„Stoppt den Rechtsruck an den Universitäten!“

IYSSE-Veranstaltungen in Leipzig und Karlsruhe

Mit Veranstaltungen in Leipzig und Karlsruhe endete letzte Woche die IYSSE-Reihe „Stoppt den Rechtsruck an den Universitäten!“ In beiden Städten diskutierten Dutzende Studierende intensiv die Gefahren des jüngsten Rechtsrucks in der deutschen Politik, und was dagegen zu tun sei.

Zuvor hatten schon in Berlin und Bochum Diskussionen der IYSSE zum Thema stattgefunden, und Christoph Vandreier hatte auf der Frankfurter Buchmesse sein Buch „Warum sind sie wieder da?“ vorgestellt.

Leipzig: Christoph Vandreier spricht in der Moritzbastei

Die Veranstaltungen der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) fanden in einer politisch brisanten Situation statt. Kurz zuvor hatte an der Uni Hamburg ein martialisches Polizeiaufgebot den Auftritt des AfD-Gründers Bernd Lucke gegen protestierende Studierende durchgesetzt. Der rot-grüne Hamburger Senat hatte dafür gesorgt, dass die Staatsgewalt die „Meinungsfreiheit“ des rechtsextremen Professors verteidigte.

Wie Christoph Vandreier, der stellvertretende SGP-Vorsitzende, am 5. November in der Leipziger Moritzbastei erklärte, sind es auch in Berlin gerade die regierenden Parteien SPD, Grüne und Linkspartei, die Kritik an der rechten Kriegspropaganda unterdrücken. Vandreier warnte eindringlich vor der damit verbundenen Rechtswende. Ein staatlich verordneter Rechtsextremismus werde als „Meinungsfreiheit“ verteidigt, während kritische Studierende, die sich dagegen zur Wehr setzen, als „Meinungsterroristen“ diffamiert würden.

Die Umwandlung von Universitäten in Brutstätten der Kriegspropaganda sei, so der Sprecher, vor fünf Jahren an der Humboldt-Universität zu Berlin eingeleitet worden, als der HU-Professor Jörg Baberowski im Spiegel behauptet hatte, dass „Hitler nicht grausam“ gewesen sei und der Nazi-Apologet Ernst Nolte historisch recht gehabt habe. Baberowski spielt eine führende Rolle bei den Bemühungen, die Verbrechen der Wehrmacht und den Holocaust zu relativieren.

Mit welchem politischen Rechtsruck diese Geschichtsfälschungen einher gehen, zeigte sich gerade in den Tagen dieser zwei Versammlungen: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und die CDU-Vorsitzende und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer propagieren in programmatischen Reden eine deutsche Großmachtpolitik, die mit Auslandseinsätzen der Bundeswehr und autoritären Herrschaftsformen einhergeht. In Thüringen werden nach der Landtagswahl CDU-Stimmen immer lauter, die offen eine Zusammenarbeit mit der rechtsradikalen AfD fordern, während sich Die Linke des thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow um ein Bündnis mit der CDU bemüht. Das gesamte politische Spektrum rückt deutlich nach rechts.

Zu beiden Veranstaltungen waren viele Teilnehmer auf die Plakate hin gekommen, weil sie, wie einige sagten, einen neuerlichen Aufstieg des Faschismus nicht zulassen wollten. In Karlsruhe betonte beispielsweise Adrian, der am KIT Mathematik studiert, er mache sich große Sorgen, „weil sich der öffentliche Diskurs immer mehr nach rechts verschiebt. Offenbar haben die führenden Politiker nicht das Rückgrat, die notwendige harte Grenze zu ziehen“. Mit bestimmten Leuten dürfe man einfach keine Kompromisse machen. Es gebe aber „zu viele Berufspolitiker, die ihre Überzeugung der Karriere opfern und bereit sind, Kompromisse einzugehen“.

IYSSE-Versammlung in Karlsruhe mit Dietmar Gaisenkersting (links)

In Karlsruhe wies das SGP-Vorstandsmitglied Dietmar Gaisenkersting auf die Gefahren hin, die mit dem aktuellen Rechtsruck in Deutschland verbunden sind: „Den deutschen Faschismus hat die Menschheit mit sechs Millionen industriell vernichteter Juden bezahlt, mit 27 Millionen Opfern des Vernichtungskriegs in der Sowjetunion und mit mehreren Dutzend Millionen weiterer Toten in ganz Europa und in Deutschland.“ Er rief die Studierenden dazu auf, politisch aktiv zu werden. Gerade an den Universitäten, wo der Rechtsruck ideologisch vorbereitet werde, spiele der politische Kampf eine entscheidende Rolle.

Auf beiden Versammlungen erläuterten die Sprecher detailliert die rechten Positionen, die vom Hochschulkatheder herab verkündet werden, um Universitäten in rechte ideologische Zentren zu verwandeln. Zum Beispiel hatte der Präsident des deutschen Hochschulverbands, Bernhard Kempen, die legitime und notwendige studentische Kritik an rechtsradikalen Positionen als „Meinungs- und Gesinnungsterror“ denunziert – ausgerechnet in einer Situation, in der immer neue Tötungslisten tatsächlicher Terroristen bekannt werden, auf denen linke Künstler, Journalisten, Sozialisten und auch engagierte Asten stehen.

Gaisenkersting wies darauf hin, dass es bei der rechten Propaganda nicht allein darum gehe, der AfD ideologische Schützenhilfe zu leisten: „Sämtliche bürgerlichen Parteien gehen nach rechts, um ein reaktionäres Programm von Militarismus und extremer sozialer Ungleichheit durchzusetzen. 30 Jahre nach dem Fall der Mauer zeigt der Kapitalismus wieder sein wahres Gesicht.“

Gleichzeitig habe die Krise jedoch auch den Widerstand der Arbeiterklasse hervorgebracht. Er erwähnte die streikenden Lehrer und Autoarbeiter in den USA und die jüngsten Streiks und Proteste in Spanien, Ecuador, Libanon und Chile – „und das sind nur die letzten Beispiele wachsender Klassenkämpfe“. Genau vor 102 Jahren am selben Tag, dem 7. November, habe in Russland die Arbeiterklasse unter Führung der bolschewistischen Partei die Macht erobert. Damit habe sie bewiesen, so Gaisenkersting, „dass eine Alternative zum Kapitalismus kein utopischer Traum ist“.

Zu Beginn hatte Gregor, der Sprecher der IYSSE in Karlsruhe, die Jugend- und Studierendenorganisation der Vierten Internationale als einzige Organisation vorgestellt, die weltweit dafür kämpft, „die internationale Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms gegen Kapitalismus und Krieg zusammenzuschließen“.

An beiden Veranstaltungen gewann die IYSSE zahlreiche neue Interessenten für dieses Programm, das dafür sorgen wird – wie es in Vandreiers Buch „Warum sind sie wieder da?“ heißt –, „dass die Nürnberger Prozesse dieses Mal geführt werden, bevor es zur Katastrophe kommt, und nicht erst danach“.

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