Griechenland: Interview mit einem Vertreter von OKDE-Spartakus von der Koalition Antarsya

Ein Reporterteam der World Socialist Web Site berichtet aus Athen über die griechische Schuldenkrise und die Reaktion der Bevölkerung auf die Sparpläne, die Premierminister Giorgos Papandreou im Interesse der großen Weltbanken durchsetzt. Hier im Folgenden ein Interview unsrer Reporter mit Iannis Felekis, einem führenden Mitglied von OKDE-Spartakos.

OKDE-Spartakos ist die Fraktion der Antarsya-Koalition, die mit der französischen Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) von Olivier Besancenot verbündet ist. Antarsya (Kooperation der Antikapitalistischen Linken für den Umsturz) ist eine Verbindung von kleinbürgerlichen Parteien, die als freundliche Kritiker der größeren Syriza-Koalition und der stalinistischen KP Griechenlands (KKE) auftreten. Diese Gruppen sind wegen ihrer Zusammenarbeit mit der sozialdemokratischen PASOK Papandreous immer stärker kompromittiert.

Trotz weit verbreiteter öffentlicher Empörung über Papandreou, ruft OKDE-Spartakos nicht zu dessen Sturz oder Rücktritt auf. Ihr Ziel ist es, jede linke Opposition zu Syriza und die KKE in politisch harmlose Kanäle zu lenken.

Felekis warf Papandreou "eine staatliche Intervention für neoliberale Maßnahmen und das Finanzkapital" vor. Über die andern "linken" Parteien sagte er: "Syriza besteht aus gemäßigten Reformisten. Sie sagen, wie das Defizit gesenkt werden könne; sie geben der Regierung im Wesentlichen Ratschläge. Die KKE ist sehr stalinistisch. Sie sagen, sie seien gegen den Kapitalismus im Allgemeinen, aber sie sind unfähig, in der konkreten Situation zu handeln, und sie verteidigen Stalin und Breschnew."

Felekis verbale Opposition ist hohl, denn er selbst und die OKDE-Spartakos wollen weiterhin mit dem politischen Establishment zusammenarbeiten.

Auf die Frage nach der Haltung von OKDE-Spartakos zu Papandreou sagte er: "In der Bevölkerung ist die Situation ziemlich reif für den Aufruf zum Sturz der Regierung. Das Problem ist, dass es in der Arbeiterbewegung keine Alternative zu Papandreou gibt."

Offensichtlich schließt Felekis seine eigene Partei in den Kreis derer, die keine Alternative zu Papandreou bieten, mit ein. Auf die Frage, was die Ziele von Antarsya seien, antwortete Felekis: "Das ist schwer zu sagen. Wir wollen versuchen, dazu beizutragen, dass diese Bewegung wächst."

Solche abstrakten Kommentare weichen den entscheidenden Fragen aus. Welche Klasse kontrolliert die Politik der Streikbewegung, und welche Rolle spielen Antarsya und die andern "linken" Tendenzen?

Obwohl Millionen Arbeiter an den Streiks teilnehmen, stehen sie doch unter der Kontrolle von PASOK, die als politischer Arm der großen internationalen Banken fungiert. Die Papandreou-Regierung hat mehrere Streiks in einzelnen Industriezweigen heil überstanden. Sie erlaubt dem Gewerkschaftsverband GSEE, der von der PASOK geführt wird, hin und wider einzelne nationale Eintagesstreiks auszurufen, zwischen denen dann Wochen, wenn nicht Monate liegen. Die Streiks haben nichts dazu beigetragen, Papandreous wiederholten Kahlschlag an Renten, Löhnen und Arbeitsplätzen zu stoppen.

Wenn Felekis die Streikkampagne kritiklos als unabhängige Massenbewegung hinstellt und die Art und Weise verschleiert, wie Gewerkschaften und Regierung die Streiks benutzen, um die Wut der Arbeiterklasse einzudämmen, verfälscht er die politische Situation. Die GSEE organisiert diese Streiks, um damit die Illusion aufrecht zu erhalten, damit sei Papandreous Politik zu ändern, - eine Illusion, die unter Arbeitern immer weniger verbreitet ist. Mit dem Ausrufen solcher Streiks sollen politische Aktionen gegen die Regierung verhindert werden.

Ein wirklicher Kampf gegen Papandreou erfordert eine politische Offensive gegen PASOK und deren "linke" Anhängsel auf der Grundlage eines revolutionären sozialistischen Programms. Dazu ist ein organisatorischer Bruch mit der GSEE und der Aufbau von unabhängigen Fabrikkomitees notwendig.

OKDE-Spartakos dagegen ist entschlossen, mit den herrschenden Parteien und der GSEE zusammenzuarbeiten. Das hat sie mit der NPA in Frankreich und ihren weltweiten Gesinnungsgenossen gemeinsam. Felekis erklärte: "Obwohl unsere Gruppen und Strömungen gegen eine Regierungsbeteiligung sind und ablehnen, das System mitzuverwalten, so können wir doch eine Einheitsfront zu konkreten Fragen haben, während wir gleichzeitig versuchen, unsere strategischen Differenzen zu lösen."

Diese "Einheitsfront" bezieht sich auf die andern Parteien der so genannten "Linken, - einschließlich PASOK, d.h. die Partei, welche die Kürzungen durchsetzt! Im Zusammenhang mit den Streiks, die von der GSEE ausgerufen wurden, sagte Felekis: "Es ist in Ordnung, wenn Sozialdemokraten an der Mobilisierung teilnehmen. ... Normalerweise sind die Sozialdemokraten feindlich, aber wenn sie an der Mobilisierung teilnehmen, dann ist das okay."

In eine verständliche Sprache übersetzt, bedeutet Felekis Aussage: "Antarsya sagt zwar, dass sie an einer Sparregierung nicht teilnimmt, aber sie beteiligt sich kritiklos an Demonstrationen, die von mit der Regierung befreundeten Gewerkschaften organisiert werden, und sie nimmt auch an Gesprächen teil, um alle politischen Differenzen zu klären, die sie etwa mit der regierenden Partei hat. Mag Antarsya auch "linke" Kritik an Syriza üben, prinzipielle Differenzen mit ihrer kleinbürgerlichen Politik hat sie jedenfalls nicht.

Siehe auch:
SYRIZA: Die reaktionäre Politik der kleinbürgerlichen "Linken" in Griechenland
(20. Mai 2010)
Loading