Rush Limbaugh, reaktionärer Verteidiger des US-Kapitalismus, mit 70 gestorben

Am 17. Februar starb der langjährige rechte Radiomoderator Rush Limbaugh im Alter von 70 Jahren. Donald Trump, Fox News und das ganze rechtsextreme Medienimperium, das er maßgeblich mit aufgebaut hatte, bedachten ihn mit überschwänglichen Lobeshymnen.

Limbaugh war nicht der erste Radiosprecher, der ultrarechte Politik verbreitete, aber seit dem faschistischen "Radiopriester" Charles Coughlin in den 1930er Jahren er war der erfolgreichste. Er hat bis heute Hunderte Nachahmer in kleinen und großen Radiosendern, auf Fox-TV und deren noch rechteren Konkurrenten wie Newsmax und OAN.

Rush Limbaugh spricht zu Teilnehmern des Events „2019 Student Action Summit“ in West Palm Beach (Florida) (Foto: Wikimedia Commons)

Die Nachrufe in den Mainstream-Medien haben Limbaughs zahlreiche verbale Entgleisungen aufgezählt, angefangen von seiner Verunglimpfung schwarzer Sportler, über seinen unflätigen Angriff auf die Studentin Sandra Fluke an der Georgetown University (die er „Schlampe“ nannte, weil sie die Universität verklagt, bzw. die Verschreibung von Antibabypillen auf Krankenkasse gefordert hatte) bis hin zu seinem Spott über den an Parkinson erkrankten Schauspieler Michael J. Fox.

Was in diesen Nachrufen jedoch fehlt, ist eine Analyse dessen, was Limbaughs Karriere über den amerikanischen Kapitalismus und sein politisches System aussagt. Limbaugh war ein durch und durch widerlicher Mensch, ein Sprachrohr und Apologet der Reaktion und ein Verteidiger von allem, was in der amerikanischen Gesellschaft rückständig und verkommen ist. Aber sein Aufstieg zu Reichtum, Ruhm und politischem Einfluss geschah in unter bestimmten historischen Bedingungen, und das ist es, was Beachtung verdient.

Geboren in eine prominente republikanische Familie im Südosten von Missouri, erwies sich Limbaugh zunächst als Enttäuschung. Sein Großvater war Abgeordneter, dann Botschafter in Indien unter Präsident Eisenhower. Das örtliche Gerichtsgebäude trug seinen Namen. Sein Onkel war Bundesrichter und sein Vater ein prominenter Anwalt und Vorsitzender der Republikanischen Partei. Doch Limbaugh brach 1970 das College nach einem Jahr ab, um seinen Kindheitstraum zu erfüllen und Discjockey und Radiomoderator zu werden.

Trotz der Schlagfertigkeit, die er später an den Tag legen sollte, wurde er wiederholt gefeuert, weil er politische Kommentare und Beleidigungen in seine Ansagen einbaute. Er verließ das Radio, um in der Werbebranche zu arbeiten, und war fünf Jahre lang für das Baseballteam der Kansas City Royals tätig. Er kehrte 1984 zum Radio zurück und trat bei einem Sender in Sacramento (Kalifornien) die Nachfolge eines anderen reaktionären Talkshow-Moderators, Morton Downey Jr., an.

1987, gegen Ende der Reagan-Regierung, hob der Kongress im Rahmen einer parteiübergreifenden Deregulierungskampagne die „Fairness-Doktrin“ auf. Diese hatte bis dahin von den Sendern verlangt, all denjenigen, die von Radio- oder Fernsehkommentatoren angegriffen wurden, die gleiche Sendezeit einzuräumen. Limbaugh war begeistert über, das, was er eine "Befreiung" nannte. Er zog nach New York City und beteiligte sich am Aufbau eines landesweiten rechten Radioprogramms auf WABC, dem Flaggschiff des ABC-Radionetzwerks.

