BVG: Keine Öffnung der Bus-Vordertüren ohne Zustimmung der Fahrer!

Die Entscheidung der BVG-Geschäftsführung, die für Anfang Mai geplante Öffnung der Vordertüren zu verschieben, ist ein wichtiger Erfolg im Interesse aller BVG-Beschäftigten. Jetzt ist es notwendig, die begonnene Mobilisierung fortzusetzen und mit möglichst vielen Busfahrern darüber zu diskutieren, dass auch künftig ohne die Zustimmung der Fahrer keine Öffnung der Fronttüren stattfindet.

Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Geschäftsführung Hand in Hand mit dem Personalrat und Verdi bereits in kurzer Zeit einen neuen Öffnungstermin anstrebt. Dafür soll nun eine Messung des Aerosolverlaufs direkt am Fahrerarbeitsplatz durchgeführt werden.

Neu installierte Trennscheibe in einem Bus der BVG

Für die Vorstandsvorsitzende Eva Kreienkamp steht das Ergebnis dieser Gefährdungsbeurteilung im Grunde schon im Voraus fest. „Wir gehen davon aus, dass so auch die letzten Sorgen vor einer eventuellen Ansteckungsgefahr abgebaut werden können,“ verkündete sie nach der Sitzung des BVG-Aufsichtsrats Ende April.

Es gibt zwei Gründe, weshalb Kreienkamp zuversichtlich ist, mit diesem „Ergänzungs-Gutachten“ die Fronttür-Öffnung gegen den Widerstand der Fahrer doch noch durchsetzen zu können.

Erstens soll diese Messung von exakt denselben Institutionen durchgeführt werden, die bereits das ursprüngliche Gutachten erstellt haben, mit dem die Öffnung für Anfang Mai begründet wurde: der Technischen Universität Berlin und der Charité.

Zweitens unterstützen der Personalrat und Verdi die BVG-Geschäftsführung bei dieser Vorgehensweise. In einer Mitteilung des Verdi-Betriebsgruppenvorstands gab die Gewerkschaft bekannt, sie habe sich „am Rande der Aufsichtsratssitzung“ mit dem Vorstand der BVG auf „einen Weg aus der festgefahrenen Situation um den Vordereinstieg“ geeinigt. Sie halte eine Messung des Aerosolverlaufs direkt am Fahrerarbeitsplatz für geeignet, um eine abschließende Entscheidung zu treffen.

Vor zwei Wochen hatte BVG-Sprecherin Petra Nelken unter Hinweis auf die TU-Charité-Studie der taz gesagt: „Wir können mit gutem Gewissen sagen, dass wir alles getan haben, um die Arbeitsplätze sicher zu machen.“ Zwei Millionen Euro habe die BVG „in die Hand genommen und alle Arbeitsplätze umgebaut“, betonte Nelken.

Wir Busfahrer wissen es besser.

In Wahrheit waren diese Umbauten, die – je nach Fahrzeugtyp – weder einen wirklich geschlossenen Kabinenbereich darstellen noch diesen hermetisch abriegeln, keine Reaktion auf die Ansteckungsgefahr mit dem Corona-Virus. Sie waren schon lange vor 2020 geplant, um das Fahrpersonal vor übergriffigen Fahrgästen zu schützen.

Auch die leitende Betriebsärztin und Pandemiebeauftragte der BVG, Dr. Manuela Huetten, verkündete: „Es war uns ein besonderes Anliegen, dass auch die Wirksamkeit der Trennscheiben in den Bussen unter Corona-Aspekten wissenschaftlich geprüft wird.“ Sie behauptete, die eingebauten Trennscheiben „in Kombination mit der Fahrerraumlüftung“ böten „aus arbeitsmedizinischer Sicht ein Höchstmaß an Sicherheit am Arbeitsplatz“ (Dr. Huetten in der zweiten Ausgabe des BVG-Magazins PROFIL).

Das ist schlicht unwahr.

Wie auf der Protestkundgebung vor der Aufsichtsratssitzung berichtet wurde, hat selbst Prof. Dr.-ing. Ulrich Kertzscher, der Leiter der Charité-Studie, bestätigt, dass die mit der Studie beauftragten Wissenschaftler nur „einen kleinen Teil des Fahrerarbeitsplatzes bewertet“ hätten, eine vollumfängliche Untersuchung somit nicht stattgefunden hat.

