ungeachtet der heutigen Ankündigung wird die GMB weiterhin mit Ford, unseren Schwestergewerkschaften und der walisischen Regierung zusammenarbeiten, um eine Lösung für das Problem zu finden und die Auswirkungen dieser verheerenden Nachricht abzumildern.“

In einer nationalistischen Hetztirade erklärte er: „Was es noch schlimmer macht, ist, dass Donald Trump in diesem Land über ein mögliches Handelsabkommen mit Großbritannien und den USA spricht, aber wenn das Werk geschlossen wird, werden die Motoren wahrscheinlich von einem amerikanischen Unternehmen in Mexiko produziert werden... So viel zur besonderen Beziehung, Mr. Trump“.

Um in einer Industrie zu überleben, in der der Stärkere den Schwächeren frisst, agiert Ford auf globaler Ebene. Der Konzern ist stets bestrebt, die Rentabilität auf Kosten der Arbeitsplätze, Löhne und Bedingungen seiner Beschäftigten zu steigern, wie seine jetzigen Pläne zur Verlagerung der Dragon-Motorenproduktion an günstigere Standorte in Indien und Mexiko zeigen. Alle globalen Automobilhersteller bauen Stellen ab. GM vernichtet 14.000 Arbeitsplätze, Volkswagen 7.000, Tata Motors' Jaguar Land Rover 4.500 und Tesla 3.000.

Arbeiter können sich diesen Unternehmen nur widersetzen, indem sie eine international koordinierte Kampagne zur Verteidigung ihrer Arbeitsplätze und ihres Lebensstandards entwickeln. Dieser Kampf kann nur im Kampf gegen das nationalistische Programm der Gewerkschaften geführt werden.

Die Gewerkschaften sind keine Arbeiterorganisationen und dienen nicht der Verteidigung der Interessen ihrer Mitglieder, sondern der Unternehmen. Wenn der Kampf gegen die Vernichtung der Arbeitsplätze in den Händen der Gewerkschaften bleibt, wird das Werk in Bridgend geschlossen. Das zeigen alle internationalen Erfahrungen in der Automobilindustrie und anderswo.

Um diese verheerende Entwicklung abzuwenden, ist es unerlässlich, dass die Beschäftigten von Ford Bridgend den Kampf zur Verteidigung ihrer Arbeitsplätze aus den Händen der Gewerkschaften nehmen und ihre eigenen Klasseninteressen geltend machen. Dazu müssen sie unabhängige Aktionskomitees bilden und Autoarbeiter in Großbritannien und international in einer gemeinsamen Offensive zur Verteidigung ihrer Arbeitsplätze und Lebensgrundlagen zusammenführen.

Der Autor empfiehlt: Eine internationale sozialistische Strategie gegen Massenentlassungen in der Autoindustrie

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