Internationale Kampagne zur Verteidigung von Julian Assange weitet sich aus

Weltweit greifen immer neue Initiativen die Kampagne für die Freiheit von Julian Assange auf. In der Schweiz organisierte am 14. Dezember eine neu gegründete Unterstützergruppe eine Mahnwache für Julian Assange auf dem Bürkliplatz in Zürich. In Heidelberg erläuterte Dr. Luay Rahdhan, Dozent der Volkshochschule, in einem Vortrag detailliert die imperialistischen Verbrechen, die Assange über WikiLeaks enthüllt hatte.

Die Facebook-Gruppe „Free Julian Assange Committee Switzerland“ kommentierte ihre Mahnwache auf dem Zürcher Bürkliplatz: „Wir haben für Julian Wind und Wetter getrotzt, mit Flugblättern informiert und mit Passanten das Gespräch gesucht. #FreeAssangeNOW!“ Marlene, eine Initiatorin, schrieb der World Socialist Web Site: „Ich möchte meine Solidarität mit Julian Assange zeigen und mich für seine Freilassung einsetzen… Meine große Frage: wo bleibt der Schweizer Aufschrei für Julian Assange?“

Mahnwache für Assange in Zürich

Auf der FB-Seite wird auch zum WSWS-Aufruf der „Für eine weltweite Kampagne gegen die Überstellung von Julian Assange an die USA!“ verlinkt, und eine Unterstützerin zitiert daraus die Worte: „In einer globalen Kampagne müssen die internationale Arbeiterklasse, Studierende und Schüler, Künstler, Journalisten und Intellektuelle mobilisiert werden, um Julian Assanges Leben zu retten. Millionen Arbeiter und Jugendliche empfinden tiefes Mitgefühl und Solidarität mit Julian Assange. Diese Haltung muss in eine bewusste politische Bewegung umgewandelt werden, um die Verschwörung zu seiner Überstellung in die USA zu vereiteln und ihn zu befreien.“

In Baden-Württemberg gab schon am 29. November ein Vortrag an der Volkshochschule Heidelberg einen interessanten Einblick zum Thema „Julian Assange – WikiLeaks und die Reaktionen des US-Staates“. Der Politik- und Islamwissenschaftler Dr. Luay Radhan machte deutlich, dass das Ausmaß von Assanges Enthüllungen weit über das „Collateral Murder“-Video von 2010 hinausgeht. Sachlich und detailliert schilderte der Referent die von WikiLeaks aufgedeckten Verbrechen des Imperialismus, von den Kriegstagebüchern aus Afghanistan und dem Irak über die Botschafterdepeschen bis hin zu den Guantanamo Bay-Dokumenten. Wegen all dieser Verbrechen sei nie jemand zur Rechenschaft gezogen worden, so Radhan, und er fügte hinzu: „Julian Assange wurde verhaftet, und die Täter blieben frei.“ Eine Anzahl ehemaliger Partnermedien von WikiLeaks, darunter die ARD, NDR, Der Spiegel und die Süddeutsche Zeitung, hätten bisher für die Befreiung Assanges keinen Finger gerührt.

Bei seinen Ausführungen stützte sich Radhan auf Nils Melzer, John Pilger, Pamela Anderson, den US-Aktivisten Lee Camp und auch auf die World Socialist Web Site. Einige der zentralen dort erschienenen Erklärungen und Artikel projizierte der Redner an die Wand. Zuletzt blieb der Aufruf der WSWS vom 22. Juni 2019 für eine weltweite Kampagne gegen Assanges Überstellung an die USA stehen. Denselben Aufruf hatten Mitglieder der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) auch am Eingang der Veranstaltung verteilt.

Nach dem Vortrag entwickelte sich eine interessante Diskussion darüber, wie Julian Assanges Befreiung erreicht werden könne. Ein SGP-Mitglied erinnerte an den Hinweis, den Assange selbst aus dem Gefängnis Belmarsh heraus gegeben hatte. Auf die Frage einer Unterstützerin, was zu tun sei, schrieb Assange in einem der seltenen Schreiben, die das Korrespondenzverbot des Hochsicherheitstrakts durchbrechen konnten: „Liebe Anne-Marie – du fragst, was du tun kannst, um für meine Freiheit zu kämpfen? Setze deine strategischen Fähigkeiten, deine Freunde, Ressourcen und Bekannten ein. Wenn du Pflegerin bist, bilde einen Block in der Pflegegewerkschaft, etc! JPA [Julian Paul Assange]“.

