SYRIZA: Die reaktionäre Politik der kleinbürgerlichen "Linken" in Griechenland

Reporter der WSWS besuchten am 14. Mai eine Kundgebung von SYRIZA (Koalition der Radikalen Linken), zu der aus Anlass der massiven Sozialkürzungen von Ministerpräsident Giorgos Papandreou aufgerufen worden war.

Kleinbürgerliche Parteien wie SYRIZA und die griechische kommunistische Partei (KKE) führen sich als linke Kritiker der Politik Papandreous auf, bemühen sich jedoch gleichzeitig in der Praxis um Legitimierung seiner Politik. Es zeichnet sich eine klare Arbeitsteilung ab: Die sozialdemokratische PASOK Papandreous handelt mit der Europäischen Union (EU) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) Kürzungen aus und sorgt im Parlament für die notwendigen Stimmen. SYRIZA seinerseits desorientiert und demoralisiert die oppositionellen Strömungen in der Arbeiterklasse. Eine der führenden Fraktionen von SYRIZA, der "Flügel für Erneuerung", tritt gar für eine offene Koalition mit der PASOK ein.

Vor diesem Hintergrund stach an dieser Versammlung von SYRIZA am meisten hervor, dass keinerlei Forderung nach dem Sturz dieser Regierung erhoben wurde, obwohl die Politik der Regierung Papandreou völlig unpopulär und antisozial ist. Stattdessen forderten die Hauptredner - der Fraktionsvorsitzende von SYRIZA im Parlament, Alexis Tspiras, und der ehemalige Abgeordnete Manolis Glezos - eine lockerere Geldpolitik und schürten den griechischen Chauvinismus.

Mit Ansprachen ausländischer Gastredner zu Beginn der Kundgebung wurde dem "Internationalismus" eine heuchlerische und oberflächliche Referenz erwiesen. Erster Redner war der Abgeordnete Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF), Jean-Pierre Brard, der einen Sitz im Finanzausschuss der französischen Nationalversammlung hat. Die KPF ist ein politisches Anhängsel der sozialdemokratischen Parti Socialiste (Sozialistische Partei, PS), die für den Fall, dass sie wieder an die Regierung kommt, Pläne für Sozialkürzungen nach dem Muster Papandreous schmiedet. Joe Higgins, von der Sozialistischen Partei Irlands ergriff ebenfalls das Wort. Im Gegensatz zu seinen rituellen Beschwörungen der internationalen Solidarität unterstützte seine Partei die chauvinistische Kampagne der britischen Gewerkschaften im vergangenen Jahr für "Britische Arbeitsplätze für britische Arbeiter".

Tsipras begann seine Rede mit einer Lobrede auf die "Einheit der Bewegung" gegen Papandreous Kürzungen und mutmaßte, sie würde sich in ganz Südeuropa ausbreiten. Mit derartigen Ausführungen soll die vollkommene Uneinigkeit und Machtlosigkeit der derzeitigen Gewerkschaftsproteste in Südeuropa verschleiert werden und gleichzeitig soll damit das instinktive Bedürfnis nach vereintem Widerstand aufgegriffen werden, das bei Arbeitern angesichts der Kürzungen aufkommt.

Es gab allerdings weder von SYRIZA noch irgendeiner anderen Partei in Griechenland einen ernsthaften Versuch, einen internationalen Streik der arbeitenden Menschen in Europa zu organisieren. In Griechenland selbst werden Streikaktionen weitgehend auf eintägige nationale Streiks ungefähr im Ein-Monats-Rhythmus begrenzt und von den von PASOK gelenkten Gewerkschaften GSEE und ADEDY geführt. Andere Streiks, die in einzelnen Bereichen stattfanden, wurden von den Gewerkschaften isoliert.

Diese Streiks dienen der herrschenden Klasse zwar als nützliche Tests für das Ausmaß der Empörung und Opposition unter den Arbeitern, stellen jedoch für Papandreous Austeritätsprogramm keinerlei Gefahr dar. Stattdessen wird mit ihnen verhindert, dass die Arbeiterklasse ihre Stärke und die der wachsenden Opposition gegen Papandreou überprüfen kann.

Tsipras bezichtigte Papandreou, während des Wahlkampfs über die Staatsfinanzen Griechenlands gelogen zu haben, als er versprach, die Sozialausgaben zu erhöhen. Diese Aussage wirft jedoch mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Wenn es im politischen Establishment allgemein bekannt war, dass es um die Finanzen Griechenlands schlechter stand als zugegeben wurde, aus welchem Grund rief Tsipras Papandreou dann im letzten Oktober an, um ihm zu seiner Wahl zu gratulieren?

