Obamas Rede zu Afghanistan: Eine Ansammlung von Lügen

In seiner Rede am 1. Dezember in West Point gab Präsident Obama die Entsendung von 30.000 zusätzlichen Soldaten nach Afghanistan bekannt. Er versuchte die bedeutende Ausweitung dieses höchst unpopulären Kriegs mit Lügen und Verzerrungen zu rechtfertigen. Die Tatsache, dass er zu solchen Fälschungen greifen musste, belegt den reaktionären Charakter seiner Politik und zeigt, dass sie unter Verletzung des Volkswillens durchgesetzt wird.

Um die Eskalation zu rechtfertigen, grub die Obama-Regierung den Mythos des "Kriegs gegen den Terror" wieder aus. Er präsentierte die USA zynisch als menschenfreundliche Macht, der durch die Terroranschläge vom 11. September ein globaler Krieg für Demokratie aufgezwungen worden sei.

Als er versuchte, die imperialistische Politik der USA in den Rahmen des "Kriegs gegen den Terror" zu stellen, nahm seine Rede jedoch einen völlig zusammenhanglosen Charakter an.

Obamas Darstellung der jüngsten amerikanischen Kriege widersprach seiner eigenen Behauptung, dass Washington lediglich die Verfolgung von al-Qaida im Sinne gehabt habe. Im Jahr 2001, sagte er, hätten die USA Afghanistan angegriffen, um al-Qaida zu zerstören; - dabei stammten die meisten der elf Flugzeugentführer des 11. September aus Saudi-Arabien, dem wichtigsten arabischen Verbündeten der USA im Nahen Osten.

Die Invasion sei legitim gewesen, argumentierte er, weil Afghanistan der Ausgangspunkt von al-Qaidas Operationen gewesen sei, und weil die Taliban der Terrorgruppe Unterschlupf gewährt und sie beschützt hätten.

Obama ging nicht darauf ein, dass es den USA nicht gelungen ist, al-Qaida zu vernichten. Er sagte: "Nachdem sie 2001 und 2002 über die pakistanische Grenze geflohen war, richtete sich die al-Qaida-Führung in Pakistan ein."

Demzufolge hätten die USA von 2002 bis 2009 im Irak und in Afghanistan Krieg gegen al-Qaida geführt, obwohl die Terrorgruppe sich in Wirklichkeit in einem ganz anderen Land aufhielt, nämlich in Pakistan, einem langjährigen Verbündeten der USA.

Obama deutete sogar an, dass al-Qaida die Unterstützung von Teilen des pakistanischen Staates genieße. Er erklärte: "In Pakistan gibt es Leute, die der Meinung sind, dass der Kampf gegen den Extremismus nicht ihr Kampf sei, und dass es für Pakistan günstiger sei, wenig zu tun, oder eine Verständigung mit denen zu suchen, die Gewalt anwenden."

Diese Darstellung ist ganz offensichtlich doppelzüngig. Wenn die Sicherheit der amerikanischen Bevölkerung den Einfall in Afghanistan und die Verjagung eines al-Qaida-freundlichen Regimes erforderte, warum trifft das dann nicht auf die Regierung Pakistans zu?

Stattdessen lobte Obama Pakistan als Verbündeten im Kampf gegen "gewalttätigen Extremismus" und sprach sich für eine auf "gegenseitigem Vertrauen" beruhende Partnerschaft zwischen den USA und Pakistan aus.

Das belegt nur den betrügerischen Charakter der offiziellen Begründung für den Krieg. Obama und das politische Establishment wissen, dass es nichts weiter als ein Haufen Lügen ist.

Dann die Frage der afghanischen Regierung, zu deren Verteidigung die USA angeblich Krieg gegen al-Qaida und die Taliban führen. Erst lobte Obama das Regime von Präsident Karzai als "legitime Regierung", dann gab er zu, dass diese Regierung an "Korruption, Drogenhandel, einer unterentwickelten Wirtschaft und zu wenig Sicherheitskräften" leide.

Dann behauptete er zynisch, Karzais kürzliche Wiederwahl, die, wie jeder weiß, das Ergebnis von Wahlbetrug ist, habe zu einer legitimen Regierung geführt habe. "Obwohl sie nicht frei von Betrug war", sagte Obama, "brachte die Wahl eine Regierung hervor, die auf recht- und verfassungsmäßige Weise zustande gekommen ist".

Obamas Versuch, der Entsendung von 30.000 weiteren Soldaten einen noblen Anstrich zu geben, war bedrohlich und widersprüchlich. Frei nach Orwell teilte er dem afghanischen Volk, das seit acht Jahren unter amerikanischer Besatzung leidet, mit: "Wir haben kein Interesse daran, euer Land zu besetzen."

Er stellte den angeblich wohlwollenden Absichten der USA in Afghanistan die sowjetische Invasion des Landes von 1979-1989 gegenüber. In Wirklichkeit haben die USA sich seit dreißig Jahren in die Politik Afghanistans eingemischt.

