Perspektive

Bilanz eines Monats: 7,2 Millionen Coronafälle, 165.000 Tote

Der Juli war der bisher tödlichste Monat der Covid-19-Pandemie. Und die Krankheit breitet sich weiter in der ganzen Weltbevölkerung aus.

Mehr als sieben Millionen Menschen haben sich im vergangenen Monat an SARS-CoV-2 infiziert. Im Vergleich dazu waren es im Juni noch 4,4 Millionen. Und 165.000 Menschen sind gestorben, während es im Vormonat 139.000 waren. Insgesamt ist die Zahl der weltweit Infizierten auf 18,4 Millionen angestiegen, und die Zahl der Todesopfer beläuft sich auf rund 700.000.

Indische Freiwillige nehmen Covid-19-Abstriche. Indisch-israelisches Test- und Studiencamp in Neu-Delhi, 31. Juli 2020 (AP Photo/Emilio Morenatti)

Das Epizentrum der globalen Katastrophe sind die Vereinigten Staaten, das reichste kapitalistische Land. Es ist auch das Land der extremsten sozialen Ungleichheit, in dem das menschliche Leben besonders wenig zählt.

In den Vereinigten Staaten gab es im Juli zwei Millionen neue Fälle, gegenüber 800.000 im Juni. 27.500 Menschen verloren ihr Leben, ein weiterer Monatsrekord. Wenn die Krankheit in diesem Tempo weitergeht, werden in den USA im Laufe eines Jahres 330.000 Menschen gestorben sein.

Die Koordinatorin der Corona-Task Force des Weißen Hauses, Dr. Deborah Birx, warnte am Sonntag in der CNN-Sendung "State of the Union": "Heute sehen wir ein anderes Bild als im März und April. Sie [die Krankheit] ist außerordentlich weit verbreitet." Sie fügte hinzu, dass sich die Pandemie „sowohl in ländlichen als auch in städtischen“ Gebieten eingenistet habe.

Diese Katastrophe ist die vorhersehbare Konsequenz der Entscheidung im Weißen Haus, alle Bemühungen zur Eindämmung der Pandemie aufzugeben. Es ist Teil der Politik, alle abhängig Beschäftigten trotz grassierender Krankheit an die Arbeit zurück zu zwingen. Im April, als in den USA überall die Fabriken und Betriebe wieder öffneten, wurden gerade einmal eine Million bestätigte Coronavirus-Fälle gezählt, mit knapp 58.000 bekannten Todesfällen allein in diesem Land.

Vor sieben Wochen erklärte Vizepräsident Mike Pence, das Gerede einer zweiten Corona-Welle sei „übertriebener Alarm“. Er behauptete, es seien "große Fortschritte" gemacht worden, und das sei "ein Grund zum Feiern". Dieser großartige Erfolg der Regierungspolitik bestand damals in 2,2 Millionen Covid-19-Fällen und mehr als 121.000 Toten.

Heute hat die Politik der Trump-Regierung ein Bild anhaltenden Massenleidens und von Tod im ganzen Land hervorgebracht. In den Vereinigten Staaten haben sich 4,8 Millionen Menschen angesteckt, mehr als doppelt so viele wie noch Mitte Juni. Weitere 38.000 Männer, Frauen und Kinder sind gestorben, womit ihre Zahl im ganzen Land weit über 156.000 beträgt.

Ähnlich schlimm ist die Lage in Lateinamerika, das fünf Millionen Fälle und weit über 203.000 Todesfälle zu verzeichnen hat. Am gefährlichsten ist die Situation in Brasilien, wo der Faschist Jair Bolsonaro regiert. Er hat die Pandemie wiederholt als "kleine Grippe" abgetan und die Warnungen seiner höchsten Gesundheitsbeamten in den Wind geschlagen. Das Land verzeichnet bisher mehr als 2,7 Millionen Covid-19-Fälle, und es wird erwartet, dass noch in dieser Woche die Schwelle von 100.000 Todesfällen überschritten wird.

In Mexiko, wo Andrés Manuel López Obrador (AMLO) regiert, gab es 439.000 Fälle und 47.000 Todesfälle. Beides wird als gewaltige Unterschätzung der wirklichen Ausbreitung und Zahlen in diesem Land angesehen.

Auch in Indien ist die Pandemie außer Kontrolle. Es gibt 1,8 Millionen bekannte Fälle, mit mehr als 50.000 neuen Infizierten pro Tag. Fast 39.000 Menschen sind gestorben. Es dauerte nur 25 Tage, um den Zahlen vom 10. Juli, die sich in Indien auf 794.000 Covid-19-Fälle beliefen, eine weitere Million hinzuzufügen. Auch dort haben sich also die Fälle in weniger als vier Wochen verdoppelt.

