Proteste in srilankischen Gefängnissen

Zwei tamilische politische Gefangene von Sicherheitspersonal getötet

Das Sicherheitspersonal im srilankischen Gefängnis Kalutara tötete vergangene Woche zwei tamilische politische Gefangene während Protesten der Insassen gegen die Haftbedingungen und die Ermordung des tamilischen Politikers Kumar Ponnambalam. Mehr als einhundert Gefangene wurden zum Teil schwer verletzt.

Während der ersten, von den Aufsehern provozierten Unruhen am 6. Januar trugen etwa 85 Häftlinge Verletzungen davon . Fünfzig wurden in das Gefangenenhospital eingeliefert und 35 in das regionale Krankenhaus Kalutara. Fünf schwer Verletzte kamen in das staatliche Krankenhaus in Colombo.

Anthonipillai Jesudasan, ein junger Tamile aus Vavuniya, erlag seinen Verletzungen. Angaben des Krankenhauses zufolge war sein Schädel zertrümmert worden. Ein Gerichtsmediziner hat inzwischen bestätigt, dass der Tod infolge von Kopfverletzungen und Hirnblutungen eintrat.

Am nächsten Tag nahm das regionale Krankenhaus nach weiteren Zusammenstößen noch einmal 24 verletzte Häftlinge auf. Angestellte erklärten nach einer Autopsie am Sonntag, dass ein weiterer tamilischer Häftling namens Srikumar gestorben sei, nachdem er zehn Schüsse in Brust und Gesicht erhalten habe. Etwa zwölf Aufseher hätten vorwiegend leichte Verletzungen erlitten.

Die Haftanstalt Kalutara, rund 40 Kilometer südlich von Colombo gelegen, ist ein Spezialgefängnis, in dem beinahe 800 Tamilen einsitzen. Viele sind im Rahmen der strengen Sicherheitsgesetze des Landes unter dem Vorwurf festgenommen worden, sie hätten etwas mit den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) zu tun. Die Armee Sri Lankas führt seit 17 Jahren Krieg gegen die LTTE, die für einen eigenen Staat im Nordosten des Landes kämpft.

Die meisten Häftlinge stammen aus dem Norden und Osten - rund 40 kommen aus den Teeplantagen in den Bergen, wo vorwiegend tamilische Arbeiter beschäftigt sind. Die Socialist Equality Party (SEP) von Sri Lanka führt eine Kampagne für die Freilassung von sechs jungen tamilischen Häftlingen aus dem Plantagengebiet, die seit mehr als anderthalb Jahren ohne Gerichtsprozess festgehalten werden.

Die SEP forderte von den zuständigen Stellen für den vergangenen Sonntag eine Besuchserlaubnis in dem Gefängnis an; diese wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, es handele sich um einen Feiertag. Ein Jurist und ein Journalist der SEP begaben sich daraufhin in das regionale Krankenhaus von Kalutara, um die verletzten Häftlinge zu befragen. Rund 15 bewaffnete Aufseher und Polizisten sind dort stationiert worden. In jedem Bett liegen zwei mit Handschellen aneinander gefesselte Häftlinge. Die Aufseher ließen sie SEP nicht mit ihnen sprechen.

Parlamentsabgeordneten der Tamil United Liberation Front (TULF) wurden Gespräche mit den Verletzten erst erlaubt, nachdem sie sich mit dem Justizminister in Verbindung gesetzt hatten. Einer von ihnen, Ponnambalam Selvarajah, berichtete, dass einigen die ärztliche Behandlung vorenthalten worden sei, unter anderen auch Sivanathan Koshore, dem ehemaligen Koordinator des srilankischen Roten Kreuzes für Vavuniya. "Er schrie vor Schmerz wegen eines Knochenbruchs, aber kein Mensch kümmerte sich um ihn", sagte Selvarajah.

Immer deutlicher zeichnet sich ab, wie es zu den Zusammenstößen kam. Seit zwei Monaten kämpften die Insassen ständig für bessere Haftbedingungen bzw. für ihre Freilassung. Am 5. Januar traten Häftlinge in einen Hungerstreik, und einige erklommen wegen zweier bestimmter Forderungen das Dach. Zum einen verlangten sie, dass in eine jüngst errichtete Wand zwischen zwei Trakten eine Tür eingebaut werde. Die Wand trennt die Häftlinge voneinander und stört einen ungehinderten Zugang zur Bibliothek. Zum zweiten verlangten sie die Aufhebung der jüngst ergangenen Anordnung, wonach Häftlinge in Handschellen zu sie besuchenden Angehörigen geführt werden.

Am 6. Januar besuchten 10 Regierungsbeamte das Gefängnis, um über die Forderungen der Häftlinge zu diskutieren. Letztere hatten schwarze Fahnen aufgezogen, um gegen die am Vortag erfolgte Ermordung des tamilischen Politikers und Anwalts Kumar Ponnambalam zu protestieren. Ponnambalam hatte sich bei den Gerichten für sie eingesetzt und ihre Anliegen gegenüber den Behörden vorgetragen. Die Regierungskommission wies die Forderungen der Gefangenen rundheraus zurück.

Nach dem Scheitern der Gespräche inszenierten die Aufseher eine provokative Durchsuchung eines Aufenthaltsraumes, wo angeblich Waffen versteckt worden seien. Sie griffen Häftlinge an und lösten Auseinandersetzungen aus, die beinahe drei Stunden lang andauerten. Am nächsten Tag erschienen die Aufseher mit halbautomatischen Waffen und schlugen die Proteste endgültig nieder.

Der Justizminister und die Gefängnisbehörden rechtfertigen das Vorgehen der Aufseher mit der Behauptung, die Häftlinge hätten einen geplanten Angriff unternommen. Als "Beweise" führen sie einige Stücke Feuerholz, einige kleine Eisenstangen und wenige offene Messer an. Mit diesen Waffen hätten die Häftlinge einen Angriff auf Aufseher geplant, die mit halbautomatischen Waffen ausgerüstet sind und überdies von bewaffneter Polizei und Armeepatrouillen in und um das gesamte Gefangenenlager unterstützt werden.

Sämtliche tamilischen Häftlinge sitzen aufgrund des Gesetzes zur Terrorismusbekämpfung ein, nach dem der Verteidigungsminister die Verhaftung einer Person anordnen kann, der dann ein "Geständnis" entrungen wird, das wiederum als Beweis gegen den Beschuldigten dient. Viele befinden sich bereits seit langem in Haft, manche seit beinahe drei Jahren. Die Häftlinge fordern seit langem, dass die Behörden entweder Anklage erheben oder sie sofort freilassen.

Im Juli 1983, als es auf Anstiftung der UNP-Regierung (United National Party) im Süden Sri Lankas zu Pogromen gegen die Tamilen kam, wurden im Gefängnis Weilikade in Colombo 53 tamilische politische Gefangene kaltblütig ermordet. Im November 1997 wurden im Gefängnis Kalutara zwei tamilische Häftlinge getötet und zahlreiche verwundet, nachdem die Aufseher eine Handvoll singhalesischer Gefangener zu einem Angriff auf die Tamilen aufgehetzt hatten.

Siehe auch:
Führender tamilischer Politiker in der Hauptstadt Sri Lankas ermordet
(8. Januar 2000)
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