AfD-Parteitag stärkt völkischen „Flügel“

Der völkisch-nationalistische „Flügel“ um Björn Höcke und Andreas Kalbitz ist gestärkt aus dem Bundesparteitag der Alternative für Deutschland (AfD) hervorgegangen, der am vergangenen Wochenende in Braunschweig stattfand.

Die Vertreter des „Flügels“, die bisher mit ihren rassistischen, neonazistischen und antisemitischen Standpunkten vor allem die ostdeutschen Landesverbände dominierten, sind nun fest in die Führung der Bundespartei integriert und geben dort den Ton an. Die neue Parteiführung wurde im Einvernehmen zwischen der bisherigen Führung und dem „Flügel“ besetzt. Exponierte Rechtsradikale rückten in den neuen Vorstand auf. Alte Führungsmitglieder, die Kritik am „Flügel“ geäußert hatten, wurden kaltgestellt.

Zum Nachfolger von Alexander Gauland, der den Parteivorsitz aus Altersgründen niederlegte, wählten die 600 Parteitagsdelegierten den 44 Jahre alten Tino Chrupalla. Der Malermeister aus Sachsen war von Gauland persönlich auserkoren worden, wurde aber auch ausdrücklich von Kalbitz, Höcke sowie von der Bundestagsfraktionsvorsitzenden Alice Weidel unterstützt.

Chrupalla selbst ist zwar nicht Mitglied des „Flügels“, hält aber engen Kontakt zu ihm. Er hatte den Rückhalt der ostdeutschen Landesverbände, die von Exponenten des „Flügels“ dominiert werden. Dem Parteitag empfahl er sich mit der Bemerkung, er wolle eine „starke Stimme für den Osten“ sein.

Als Bundestagsabgeordneter ist Chrupalla durch seine aggressiven Angriffe auf Migranten und Journalisten aufgefallen. So warnte er auf Wahlkampfveranstaltungen vor einer „Umvolkung“ Deutschlands. In einem Schreiben an seinen AfD-Kreiserband Görlitz rief er zur Denunziation von Medienvertretern auf: „Hintergrundinformationen über als Journalisten getarnte Zersetzungsagenten sind natürlich immer willkommen.“

Der 78-jährige Gauland bleibt trotz des Verzichts auf den Parteivorsitz die dominierende Figur der AfD. Für ihn wurde eigens die Funktion des Ehrenvorsitzenden geschaffen, und er führt weiterhin gemeinsam mit Weidel die Bundestagsfraktion.

Jörg Meuthen, der die Partei seit 2015 – erst zusammen mit Frauke Petry und dann mit Alexander Gauland – führte, wurde mit deutlicher Mehrheit in seinem Amt bestätigt. Obwohl der wirtschaftsliberale Ökonom von den Medien als „Gemäßigter“ bezeichnet wird, stimmt er sich seit langem mit Höcke und anderen Exponenten des völkischen „Flügels“ ab.

Auch Alice Weidel, die früher Distanz zum „Flügel“ gehalten hatte, arbeitet inzwischen eng mit ihm zusammen. So trat sie im September beim „Institut für Staatspolitik“ in Schnellroda auf. Die stramm völkische Denkfabrik des Publizisten Götz Kubitschek gilt als ideologisches Zentrum des „Flügels“. Weidel wurde vom Parteitag ohne Gegenkandidaten als Vorstandsmitglied bestätigt und zur stellvertretenden Parteichefin gewählt.

Mehrere Mitglieder des Parteivorstands, die den „Flügel“ früher kritisiert hatten, wurden dagegen nicht wieder gewählt. So sind die Landesvorsitzenden von Berlin und Rheinland-Pfalz, Georg Pazderski und Uwe Junge, beides ehemalige Bundeswehroffiziere, nicht im neuen Vorstand vertreten.

Albrecht Glaser, ehemaliges CDU-Mitglied und 2017 Kandidat der AfD für das Amt des Bundespräsidenten, musste als stellvertretender Bundesvorsitzender dem „Flügel“-Mann Stephan Brandner weichen. Brandner war erst kurz zuvor wegen antisemitischer und ausländerfeindlicher Äußerungen vom Vorsitz des Rechtsausschusses des Bundestags abgewählt worden – ein einmaliger Vorgang in der siebzigjährigen Geschichte des Bundestags.

Während die AfD auf dem Parteitag personell nach rechts rückte, bemühte sie sich gleichzeitig um sprachliche Mäßigung. Alexander Gauland gab gleich zu Beginn die Parole aus, die AfD müsse sich auf eine Regierungsbeteiligung vorbereiten. „Es wird der Tag kommen, an dem die CDU nur noch eine Option hat: uns“, betonte er in seiner Eröffnungsrede. Deshalb dürfe man ihr keine unnötigen Vorwände liefern, die eine Zusammenarbeit erschweren.

Auch Gaulands Nachfolger Chrupalla forderte die Delegierten zu einem gemäßigteren Auftreten auf. Gleichzeitig erklärte er in plumper Offenheit, dass es sich dabei um ein rein taktisches Manöver handle. „Nur mit überzeugenden Inhalten werden wir neue Wählerschichten erschließen. Mit drastischer Sprache bewirkt man häufig das Gegenteil – besonders bei den Frauen“, sagte er.

Gauland, der selbst 40 Jahre lang hochrangiger CDU-Funktionär war, rechnet fest damit, dass sich angesichts der massiven Stimmenverluste der Großen Koalition Teile der CDU, und möglicherweise auch der SPD, früher oder später der AfD zuwenden und mit ihr eine Regierung bilden werden. Als Testfall betrachtet er dabei Thüringen, wo nach der Landtagswahl vom 28.Oktober eine Regierungsmehrheit ohne AfD kaum mehr möglich ist.

Der Braunschweiger Parteitag hat gezeigt, dass sich im Gewand der AfD eine rechtsradikale, faschistische Partei entwickelt, die immer offener an die Traditionen der Nazis anknüpft. Die Verantwortung dafür tragen die etablierten Parteien und insbesondere die Große Koalition. Mit ihrer Flüchtlingspolitik, ihrer massiven militärischen Aufrüstung und ihren Angriffen auf die Arbeiterklasse setzt sie das Programm der AfD in die Tat um, während sie die rechtsextreme Partei gleichzeitig nach Kräften fördert.

Der Verfassungsschutz verfolgt AfD-Gegner als „Linksextreme“, während er die AfD verteidigt und berät. Als Hamburger Studierende dagegen protestieren, dass Bernd Lucke, der Gründer dieses rechtsradikalen Monstrums, als Professor an ihre Universität zurückkehrt, empörten sich die Medien über die „Unterdrückung der Meinungsfreiheit“.

Die herrschende Klasse braucht eine rechte, faschistische Partei, um den wachsenden Widerstand gegen Militarismus, Staatsaufrüstung und soziale Ungleichheit zu unterdrücken. Aus demselben Grund hatte eine Verschwörung von rechten Politikern, Industriellen, Finanzmagnaten und Militärs 1933 Hitler an die Macht verholfen. Das ist heute nicht nur in Deutschland so, sondern in zahlreichen anderen kapitalistischen Ländern der Welt – von den USA über Brasilien bis nach Osteuropa.

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