Großbritannien: Labour-Parteichef Sir Keir Starmer verleumdet Roger Waters und fordert Zensur

Der Vorsitzende der Labour Party, Sir Keir Starmer, schloss sich der Hetzkampagne gegen Roger Waters an und forderte in McCarthy-Manier, seine Auftritte im Vereinigten Königreich zu verbieten. Seine Bemühungen scheiterten, und die Tournee endete mit sechs erfolgreichen Auftritten in Birmingham, Glasgow, London und Manchester.

Durch seine standhafte Kritik am Nato-Krieg in der Ukraine, seine Verteidigung der Palästinenser gegen die Unterdrückung durch den israelischen Staat und seine Unterstützung für den inhaftierten Antikriegsjournalisten Julian Assange hat sich Waters den Zorn aller imperialistischen Regierungen zugezogen. Der Mitbegründer von Pink Floyd war kürzlich gezwungen, in Deutschland einen Rechtsstreit zu führen, um die Absage seines Auftritts in Frankfurt durch das Bundesland Hessen aufzuheben. Auch ermittelt die Berliner Polizei gegen ihn wegen „Volksverhetzung“.

Roger Waters während seiner „This-is-Not-a-Drill“-Tour in Berlin

Waters‘ Gegner in der Politik und in den Medien verbreiten abscheuliche und haltlose Vorwürfe gegen ihn, weil sie es nicht wagen, ihn direkt wegen seiner Antikriegshaltung anzugreifen. Im Mittelpunkt steht dabei die absurde Behauptung, Waters verbreite Antisemitismus, weil er in der Bühnenshow zu „This is Not a Drill“ eine an Faschisten erinnernde Uniform trägt, wenn Lieder aus dem Pink-Floyd-Album „The Wall“ gespielt werden. Das Album von 1979 ist jedoch eine schonungslose Satire auf Bigotterie, Rassismus, Antisemitismus und Antikommunismus.

Die Taktik, eine Lawine von Antisemitismusvorwürfen loszutreten, um politische Gegner zu unterdrücken, wurde in den letzten Jahren erstmals gegen den ehemaligen Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn und seine Anhänger eingesetzt, um sie aus der Partei zu vertreiben. Gegen Waters' Welttournee in Großbritannien vom 31. Mai bis zum 10. Juni wurden die gleichen Methoden angewandt.

Auf Veranlassung des zionistischen Board of Deputies of British Jews (BoD) äußerten sich Starmer und der Tory-Minister für Wohnen, Kommunen und lokale Selbstverwaltung, Michael Gove, in einer Korrespondenz über Waters, die letzte Woche veröffentlicht wurde. Das BoD spielte schon in der Kampagne gegen Corbyn eine zentrale Rolle.

Starmers Brief steht politisch noch weiter rechts als der von Gove.

Der Minister fühlt sich verpflichtet, in einer freundlichen Einlassung zu erklären: „Der Regierung ist klar, dass jeder ein grundlegendes Recht auf freie Meinungsäußerung und künstlerischen Ausdruck hat, solange er im Rahmen der Gesetze bleibt.“ Er wirft Waters vor, „Berichten zufolge [der Erwartung] nicht gerecht zu werden, sich verantwortungsvoll zu verhalten und [seinen Auftritt] nicht zu missbrauchen“. Er erklärt abschließend: „Wenn Sie das Gefühl haben, dass etwas von dem, was Roger Waters sagt oder tut, die Grenze des gesetzlich Zulässigen überschreitet, sollten Sie das natürlich der Polizei melden.“

Der Labour-Parteichef äußert sich dagegen unmissverständlich: Er schreibt, Waters habe „seinem Publikum eindeutig antisemitische Ansichten vermittelt [und] steht sinnbildlich für die Verbreitung von zutiefst beunruhigendem Antisemitismus“. Es dürfe keinen „künstlerischen Freibrief für Diskriminierung und Rassismus geben ... Ich glaube, diese Show sollte nicht zugelassen werden. Ansichten wie diesen sollte keine Plattform geboten werden.“

Er verspricht, das BoD „dabei zu unterstützen“, Druck auf „die entsprechenden öffentlichen Gremien“ auszuüben.

Starmers Brief an das Board of Deputies of British Jews vom 1. Juni 2023, in dem er ein Auftrittsverbot für Roger Waters fordert [Photo: Labour Party]

Starmers öffentliche Forderung nach der Zensur eines bedeutenden internationalen Künstlers bestätigt, dass die rechten, pro-zionistischen Kräfte, die an der Spitze der Kampagne zum Sturz von Labour-Chef Corbyn standen, die volle Kontrolle über die Partei ausüben, und dass Starmer das unmittelbare Sprachrohr des britischen Imperialismus und seines Staatsapparats in der britischen Politik ist.

Zuvor hatte der ehemalige Tory- und heutige Labour-Abgeordnete, Christian Wakeford, im Parlament die Absage von Waters‘ Auftritt gefordert. Außerdem wurde Labour-Bürgermeister Sadiq Khan aufgefordert, Vertreter in die städtische O2-Arena zu schicken, um „die von der jüdischen Gemeinde aufgeworfenen Sorgen und Probleme zum Ausdruck zu bringen“.

