Hannover: Drei-Sterne-General kandidiert für AfD

Am Dienstagabend hat die AfD Hannover den 64-jährigen Joachim Wundrak mit 98 Prozent der Stimmen zu ihrem Kandidaten für die Oberbügermeisterwahl am 27. Oktober nominiert. Der ehemalige Drei-Sterne-General ist bundesweit der bisher ranghöchste Militär, der sich offen zur rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) bekennt.

Wundrak war bis zum September vergangenen Jahres einer von zehn Generalleutnants der Luftwaffe. Das ist in Friedenszeiten der zweithöchste Rang in der Bundeswehr. Über ihm steht nur noch der Generalinspekteur, Vier-Sterne-General Eberhard Zorn. Zuletzt war Wundrak Kommandeur des Zentrums Luftoperationen und des Combined Air Operations Center (CAOC) in den Städten Kalkar und Uedem, Nordrhein-Westfalen.

Joachim Wundrak (rechts) mit dem US-Botschafter in Mosambik Dean Curran (links) und Generalmajor der US Air Force Joe Wehrle in Maputo im März 2000

Durch seine Arbeit ist Wundrak international eng vernetzt. Er befehligte u.a. einen verlegefähigen Luftwaffengefechtsstand, den sogenannten Joint Force Air Component Headquarters (JFAC HQ). Dieser plant und führt den Einsatz von Luftstreitkräften mehrerer Nationen, z.B. im Rahmen der NATO Response Force (NRF) oder der European Battle Group (EU BG).

Das Zentrum Luftoperationen, das Wundrak zuletzt befehligte, leitet derzeit den Einsatz der Luftwaffe in Estland, wo Eurofighter der Bundeswehr gemeinsam mit Nato-Partnern an der russischen Grenze operieren. Vom 8. August 2008 bis zum 31. März 2009 war er als Chef des Stabes der Operation Althea (EUFOR) im Auslandseinsatz in Sarajevo. Auch im afghanischen Kabul war er als Deputy Chief of Staff Air ISAF Joint Command vom 21. Februar 2011 bis zum 7. Dezember 2011 im Auslandseinsatz.

Nach Angaben von Vertretern der Bundeswehr genießt Wundrak im In- und Ausland einen außerordentlichen Ruf. Er „habe sich ganz wesentlich um die Weiterentwicklung des Einsatzes von Luftstreitkräften im transatlantischen Bündnis verdient“ gemacht. Er wurde mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, der höchsten und einzigen Verdienstauszeichnung der Bundesrepublik Deutschland.

Im vergangenen September wurde Wundrak nach 44 Jahren in der Bundeswehr in einer großangelegten Abschiedszeremonie in den Ruhestand versetzt. Zum damaligen Zeitpunkt hielt er seine AfD-Mitgliedschaft noch geheim. Unmittelbar nach dem Großen Zapfenstreich, einer martialischen Veranstaltung, bei der Soldaten abends mit Fackeln und Stahlhelm auf dem Marktplatz der Stadt Kalkar aufmarschierten, gab Wundrak dann bekannt, dass er schon seit Januar Mitglied der AfD sei: „Die AfD ist die einzige Partei, die auf die Souveränität Deutschlands überhaupt noch Wert legt.“

In jüngeren Jahren, erklärte er, habe er noch der SPD nahegestanden. Der rechte SPD-Hardliner Helmut Schmidt sei sein „politischer Held“ gewesen. Da die Politik der SPD ihm jedoch nach eigener Aussage viel zu „links“ war, schloss er sich 2008 der CDU an. Der General betonte, dass er noch vor der Flüchtlingskrise, nämlich im Jahr 2014, wieder ausgetreten sei. Mit Verweis auf seine guten Kontakte in der Bundespolizei, die offensichtlich seine Meinung teilen, erklärte er, die Krise sei doch absehbar gewesen und er habe sich nicht wirklich „heimisch“ gefühlt in der CDU.