Seit 1979 finanzierten und unterstützten die USA islamistische Fundamentalisten gegen das sowjet-freundliche Regime in Kabul, um eine sowjetische Invasion zu provozieren. Die USA machten sich so zum Komplizen am Tod von Millionen Afghanen bei der sowjetischen Invasion und dem darauf folgenden Bürgerkrieg. Die islamistischen Kräfte, die die Washingtoner Regierung heute in Afghanistan bekämpft, stammen überwiegend aus Gruppen, die sie in den 1980er Jahren gegen die Sowjets unterstützte.

Obama behauptete, die amerikanische Politik orientiere sich "am Licht der Freiheit, an Gerechtigkeit und Respekt vor der Würde aller Völker". Und das trotz der Kriege, die über eine Million Menschenleben gekostet haben, und bei denen unter Aufsicht der USA in den Gefängnissen gefoltert wurde.

Obama prahlte damit, er habe Schluss mit der Folter gemacht - eine hohle und unwahre Behauptung, die von Berichten über andauernde Folter in amerikanischen Gefängnissen nicht nur in Afghanistan widerlegt wird. Außerdem geht die Überstellung von Gefangenen unter Obama weiter, und er verhindert jede Anklage von Regierungsvertretern, die Folter anordneten.

Er wiederholte sein Versprechen Guantánamo zu schließen, aber schwieg sich darüber aus, dass andere amerikanische Foltergefängnisse in Afghanistan, wie das in Bagram, offen bleiben.

Die übelste Lüge in Obamas Rede war jedoch die Behauptung, seine Eskalationspläne würden es ermöglichen, die amerikanischen Truppen schnell - ab 2011 - wieder aus Afghanistan abzuziehen.

An anderer Stelle in seiner Rede machte Obama deutlich, dass diese Truppenverstärkung ein Schritt in der Vorbereitung auf weitere Kriege ist. "Der Kampf gegen gewalttätigen Extremismus wird nicht schnell vorüber sein", sagte er. "Er wird sich weiter über Afghanistan und Pakistan hinaus erstrecken." Er erwähnte ausdrücklich Somalia und den Jemen als mögliche Ziele und fügte hinzu: "Wir werden uns in unruhigen Regionen und gegen diffuse Feinde engagieren müssen."

Diese Passage macht deutlich, dass Obama seine Afghanistan-Politik auf einen Bericht von Anthony Cordesman vom einflussreichen Think Tank Center for Strategic and International Studies (CSIS) vom vergangenen Monat stützt.

Cordesman schrieb: "Der Präsident muss offen sagen, dass jeder Sieg in Afghanistan und Pakistan Teil eines viel weitergehenden und langen Kampfes sein muss. Er muss klar machen, dass der ideologische, demographische, wirtschaftliche und sonstige Druck, der die islamische Welt spaltet, bedeutet, dass die Welt vor Bedrohungen in vielen anderen Ländern steht, die sich auf unbestimmte Zeit in die Zukunft erstrecken. Er sollte die Risiken im Jemen und in Somalia erwähnen und klar machen, dass der Irakkrieg noch nicht vorbei ist. Und er sollte warnen, dass wir weiterhin zu Hause bedroht sind und dass es weiter eine Kombination von Aufständen und Terrorismus gibt, die sich von Marokko bis zu den Philippinen und von Zentralasien bis ins Herz von Afrika erstreckt, gleichgültig, wie gut es in Afghanistan und Pakistan läuft."

Er fügte hinzu: "...die aktuellen amerikanischen, alliierten, afghanischen und pakistanischen Verluste werden sich noch verdoppeln, vielleicht verdreifachen, bevor ein Sieg überhaupt in Sichtweite kommt."

Kurz gesagt, die USA werden ungeheuer kostspielige Kriege in weiten Teilen der Welt führen, in Regionen, die sich Tausende Meilen in jede Richtung erstrecken.

Im Kern ist die Perspektive Obamas und seiner Berater eine Zukunft endloser Kriege, um die Position der USA als globalem Hegemon zu verteidigen. Es geht nicht nur um die Kontrolle über das Öl und die Handelswege im nahen Osten und Zentralasien. Außerdem steht die Position der USA als Weltmacht auf dem Spiel. Vergleichbar mit dem britischen Rückzug vom Suezkanal 1956-57, wäre ein erzwungener Rückzug der USA aus Afghanistan ein vernichtender Schlag für das Prestige Washingtons.

Diese Dynamik des US-Imperialismus steht hinter der Afghanistan-Politik Obamas: Weil ein Rückzug zu jedem Zeitpunkt eine Katastrophe wäre, entscheidet er sich für immer weitere Eskalation.

Siehe auch:
Gegen Obamas Verschärfung des Kriegs in Afghanistan und Pakistan! Sofortiger Rückzug aller Truppen
(3. Dezember 2009)
Erhält die Bundeswehr einen Freibrief zum Töten?
( 3. Dezember 2009)
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