Julian Assanges Anwältin informiert australische Parlamentarier

Mindestens 30 australische Parlamentarier nahmen am 31. Juli an einem nicht-öffentlichen juristischen Briefing teil, bei dem Jennifer Robinson, ein Mitglied von Julian Assanges juristischem Team, im Parlamentsgebäude von Canberra über den Fall informierte. Unter den Abgeordneten befanden sich Vertreter der konservativen Parteien, von Labor und den Grünen.

Pressekonferenz mit Jennifer Robinson. Links neben ihr der ex-Abgeordnete Scott Ludlum, rechts Senator Peter Whish-Wilson (beide: Grüne Partei) [Bild: @BrettMasonNews]

Die international bekannte Anwältin schilderte, Berichten zufolge, die schwerwiegenden Auswirkungen, welche die Verfolgung von Assange auf die Pressefreiheit und die demokratischen Rechte hat. Sie forderte die australische Regierung auf, einzugreifen und Assange als australischen Staatsbürger und Journalisten zu verteidigen. Seine Notlage müsse Thema von Gesprächen mit US-Außenminister Mike Pompeo und Verteidigungsminister Mike Esper sein, wenn diese am kommenden Wochenende im Rahmen der jährlichen Ministerkonsultationen zwischen Australien und den Vereinigten Staaten in Australien weilen.

Pompeo und Esper bereisen diese Weltregion, um Unterstützung für die militärischen Provokationen der USA und ihr aggressives Vorgehen gegen China zu gewinnen.

Im Jahr 2017 verurteilte Pompeo, damals Chef der CIA, WikiLeaks ausdrücklich als „nicht-staatlichen feindlichen Geheimdienst“ und beschimpfte Assange als „Verräter“ und „Feind“. Pompeo spielte eine Schlüsselrolle bei der verstärkten Verfolgung von Assange, die in der Formulierung von 18 amerikanischen Anklagepunkten gegen den Gründer von WikiLeaks gipfelte. Darunter sind Vorwürfe auf der Grundlage des US-Spionagegesetzes, die mit einer Höchststrafe von 175 Jahren Gefängnis geahndet werden können.

In einem Informationsblatt, das Robinson an Abgeordnete und die Medien verteilte, heißt es, dass die USA versuchten, Assange wegen „regulärer journalistischer Aktivitäten“ zu verfolgen, einschließlich der Veröffentlichung der „Enthüllungen von Chelsea Manning“.

Diese „Enthüllungen legen im Einzelnen Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen der US-Regierung und ihren Agenten dar. Dazu gehören das bahnbrechende Collateral Murder Video, die Kriegsprotokolle aus dem Irak und aus Afghanistan, Cablegate und das Regelwerk zur Behandlung von Gefangenen in Guantanamo Bay.“

Robinson kritisierte diejenigen Medien, die behaupten, dass Assange kein „Journalist“ sei. Sie schrieb: „Jeder Versuch, seinen Status an sich in Frage zu stellen, ist allein der amerikanischen Prozessstrategie geschuldet, da er dadurch einer wichtigen Verteidigungslinie nach dem Ersten Verfassungszusatz beraubt wird. Wenn Assange stattdessen verleumdet und als ‚Hacker‘ hingestellt wird, dann beschädigt das die Professionalität von Assanges Existenz als Journalist und Verleger. Es trägt zu der Auffassung bei, dass das Material, welches Chelsea Manning WikiLeaks zur Verfügung gestellt hatte, unrechtmäßig sei.“

Diese Verleumdung ziele darauf ab, „den Fokus von den Kriegsverbrechen und anderen peinlichen Materialien, die WikiLeaks enthüllt hat, abzulenken“.

Robinson warnte: „Sollte Assange an die USA ausgeliefert werden, sind seine Menschenrechte akut bedroht. Deshalb sind angesichts der Menschenrechtsverpflichtungen Australiens dringende politische Maßnahmen in dieser Angelegenheit angemessen und notwendig.“

Das Infoblatt erläuterte, dass es „derzeit einen vom Vereinigten Königreich ausgestellten Abschiebebescheid“ für Assange nach Australien gebe. Wenn Großbritannien ihn nicht in die USA ausliefert, „wird die australische Regierung wahrscheinlich gebeten, ihn als Deportierten aufzunehmen. Es ist dann möglich, dass die USA seine Auslieferung von Australien im Rahmen des US-amerikanisch-/australischen Auslieferungsvertrags beantragen.“

Das Briefing war wohl seit neun Jahren das größte Treffen von Parlamentariern zum Thema Assange. Im Jahr 2010 hat sich das gesamte australische Establishment der Verfolgung Assanges durch Washington angeschlossen.

Das Ereignis zeigt die Sorge der herrschenden Elite, dass die Auslieferung des WikiLeaks-Gründers an die Trump-Regierung den Widerstand der Bevölkerung anfachen könnte.

Seit Assange am 11. April aus der Botschaft von Ecuador in London gezerrt wurde, wächst die Wut in der Bevölkerung darüber, dass sich die australische Regierung weigert, Maßnahmen zu ergreifen, um die Auslieferung Assanges aus Großbritannien an die USA zu verhindern.

