Bundesregierung plant weitere Aufrüstung von Polizei und Geheimdiensten

Die Bundesregierung plant auch im kommenden Jahr eine massive Aufrüstung von Polizei und Geheimdiensten. Das bekräftigten führende Regierungsvertreter gegenüber der Presse. Unter anderem sollen beim Bundeskriminalamt (BKA) und dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) neue Einheiten mit jeweils dreihundert Beamten aufgebaut werden.

Wie Der Spiegel berichtet, sieht ein neuer Gesetzentwurf des Innenministeriums außerdem die Einführung von Gesichtserkennungssystemen an 135 deutschen Bahnhöfen und 14 Verkehrsflughäfen vor. Die Bundespolizei soll das Recht erhalten, unbescholtene Bürger „vorbeugend“ in Gewahrsam zu nehmen. Der Entwurf, der sich bereits in der Abstimmung mit dem Justizministerium befindet, soll der Bundespolizei darüber hinaus gestatten, in ganz Deutschland jedes beliebige Fahrzeug zu kontrollieren, das der „Schleusung von Migranten“ verdächtigt wird.

In einem Beschluss des CDU-Bundesfachausschusses Innere Sicherheit, der der Deutschen Presseagentur vorliegt, heißt es weiter, „Verfassungsschutz und Bundespolizei“ müssten in die Lage versetzt werden, zukünftigen Entwicklungen „schlagkräftig zu begegnen“. Dazu seien „Kompetenzen und Befugnisse“ wie „Vorratsdatenspeicherung“, „Quellen-TKÜ“ (Telekommunikationsüberwachung) und „Online-Durchsuchung“ erforderlich. Auch die Anfertigung „forensischer Systemkopien von Zielgeräten“ fordert das Papier.

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) forderte in seiner Eigenschaft als künftiger Vorsitzender der Bundes-Innenministerkonferenz „Datenbanken, auf die alle zugreifen können“ und „ein einheitliches Erfassungssystem“. Die bereits bestehenden gemeinsamen Datenbanken der Sicherheitsbehörden müssten „jetzt ausgebaut werden“.

Die Ankündigungen knüpfen an frühere Pläne an, die deutschen Geheimdienste zu stärken. Wurden diese früher vor allem mit der Gefahr islamistischen Terrors und angeblicher linksradikaler Gewalt begründet, dient seit dem Anschlag auf eine Synagoge in Halle auch die Gefahr rechten Terrors als Vorwand, obwohl die Sicherheitsbehörden selbst von rechtsradikalen Strukturen durchsetzt sind.

Die neue Abteilung des Verfassungsschutzes trägt den orwellschen Namen „Zentralstelle zur Aufklärung rechtsextremistischer Umtriebe im öffentlichen Dienst“. Sie soll entsprechende Aktivitäten „der Länder, der Bundesbehörden und der Bundeswehr“ miteinander vernetzen.

Auch das neue Personal des BKA soll den Ländern in ähnlicher Weise „als Zentralstelle bei komplexen Struktur- und Ermittlungsverfahren“ zur Seite stehen. Im Zentrum steht dabei die „engere Verzahnung wissenschaftlicher und operativer Erkenntnisse“ sowie die Überwachung von sozialen Netzwerken und deren Verpflichtung, strafbare Inhalte schneller zu löschen.

Tatsächlich dienen die Pläne des Innenministeriums nicht dem „Kampf gegen rechts“, sondern sind Bestandteil der Bestrebungen, die Trennung von Polizei und Geheimdiensten de facto aufzuheben, die nach dem Terror von Hitlers Gestapo im Grundgesetz festgeschrieben worden war. Bereits Ende Oktober hatten die Präsidenten der drei Geheimdienste Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst (MAD) eine engere Kollaboration angekündigt.

Die deutschen Sicherheitsbehörden, die nach dem Zweiten Weltkrieg von ehemaligen Nazis federführend wieder aufgebaut wurden, sind Brutstätten antidemokratischer Verschwörungen und Transmissionsriemen für bewaffnete Neonazis. Das belegen nicht nur die symbiotischen Beziehungen zwischen Verfassungsschutz und NPD, sondern auch die enge Verquickung von Mitarbeitern des Geheimdienstes mit der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU).

