Wahlkampf der Socialist Equality Party (Australien) in New South Wales

Zusammenfassung von Korrespondentenberichten

Im australischen Bundesstaat New South Wales (NSW) fanden vergangenen Samstag, den 24. März, Parlamentswahlen statt. Die Socialist Equality Party von Australien, Schwesterpartei der deutschen Partei für Soziale Gleichheit, nahm mit eigenen Kandidaten daran teil.

Aus der Wahl ging der bisherige Amtsinhaber, Morris Iemma (Australian Labor Party), mit knapp 39 Prozent der Stimmen als Sieger hervor, büßte jedoch gegenüber der letzten Wahl insgesamt etwa 3,2 Prozent ein. In einigen Arbeitervierteln von Sydney verlor Labor um die zehn Prozent.

New South Wales hat seit zwölf Jahren eine Labor-Regierung, während in Canberra, der australischen Bundeshauptstadt, eine liberal-nationale Parteienkoalition unter Führung des Liberalen John Howard regiert.

Die Socialist Equality Party (SEP, Australien) kandidierte in drei Wahlbezirken. Wo immer sie konnten, nahmen die Kandidaten an Podiumsdiskussionen und Kandidatenforen teil; außerdem organisierte die SEP eine Reihe von eigenen Wahlversammlungen und eine zentrale Abschlussveranstaltung in Sydney. In Wohnsiedlungen, an Verkehrsknotenpunkten und an den Universitäten wurden rund 50.000 Exemplare des SEP-Wahlmanifests verteilt, insgesamt wurden 16.000 australische Dollar an Spenden gesammelt. An vier Universitäten konstituierten sich Verbände der Studentenorganisation der Partei, der International Students for Social Equality (ISSE).

Insgesamt standen 18 SEP-Kandidaten zur Wahl: Für das Oberhaus von NSW, den sogenannten "Legislative Council", kandidierten 15 SEP-Vertreter. Spitzenkandidaten waren Nick Beams, nationaler SEP-Sekretär und Mitglied der internationalen Redaktion der World Socialist Web Site, und Terry Cook, WSWS -Mitarbeiter und Gründungsmitglied der Socialist Labor League (Vorläuferorganisation der SEP). Drei weitere Kandidaten traten für das Unterhaus (die "Legislative Assembly") an: James Cogan und Patrick O’Connor in je einem Wahlbezirk von Sydney und Noel Holt in Newcastle, einer industriellen Küstenstadt nördlich von Sydney.

Im Zentrum des SEP-Wahlkampfs stand der Kampf gegen den Irakkrieg der Bush-Regierung, an dem sich Australien mit 2.000 Soldaten beteiligt. Laut einer kürzlichen BBC-Umfrage sind 78 Prozent der Australier nicht mit der Art und Weise einverstanden, wie die USA im Irak und auf anderen Schauplätzen der Erde Krieg führen. In den Wahlreden der bürgerlichen Politiker wurde der Irakkrieg jedoch weitgehend ignoriert.

Die SEP forderte den sofortigen und bedingungslosen Rückzug aller ausländischen Soldaten aus dem Irak und Afghanistan. Sie wandte sich nicht nur gegen die Teilnahme der Howard-Regierung am US-Krieg, sondern auch gegen die neokolonialen Interventionen Australiens im Südpazifik, in Osttimor und auf den Salomonen. Damit stellte sie sich gegen die Medien und alle andern Parteien - einschließlich der Labor Party, den Grünen und den Demokraten - die behaupten, dass die australischen Soldaten und Polizisten eine "humanitäre" Mission erfüllten.

"In Wirklichkeit sollen diese Soldaten die Einflussgebiete des australischen Imperialismus sichern, sie müssen seine räuberischen Kolonialinteressen in der Region durchsetzen", erklärte SEP-Kandidat Terry Cook am 17. März auf einer Kundgebung zum vierten Jahrestag des Irakkriegs in Newcastle zu dem Thema.

Wahlkampagne mit Hindernissen

Die Kandidaten der SEP hatten keine Möglichkeit, offiziell als Vertreter ihrer Partei auf dem Stimmzettel zu stehen. Sie durften nur als Einzelkandidaten teilnehmen. Grund dafür sind die reaktionären Wahlgesetze von New South Wales aus dem Jahre 1999, dem alle Parlamentsparteien - Labor, die Liberalen, die Demokraten und die Grünen - zugestimmt hatten. Um jede ernstzunehmende Opposition gegen den etablierten Politikbetrieb zu verhindern, wurde damals entschieden, dass Kandidaten einer neuen Partei, die noch nicht im Parlament vertreten ist, schon zwölf Monate vor der Wahl die Unterschriften von 750 eingetragenen Mitgliedern einreichen müssen, um mit ihrem Parteinamen auf der Liste zu stehen.

