Perspektive

Die Antwort des US-Kapitalismus auf die Corona-Pandemie: Nichts für die Gesundheitsversorgung, unbegrenztes Geld für die Wall Street

Am Wochenende nahm die Coronavirus-Pandemie unter der gesamten Weltbevölkerung weiter zu, wobei sich die Zahl der Fälle in Italien und den Vereinigten Staaten verdoppelte und bis Montagabend in insgesamt 148 Ländern Infektionen gemeldet wurden.

Am Montag gab Italien erstaunliche 3.233 neue Fälle und 349 neue Todesfälle bekannt, während die Vereinigten Staaten 669 neue Fälle und neun neue Todesfälle hinzufügten. Weltweit sind (Stand Montagabend) 179.000 Fälle mit mehr als 7.000 Toten zu verzeichnen.

Am Wochenende warnte Anthony Fauci, der Direktor des National Institute of Allergy and Infectious Diseases, davor, dass „es möglich ist“, dass Millionen von Menschen in den Vereinigten Staaten an der Pandemie sterben könnten.

In den USA und auf der ganzen Welt ereignet sich eine Katastrophe von beispiellosem Ausmaß. Durch das Versagen der Regierungen, angemessen auf die Krise zu reagieren, werden kostbare Zeit und Leben verschwendet.

Menschen gehen in Hongkong an einer elektronischen Tafel vor einer Bank vorbei, die den dortigen Aktienindex zeigt. Dienstag, 3. März 2020 (Foto: AP/Kin Cheung)

In ganz Europa und Amerika ist die Botschaft die gleiche: Die Kranken werden von den Krankenhäusern abgewiesen. Tests auf das Virus – die einzige Möglichkeit, die Pandemie ernsthaft einzudämmen – sind für die meisten Menschen, die dies wünschen, nicht verfügbar. In den Vereinigten Staaten sind nicht einmal 15.000 Tests durchgeführt worden.

Unzählige virale Social-Media-Posts aus dem ganzen Land dokumentieren den Teufelskreis, in dem Ärzte und Patienten stecken. Sie fordern einen Test auf das Coronavirus, nur um dann zu erfahren, dass sie nicht getestet werden können, weil sie mit niemandem in Kontakt gekommen sind, der bereits positiv getestet wurde.

Abgesehen von der Sorge, mit der tödlichen Krankheit infiziert zu werden, machen sich Millionen Familien in den USA Sorgen darüber, wie sie sich um ihre Kinder kümmern sollen, da die Schulen in weiten Teilen des Landes geschlossen werden und wie sie ihre Familien angesichts leerer Regale in den Supermärkten ernähren sollen.

Im Zuge der sich ausbreitenden Pandemie machten zwei Entwicklungen am Wochenende die wirkliche Priorität der Kapitalistenklasse bei der Reaktion auf die Krise deutlich.

Am Freitag behauptete die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi fälschlicherweise, das Haus oder die Abgeordneten hätten für ein Gesetz gestimmt, das „zwei Wochen bezahlten Krankenstand und bezahlte medizinische Versorgung für die vom Virus Betroffenen sichert.“

Tatsächlich bewirkt der lächerliche Gesetzentwurf für 80 Prozent der Arbeiter nichts, da er sowohl große Arbeitgeber als auch kleine Unternehmen, die Härtefälle geltend machen, von der Regelung ausnimmt. Die Kongressabgeordneten argumentierten, dass die Gewährung von bezahltem Krankenstand kranke Mitarbeiter dazu ermutigen würde, zu Hause zu bleiben – was genau der Zweck des Programms ist. Infolgedessen werden die Arbeiter gezwungen sein, sich zu entscheiden, ob sie krank zur Arbeit gehen und ihre Kollegen gefährden oder ihre Familien zum Hungern zwingen wollen.

Für die von der tödlichen Pandemie bedrohten Arbeiter wird nichts getan. Aber wenn es um die Rettung der Banken und die Stützung der Aktienwerte geht, gibt es keine Grenze an Ressourcen, die die Regierung zu mobilisieren bereit ist.

Am Sonntag kündigte US-Präsident Donald Trump an, dass die US-Notenbank die Zinssätze gerade auf null Prozent gesenkt hat, was ein weiteres Geschenk an die Finanzoligarchie bedeutet. „Ich würde denken, es gibt viele Leute an der Wall Street, die sehr glücklich sind, und ich bin sehr glücklich“, strahlte Trump.

Die Trump-Regierung, die für das gesamte politische Establishment der USA sprach, hat von Anfang an deutlich gemacht, dass sie die Pandemie nicht als eine Krise der öffentlichen Gesundheitsversorgung, sondern als eine Bedrohung für den Reichtum der Finanzoligarchie sieht.

Zu diesem Zweck haben das Weiße Haus und die US-Notenbank der Wall Street praktisch unbegrenzte Mittel zur Verfügung gestellt, während sie nichts zur tatsächlichen Bekämpfung der Krankheit oder zur Bereitstellung von Mitteln für erkrankte Arbeiter unternommen haben.