In den Jahren 1990-1991 wuchen Limbaughs Zuhörer wie Pilze aus dem Boden, während er Kriegsgegner beschimpfte, die sich an Demonstrationen gegen den ersten Irakkrieg beteiligten. Dieser Angriffskrieg am Persischen Golf, der in einem Massengemetzel an der irakischen Armee gipfelte, wurde geplant und durchgeführt von der Regierung des republikanischen Präsidenten George H. W. Bush, um die Vorherrschaft des amerikanischen Imperialismus im Nahen Osten zu zementieren.

Der Zeitpunkt von Limbaughs Aufstieg ist bezeichnend. Er fiel mit dem Zusammenbruch des sowjetischen Blocks von 1989 bis 1991 zusammen. Dieser löste eine Welle der Euphorie in der amerikanischen herrschenden Elite aus, die sich vor allem durch einen virulenten Antikommunismus auszeichnete. Ronald Reagan wurde als der Zerstörer des „bösen Imperiums“ gefeiert, und Kommentatoren wie Francis Fukuyama verkündeten das „Ende der Geschichte“.

Wichtig für die amerikanische Politik war auch der völlige Zusammenbruch der US-Arbeiterbewegung. Seitdem die Reagan-Regierung 1981 den Fluglotsenstreik zerschlagen hatte, wurde ein Streik nach dem andern durch die Gewerkschaftsbürokratie verraten und ausverkauft. Die AFL-CIO verfolgte die korporatistische Politik der „Sozialpartnerschaft“ zwischen Unternehmern und Arbeitern. Die Gewerkschaften verwandelten sich in Organisationen, die Streiks blockierten, Löhne kürzten und „Unruhestifter“ vom Arbeitsplatz entfernten.

Die daraus resultierende politische Desorientierung und Verwirrung in der Arbeiterklasse, die durch die Unterdrückung des Klassenkampfs verstärkt wurde, erleichterte den Aufstieg einer Art Rechtspopulismus, für den Limbaughs Person typisch war. Politiker und Journalisten gaben vor, für die einfachen Leute, die „amerikanische Mittelschicht“ und gegen das Diktat der „Eliten“ von Hollywood und New York City zu sprechen.

Weil es keine Massenkämpfe der Arbeiterklasse mehr um Arbeitsplätze, Löhne, Sozialleistungen und Arbeitsbedingungen gab, wurde behauptet, jetzt seien solche „kulturellen“ Themen wie Abtreibung, Waffenbesitz, Umwelt-, Rassen- und Genderfragen die brennenden Tagesfragen.

Was diesen Prozess weiter begünstigte, war der Wandel in der Demokratischen Partei. Diese hatte sich bis dahin in begrenztem Maß einer Wirtschaftspolitik angenommen, welche die Löhne anhob und der Arbeiterklasse insgesamt zugutekam. Dies gaben die Demokraten jetzt immer mehr zugunsten einer Identitätspolitik auf, die den engstirnigen Interessen von Teilen der oberen Mittelschicht diente. Dabei ging es um Frauen und ethnische Minderheiten, die hofften, von einer Umverteilung der Privilegien innerhalb der Oberschicht zu profitieren, aber nicht den Klassenkonflikt zu verringern, geschweige denn abzuschaffen.

So konnte Limbaugh behaupten, er vertrete die Interessen der hart arbeitenden Bevölkerung gegen die „Umweltverrückten“, oder diejenigen von Arbeitern gegen „militante Feministinnen“, ohne seine Loyalität zur Wall Street und seine Feindschaft gegen die Arbeiterklasse offen einzugestehen. Dabei wurde er natürlich märchenhaft reich, nahm bis zu 80 Millionen Dollar im Jahr ein, baute sich eine Villa in Südflorida nach dem Vorbild von Versailles und kaufte sich einen Privatjet für 50 Millionen Dollar.

Hunderte junger Radiomoderatoren nahmen sich Limbaugh zum Vorbild, auch bei Fox News, das 1996 von Roger Ailes auf Geheiß von Rupert Murdoch gegründet wurde. Ailes wurde dann Produzent von Limbaugh, als dieser vier Jahre lang, von 1992 bis 1996, einen Ausflug ins Fernsehen machte. Das Format eines Großteils des Sendeprogramms von Fox war direkt von Limbaugh inspiriert.

