Gefährliche Begegnung von Kampfjets aus vier Nationen über dem Japanischen Meer

Ein gefährlicher Zwischenfall über dem Japanischen Meer verdeutlicht erneut die wachsende Kriegsgefahr. An dem Vorfall in dieser Region, die eine weltstrategische Bedeutung hat, waren Kampfjets aus Russland, Südkorea, China und Japan beteiligt.

Laut Seouls Verteidigungsministerium flogen am 23. Juli gegen 8:40 Uhr zwei russische Tu-95-Bomber und zwei chinesische H-6-Bomber ohne Vorankündigung durch die sogenannte Luftraumüberwachungszone Südkoreas, die Air Defense Identification Zone (ADIZ), die zwischen der koreanischen Halbinsel und Japan liegt. Kurz darauf soll eine unbewaffnete russische Frühwarn- und Beobachtungsmaschine vom Typ A-50 zweimal in den Luftraum Südkoreas eingedrungen sein. Dies geschah in der Nähe des Felsenarchipels Dokdo/Takeshima, das sowohl von Südkorea als auch von Japan beansprucht wird.

Daraufhin startete Südkorea mehrere F-15 und F-16 Kampfflugzeuge. Südkorea feuerte nach eigenen Angaben erst Warnschüsse mit etwa 30 Leuchtgeschossen ab, die aber ohne Reaktion blieben. Dann feuerten die Kampfflugzeuge Warnschüsse auf die russische A-50. Beim ersten Anflug waren es 80 und beim zweiten Anflug 280 Warnschüsse.

Russland, das die ADIZ von Seoul nicht anerkennt, sagte zunächst, dass seine Flugzeuge über internationalen Gewässern geflogen seien, während südkoreanische Jets „unprofessionelle Manöver durchführten. Sie querten den Kurs russischer strategischer Raketenträger und bedrohten ihre Sicherheit.“ Russland fügte hinzu: „Es ist nicht das erste Mal, dass südkoreanische Piloten erfolglos versuchen, russische Flugzeuge an dem Überfliegen neutraler Gewässer zu hindern.“

Die ADIZ gehört nicht zu der Zwölfmeilenzone, bzw. dem Hoheitsgebiet eines Landes. Sie wird von dem Land einseitig als Überwachungsluftraum erklärt, in dem sich fremde Flugzeuge identifizieren und ihre Flugrouten bekannt machen müssen, obwohl sie sich im internationalen Luftraum befinden. Ein ADIZ hat keine völkerrechtliche Grundlage. So deckt die japanische ADIZ einen großen Teil des Japanischen Meeres ab, nicht jedoch Takeshima/Dokdo.

Tokio behauptete darauf, dass sowohl russische als auch südkoreanische Flugzeuge den japanischen Luftraum über den Dokdo/Takeshima-Inseln verletzt hätten, und schickte seinerseits Kampfjets los. Kabinettschef Yoshihide Suga beschuldigte am Dienstag beide Länder.

Suga erklärte: „Wir protestierten entschieden dagegen, dass ein russisches Militärflugzeug, das über dem Japanischen Meer fliegt, zweimal den territorialen Luftraum bei Takeshima in der Präfektur Shimane verletzt hat.“ Er fügte hinzu: „In Anbetracht unserer Haltung zur Souveränität von Takeshima ist es völlig inakzeptabel und äußerst bedauerlich, dass Warnschüsse von einem südkoreanischen Militärflugzeug abgegeben wurden.“

Moskau bedauerte später den Überflug der A-50 über Dokdo/Takeshima und entschuldigte den Vorfall mit einem technischen Versehen. Der südkoreanische Regierungssprecher spielte den Vorfall herunter und erklärte: „Moskau hat versichert, wenn das Flugzeug seiner ursprünglichen Route gefolgt wäre, dann wäre dieser Zwischenfall nicht passiert.“

Laut Moskau führten Russland und China ihre „erste gemeinsame Luftpatrouille mit Langstreckenflugzeugen im asiatisch-pazifischen Raum“ durch. Die Übungen wurden „durchgeführt, um die russisch-chinesischen Beziehungen zu vertiefen und zu entwickeln“ und waren „nicht gegen Drittländer gerichtet“.