Der Drei-Sterne-General Wundrak ist der bislang ranghöchste Militär in der AfD, aber bei weitem nicht der einzige. Unter den Funktionären und Abgeordneten der AfD wimmelt es von ehemaligen und aktiven Offizieren und Mitgliedern anderer Teile des staatlichen Sicherheitsapparats.

Oberst a. D. Georg Pazderski ist stellvertretender Bundesvorsitzender der rechtsextremen Partei und Leiter ihres Berliner Landesverbands. Er begrüßte Wundrak mit den Worten: „Ich freue mich über jeden Kameraden, der den Weg zu uns findet und sich einbringt. General Wundrak ist eine große Bereicherung für unsere Partei.“

Uwe Junge, seines Zeichens Oberstleutnant a. D., hieß Wundrak ebenfalls willkommen und tweetete: „Wer seinem Land dienen will, ist bei uns richtig! Willkommen an Bord, Herr General!“ Junge leitet den Landesverband und die Fraktion der AfD in Rheinland-Pfalz. Den Amtsantritt der neuen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte er auf Twitter mit den Worten kommentiert: „Wann kommt endlich der Aufstand der Generäle?“

Auch der AfD-Landesverband NRW könnte bald von einem ehemaligen Bundeswehroffizier geführt werden. Derzeit ist Oberst a. D. Rüdiger Lucassen für das Amt im Gespräch. Der Abgeordnete Lucassen arbeitet derzeit als Obmann der AfD-Fraktion im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages und ist verteidigungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. Mitglied im Verteidigungsausschuss ist auch sein Kamerad und Parteikollege Jan Nolte, der enge Verbindungen ins rechtsradikale Lager pflegt.

Nach Angaben der Вild-Zeitung geht die AfD nach eigenen Schätzungen davon aus, dass mindestens 2100 der 35.000 Parteimitglieder Berufssoldaten sind. Außerdem säßen im Augenblick elf Ex-Berufssoldaten für die rechtsextreme Partei im Bundestag. Der hohe Anteil von aktiven und ehemaligen Soldaten in den Rängen und Spitzenpositionen der AfD verdeutlicht einerseits den großen Einfluss der AfD auf die Bundeswehr, die große rechtsextreme Netzwerke beherbergt, andererseits die Hinwendung der herrschenden Eliten und der Militärs zur AfD.

Die Sozialistische Gleichheitspartei hat dazu erklärt: „Wie der Aufstieg der Nazis ist auch der der AfD kein Betriebsunfall. Unter Bedingungen der tiefsten Krise des Kapitalismus seit den 1930er Jahren, weltweiter Kriege und wachsender Konflikte zwischen den Großmächten wird die extreme Rechte von der herrschenden Klasse gezielt aufgebaut, um ihre Politik des Militarismus, der inneren und äußeren Aufrüstung und des Sozialkahlschlags gegen den Widerstand der Bevölkerung durchzusetzen.“

Die herrschende Klasse in Deutschland, einschließlich bedeutender Teile der Bundeswehr, ist sich im Klaren darüber, dass sie die massive Opposition gegen Militarismus, Kriegsvorbereitung und Großmachtpolitik nur mithilfe der Rechtsextremen unterdrücken kann..

Generalleutnant a.D. Joachim Wundrak behauptet scheinheilig, er verurteile aufs Schärfste, „was in Nazideutschland von den Nazis angerichtet wurde“. Gleichzeitig verkündet er, die AfD werde zur Volkspartei und müsse, was den völkischen Parteiflügel um Björn Höcke betrifft, „breite Klammern setzen“. Die Aussage des Parteivorsitzenden Alexander Gauland, Hitler und die Nazis seien „nur ein Vogelschiss in über tausend Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“, befand Wundrak als „unglücklich gewählt“. Es sei da viel hineininterpretiert worden. Er selbst sei stolz „auf die langjährige deutsche Kultur und Geschichte“.

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