Ein großer politischer Durchbruch für die amerikanische Ultrarechte kam 1994, als die Republikanische Partei die Kongresswahlen gewann. Sie konnte vom Scheitern von Bill Clintons Versprechen profitieren, eine nationale Krankenkasse einzuführen. Obwohl die Demokratische Partei den Kongress und das Weiße Haus kontrollierte, war dieser Vorschlag nicht einmal zur Abstimmung gekommen.

Newt Gingrich wurde der erste republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses seit 40 Jahren. Dessen Mehrheit war dadurch zustande gekommen, dass zahlreiche rechtsextreme Abgeordnete in den Kongress eingezogen waren, denen Limbaugh und andere rechte Radiomoderatoren eine Plattform geboten und sie bekannt gemacht hatte. Die republikanische Fraktion stimmte sogar dafür, Limbaugh zum Ehrenmitglied zu ernennen – eine offene Anerkennung seiner Unterstützerrolle für ihren Wahlkampf.

In den darauffolgenden 25 Jahren bewegten sich beide kapitalistischen Parteien weiter nach rechts. Jetzt übernahm die Demokratische Partei die Rolle eines Anwalts der Börse und der Wall-Street-Banken, deren Hauptstütze bis dahin die Republikaner gewesen waren. Gleichzeitig nahm die Republikanische Partei Rassisten aus dem Süden, einwanderungsfeindliche Fanatiker und regelrechte Faschisten auf, was sich 2016 in der Nominierung und Wahl von Donald Trump offen zeigte.

Limbaugh folgte einem ähnlichen Kurs, manchmal führend, manchmal hinterherhinkend. Er war ein glühender Verfechter rechter Verschwörungstheorien gegen die Clintons, die 1998 in dem Impeachment gegen Bill Clinton gipfelten. Später protegierte er die „Birther“-Kampagne, die behauptete, Barack Obama sei kein amerikanischer Staatsbürger. Er unterstützte erfolglose rechte Herausforderer für die republikanische Präsidentschaftskandidatur in den Jahren 2008 und 2012 und Ted Cruz gegen Trump im Jahr 2016, ehe er mit Haut und Haaren zu Trump überlief.

Gleichzeitig litt Limbaugh unter den Folgen dessen, was als göttliche Vergeltung erscheinen könnte, wenn es nicht so spät gekommen wäre. Er wurde beinahe taub, wahrscheinlich als Ergebnis einer Oxycodon-Sucht, für die er einmal sechs Wochen in einer Drogenheilanstalt verbrachte und nur knapp einer strafrechtlichen Verfolgung entging. Als starker Raucher mit einer Vorliebe für Zigarren (und der Angewohnheit, die Gefahren des Passivrauchens zu verdrängen) erkrankte er letztes Jahr an Lungenkrebs und gab im Oktober bekannt, dass seine Krankheit unheilbar sei.

Im Laufe des Jahres 2020 leugnete Limbaugh die Gefahren von Covid-19, verglich es mit einer „gewöhnlichen Erkältung“ und behauptete, Corona werde „von den Medien und den Gegnern von Donald Trump als Waffe eingesetzt“. Er prangerte das Tragen von Masken an, sprach sich gegen ein Maskengebot aus und ermutigte junge Menschen, „ihr Leben zu leben und Herdenimmunität zu verbreiten“.

Er gab Trump ein zweistündiges Interview (eine seltene Ausnahme – fast alle seine Radiosendungen waren endlose Monologe ohne Gäste). Und er verteidigte die Lüge, dass Trump tatsächlich die Wahl 2020 gewonnen habe. Damit trug er dazu bei, zum Aufstand vom 6. Januar aufzuhetzen.

Mit anderen Worten, er verbrachte das letzte Jahr seines Lebens so wie die vorherigen 35: Er attackierte jeden, der sich dem amerikanischen Kapitalismus widersetzte und ebnete dem Faschismus den Weg.

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