Dann griff Tsipras noch das Führungspersonal der griechischen Arbeitgeberorganisation (SEV) an, weil es Kürzungen und die Einschränkung von Arbeiterrechten betreibe. Er klagte, führende Wirtschaftsführer versuchten, "die politische Klasse abzuwerten und sogar Verfassungsreformen zu fordern, um nicht länger von gesellschaftlichen Kämpfen behelligt zu werden". Tsipras vermied zu erwähnen, dass die griechische Bevölkerung über Politiker und Banker gleichermaßen verärgert ist und die Führer von SYRYZA auch nicht viel anders einordnet.

Die "Alternative", die Tsipras dann vorschlug, bestand nicht aus einer neuen Politik für die Arbeiterklasse, sondern war eher ein Vorschlag zur veränderten Abwicklung von Bankengeschäften. Er sagte Griechenland "solle direkte Anleihen bei der EZB (Europäischen Zentralbank) machen....die Konditionen neu festlegen, und die Rückzahlungsfristen und die Zinsen neu verhandeln, und, falls machbar, auch die Schulden teilweise abschreiben."

Diese Vorschläge beinhalten nicht den leisesten Versuch, die Arbeiterklasse zu mobilisieren, oder die politischen Implikationen der Gefahr massenhafter Verarmung zu erklären, mit der Papandreou den Arbeitern droht. Hauptstoßrichtung der politischen Vorschläge von SYRIZA ist es, den Banken und bürgerlichen Politikern Ratschläge zu geben, wie sie den drohenden Widerstand der Arbeiterklasse entschärfen können.

Tsipras schloss seine Rede mit der betrügerischen Forderung nach "gesellschaftlicher Kontrolle der Banken". Das ist das Gegenteil einer Politik, bei der die Arbeiter sich der Konten der Großinvestoren bemächtigen, um damit gesellschaftliche Bedürfnisse zu befriedigen - das heißt, von Sozialismus und Arbeiterkontrolle über die Industrie.

Der Widerstandskämpfer der griechischen Kommunistischen Partei im Zweiten Weltkrieg, Manolis Glezos, forderte die griechische Bevölkerung auf, der Regierung Geld zu niedrigen Zinsen für die Rückzahlung ihrer Schulden zu leihen,- ein reaktionärer Vorschlag, der allenfalls dazu führen könnte, dass mit den Ersparnissen griechischer Arbeiter ein kleiner Beitrag zur Bankenrettung geleistet würde.

Er warf Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, sie hätte den unpopulären Rettungsmaßnahmen von EU und IWF schneller zustimmen müssen. Das nahm er als Ausgangspunkt für einen nationalistischen Angriff auf Deutschland. Er sagte, dass Deutschland Griechenland im Zweiten Weltkrieg "geplündert hat, alle Lebensmittelvorräte mit nach Deutschland nahm, damit die deutsche Bevölkerung überleben konnte. Noch nicht einmal das bewegte sie (Merkel) zu ein wenig Dankbarkeit. Sie sollte still sein."

Dann schlug Glezos vor, die deutsche Wirtschaft zu schröpfen. Sie müsse die Schulden Griechenlands bei den Großbanken zurückzahlen. Er blies zum "Kampf, um Deutschland zu zwingen, alles zurückzuzahlen, was es Griechenland schuldet: Seine Schulden bei den öffentlichen Kassen, Reparationen, Zwangsanleihen, archäologische Schätze und Opferentschädigungen. Diese Reparationen, von denen nur die Hälfte überhaupt in die Schätzungen einbezogen wurde, betragen ohne Zinsen nach heutigem Geld 160 Milliarden Euro. Jetzt könnt ihr verstehen, was Deutschland Griechenland schuldet."

Er schloss seine Rede mit einem zynischen Appell an die innerparteiliche Einheit von SYRIZA: "Wenn jeder von uns denkt, er sei im Besitz der Wahrheit, werden wir nie etwas erreichen." Wenn Fraktionen von SYRIZA offen zur Zusammenarbeit mit Papandreou aufrufen, ist davon auszugehen, dass SYRIZA weiterhin die Regierung und ihre Sparmaßnahmen mit Hinterlist unterstützen wird.

Siehe auch:
Griechisches Sparprogramm verabschiedet
(7. Mai 2010)
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