Zusätzlich zur Senkung der Zinssätze um einen vollen Prozentpunkt – schneller als sie jemals zuvor die Zinsen gesenkt hatte – kündigte die Federal Reserve auch an, dass sie ihr Programm der quantitativen Lockerung wieder aufnehmen und eine zusätzliche halbe Billion Dollar in die Finanzmärkte pumpen werde.

Dieser Schritt folgte auf eine Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte zu Beginn des Monats, der nur zehn Tage später am Donnerstag eine zusätzliche Infusion von 1,5 Billionen Dollar in die Finanzmärkte folgte – eine Zahl, die doppelt so hoch ist wie der Umfang der ursprünglichen Bankenrettung im Jahr 2008.

Die Botschaft an die Wall Street war klar: Das Weiße Haus und die Federal Reserve werden alles Notwendige tun, um die Aktienwerte zu stützen. Egal was es kostet, die Investoren werden entschädigt.

Wie üblich drückte Trump keinerlei Mitgefühl für die 700 Menschen aus, die am Sonntag weltweit ihr Leben verloren. Er drückte auch kein Mitgefühl für diejenigen aus, die an der Krankheit leiden oder geliebte Menschen verloren haben, und riet den Menschen, die verzweifelt versuchen, sich aus leer geräumten Ladenregalen zu versorgen, sie sollten „sich entspannen.“

Wie die World Socialist Web Site am Freitag argumentierte, vollführen die herrschenden Klassen als Reaktion auf die Pandemie eine Politik der „böswilligen Untätigkeit“:

Oberflächlich betrachtet erscheint ihr Handeln chaotisch, unorganisiert und improvisiert. All das ist wahr. Aber aus diesem Chaos kommt eine bestimmte Politik zum Vorschein, die man als böswillige Untätigkeit bezeichnen kann. Das heißt, die Regierungen treffen bewusst die Entscheidung, nur minimale Maßnahmen umzusetzen und der Verbreitung des Virus mit Gleichgültigkeit zu begegnen.

Am Wochenende brachte die britische Regierung diese unausgesprochene Politik unverhohlen zum Ausdruck, als Sir Patrick Vallance, der wissenschaftliche Chefberater der Regierung Johnson, erklärte: „Es ist nicht möglich, alle davor zu schützen, und es ist auch nicht wünschenswert.“

Dies steht im Einklang mit einer wachsenden Zahl von Kommentaren in der Presse, in denen die Ansteckung von mehr Menschen befürwortet wird. Der Kolumnist des britischen Telegraph, Jeremy Warner, erklärte, dass „COVID-19 sich langfristig sogar als leicht vorteilhaft erweisen könnte, indem es unverhältnismäßig viele ältere [von der Gesundheitsversorgung] Abhängige aussortieren würde.“

Am Sonntag verurteilte William Hanage, ein Harvard-Professor für Epidemiologie, die Politik der britischen Regierung: „Ihr Haus brennt, und die Menschen, denen Sie Ihre Fürsorge anvertraut haben, versuchen nicht, es zu löschen.“

Aber wenn es um die durch die Pandemie ausgelöste Finanzkrise geht, führt die Regierung eine beispiellose und massive Intervention durch und stellt den gesamten Reichtum der Gesellschaft der Kapitalistenklasse zur Verfügung.

Die Entwicklungen vom Sonntag machen deutlich, wie dringend notwendig es ist, dass die Arbeiter in der gegenwärtigen Krise politisch eingreifen. Die Arbeiterklasse muss fordern, dass die Billionen von Dollar, die in die Absicherung der Aktienmärkte und Banken fließen, zur Finanzierung einer massiven Ausweitung der Tests und einer beispiellosen Investition in die öffentliche Gesundheitsversorgung verwendet werden. Die notwendigen Ressourcen müssen dringend für den Bau von Krankenhäusern, den Kauf von Beatmungsgeräten und die Gewährleistung einer sicheren Umgebung für das medizinische Personal und dessen Hilfspersonal bereitgestellt werden.

Die Pandemie entlarvt den Kapitalismus in den Augen von Millionen von Arbeitern und Jugendlichen als ein System, dessen einziges Ziel darin besteht, die kapitalistische Minderheit auf Kosten der überwältigenden Mehrheit zu bereichern.

Doch in der Debatte der Demokratischen Partei zwischen Bernie Sanders und Joe Biden am Sonntag, die von der Diskussion über die Pandemie dominiert wurde, nannte keiner der Kandidaten die beiden für das Verständnis der Krankheit entscheidenden Worte: „Kapitalismus“ und „Sozialismus“.

Tatsache ist, dass die Forderung nach ernsthaften Bemühungen zur Bekämpfung der Pandemie untrennbar mit dem Kampf für das Ende des kapitalistischen Systems und die Neuorganisation der Gesellschaft auf sozialistischer Grundlage verbunden ist.

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