Die Socialist Equality Party von Australien hat schon mehrere Kundgebungen organisiert, und Hunderte von Arbeitern, Studenten und Jugendlichen haben daran teilgenommen, während Zehntausende sie online mitverfolgt haben. Auf diesen Kundgebungen wurden die offiziellen Parteien, einschließlich der Labor Party und der Grünen, wegen ihrer Weigerung, Assange zu schützen, scharf verurteilt. Die SEP fordert, dass die australische Regierung ihren rechtlichen Rahmen ausschöpfen und ihre diplomatischen Möglichkeiten nutzen müsse, um seine Freilassung und Rückkehr nach Australien zu bewirken und sicherzustellen, dass er nicht an die USA ausgeliefert wird.

Mehr als 165.000 Menschen haben eine australische Online-Petition unterzeichnet, in der die sofortige Freilassung Assanges gefordert wird.

Robinsons Briefing folgte auf die Lobbyarbeit von Greg Barns, einem Rechtsberater von Assange und dessen Vater John Shipton, in Canberra. Das Lobbying wurde von Peter Whish-Wilson, Senator der Grünen, und der Labor-Parlamentarierin Susan Templeman mitfinanziert.

Robinson sprach nach dem Briefing mit den Medien und sagte, alle Australier müssten die Angriffe auf Assange „sehr ernst nehmen“. Sie fuhr fort: „Dies ist ein gefährlicher Präzedenzfall für alle Medien und ein gefährlicher Präzedenzfall gegen einen australischen Bürger.“

Robinson fügte hinzu, dass sie sich große Sorgen um Assanges Gesundheit mache, da er sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft, ohne Zugang zu Sonnenlicht, festgesetzt war. Sie bestätigte, dass er sich weiterhin im Krankenhausflügel des britischen Hochsicherheitsgefängnisses Belmarsh befinde. „Sein Gesundheitszustand hat sich offensichtlich deutlich verschlechtert, und als Folge seiner Zeit in der Botschaft“ werde er wahrscheinlich dauerhafte Schäden an seiner Gesundheit davontragen.

Die Anwältin stellte fest, dass der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, überzeugt sein, dass Assange das Opfer „psychologischer Folter“ sei. Robinson sagte auch, dass die Bedingungen, unter denen Assange inhaftiert sei, die Vorbereitung seiner Verteidigung vor Gericht behinderten.

Robinson erklärte: „Er verdient nicht die Behandlung, die er erhalten hat, und es ist Zeit für die australische Regierung, sich zu bewegen.“

Whish-Wilson, der Robinson auf der Medienkonferenz begleitete, sagte, Premierminister Scott Morrison und Außenministerin Marise Payne müssten „das Thema Assange“ mit den US-Politikern Pompeo und Esper zur Sprache bringen. „Er muss nach Hause kommen können“, sagte der Senator.

Das Treffen hat zweifellos die langwierigen Bemühungen des Establishments durchbrochen, jede öffentliche Diskussion über Assanges Notlage zu unterdrücken. Keine Fraktion hat sich jedoch zum Briefing durch Robinson geäußert. Auch die bürgerlichen Medien und die Australian Broadcasting Corporation haben ihre Bemerkungen weitgehend unterdrückt.

Die Weigerung des Parlaments, Assange zu verteidigen, ist nicht das Ergebnis mangelnder Informationen. Die Ursache ist die Tatsache, dass alle offiziellen Parteien die Integration Australiens in die Kriegsvorbereitungen der USA unterstützen und sich für immer autoritärere Maßnahmen zur Bekämpfung der zunehmenden sozialen Unzufriedenheit einsetzen.

Die Labor-Regierung von Julia Gillard, die mit den Grünen regierte, hatte WikiLeaks als kriminelle Organisation verurteilt und sich verpflichtet, den US-Geheimdiensten bei ihrer Zerstörung zu helfen. Damals forderten hochrangige US-Politiker Assanges Ermordung, weil er ihre Kriegsverbrechen aufgedeckt hatte.

Jede Regierung hat diese kriminelle Zusammenarbeit bei der Verfolgung Assanges seitdem fortgesetzt. In jüngster Zeit haben die Führer der Liberal-Nationalen Koalition und mehrere Labor-Politiker davon gesprochen, ihm nicht näher erläuterte „konsularische Unterstützung“ zu gewähren, haben aber nichts getan, um seine anhaltende Verfolgung zu beenden.

Diese Phalanx gegen den Gründer von WikiLeaks unterstreicht die Bedeutung der Mobilisierung der sozialen und politischen Macht der Arbeiterklasse auf internationaler Ebene, um seine Freiheit zu sichern und alle demokratischen Rechte zu verteidigen.

Um diesen überaus wichtigen Kampf voranzubringen, haben die WSWS und das Internationale Komitee der Vierten Internationale im vergangenen Monat ein Globales Verteidigungskomitee zur Freilassung von Assange und der mutigen Informantin Chelsea Manning ins Leben gerufen. Dem sollten sich alle Arbeiter, Jugendlichen und Befürworter demokratischer Rechte anschließen.

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