Kein einziger Labour-Abgeordneter hat sich dagegen ausgesprochen. Am lautesten war das Schweigen von Corbyn und seinen Verbündeten in der Socialist Campaign Group, die ja selbst als Antisemiten gebrandmarkt worden waren, und die behauptet hatten, Verteidiger der Palästinenser, von Assange und Roger Waters zu sein. Nachdem sie sich der Antisemitismus-Hetzkampagne gebeut und ihre eigenen Anhänger ans Messer geliefert hatten, um nicht in Konflikt mit der Labour-Führung zu geraten, sahen sie natürlich auch keinen Grund, Waters zu verteidigen.

Die Unterwerfung der Labour-Linken unter die Blairisten hat den Erfolg der antisemitischen Hetzkampagne, die jede Opposition gegen den Staat Israel mit Judenhass gleichsetzt, erst möglich gemacht. Sie hat der herrschenden Klasse damit eine mächtige Waffe an die Hand gegeben. Die Behandlung von Waters zeigt, dass der Zweck der Kampagne schon immer über die Angriffe auf Corbyn hinausging und auf die Einschüchterung all derjenigen abzielte, die linke und antiimperialistische Ansichten vertreten.

Starmer verfasste seinen Brief zwar auf Veranlassung des BoD, aber für seine Denunziation Waters‘ bedurfte es kaum des äußeren Drucks. Als ehemaliger Generalstaatsanwalt des Crown Prosecution Service, dessen Aufgabe es ist, die Agenten des britischen Imperialismus vor juristischen Sanktionen zu schützen und seine Feinde zu bestrafen, ist der Labour-Vorsitzende durch und durch ein Mann des Staates.

Im Auftrag der britischen und amerikanischen Geheimdienste war er für die willkürliche Verhaftung Assanges in London unter Androhung eines polizeilichen Alleingangs verantwortlich. Als Politiker unterstützt er an der Spitze seiner Partei die Auslieferung des Journalisten an die USA. Dort droht Assange nach dem Espionage Act eine lebenslange Freiheitsstrafe, weil er Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen aufgedeckt hat.

Der Rachefeldzug gegen Assange ist für den imperialistischen Kriegskurs in der Ukraine, der mehr und mehr in einen De-facto-Nato-Krieg gegen Russland eskaliert, von zentraler Bedeutung. Diesen Kriegskurs unterstützt Starmer uneingeschränkt. Er ist Chef der Partei, die er lobend als „Partei der Nato“ bezeichnet. Er kündigte an, alle Aspekte des Engagements der Tories für den imperialistischen Kriegskurs fortzusetzen, wenn nicht sogar auszuweiten. Seine wichtigste Rolle besteht darin, jede Spur von Widerstand in der Bevölkerung zu unterdrücken und die Stop the War Coalition, sowie alle Kritiker der Nato, zu verleumden.

Wird diese Agenda in Frage gestellt, wie derzeit von Roger Waters, reagiert Starmer instinktiv wie ein Polizeistaats-Funktionär, ohne die mindeste Rücksicht auf demokratische Grundsätze.

Der Angriff auf demokratische Rechte wird immer heftiger, je mehr sich die Kriegskrise und die Welle des Klassenkampfs in Großbritannien und weltweit verschärft. Assange wird weiterhin in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis festgehalten und ist unmittelbar von Auslieferung bedroht. Herausgeber und Journalisten wie Kit Klarenberg werden an der britischen Grenze unter Antiterrorgesetzen verhaftet, weil sie sich an Protesten der Bevölkerung beteiligt haben oder mit ihrem investigativen Journalismus die Lügen der Nato enthüllen.

Die Behandlung von Waters liegt auch auf einer Linie mit dem chauvinistischen Ausschluss von russischen Sportlern und Künstlern. Jede andere Meinung über den Nato-Krieg gegen Russland und alles, was die pauschale Verteufelung von Russen gefährdet, ist tabu. Während die Arbeiterklasse die Kosten für den eskalierenden Konflikt tragen soll, fürchtet die herrschende Klasse, dass gerade die Ansichten, die die Mainstreammedien unterdrücken, unter Arbeitern ein Massenpublikum finden.

Starmer macht sich zum Vorreiter dieses diktatorischen Kurses. Er tut dies in einer Situation der anhaltenden Krise der regierenden Tories, bei der es um Spaltungen in der herrschenden Klasse wegen des Brexit geht. Die tiefere Ursache der Krise ist jedoch die Angst vor der Unruhe in der britischen Arbeiterklasse. Der Labour-Chef bietet der herrschenden Klasse zuverlässige Unterstützung an, um den britischen Imperialismus durch die größte Krise des Weltkapitalismus seit dem Zweiten Weltkrieg und die unvermeidlichen revolutionären Explosionen zu führen, die diese Krise auslösen wird.

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