Bundesregierung und Grüne werben für Militärmission im Persischen Golf

Nach der offiziellen Absage an einen US-geführten Militäreinsatz im Persischen Golf treibt die Bundesregierung ihre Kampagne für eine europäische Kriegsmission in der Region aktiv voran. „Wir wollen eine europäische Mission“, betonte Außenminister Heiko Maas (SPD) am Montag bei einem Besuch im polnischen Slubice. Es werde aber „Zeit in Anspruch nehmen, die EU davon zu überzeugen“.

Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer in der Bundespressekonferenz. „Grundsätzlich betrachtet die Bundesregierung den Vorschlag einer maritimen Schutzmission europäischer Staaten weiterhin als erwägenswert, und wir stehen dazu auch mit den europäischen Partnern im Austausch“, erklärte sie. Es werde „in dieser Woche weitere Gespräche zwischen den politischen Direktoren Deutschlands und Frankreichs geben“, und man werde auch „in Brüssel weiter über das Thema sprechen“.

Auf Nachfrage schloss Demmer auch eine Beteiligung Deutschlands an „einer US-geführten Mission“ nicht aus. Die Bundesregierung sehe eine solche lediglich „in der derzeitigen Situation und zum jetzigen Zeitpunkt nicht“. Dinge, die „weit in die Zukunft gerichtet“ seien, könne sie „hier nicht bestätigen“. Man spekuliere „ja hier jetzt nicht darüber, was sonst noch alles möglich sein könnte“.

Die Aussagen von Demmer und Maas unterstreichen, dass die Absage Deutschlands an die USA nicht das Geringste mit militärischer Enthaltsamkeit zu tun hat. Vielmehr schickt sich der deutsche Imperialismus vor dem Hintergrund wachsender transatlantischer Konflikte an, seine wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen auch militärisch unabhängiger von Washington durchzusetzen. Eine besonders aggressive Rolle spielen dabei die Grünen.

„Deutschland muss in Verantwortung gehen und dafür sorgen, dass Europa in dieser angespannten Situation gemeinsam und mit einer eigenen Stimme agiert“, forderte der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck am Wochenende in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse. Er könne sich „eine Beteiligung Deutschlands an einer europäischen Mission vorstellen, wenn das hilft zu deeskalieren [...]. Aber in keinem Fall unter amerikanischer Führung.“

Es gebe „beim Iran-Konflikt ein eigenständiges europäisches Interesse“, betonte Habeck. Und Europa könne „sich nicht mehr darauf verlassen, dass andere seine Interessen vertreten. Es muss weltpolitikfähig werden.“

Schon die Wortwahl macht deutlich, welche reaktionäre und größenwahnsinnige Agenda Habeck verfolgt. „Weltpolitik“ war das Schlagwort, unter dem das Deutsche Reich Ende des 19. Jahrhunderts auf eine imperialistische Außen- und Kolonialpolitikeins einschwenkte, die in die Massenschlächterei des Ersten Weltkriegs mündete. Seit 2014 wird der berüchtigte Begriff, der nach den deutschen Verbrechen in zwei Weltkriegen als tabu galt, in Politik und Medien wieder benutzt, um für eine aggressive Außen- und Großmachtpolitik zu werben.

Deutschland sei „zu groß und wirtschaftlich zu stark, als dass wir die Weltpolitik nur von der Seitenlinie kommentieren könnten“, hatte der damalige Außenminister und heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 erklärt.

Die Grünen hatten sich im Jahr zuvor an der Ausarbeitung des SWP-Papiers „Neue Macht, neue Verantwortung“ beteiligt, das als Blaupause für die Rückkehr des deutschen Militarismus diente. Nun sehen sie ihre vorrangige Aufgabe darin, diese Kriegspolitik gegen die enorme Opposition in der Bevölkerung durchzusetzen.

Am Dienstag brüstete sich der frühere Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir in der ZDF-Talkshow Markus Lanz, dass seine Partei mit dem Einmarsch der Bundeswehr in den Kosovo 1998 den ersten deutschen Kriegseinsatz seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs organisiert habe. „Es waren wir, die in der Regierung die Bundeswehr erstmals ‚Out of area‘ geschickt haben, und das war nicht ganz ohne“, erklärte er. „Denken Sie an den Parteitag in Bielefeld damals, Joschka Fischer [der damalige grüne Außenminister] mit dem Farbbeutel im Ohr.“ Es sei „nicht so, dass wir uns vor diesen Fragen drücken würden“.

Dann griff Özdemir die Rüstungspolitik der Großen Koalition und das CDU-geführte Verteidigungsministerium von rechts an. „Was ich glaube, ist, dass die Bundeswehr anständig ausgestattet gehört. Wenn man Leute irgendwo hinschickt, dann muss man dafür sorgen, dass sie so ausgestattet sind, dass für ihre eigene Sicherheit gesorgt wird und dass sie ihren Job vernünftig erfüllen können“, redete er sich in Rage. „Die Bundeswehr muss endlich so geführt werden, dass die Soldaten, die wir rekrutieren, vernünftig ihren Job machen können, was gegenwärtig leider nicht der Fall ist.“

Özdemir, der von Lanz als möglicher zukünftiger Verteidigungsminister in Spiel gebracht wurde, fühlte sich in dieser Rolle sichtlich wohl. Immer wieder stellte er klar, dass die Grünen mittlerweile die besten Interessenvertreter des Militärs und der Rüstungsindustrie seien.

„Wenn mir irgendjemand vorrechnet und sagt, für diesen Einsatz brauchen wir dieses Gerät und diese Summe Geld, dann wird kein grüner Verteidigungsminister […] nein dazu sagen.“ Die Bundeswehr mache „einen verdammt guten Job für unser Land, im Inland und im Ausland, und da kann man auch mal Danke sagen“. Er hätte auch „kein Problem damit“, dass uniformierte Bundeswehrangehörige an Schulen „über ihre Arbeit informieren“. Schließlich seien sie „Teil unserer Gesellschaft“.

Özdemirs Auftritt spricht Bände über die Rechtswende der wohlhabenden Mittelschichten, die die Grünen repräsentieren und deren soziale und politische Interessen sie zu immer wütenderen Verteidigern des deutschen Imperialismus machen. Ihre Faible für das Militärische erinnert an den nationalistischen Kriegstaumel bürgerlicher und kleinbürgerlicher Schichten am Vorabend des Ersten Weltkriegs.

Regelrecht euphorisiert berichtete Özdemir über sein jüngst absolviertes einwöchiges Praktikum bei der Bundeswehr: „Ich habe nicht bei der Bundeswehr gedient, aber schicke Leute in bis zu zehn Mandate, die wir gerade im Bundestag beschließen und bei jedem einzelnen Mandat entscheiden wir über junge Menschen, die wir irgendwo hinschicken, und manche verlieren dabei ihr Leben.“ Er wolle „von morgens bis abends dabei sein und mit Soldaten reden und die Gelegenheit haben, zu spüren, wen schicke ich wohin...“.

Die Interviews mit Özdemir und Habeck, der von den Medien immer häufiger als möglicher zukünftiger Bundeskanzler ins Spiel gebracht wird, machen vor allem eines klar: eine Bundesregierung unter Beteiligung der Grünen – sei es im Bündnis mit CDU/CSU und FDP oder mit SPD und Linkspartei – würde die Politik des Militarismus, der inneren Aufrüstung und des Sozialabbaus nicht nur fortsetzen, sondern weiter verschärfen.

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