Perspektive

Neue Stufe des Jobmassakers in der Tech-Branche: Google entlässt 12.000 Mitarbeiter

Mit der Ankündigung der Google-Muttergesellschaft Alphabet, 12.000 Stellen zu streichen, hat der Angriff auf die Arbeitsplätze in der Technologiebranche eine neue Dimension erreicht. Die Zahl der in den ersten drei Wochen des neuen Jahres gestrichenen Arbeitsplätze im Tech-Sektor hat bereits ein Drittel der insgesamt mehr als 241.000 Entlassungen in der Branche im Jahr 2022 erreicht.

Bewerber stellen sich bei einer Jobmesse an. Ocean Casino Resort in Atlantic City N.J., April 2022 [AP Photo/Wayne Parry, File]

Obwohl viele dieser Stellenstreichungen in den USA stattfinden, sind die Angriffe auf Beschäftigte in der Technologiebranche weltweit zu beobachten. In einer E-Mail, die am Freitag an die Google-Mitarbeiter verschickt wurde, schrieb CEO Sundar Pichai, dass die Entlassung von 6 Prozent der Belegschaft sich auf internationaler Ebene auf Arbeitsplätze auswirken und sich „quer durch Alphabet, Produktbereiche, Funktionen, Ebenen und Regionen“ ziehen würde.

Pichai sagte auch, dass die Entlassungen vorgenommen wurden, „um sicherzustellen, dass unsere Mitarbeiter und Funktionen mit unseren höchsten Prioritäten als Unternehmen übereinstimmen“. Mit anderen Worten: Wie von der Finanzoligarchie gefordert, werden die Arbeitsplätze der Alphabet-Mitarbeiter geopfert, um die Rentabilität des 1,27 Billionen Dollar schweren globalen Technologiekonglomerats zu sichern.

Niemand sollte die Rücksichtslosigkeit unterschätzen, mit der die Unternehmenselite ihren Angriff auf Arbeitsplätze und Lebensstandards fortsetzt. Während Pichai schrieb: „Wir haben bereits eine separate E-Mail an die betroffenen Mitarbeiter in den USA geschickt“, berichteten Mitarbeiter in New York City, dass sie von der Entlassung erfuhren, als sie am Freitagmorgen zur Arbeit kamen und ihnen der Zutritt zum Firmensitz verweigert wurde.

Dem von TrueUp betriebenen Tracker von Tech-Entlassungen zufolge hat die Zahl der Entlassungen im Technologiesektor mit der Ankündigung von Alphabet in diesem Jahr mehr als 75.000 erreicht. Zu den weiteren für 2023 angekündigten Massenentlassungen gehören Amazon (18.000 Arbeitsplätze), Microsoft (10.000 Arbeitsplätze), Salesforce (7.000 Arbeitsplätze) und Cloud Software Group (2.000 Arbeitsplätze).

Die Entlassungen bei mehr als 200 anderen Tech-Unternehmen – darunter 1.100 Stellen bei Capital One, 950 Stellen bei CoinBase, 900 Stellen beim Gaming-Unternehmen Black Shark und 800 Stellen bei Crypto.com – machen den Rest der 50.000 gestrichenen Stellen aus.

Die wachsende Entlassungswelle im Technologiesektor ist so schockierend wie verheerend. In einem Bericht der New York Times vom Freitag heißt es: „Millennials und die Generation Z, die zwischen 1981 und 2012 geboren wurden, haben ihre Karriere in der Technologiebranche während eines Jahrzehnts beginnen, in dem sich die Zahl der Arbeitsplätze so schnell vervielfachte wie die Zahl der iPhone-Verkäufe... Nur wenige von ihnen haben zuvor umfangreiche Entlassungen erlebt.“

Unterdessen benötigen entlassene Arbeiterinnen und Arbeiter in allen Wirtschaftszweigen immer mehr Zeit, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Nach Angaben des US-Arbeitsministeriums stieg die Zahl der Arbeitsuchenden, die seit dreieinhalb bis sechs Monaten keine Arbeit haben, im Dezember auf 826.000, gegenüber 526.000 im April.

