Perspektive

US-Notenbank heizt globalen Währungskrieg an

Die amerikanische Notenbank Federal Reserve Board (Fed) gab am Mittwoch eine zweite Runde von “Quantitative Easing“ bekannt, was bedeutet, dass Hunderte Milliarden US-Dollar gedruckt werden. Das ist eine aggressive und einseitige Maßnahme, die Amerikas wirtschaftliche Konkurrenten großenteils, und mit Recht, als feindseligen Akt auffassen.

Die US-Zentralbank nimmt damit bewusst eine Abwertung ihrer Währung in Kauf, um amerikanische Exporte zu verbilligen und ausländische Importe zu verteuern. Unter Bedingungen stagnierender Märkte und nur geringfügigen Wachstums in den USA, Europa und Japan provoziert eine solche Politik zwangsläufig Gegenmaßnahmen der Konkurrenten der USA. Sie versuchen, ihre Exportindustrien zu schützen, indem sie dem Anstieg des Wechselkurses ihrer Währungen entgegenwirken und spekulative Investitionen von ihren Gestaden fernhalten, die ihre Währungen nach oben drücken und ihre Volkswirtschaften zu überhitzen drohen.

Die Fed gab ihren Plan, US-Staatsanleihen im Wert von fast einer Billion Dollar zu erwerben, nur eine Woche vor dem G-20-Gipfel der führenden Industriestaaten im südkoreanischen Seoul bekannt. Dies unterstreicht noch den provokativen Charakter dieser Maßnahme.

Washington versucht, für den Gipfel einen Block europäischer und asiatischer Länder zu schmieden, der von China eine schnellere Aufwertung seiner Währung verlangt. Die Initiative der Fed ist eine Art Erpressung: Sie droht Deutschland, Japan und anderen Exportnationen, für den Fall, dass diese sich mit der Anti-China-Kampagne der USA nicht solidarisieren.

Die Politik des billigen Dollar hat schon jetzt zu Gegenmaßnahmen geführt. Im September intervenierte Japan zum ersten Mal seit sechs Jahren auf den Devisenmärkten, um den Anstieg des Yen zu stoppen. Dem folgten eine Senkung seines zentralen Leitzinses und die Ankündigung eines eigenen Programms von Quantitative Easing

Der brasilianische Finanzminister beschuldigte die USA, einen globalen Währungskrieg loszutreten, und gab die Verdopplung einer Steuer auf ausländische Käufe von brasilianischen Wertpapieren bekannt. Damit verfolgt er das Ziel, die Flut spekulativer Dollars aus dem Land fernzuhalten, weil sie seine eigene Währung verteuern und die Gefahr von Blasen bei Vermögenswerten und von Inflation schaffen.

Thailand gab eine fünfzehnprozentige Abschlagssteuer auf Zinsen und Kapitaleinkünfte bekannt, die ausländische Investoren auf thailändische Anleihen erzielen. Andere Länder, von Südkorea über Indien bis Taiwan, haben auf den Währungsmärkten interveniert, um den Anstieg des Wechselkurses ihrer Währungen zu verhindern.

Im Wesentlichen versuchen die Vereinigten Staaten, der größte Schuldner der Welt, ihre ungeheuren Handelsbilanzdefizite und Schulden – den Ausdruck des Niedergangs des amerikanischen Kapitalismus – als Waffe gegen ihre wirtschaftlichen Konkurrenten einzusetzen. Sie nutzen die privilegierte Rolle des Dollars als wichtigste Handels- und Reservewährung der Welt, um dem Rest der Welt die eigene Krise aufzuladen.

Das ist eine verantwortungslose Brandstifterpolitik mit katastrophalen Implikationen. Wirtschaftsnationalismus gebiert heute wie damals Chauvinismus, Fremdenfeindlichkeit und Militarismus.

Wie nach dem Wall Street Krach von 1929 drohen Währungs- und Handelskriege. Damals vertieften sie die Große Depression enorm und verlängerten sie. Der Weltmarkt wurde in rivalisierende Währungs- und Handelsblöcke aufgespaltet. Der Wirtschaftskrieg endete unvermeidlich im heißen Krieg.

Ähnliche Spannungen entwickeln sich auch heute. Der Berater der chinesischen Zentralbank, Xia Bin, beantwortete die Ankündigung der Fed mit dem Vorwurf, „unkontrolliert“ Geld zu drucken. Das könne zu einer neuen globalen Krise führen. Er ließ anklingen, China könne mit regionalen Währungsallianzen antworten, um die Rolle des Yuan im internationalen Währungsbetrieb beschleunigt zu stärken.