Schon Adolf Hitler hatte sich in jungen Jahren als V-Mann der Bayerischen Reichswehr der späteren NSDAP angeschlossen – und die Partei, die er eigentlich bespitzeln sollte, später übernommen. Auch heute sind bezahlte V-Leute der Sicherheitsbehörden als rechtsextreme Rädelsführer tätig. Bekannt ist der Fall von Tino Brandt, der mit Geldern des Verfassungsschutzes den Thüringer Heimatschutz aufbaute, aus dem dann der NSU hervorging.

Im Jahr 2018 enthüllten Nachforschungen der taz, dass der Militärgeheimdienst MAD den Bundeswehr-Elitesoldaten André S. über einen längeren Zeitraum hinweg als „Auskunftsperson“ führte. S., auch bekannt als „Hannibal“, ist der Kopf eines deutschlandweiten rechtsextremen Netzwerks von Kommandosoldaten, Elitepolizisten, Geheimdienstlern, Richtern, Anwälten und Bundeswehrreservisten, das sich auf einen faschistischen Umsturz und die massenhafte Ermordung politischer Gegner an einem „Tag X“ vorbereitet.

Im Dezember wurden acht Spezialeinsatzkommando-Beamte des LKA Mecklenburg-Vorpommerns vom Dienst suspendiert, nachdem von ihnen illegal gebunkerte Waffen gefunden und Pläne zur Beschaffung von Ätzkalk und Leichensäcken aufgeflogen waren. Wie im Verlauf des letzten Jahres bekannt wurde, reicht dieses Netzwerk bis tief in die AfD und die CDU hinein und wird von höchsten politischen Stellen gedeckt.

Auch die Bundespolizei ist eine Brutstätte von Rechtsextremismus. Im Jahr 2018 führte die Behörde gegen acht Beamte Disziplinarverfahren wegen ihrer Nähe zur Reichsbürgerbewegung durch. Im Juni vergangenen Jahres erklärte der CDU-Politiker Friedrich Merz, seine Partei verlöre „Teile der Bundespolizei an die AfD“. Nur wenige Monate später kam ein junger algerischer Einwanderer im Gewahrsam der Bundespolizei ums Leben, nachdem die Beamten ihm lebensnotwendige Medikamente vorenthalten und einen Befehl zu seiner Freilassung ignoriert hatten.

Bundespolizeichef Dieter Romann ist ein Weggefährte des rechtsradikalen ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen. Wie Maaßen ist auch Romann vehementer Verfechter einer menschenverachtenden Flüchtlingspolitik im Stile der AfD.

Laut einem Bericht des Welt-Journalisten Robin Alexander zog Romann im Jahr 2015 „mit einer selbstgebrannten DVD“ mit Aufnahmen von Flüchtlingen „durchs politische Berlin“, um die Regierung zur Abriegelung der Grenzen zu bewegen – eine Politik, auf die er die Bundespolizei gleichzeitig eigenmächtig vorbereitete. Seitdem zählt Romann Medienberichten zufolge zu Merkels „schärfsten Kritikern“ von rechts. Am ersten Weihnachtsfeiertag des vergangenen Jahres forderte Romann gegenüber der Bild-Zeitung einen massiven Ausbau der deutschen Abschiebegefängnisse.

Die faschistische Gefahr, die von den deutschen „Sicherheitsbehörden“ ausgeht, darf nicht unterschätzt werden. Mit dem Aufbrechen internationaler Klassenkämpfe und der Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Großmachtpolitik kehren alle Schatten der Vergangenheit wieder zurück. Staatsapparat und rechtsextreme Gewalttäter werden zunehmend gegen die Arbeiterklasse in Stellung gebracht.

In Frankreich, wo Gelbwesten und Arbeiter gegen Macrons Kürzungspolitik kämpfen, ging die Polizei – unterstützt von den französischen Streitkräften – im vergangenen Jahr derart gewaltsam gegen Protestierende vor, dass mindestens zwanzig Personen ihr Augenlicht und vier Menschen eine Hand verloren.

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