Perspektive

Panzer auf den Straßen von Washington am 4. Juli.

Am Morgen des 4. Juli werden die Militärbasen am Stadtrand von Washington vor Aktivität brummen.

Wenn Donald Trump sich durchsetzt mit seinen Plänen für den Unabhängigkeitstag, dann werden sich Panzergruppen auf den Straßen sammeln und Kampfflugzeuge, Hubschrauberstaffeln und Stealth-Fighter über Capitol Hill donnern.

Am Abend wird Trump mit den Kampfjets im Hintergrund eine landesweit ausgestrahlte Rede vor der versammelten Menge seiner Anhänger halten.

Diese Zurschaustellung militärischer Macht auf dem Gelände, das den Kongress vom Weißen Haus trennt, ist eine bewusste politische Provokation und lange vorbereitet von Trump und seinen ultrarechten Beratern. Trump testet seine Stärke, indem er das traditionelle Feuerwerk am Unabhängigkeitstag durch eine Wahlkampfveranstaltung und Militärparade ersetzt.

Trump beansprucht seine persönliche Macht als Chef der Exekutive über das Militär und geht damit den historisch vorgezeichneten Weg zur autoritären Herrschaft und zur Abschaffung der Grundrechte.

Die Legislative, die bereits ihre Macht an Trump abgetreten hat, den „nationalen Notstand“ auszurufen, und Milliarden für die Finanzierung seines Grenzregimes zur Verfügung stellt, sieht sich nun mit Panzern im Schatten des Kapitols konfrontiert. In der vergangenen Woche stimmte die Demokratische Partei dafür, (1) Trump 4,9 Milliarden Dollar zu geben, um sein Durchgreifen gegen Einwanderer zu finanzieren, (2) den größten Militäretat aller Zeiten aufzustellen und (3) den laufenden Etat um den Geldbetrag auszugleichen, der für den Bau einer Grenzmauer entnommen wurde. Die Demokratische Partei ist nicht in der Lage, sich Trump und seiner Politik zu widersetzen, weil sie beide die gleichen sozialen Interessen vertreten: die Interessen des Finanzkapitals.

Trump spricht im März in einer Panzerfabrik in Ohio [Quelle: The White House].

Trump hatte seine Pläne für den 4. Juli bereits im Februar angekündigt und erklärt via Twitter, dass die Veranstaltung „A Salute to America“ heißen und „eine Ansprache eures Lieblingspräsidenten: mir“ enthalten werde.

Letzten Freitag, knapp eine Woche vor dem Feiertag, erging von Seiten des Innenministeriums die beispiellose Ankündigung, dass die Veranstaltung auch militärische Überflüge der Hauptstadt beinhalten würde. In sorgfältig gewählten Worten sagte Innenminister David Bernhardt, es gäbe dabei „eine Ansprache unseres Oberbefehlshabers“. Am Montag berichtete die Presse, dass Trump auch Panzer und andere Militärfahrzeuge angefordert hat.

Die Vorbereitungen für Trumps Veranstaltung am 4. Juli gehen auf den Januar 2017 zurück, als er durchsetzen wollte, das Militär in die Parade zu seiner Amtseinführung einzubinden. Am Tag vor seiner Amtseinführung sagte Trump der Washington Post: „Wir werden den Leuten zeigen, wie wir unser Militär aufbauen, wir werden unser Militär zeigen. Das Militär könnte die Pennsylvania Avenue entlang marschieren.“

Das Militär hielt zwar letztlich Trump von dieser Show ab, gleichzeitig gab es aber den Versuch, Soldaten hinter dem Präsidenten in Stellung zu bringen, als dieser seine Antrittsrede hielt. Im Jahr 2018 rief er am Veteranentag erneut zu einer Militärparade auf, aber auch diese fand nicht statt.