Peking verfolgte einen verhalteneren Ansatz. Auf einer Medienkonferenz lehnte die Sprecherin des Außenministeriums, Hua Chunying, die Verwendung des Wortes „Eindringen“ durch einen Fragesteller ab. Hua sagte: „Ich warne davor, solche Begriffe zu verwenden, wenn man bedenkt, dass China und Südkorea freundschaftliche Nachbarn sind, und die Situation noch nicht klar ist.“

Dieser Vorfall verdeutlicht die sehr starken Spannungen im asiatisch-pazifischen Raum. Carl Schuster, ehemaliger Einsatzleiter des Joint Intelligence Center des US Pacific Command, sagte gegenüber CNN, dass das Abfeuern von Warnschüssen in die Luft „sehr, sehr ernst“ und „sehr, sehr, sehr selten“ sei.

Anschuldigungen und Missverständnisse können leicht zu einem Konflikt führen. Trotz der russischen Erklärung des Bedauerns beschuldigte Peter Layton, ein Analytiker am Griffith Asia Institute in Australien, Moskau der Aggression und behauptete: „Durch diese Mission haben sie sich sicher eine umfassende Karte des (südkoreanischen) nationalen Luftverteidigungssystems verschafft.“

Während US-Kampfflugzeuge offenbar nicht direkt in den Vorfall verwickelt waren, hat Washingtons aggressiver militärischer Aufmarsch in der Region die Voraussetzungen für den gefährlichen Luftzwischenfall geschaffen. Sowohl Peking als auch Moskau werden von Washington als „revisionistische Mächte“ angeprangert und sind im Visier zukünftiger US-Angriffe.

Nach einem Besuch in Japan kam der Nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, am Tag nach dem Vorfall in Seoul an, um mit südkoreanischen Beamten zu sprechen. Bolton, ein tonangebender Falke in der Trump-Regierung, bemüht sich, die US-Allianzen gegen China und Russland zu stärken. In Südkorea sprach er die wachsende Feindseligkeit zwischen Seoul und Tokio an. Mit seinem südkoreanischen Amtskollegen, Jeong Ui-yong, und mit dem Verteidigungsminister, Jeong Gyeong-du, diskutierte Bolton eine engere Zusammenarbeit zwischen den US-amerikanischen und südkoreanischen Militärs, sollte es zu Zwischenfällen mit Russland oder China kommen.

In einer Erklärung zu diesen Gesprächen ließ Bolton am Mittwoch mitteilen: „Beide Seiten teilen das Einvernehmen über die weitere Sicherheitszusammenarbeit zwischen Seoul und Tokio und haben eine enge Zusammenarbeit bei der Entwicklung solcher bilateraler Beziehungen sowie der trilateralen Beziehungen mit den USA beschlossen.“ Wie üblich wird behauptet, dass die trilateralen Beziehungen notwendig seien, um der nordkoreanischen „Bedrohung“ zu begegnen: das ist der Vorwand für jegliche militärische Aufrüstung gegen China.

Schon unter der Regierung von Barack Obama haben die USA begonnen, langwierige territoriale Konflikte im asiatisch-pazifischen Raum auszunutzen, um ihren militärischen Aufmarsch gegen China und Russland in der Region zu rechtfertigen. Diese Kampagne ist unter Präsident Donald Trump noch verstärkt worden. Heute gehören offenbar auch wiederkehrende militärische Provokationen im Südchinesischen Meer und in der Straße von Taiwan dazu, um die Spannungen mit Peking zu verschärfen.

Moskau und Peking vertiefen ihre militärische Allianz in Vorbereitung auf einen Angriff Washingtons oder eines seiner Verbündeten. Im vergangenen September hielten die Armeen beider Ländern zusammen mit Truppen aus der Mongolei bei Wladiwostok gemeinsame Manöver ab. Laut der russischen Regierung war es die größte derartige Übung seit der Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991. Die Überflüge über das japanische Meer am Dienstag folgten dem gleichen Muster.

Die US-amerikanische Destabilisierungskampagne hat jedoch die unbeabsichtigte Folge, dass die Feindseligkeit zwischen Japan und Südkorea, zwei wichtigen US-Verbündeten, zunehmen. Sowohl Seoul als auch Tokio sind ermutigt worden, ihre eigenen langjährigen territorialen und wirtschaftlichen Streitigkeiten zu forcieren. Es ist nicht auszuschließen, dass es im Japanischen Meer zu einem Zusammenstoß zwischen südkoreanischen und japanischen Militärs kommen könnte, zumal beide Regierungen nationale Stimmungen aufpeitschen, um von den wachsenden sozialen Spannungen im Inland abzulenken.

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