Assanges Brief an eine französische Unterstützerin, Quelle: Unity4JFrancais (Twitter)

Dieselbe Frage taucht in allen Diskussionen der Free-Assange-Kampagne immer wieder auf. So entwickelte sich auf der „Free Julian Assange Committee Switzerland“-Facebooksite ein Austausch über die Forderung, die auch im Vorfeld einer weiteren Kundgebung in Genf für Assange am 19. Dezember erhoben wurde: Die Schweizer Behörden sollten Julian Assange politisches Asyl gewähren. Die Kommentare lauten: „Unsere Regierung sollte dringend etwas tun, sich einmischen, Assange aus diesem Elend der Ungerechtigkeit befreien.“ – „Das wäre schön, doch vielleicht braucht unsere Regierung ein wenig Mut, um sich gegen den großen Vater USA zu stellen.“ – „Unsere Regierung und Mut ??… Nein, unsere Regierung will sich ja NIE einmischen, verkauft lieber ihre Seele! Waffenlieferung an Kriegsländer, knickst vor den Saudis! Es geht ihnen nur um Profit, nicht um Menschlichkeit. Leider…“

Die WSWS hat sich zu dieser zentralen Frage immer wieder geäußert. Wie sie aufzeigt, ist Assange das Opfer einer Verschwörung, an der die mächtigsten Regierungen der Welt, ihre Geheimdienste, ihre Propagandisten in den Leitmedien und auch die Gewerkschaften beteiligt sind. Er ist das Opfer eines offenen Angriffs auf die Meinungsfreiheit, gerade weil seine Enthüllungen Teil des wachsenden Widerstands gegen diese Regierungen sind.

Weltweit gehen immer größere Teile der Arbeiterklasse gegen Krieg und soziale Ungleichheit auf die Straße. Die Streiks und Proteste in Frankreich, Hongkong, dem Libanon, dem Irak oder Chile sind nur die jüngsten Beispiele.

In ihrem Artikel vom 6. November über Assanges Antwort aus dem Gefängnis zeigt die WSWS den Zusammenhang zwischen seiner Verfolgung und den Versuchen der Regierung auf, diese neue Widerstandsbewegung der Arbeiterklasse zu unterdrücken: „Die Verfolgung Assanges unter Führung der USA war von Anfang an darauf ausgerichtet, jeden einzuschüchtern, der die Kriminalität von Regierungen und der Wirtschaft entlarvt. Gleichzeitig soll ein Präzedenzfall für die Unterdrückung unabhängiger Medien geschaffen werden, die die Wahrheit berichten. Deshalb ist der Kampf für Assanges Freiheit untrennbar mit dem Kampf für alle sozialen und demokratischen Rechte der Arbeiterklasse gegen den immer schärferen Kriegskurs verbunden.“

Der Kampf zur Befreiung Julian Assanges – und auch der mutigen Whistleblowerin Chelsea Manning – erfordert eine Bewegung von unten, das heißt die unabhängige Mobilisierung von Arbeitern, Jugendlichen, Künstlern und Intellektuellen auf der Grundlage eines sozialistischen Programms.

So heißt es auch im jüngsten Artikel „Vergesst Chelsea Manning nicht!“: „Die entscheidende soziale Basis für die Verteidigung von Manning und Assange ist nicht die ‚aufgeklärte‘ Oberschicht, deren Aktienportfolios in den 20 Jahren seit Beginn des ‚Kriegs gegen den Terror‘ sprunghaft gestiegen sind, sondern die Arbeiterklasse, die die Kriege mit ihrem Leben und ihrer Existenz bezahlt hat… Es ist dringend notwendig, dass die Forderung zur Befreiung von Julian Assange und Chelsea Manning in den Massenkämpfen der Arbeiterklasse gegen Krieg, Unterdrückung, soziale Ungleichheit und ihre Ursache, das kapitalistische System, erhoben wird.“

Loading