Trump hat getestet, wie weit seine persönliche Macht über das Militär geht: So wollte er Soldaten, die wegen Kriegsverbrechen verurteilt waren, begnadigen und hat die Marine aufgefordert, den Zerstörer USS John McCain – benannt nach Trumps verstorbenem parteiinternen Rivalen – aus dem Blickfeld des Präsidenten zu entfernen.

Trump ist nicht von Außen in eine ansonsten gesunde Gesellschaft eingedrungen. Er ist das reaktionäre Ergebnis eines langwierigen Prozesses.

Im Juni 1991 rollten zum letzten Mal Panzer und marschierten Truppen durch Washington, als 8.000 Soldaten bei der so genannten „National Victory Celebration“ das Ende der ersten US-Invasion im Irak feierten. Damals wie heute hatte die Militärparade ein klar bestimmtes politisches Ziel: Die Parade 1991 fand gerade zu der Zeit statt, als die Sowjetunion aufgelöst wurde und der amerikanische Imperialismus seine unangefochtene geopolitische Hegemonie über die ganze Welt behauptet, so bezeichnet als „unipolares Moment“.

Wochen vor der Militärparade bemerkte der damalige US-Präsident George H. W. Bush: „Wir haben das Vietnam-Syndrom endlich überwunden.“ Er hoffte, dass ein einseitiger militärischer Sieg die weit verbreitete Anti-Kriegs-Stimmung beseitigen würde, die noch Jahrzehnte nach dem katastrophalen Krieg in Vietnam, der drei Millionen Vietnamesen und 55.000 amerikanische Soldaten tötete, in Amerika herrschte.

Mit der Parade begann der Versuch, das Militär systematisch in alle Bereiche des politischen und kulturellen Lebens zu integrieren. Nach dreißig Jahren ununterbrochenem Krieg haben die USA in Nordafrika, im Nahen Osten und in Zentralasien einen Massenmord an der Bevölkerung und ganzen Gesellschaften begangen und eine Katastrophe nach der nächsten verursacht. Die Vereinigten Staaten sind dennoch weit davon entfernt, den langfristigen Niedergang des amerikanischen Kapitalismus auf Weltebene aufzuhalten und sehen Konkurrenten in jeder Ecke, während sie mit wachsenden sozialen Unruhen im eigenen Land konfrontiert sind. Die herrschende Klasse bereitet sich fieberhaft auf den Weltkrieg und die Unterdrückung im Innern vor.

Dass Trump keine Verirrung ist, zeigt die Reaktion der so genannten Opposition. Seit der Amtseinführung von Trump hat die Demokratische Partei gegenüber der Öffentlichkeit die Gefahr heruntergespielt, die von Trump und seinen Bemühungen ausgeht, das Militär in der Hauptstadt zu mobilisieren.

Als Trump vorschlug, das Militär nach den Zwischenwahlen auf der Pennsylvania Avenue marschieren zu lassen, weigerten sich die Demokraten, über die politischen Konsequenzen eines solchen Manövers zu reden, die sie sehr wohl kannten. Stattdessen argumentierten die Demokraten, dass eine solche Parade „zu teuer“ wäre.

Die Leitmedien folgten pflichtbewusst dieser Herangehensweise an die Frage und sprachen sich gegen Panzer auf den Straßen aus mit der Begründung, dass sie den Asphalt beschädigen würden!

Tatsächlich verharmlosen die Demokraten die diktatorische Natur von Trumps Schritten, weil sie Angst vor Opposition von unten haben. In Bezug auf Trumps Pläne zum 4. Juli schreibt die New York Times: „Eleanor Holmes Norton, eine Demokratin und Delegierte, die den District of Columbia im Parlament vertritt, sagt, sie befürchtet, dass die Anwesenheit des Präsidenten den Familienfeiertag so politisiert, dass es zu Anti-Trump-Protesten kommen könnte.“

Die Times zitierte Holmes Norton mit den Worten: „Die Menschen werden wütend sein. Das wird der wütendste 4. Juli aller Zeiten. Die Menschen werden so verärgert sein, dass eine politische Gestalt sich den 4. Juli zu eigen macht, dass es viele geben wird, die der Meinung sind, Sie müssten ihrer Abscheu Ausdruck verleihen.“

In einem Kommentar von Michelle Cottle machte sich die New York Times ähnlich Sorgen, dass Trump „sich überhaupt nicht um die öffentliche Einheit kümmert“ und dass seine Handlungen „die Nation weiter spalten“. Solche Aussagen entlarven die Demokratische Partei als Komplizin von Trumps ultrarechter Agenda.