Das Arbeitsplatzmassaker in der Tech-Industrie ist die Speerspitze einer bewussten Politik des herrschenden Establishments, die Inflationskrise auf dem Rücken der Arbeiterklasse auszutragen. Die Biden-Regierung und die US-Zentralbank Federal Reserve haben – zusammen mit kapitalistischen Regierungen und Zentralbanken auf Weltebene – die Zinssätze in einem noch nie dagewesenen Tempo erhöht. Auf diese Weise soll eine Rezession herbeigeführt werden, um die Arbeitslosigkeit zu erhöhen und so die Lohnforderungen der Arbeiter, die mit steigenden Lebenshaltungskosten konfrontiert sind, zu unterdrücken.

Jerome Powell, der Vorsitzende der US-Notenbank, brachte diese Politik offen zum Ausdruck, als er in einer Rede am 10. Januar sagte: „Die Wiederherstellung der Preisstabilität bei hoher Inflation kann Maßnahmen erfordern, die kurzfristig unpopulär sind, wenn wir die Zinssätze erhöhen, um die Wirtschaft zu bremsen.“

Die restriktive Geldpolitik ist im Technologiesektor am unmittelbarsten zu spüren, da die Branche von den kombinierten Auswirkungen der gestiegenen Kreditkosten, dem Einbruch der Börsenwerte und dem Rückgang des Geschäftsvolumens aufgrund der allgemeinen Konjunkturabschwächung betroffen ist.

Der Angriff auf die Arbeitsplätze geht einher mit veränderten Bedingungen, die die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten in der Technologiebranche verschlechtern sollen. In einem Kommentar in der New York Times vom Sonntag mit dem Titel „The Era of Happy Tech Workers is Over“ (Die Ära der sorglosen Tech-Arbeiter ist vorüber) schreibt Nadia Rawlinson, ehemals Chief People Officer bei Slack: „Die Entlassungen sind Teil des neuen Zeitalters des Bossismus – der Vorstellung, dass das Management zu viel Kontrolle aufgegeben hat und sie zurückerobern muss.“

Obwohl die Beschäftigten in der Hightech-Branche als verhältnismäßig bessergestellte Arbeiter angesehen werden, ist es eine Tatsache, dass die Hightech-Branche denselben Gesetzen des Profitsystems unterliegt wie jeder andere Sektor des Kapitalismus.

Rawlinson schreibt: „Nach zwei Jahrzehnten des Kampfs um Talente nutzen die Chefs diese neue Zeit nun, um sich für die jahrelange Nachsicht des Managements zu revanchieren, die ihnen eine Generation von anspruchsvollen Arbeitnehmern beschert hat“. Die Tage der Fernarbeit, der WLAN-Erstattung, der Bezuschussung von Mahlzeiten und anderer Anreize seien vorbei, betont sie: „Die Führungskräfte der Tech-Branche optimieren jetzt eher die Rentabilität als das Wachstum, manchmal auf Kosten lang gehegter unternehmerischer Überzeugungen.“

Hinter diesen Veränderungen stehen laut Rawlinson „aktivistische Investoren“, die „prominente Anteile an ihren Aktien“ eingenommen haben und „die Unternehmen auffordern, ihre Kosten zu senken, nicht-strategische Investitionen zu reduzieren und, insbesondere im Fall von Meta, aggressiv ihre Belegschaft zu reduzieren“. Es steht außer Frage, dass die Entlassungen und die Angriffe auf die Arbeitsbedingungen von den Milliardären an der Wall Street gefordert werden, die auf diese Weise versuchen, der Arbeiterklasse die 4 Billionen Dollar in Aktienwerten zu entziehen, die sie 2022 verloren haben.