Er war nicht allein. Der japanische Premierminister Naoto Kan beschuldigte die USA, eine “Politik des schwachen Dollar” zu verfolgen.

Die Logik der immer verbitterter geführten Währungs- und Handelskonflikte wurde am Mittwoch von der gewählten Präsidentin Brasiliens, Dilma Rousseff, auf den Punkt gebracht. Sie sagte auf einer Pressekonferenz: „Das letzte Mal endeten konkurrierende Abwertungen … im Zweiten Weltkrieg.“

Jüngste Ereignisse haben deutlich gemacht, dass ein neuer, weltweiter Zusammenstoß keine ferne oder unwahrscheinliche Aussicht ist. Die Vereinigten Staaten versuchen seit zwei Jahrzehnten, d.h. seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, ihre militärische Übermacht einzusetzen, um ihren wirtschaftlichen Niedergang aufzuhalten. Hinter ihrer aggressiven Haltung in Währungs- und Handelsfragen lauert allgegenwärtig die Drohung mit militärischer Gewalt.

Unter den zahlreichen möglichen Auslösern eines globalen Kriegs – dem Balkan, Zentral- und Südasien, dem Nahen Osten – gehört Ostasien zu den explosivsten.

Hillary Clinton widmete ihre aktuelle Asienreise durch dreizehn Länder dem Bestreben, die US-Dominanz in Ostasien zu festigen. Sie versucht, eine Koalition gegen China zu konsolidieren. Clinton hat in Streitigkeiten zwischen China und anderen ostasiatischen Ländern um die Besitzrechte an kleinen Inselgruppen im Südchinesischen und Ostchinesischen Meer demonstrativ Partei ergriffen. Sie stellte sich hinter Japan, Vietnam, Malaysia, die Philippinen und andere Länder gegen China.

Zur gleichen Zeit besuchte der russische Präsident Dmitri Medwedew eine der Kurilen-Inseln, die von Russland und Japan beansprucht werden. Das war der erste Besuch eines russischen Staatschefs überhaupt.

Die Eurasia Review schrieb am Donnerstag: „Innerhalb von nur sechs Tagen hat sich das amerikanische Außenministerium klar für eine Stützung der Ansprüche Japans sowohl gegenüber Russland, wie gegenüber China ausgesprochen. Es berief sich dabei sogar auf die Bestimmung eines Verteidigungsabkommen, das zu einer direkten militärischen Intervention und zu Krieg gegen das bevölkerungsreichste Land der Erde führen könnte.“

Das Journal merkte an, dass Clinton gleich zu Beginn ihrer Reise erklärte, die USA unterstützten Japans Anspruch auf die Senkaku-Inseln, gegen den Anspruch Chinas auf dieselben Inseln, die dort Diaoyu genannt werden. In der Nähe dieser Inseln kollidierte im September ein chinesisches Fischerboot mit zwei japanischen Küstenwachschiffen. Das wurde zum Anlass für einen erbitterten diplomatischen Konflikt zwischen den beiden Mächten.

Clinton berief sich ausdrücklich auf Artikel 5 des Gegenseitigen Kooperations- und Beistandspakts von 1960 zwischen den Vereinigten Staaten und Japan, der besagt: “Beide Parteien erkennen an, dass ein bewaffneter Angriff auf eine Partei in den Gebieten unter der Verwaltung Japans als Bedrohung ihres eigenen Friedens und ihrer eigenen Sicherheit betrachtet wird, und sie verpflichten sich, gegen die gemeinsame Bedrohung vorzugehen.“

Clinton fügte hinzu, die Vereinigten Staaten gingen davon aus, dass “die Senkakus unter den Paragraphen 5“ des Vertrags fallen. „Das ist Teil der umfassenden Verpflichtung der Vereinigten Staaten für die Sicherheit Japans… Wir nehmen unsere Verpflichtung ernst, Japan zu schützen.“

Das war eine unverhüllte Drohung mit einer Militäraktion gegen China.

Wie schon zweimal im letzten Jahrhundert treiben die unlösbaren globalen Gegensätze des Weltkapitalismus auf einen Krieg zu. Diese Gegensätze sind zum einen der Gegensatz zwischen gesellschaftlicher Produktion und dem privaten Eigentum an den Produktionsmitteln, und zum andern der zwischen der Weltwirtschaft und dem Nationalstaatensystem. Sie treiben die Menschheit auf den Abgrund eines Weltkriegs zu, der dieses Mal zur nuklearen Vernichtung führen könnte.

Wie zu Zeiten Leo Trotzkis in den 1930er Jahren lautet die Alternative: Sozialismus oder Barbarei.

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