Die erneute Messung des Aerosolverlaufs, die nun angeblich direkt am Fahrerarbeitsplatz durchgeführt werden soll, muss als das eingeschätzt werden, was es ist: Ein erneutes Manöver mit dem Ziel, die Fronttür-Öffnung trotz anhaltender Ansteckungsgefahr durchzusetzen.

Deshalb fordern wir: Keine Öffnung der Vordertüren und kein Kartenverkauf solange die Pandemie nicht offiziell als beendet erklärt wird.

Die einzigen, die darüber zu entscheiden haben, sind wir Fahrer. Es geht um unser Leben und unsere Gesundheit. Das Wohlergehen unserer Familien steht höher als die Profitinteressen des BVG-Vorstands und des rot-rot-grünen Senats.

Wir verlangen Auskunft darüber, ob der Personalrat eine Betriebsvereinbarung oder andere Absprachen mit dem Vorstand bezüglich der Öffnung der Vordertüren und des Kartenverkaufs bereits unterschrieben, bzw. getroffen hat. Der Personalrat hat keinerlei Mandat, Entscheidungen zu treffen, die unser Leben und unsere Gesundheit betreffen.

Wir fordern eine außerordentliche Online-Betriebsversammlung, auf der alle Fahrer die Möglichkeit haben, über ihre Erfahrungen und über die alltägliche Ansteckungsgefahr zu berichten und Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit zu diskutieren.

Wir lehnen die Komplizenschaft der Verdi-Funktionäre und Personalräte ab, die im Aufsichtsrat sitzen und dort alle Entscheidungen gegen die Belegschaft absegnen. Verdi und die Senatsparteien – SPD, Linkspartei und Grüne – sind eng miteinander verbunden und bilden eine Personalunion. Sie setzen dieselbe menschenverachtende Politik „Profit vor Leben!“ durch, die bundesweit zu 85.000 Corona-Toten geführt hat. Mehr als 3300 Menschen in Berlin wurden dem Virus geopfert, und viele Tausend mehr sind von den Langzeitfolgen der Pandemie betroffen.

Dazu gehören auch Sven B., Tramfahrer, sowie unser Kollege vom Busbetriebshof Cicero-Straße. Auch unter den Mitarbeitern der Firma Sasse, die unsere Fahrzeuge reinigen, mehren sich die Covid-Erkrankungen. Wir haben Hinweise, dass nicht nur zwei, sondern fünf BVG-Beschäftigte an Corona verstorben sind.

Wir verlangen Auskunft über die wirkliche Zahl der Todesopfer und Infektionen. Betriebsärztin Manuela Huetten, die sich offiziell als BVG-Pandemiebeauftragte bezeichnet, und die Sicherheitsbeauftragten im Personalrat sind verpflichtet, das volle Ausmaß der Infektionen und Pandemieopfer bekannt zu geben. Die Geheimhaltung und Verschwörung gegenüber den Beschäftigten müssen ein Ende haben.

Wir streben die Zusammenarbeit mit unseren Kollegen in London, Paris, ganz Europa und weltweit an, die überall mit denselben Problemen konfrontiert sind. Der Virus kennt keine Grenzen, der Kampf dagegen erfordert daher eine internationale Strategie des gemeinsamen Widerstands.

Wir begrüßen daher den Aufbau der „Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees“, um Erfahrungen auszutauschen und unseren Kampf weltweit zu koordinieren.

Wir wiederholen unsere Forderungen aus unserem Aufruf vor zwei Wochen:

  • Die Vordertüren bleiben geschlossen, kein Fahrkartenverkauf und Wiedereinbau der Plastikvorhänge mit hoher Befestigungsqualität!
  • Keine weiteren Vertuschungen! Sofortige Offenlegung und Bekanntgabe aller Infektionen innerhalb der Belegschaft und unter den Reinigungskräften für die BVG-Fahrzeuge. Sofortige Benachrichtigung aller Kollegen per Unternehmens-App.
  • Qualitativ hochwertige und tägliche Desinfektion der Fahrzeuge unter vollständigem Schutz des Reinigungspersonals!
  • Keine Sanktionen gegen Kollegen, die aus Angst vor Ansteckung ihren Dienst nicht versehen! Keine Schikanen gegen Kollegen, die persönlich und in sozialen Netzwerken über Sicherheitsbedenken sprechen und Informationen austauschen.
  • Sofortige und regelmäßige Testpflicht für alle, kostenfrei und während der Arbeitszeit, und Kontaktverfolgung vor Ort für alle Beschäftigten der Betriebshöfe.
  • Sofortige Aufnahme der Impfungen für alle Mitarbeiter durch die Betriebsärzte der BVG.
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