Chelsea Mannings Anwältin weist Verschwörungsvorwürfe gegen Julian Assange zurück

Die Anwältin der Whistleblowerin Chelsea Manning, Nancy Hollander, hat die Vorwürfe, WikiLeaks-Gründer Julian Assange habe Manning manipuliert oder mit ihr zusammengearbeitet, um an tausende Geheimdokumente zu gelangen, unmissverständlich zurückgewiesen. Bei diesem Vorwurf geht es um die Dokumente, durch deren Enthüllung WikiLeaks im Jahr 2010 Kriegsverbrechen und andere Vergehen der USA und ihrer Verbündeten in aller Welt enthüllt hat.

Hollander betonte in einem Interview in der Sendung „Four Corners“ der Australian Broadcasting Corporation (ABC), Manning habe als damals 21-jähriger Soldat des Militärgeheimdienstes mit WikiLeaks Kontakt aufgenommen, nachdem sich kein einziges großes Presseorgan, mit denen sie sich wegen ihrer vernichtenden Informationen in Verbindung gesetzt hatte, auch nur zurückgemeldet hatte.

Die WSWS wird eine Kritik der zweiteiligen Sendung „Four Corners“ veröffentlichen, sobald nächsten Montagabend der zweite Beitrag gezeigt wurde. Doch Hollanders Äußerungen sind bereits jetzt ein schwerer Schlag gegen die Trump-Regierung, die eine Auslieferung Assanges wegen Verstößen gegen den Espionage Act herbeiführen will. Wegen der bisher eingereichten Anklagepunkte droht Assange schon jetzt eine Haftstrafe von 175 Jahren.

Assange wird nicht nur die Veröffentlichung der enorm großen Datenmengen vorgeworfen, die er von Manning erhalten hat und die als die Afghan Files, die Iraq Files und Cablegate bekannt sind. Er soll sich zudem aktiv mit Manning verschworen haben, um die Dokumente zu beschaffen. Hollander erklärte jedoch, Manning habe die Daten bereits heruntergeladen, bevor sie sich mit WikiLeaks in Verbindung setzte.

Hollanders Interview verdeutlicht auch, warum die Trump-Regierung Manning, nachdem die Whistleblowerin bereits sieben Jahren unter der Obama-Regierung hinter Gittern saß, erneut eingesperrt hat. Manning wurde in Beugehaft genommen, um sie zu einer Falschaussage gegen Assange vor einer Grand Jury zu zwingen, die zu dem Zweck einberufen wurde, Assange lebenslänglich ins Gefängnis zu stecken oder sogar mit dem Tod zu bestrafen.

Im Jahr 2010 erhielt Assange über WikiLeaks anonyme Dropbox, die die Identität der Quelle schützen soll, zuerst das inzwischen berüchtigte Video „Collateral Murder“. Niemand bei WikiLeaks wusste, wer das Video hochgeladen hatte oder woher es kam. Das Video, das Manning erschüttert hatte, zeigt ein Massaker, das die Besatzung eines US-Kampfhubschraubers an Zivilisten in Bagdad verübten. Den Gräueltaten fielen unter anderem zwei Reuters-Journalisten zum Opfer.

Laut Hollander, einer international anerkannten Strafverteidigerin, habe Manning „erschüttert“, was sie im Zusammenhang mit der US-Invasion im Irak gesehen habe. Sie habe deshalb heimlich große Mengen von vertraulichem Material heruntergeladen und versucht, ein Medienunternehmen zu finden, das es veröffentlicht.

„Sie hat sich natürlich umgeschaut“, so Hollander. „Sie hatte die Informationen. Sie war erschüttert über das, was sie gesehen hat, und was viele von uns mittlerweile gesehen haben. Und sie wollte, dass es herauskommt. Sie rief bei der New York Times an, bei der Washington Post. Niemand hat auch nur zurückgerufen. Und dann fand sie WikiLeaks. Damals wusste kaum jemand etwas von WikiLeaks, aber sie hat die Plattform im Internet gefunden.“

Im Gegensatz zu den Redakteuren der etablierten Medien reagierte Assange als echter Investigativreporter und Herausgeber. Er leitete eine verschlüsselte Online-Unterhaltung mit der anonymen Quelle in die Wege und versuchte, so viel von dem belastenden Material wie möglich zu bekommen und dabei gleichzeitig die Quelle der Leaks davor zu schützen, entdeckt zu werden.