Auch in den europäischen Ländern, in Spanien, in Frankreich und – in geringerem Ausmaß – auch in Deutschland, nimmt die Krankheit wieder zu. Alle drei Länder wurden hart getroffen, als das Coronavirus im März und April zum ersten Mal in Europa auftrat. Es gelang ihnen jedoch etwas besser als den USA, die Pandemie zu unterdrücken.

Doch als Folge der allgemeinen Back-to-work-Politik nimmt die Zahl der Fälle wieder zu. In Deutschland gibt es inzwischen durchschnittlich mehr als 600 neue Fälle pro Tag, in Frankreich mehr als 1.000 und in Spanien mehr als 2.000.

Überall auf der Welt schürt die Krankheit Arbeitslosigkeit, Armut, Obdachlosigkeit und Hunger. Nach Angaben der Vereinten Nationen führt der durch die Pandemie verursachte Hunger jeden Monat zum Tod von 10.000 Kindern.

Im April warnte die Weltgesundheitsorganisation eindringlich vor einer verfrühten wirtschaftlichen Wiedereröffnung, solange ein Land nicht in der Lage sei, "zu testen und alle Fälle zuverlässig zu finden, zu isolieren und zu behandeln, und jeden Kontakt zurückzuverfolgen". Im gleichen Zeitraum warnte Dr. Anthony Fauci, der führende US-Experte für Infektionskrankheiten, vor „unnötigem Leid und Tod“, verursacht durch ein verfrühtes Aufgeben der Pandemieeinschränkungen.

Aber das amerikanische Polit-Establishment, vom Weißen Haus bis zu den Gouverneuren beider Parteien, hörte nicht darauf und gab alle Bemühungen zur Eindämmung der Pandemie wieder auf. Die Freiheit für die Unternehmen, alles wieder zu öffnen, hat die Ausbreitung der Krankheit enorm angetrieben. Wie sich zeigt, sind Tod und Leid von Millionen für die amerikanische Finanzoligarchie kein Thema.

Die Vereinigten Staaten verfolgen de facto eine Politik der "Herdenimmunität". Sie drängen die Arbeiter zurück in die Fabriken, Betriebe und Büros, damit die Unternehmen wieder Profite erwirtschaften können, und damit die Milliarden oder Billionen von Dollar eingetrieben werden, die an die Reichen ausgeteilt worden sind.

Diese Politik zeigt sich in grausiger Offenheit in den Vereinigten Staaten; aber genauso zeigt sie sich in allen Ländern. Den Regierungen geht es nicht vorrangig darum, die Gesundheit und das Wohlergehen der Bevölkerung zu erhalten, sondern den Reichtum der Finanzoligarchie.

Die Corona-Katastrophe ist das Produkt der Anarchie und Irrationalität des Kapitalismus. Jahrzehntelange hat man die Infrastruktur des Gesundheitswesens im Interesse der Finanzmärkte und der Privatisierung zerstört. Arbeitsplätze wurden vernichtet, Löhne gedrückt und soziale Dienstleistungen heruntergefahren.

Anstatt weltweit gegen die Pandemie zusammenzuarbeiten, nutzen die USA die Aussicht auf einen möglichen Impfstoff zum eigenen Vorteil und heizen einen, wie es das Wall Street Journal nannte, „geopolitischen Streit, um sich die Ressourcen für einen wissenschaftlichen Durchbruch zu sichern, der enorme wirtschaftliche und politische Macht verleihen könnte".

Am 29. Februar, d.h. vor über fünf Monaten, publizierte das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) den Aufruf: „Für global koordinierte Notfallmaßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie!“ Zu einer Zeit, als die Gesamtzahl der Fälle bei 100.000 und die Zahl der Todesfälle bei 3.000 lag, warnte das IKVI: "Die Bedrohung ist extrem." Aber anstatt Maßnahmen gegen die Pandemie zu ergreifen, nutzte die herrschende Klasse die Katastrophe, um sich weiter zu bereichern und von Tod und sozialer Verwüstung zu profitieren.

Inzwischen sind mehr als 18 Millionen Menschen infiziert, und 700.000 Menschen sind gestorben. Siebenhunderttausend Menschen! Alle hatten sie Familie, Freunde, Kollegen, die der Verlust hart getroffen hat. Und ein Ende ist nicht in Sicht.

Kann man sich eine verheerendere Bloßstellung des gesellschaftlichen, politischen und moralischen Bankrotts des Kapitalismus denken? Die Arbeiterklasse wird nicht vergessen, was geschehen ist. Die Pandemie, welche die schon bestehende kapitalistische Krise noch verschärft, hat die Voraussetzungen für enorme revolutionäre Erschütterungen geschaffen, sowohl in den Vereinigten Staaten, als auch auf der ganzen Welt.

Loading