Wie ein Google-Mitarbeiter twitterte: „Stellen Sie sich vor, Sie sind 24 Jahre und zehn Monate bei einem Unternehmen, das einen 5-Jahres-Zeitplan für die Beteiligung an Aktien hat, die mit 25 Jahren vollständig freigegeben werden... und Sie werden einen Monat und ein paar Tage vor ihrem 25. Jahrestag entlassen... und das Unternehmen, das Sie entlassen hat, hat letztes Jahr 198 Milliarden Dollar verdient. ICH HASSE DEN KAPITALISMUS.“

In jeder Branche will die Unternehmens- und Finanzoligarchie die Arbeiterklasse für die globale Krise des Kapitalismus zahlen lassen. In der Automobilindustrie hat der Elektrofahrzeughersteller Rivian im Rahmen eines Umstrukturierungsplans die Entlassung von 6 Prozent seiner Belegschaft angekündigt. Der Elektroautohersteller Tesla hat ebenfalls einen Einstellungsstopp angekündigt, und Entlassungen sollen bald folgen.

Im Dezember kündigte Stellantis die unbefristete Schließung seines Jeep-Motorenwerks in Belvidere (Illinois) an und entließ 1.350 Mitarbeiter. Kurz darauf drohte der Vorstandsvorsitzende Carlos Tavares, dass weitere Stellenstreichungen „überall stattfinden werden, solange wir eine hohe Inflation der variablen Kosten sehen“. Arbeiter des Motorenwerks in Dundee (Michigan) haben der WSWS mitgeteilt, dass mehr als 100 Arbeiter entlassen werden sollen.

Entlassungen wurden auch bei der Intel Corporation, Goldman Sachs, Bed Bath & Beyond und BlackRock angekündigt, und bei der Washington Post wird in den nächsten Tagen mit einem Stellenabbau gerechnet.

Der korporatistische Gewerkschaftsapparat unternimmt nichts, um dem Arbeitsplatzmassaker entgegenzutreten. Die US-Telekommunikationsgewerkschaft CWA, die in letzter Zeit einen Vorstoß zur „Organisierung“ von Tech-Beschäftigten unternommen hat, reagierte lediglich mit einem Tweet, in dem sie den Stellenabbau verurteilte. Tatsächlich hat die CWA-Bürokratie jahrzehntelang am Abbau von Arbeitsplätzen in der Telekommunikationsbranche mitgewirkt.

Die Socialist Equality Party tritt für den Aufbau von Aktionskomitees an jedem Arbeitsplatz ein, die von den Arbeiterinnen und Arbeitern selbst demokratisch kontrolliert werden und den Bedürfnissen der Arbeiterklasse und nicht dem Profit der Unternehmen verpflichtet sind. Die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (International Workers Alliance of Rank-and-File Committees, IWA-RFC) wurde gegründet, um die Kämpfe der Arbeiter in den Vereinigten Staaten und der ganzen Welt gegen die Angriffe auf Arbeitsplätze, Lebensstandards und Arbeitsbedingungen zu koordinieren und zu vereinen.

Dies muss mit einem Kampf gegen das kapitalistische System verbunden sein. Google, Facebook, Twitter und andere Tech-Giganten üben enorme Macht und Kontrolle über das Internet aus. Sie sind tief in die kapitalistischen Regierungen integriert und haben an der staatlichen Zensur mitgewirkt, insbesondere der Zensur linker Publikationen wie der World Socialist Web Site.

Die Technologiebranche kann nicht länger in den Händen von milliardenschweren Privateigentümern wie Jeff Bezos, Bill Gates und Elon Musk bleiben. Stattdessen müssen diese Monopole in öffentliche Versorgungsunternehmen umgewandelt werden, die sich in kollektivem Besitz befinden und von der Arbeiterklasse demokratisch kontrolliert werden, als Bestandteil der sozialistischen Reorganisation des Wirtschaftslebens. Nur so kann die Branche zum Nutzen der gesamten Gesellschaft geführt werden und einen freien, demokratischen Zugang zum Internet und anderen wichtigen Technologien gewährleisten.

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