Die verschlüsselte Kommunikation auf dem Online-Chatservice Jabber wurden später als Beweismaterial gegen Manning und Assange benutzt. „Four Corners“ führte ein Interview mit Daniel Domscheit-Berg, der 2010 mit WikiLeaks gebrochen hatte, nachdem die Organisation Mannings Material veröffentlicht hatte. Er erklärte, die Chat-Verläufe würden beweisen, dass Assange in unverantwortlicher Weise „eine Quelle gemolken“ habe.

Hollander wies diese Behauptung zurück. „Ich glaube keineswegs, dass Chelsea ausgenutzt wurde“, erklärte sie. „Ich glaube, sie hat getan, was sie getan hat und Julian und WikiLeaks haben das ebenfalls getan. Sie haben sich vernetzt. Und ich habe mir diese Verläufe angeschaut und denke, sie hat nach einem Medium gesucht, das diese Informationen veröffentlichen würde, und sie hat eins gefunden. Ich habe in diesen Chat-Verläufen nirgendwo etwas gesehen, wo man versucht hat, sie in Versuchung zu führen. Sie hatte die Informationen und sie hat sie veröffentlicht.“

Mannings Identität wurde erst acht Wochen nach ihrer Kontaktaufnahme mit WikiLeaks bekannt, weil sie dazu gezwungen wurde, ihre Rolle gegenüber einem Online-Informanten zu enthüllen. Wie Hollander schilderte, wurde Manning rasch verhaftet, dann zuerst nach Kuwait und schließlich zur Qantico Marine Base in Virginia gebracht. „Und sie haben ihr sehr übel mitgespielt. Zuerst war sie elf Monate in Einzelhaft und sie haben sie gezwungen, nackt stramm zu stehen.“

Weil sich Manning aus Prinzip weigert, gegen Assange auszusagen, sitzt sie seit mehr als vier Monaten nun wieder im Gefängnis. Ihr werden außerdem Geldstrafen von 1.000 Dollar pro Tag auferlegt, die sich inzwischen auf mehr als 20.000 Dollar belaufen. Manning hat deshalb bereits ihre Wohnung verloren und könnte durch eine Geldstrafe von über 440.000 Dollar finanziell ruiniert werden, wenn die Grand Jury bis zum offiziellen Ende ihrer Amtszeit im Oktober 2020 tagt.

Was Manning enthüllt und WikiLeaks ebenso mutig der Weltbevölkerung zugänglich gemacht hat, hatte verheerende Auswirkungen für die Obama-Regierung, das Pentagon, die CIA und alle ihre Partner in verbündeten Regierungen auf der ganzen Welt. Die Dokumente, die unzensiert und ungefiltert im Internet veröffentlicht wurden, haben die von den USA inszenierten Kriegsprovokationen, Regimewechsel-Operationen, diplomatische Verschwörungen, das Abhören von Regierungschefs und Massenüberwachung enthüllt.

Wie die Sendung „Four Corners“ dokumentiert, haben US-Außenministerin Hillary Clinton und Australiens Premierministerin Julia Gillard Assange wütend als Verbrecher beschimpft und sofort die Polizei und Geheimdienste mobilisiert, um ihn für immer zum Schweigen zu bringen.

Die Brutalität, mit der die Trump-Regierung Assange und Manning verfolgt, muss heute als Warnung verstanden werden. Washington und seine Partner begehen noch größere Verbrechen oder bereiten sie vor. Sie sind zudem entschlossen, ihre Aktivitäten vor den Medien und den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen. Dabei werden die USA von der britischen Regierung unterstützt, die Assange am 11. April verhaftet und eingesperrt hat, sowie von der australischen Regierung, die gegen das fingierte Auslieferungsverfahren gegen den australischen Staatsbürger Assange keinerlei Widerstand leistet.

Deshalb steht die Verteidigung von Manning und Assange im Mittelpunkt des Kampfes gegen die wachsende Kriegsgefahr, die vor allem von den USA ausgeht, und gegen die zunehmenden Angriffe auf die sozialen und politischen Rechten der Arbeiterklasse unter dem kapitalistischen Profitsystem.

Die WSWS und die Sozialistischen Gleichheitsparteien (Socialist Equality Parties), die im Internationalen Komitee der Vierten Internationale zusammengeschlossen sind, haben daher zum Aufbau eines Globalen Verteidigungskomitees aufgerufen, um die Arbeiterklasse international zu mobilisieren, dadurch Assanges Auslieferung an die USA zu stoppen und seine sowie Mannings bedingungslose Freilassung durchzusetzen.

Loading