Zig Millionen Menschen sind in der Tat „wütend“ über die historischen Verbrechen der Trump-Regierung, und das zu Recht. Abgesehen von seiner kleinen Basis an Unterstützern treffen Trumps diktatorische Ambitionen kaum auf Zustimmung in der breiten Masse der Bevölkerung.

Trumps Pläne für eine Militärparade in Washington sind Teil einer unpopulären und zunehmend autoritären Machtpolitik. Er hat wiederholt angekündigt, die Ergebnisse der Wahlen 2020 zu ignorieren, wenn er verliert - eine Drohung, die führende Demokraten als „Witz“ abtun.

Letzte Woche drohte Trump damit, mit „überwältigender Macht“ den Iran „auszulöschen“ und die USA in einen weiteren katastrophalen Krieg zu ziehen. Seine Regierung versucht, den WikiLeaks-Gründer Julian Assange auszuliefern zu lassen und ins Gefängnis zu werfen, weil er die Kriegsverbrechen der USA im so genannten „Kampf gegen den Terror“ aufgedeckt hat.

Trumps Veranstaltung am 4. Juli findet kurz vor Ablaufen einer selbstgesetzten Frist ab, nach der großangelegte paramilitärische Razzien gegen Einwanderer in insgesamt zehn amerikanischen Städten stattfinden sollen.

An der US-mexikanischen Grenze werden bereits Tausende Soldaten eingesetzt unter dem Vorwand, einen „nationalen Notstand“ abzuwenden. Die national koordinierten Razzien sind das Gespenst militärischer Einsätze und des Kriegsrechts in einigen der bevölkerungsreichsten Städte des Landes, darunter Chicago, Los Angeles, Miami, Houston, New Orleans, Denver, San Francisco, Atlanta und Baltimore.

Zehntausende Migrantenkinder sind unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert, Ärzte und Anwälte sprechen von „Konzentrationslagern“ und „Foltereinrichtungen“. Die Leichen von Zuwanderern und Flüchtlingen werden am Ufer des Rio Grande angespült. Gestern enthüllte ProPublica Facebook-Posts, die die faschistische Gesinnung von Tausenden Grenzschutzbeamten zeigen: Sie scherzen darüber, wehrlose Migranten zu ermorden, die ihr Leben riskieren, um ein besseres Leben zu erreichen.

Die Demokratische Partei widersetzt sich Trumps Drohungen mit Militärparaden nicht aus demokratischen Gründen, sondern weil sie besorgt ist, dass Trumps persönlicher Führungsstil und sein unberechenbares Verhalten hinderlich sein können, um die geopolitische Vorherrschaft des US-Imperialismus aufrecht zu erhalten. Die Bemühungen im Militär- und Geheimdienstapparat sowie der Demokratischen Partei, Trump als Handlanger Russlands zu präsentieren und die sozialen Medien zu zensieren, sind ebenso antidemokratisch.

Der Griff zur Diktatur, schrieb Trotzki, sei mit einem überlasteten Stromkreis zu vergleichen. „Zu hohe Spannung des internationalen Klassenkampfes führt zum Kurzschluss der Diktatur, die Sicherungen der Demokratie schlagen eine nach der anderen durch“. Es sind die globalen und internen Konflikte des amerikanischen und des Weltkapitalismus, die die amerikanische Demokratie tödlich untergraben haben.

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