Auch wurde die SEP bis auf wenige Ausnahmen von den Medien vollkommen totgeschwiegen, und wenn doch eine Zeitung über ihren Wahlkampf berichtete, wurden zuweilen sogar offene Falschdarstellungen verbreitet.

Im Newcastle Herald wurde zum Beispiel in einem Bericht über ein Kandidatenforum behauptet: "Die Menge applaudierte den Sprechern, die sich alle dafür aussprachen, mehr Polizisten auf die Straße zu schicken und striktere Kontrollen in Restaurants, Clubs und Cafés durchzuführen". Angeblich hätten sämtliche sieben Wahlkandidaten zu den Fragen Alkoholismus, Drogen, Kriminalität und Gewalt ein härteres Durchgreifen der Polizei befürwortet.

Im Gegensatz zu dieser Darstellung hatte der SEP-Kandidat Noel Holt auf diesem Forum ausdrücklich betont, dass Kleinkriminalität und unsoziales Verhalten durch die soziale Polarisierung stark begünstigt würden: "Es ist das Ergebnis der sozialen Ungleichheit. Als erstes müssen wir an die Wurzeln der sozialen Ungleichheit gehen, d.h. an das Marktsystem", erklärte er. "Nötig ist ein umfangreiches öffentliches Arbeitsprogramm, um jedem, der Arbeit sucht, einen vernünftig bezahlten Arbeitsplatz anzubieten, außerdem Zugang zu qualitativ hoch stehender Erholung, Kultur und Kunst.... Wenn sich erst wirkliche soziale Gleichheit entwickelt, wird die Polizei auf den Straßen kaum mehr notwendig sein."

Eine solche politische Perspektive stand natürlich im Gegensatz zu den Gemeinplätzen der Wahlkampfreden beider Flügel der bürgerlichen Parteienlandschaft, in der sich Labor Party einerseits und die Liberal-Nationale Koalition andererseits ergänzen. Dieser offiziellen Zweiflügel-Politik passten sich auch sämtliche "linken" Parteien - die Grünen, die Demokraten und die Socialist Alliance - an, indem sie die Labor Party als "kleineres Übel" gegenüber der liberal-nationalen Bundesregierung bezeichneten.

Zum Beispiel erklärte Pip Hinman, eine Vertreterin der kleinbürgerlich-radikalen Socialist Alliance: "Natürlich sind wir der Meinung, dass Labor im Vergleich zu den Liberalen das kleinere Übel darstellt, absolut." Und die Grünen argumentierten, die Labor-Regierung stelle in NSW eine Art Puffer gegen die Angriffe der Bundesregierung dar und werde deren Angriffe auf Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen abwehren. Die Bundesregierung baut zurzeit im öffentlichen Dienst 20.000 Arbeitsplätze ab.

Wie im Wahlmanifest der SEP erklärt wurde, hat jedoch gerade die Labor Party in NSW in den letzten zwölf Jahren systematisch die Steuern für Banken und große Unternehmen gesenkt und Bedingungen geschaffen, um die Einkünfte der Superreichen zu maximieren, während Bildung, Gesundheit und der ganze soziale Sektor finanziell ausgeblutet wurden. Nicht nur die Bundesregierung in Canberra, auch Iemma in Sydney betreibt zurzeit die Zerstörung von 5.000 Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst. New South Wales ist der australische Bundesstaat mit der stärksten sozialen Polarisierung. Besonders in den Arbeitervierteln der 3,5-Millionenstadt Sydney hat der soziale Druck in letzter Zeit stark zugenommen.

Spitzenkandidat Nick Beams erklärte in einem Aufruf mit dem Titel "Warum Sie bei der Wahl in New South Wales für die SEP stimmen sollten" den Hauptgrund für die Wahlteilnahme der SEP: Arbeiter müssten bewusst mit der australischen Labor Party, den Grünen und der gesamten etablierten Parteienlandschaft brechen und eine neue, sozialistische Massenpartei der Arbeiterklasse aufbauen. "Nur durch die Entwicklung einer solchen unabhängigen politischen Bewegung kann der Kampf gegen Krieg und soziale Ungleichheit geführt werden", schrieb er.

Schon bevor das Wahlergebnis bekannt war, gab Beams die Erklärung für den Sieg der Labor Party: "Millionen einfacher Menschen werden damit ihre tiefe Feindschaft gegen die Howard-Regierung ausdrücken. Aber die Wahl einer Labor-Regierung wird nichts an der Unterstützung für den amerikanischen Militarismus und den so genannten ‚Krieg gegen den Terror’ ändern."

In der Kriegsfrage kann sich die australische Bundesregierung vollständig auf die Unterstützung der Labor Party verlassen. Die SEP erklärte in ihrem Wahlmanifest über die Labor-Politiker: "Sie haben den verlogenen ‚Krieg gegen den Terror’ - den offiziellen Vorwand für die blutige Besetzung des Irak - rückhaltlos unterstützt und der Howard-Regierung geholfen, über vierzig verschiedene ‚Antiterror’-Gesetze zu verabschieden."

Die SEP forderte die Aufhebung aller seit 2001 verabschiedeten ‚Antiterror’-Gesetze. Sie verlangte außerdem von der Regierung, aktiv die Freilassung des australischen Staatsbürgers David Hicks aus Guantánamo Bay zu betreiben: Weder Howard noch Iemma haben bisher einen Finger für diesen jungen Gefangenen der Bush-Regierung gerührt.

Ein weiterer wichtiger Punkt im Wahlkampfs der SEP war die Verteidigung demokratischer Grundrechte. Die SEP-Kandidaten wandten sich ausdrücklich gegen die menschenverachtende Behandlung von Flüchtlingen durch die australische Regierung. SEP-Kandidat Peter Symonds, Mitglied der australischen WSWS -Redaktion, prangerte am 21. März in einem Artikel an, dass 83 tamilische Flüchtlinge in einem Lager auf der Pazifikinsel Nauru gefangen gesetzt worden waren, um sie vom australischen Festland fern zu halten.

"Die Socialist Equality Party tritt für eine Politik der offenen Grenzen ein", schrieb Symonds. "Wir bestehen darauf, dass Arbeiter das Recht haben müssen, ohne Einschränkung in jedem Teil der Welt zu leben, zu arbeiten und zu studieren, und dass sie Anspruch auf uneingeschränkte Bürgerrechte haben. Wir fordern, dass die 83 auf Nauru gefangen gehaltenen Tamilen sofort freigelassen und nach Australien geflogen werden."

Auf der zentralen Abschlussveranstaltung in Sydney vom 18. März fasste Nick Beams, der Nationale Sekretär der SEP, die Lehren zusammen, auf der die Kampagne beruhte.

Beams erklärte, keine einzige politische Frage könne mehr innerhalb des etablierten Parteiengefüges und im Rahmen des bürgerlichen Parlamentes gelöst werde. Der Grund dafür liege in der wirtschaftlichen Globalisierung, die jede Art von nationalstaatlich beschränktem Reformismus unmöglich gemacht habe. Nur gestützt auf eine internationale Strategie könne die Arbeiterklasse noch einen Schritt vorwärts machen, indem sie eine sozialistische Reorganisation der globalen Ökonomie und die Produktion für die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse anstrebe, statt für den Profit der Banken und Konzerne.

"Dies ist die Bedeutung unserer Partei, des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, der trotzkistischen Weltbewegung", sagte Beams. "Unsere Partei ist, wie Trotzki einst erklärte, nicht wie andere Parteien. Unser Ehrgeiz besteht nicht einfach darin, mehr Mitglieder, mehr Zeitungen, mehr Geld und mehr Abgeordnete zu bekommen. All dies ist nötig, aber nur als Mittel. Unser Ziel ist die vollständige materielle und geistige Befreiung der Arbeiter und Ausgebeuteten durch die sozialistische Revolution."

Siehe auch:
Australische Regierung nimmt Kurs auf Militarismus und Krieg
(16. September 2006)
Beachtliches Ergebnis der SEP-Kandidaten bei den US-Wahlen
( 14. November 2006)
Wahlaufruf der Partei für Soziale Gleichheit zur Berliner Abgeordnetenhauswahl: Unterstützt den Wahlkampf der PSG! Für eine sozialistische Antwort auf die soziale Katastrophe
( 22. Juni 2006)
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