Regierung bricht Streik der Arbeiter von Verizon

Die Obama-Regierung, die Staats- und Landespolizei sowie die Gerichte greifen in immer aggressiverer Weise auf Seiten der Telekommunikationsfirma Verizon gegen 45.000 streikende Arbeiter im Nordosten der USA ein. Die Arbeiter, die jetzt die zweite Woche streiken, kämpfen gegen Forderungen der Firma nach Kürzungen in Höhe von einer Milliarde Dollar.

Am Freitag verkündete das amerikanische Bundeskriminalamt FBI, dass es Sabotagevorwürfe gegen die streikenden Verizon Arbeiter erhoben habe. Sie würden als Frage der „nationalen Sicherheit“ untersucht. FBI-Sonderermittler Bryan Travers verschickte eine provokative E-Mail, in der die angeblichen Vorfälle mit den Terrorangriffen vom 11. September in Verbindung gebracht werden.

„Da Infrastruktur von entscheidender Bedeutung betroffen ist, und zwar die Telekommunikation eines Krankenhauses und einer Polizeistation, untersucht das FBI diese Angelegenheit vom Standpunkt der Sicherheit als Teil unserer Sicherheitsbestrebungen in Vorbereitung auf den Jahrestag des 11. September“, hieß es in der E-Mail.

Einen Tag später berichtete die New York Post, die Stadt New York habe damit begonnen, Polizeibeamte einzusetzen, darunter auch Mitglieder einer Anti-Terror-Einheit, um Streikbrecher durch die Streikpostenkette zu geleiten und Streikposten zu überwachen.

Laut der Post „überwachen“ Polizeibeamte „die Garagen von Verizon und folgen deren Lastwagen mit Polizisten, in Begleitung der Spezialeinheit gegen Terrorismus (Critical Response anti-terrorism units), durch die ganze Stadt“. Die Zeitung zitierte einen Polizeibeamten, der sich beschwerte: „Wir müssen den ganzen Tag hinter den Lastwagen von Verizon herfahren.“

Die Regierung und die Polizei benutzen den Vorwurf der Sabotage, um den Druck auf die Arbeiter zu erhöhen; gleichzeitig ignorieren sie zahlreiche Vorfälle, bei denen Streikposten der Arbeiter von Managern oder Streikbrechern verletzt wurden.

Mindestens 30 Arbeiter wurden von Autos angefahren, die Manager von Verizon fuhren. Letzten Montag fuhr ein Streikbrecher durch eine Streikpostenkette in Getzville, New York, außerhalb von Buffalo, was dazu führte, dass mehrere Arbeiter ins Krankenhaus mussten. In Silver Spring, Maryland, berichteten Streikposten von mehreren Versuchen, Streikende anzufahren. Am Freitagmorgen wurden drei Arbeiter ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem sie von Autos angefahren worden waren.

Es gab keine Berichte über Verhaftungen im Zusammenhang mit diesen Vorfällen.

Montag, der 15. August, ist der 22. Jahrestag des Tods von Gerry Horgan, der 1989 in New York als Streikposten der Communications Workers of America (CWA) getötet wurde, nachdem ihn ein Auto angefahren hatte, an dessen Steuer ein Streikbrecher saß.

Die Arbeiter von Verizon weisen die Sabotagevorwürfe zurück und erklärten, dass der Service ständig schlechter werde. Jetzt gibt es keine Arbeiter, die die Probleme beseitigen können, also gibt Verizon den Streikenden die Schuld dafür.

Ein Verizon-Arbeiter erklärte gegenüber der World Socialist Web Site: „Sie machen uns verantwortlich für Dinge, die jeden Tag passieren, wie z. B. dass ein Tier eine Leitung durchbeißt.“

[Bild] Gladys

Gladys, eine Technikerin in New York City, erklärte: „Ich glaube nicht, dass es Vandalismus oder Sabotage bei diesem Streik gibt. Das Management kann das einfach behaupten. Sie versuchen irgendwie zurückzuschlagen. Es ist traurig, dass die Medien voll davon sind, weil ich nicht sehen kann, dass Arbeiter so etwas tun würden.“

Ich verstehe nicht, warum das FBI sich einschalten muss und alles untersucht“, fügte sie hinzu. „Auch ohne Streiks gibt es Zusammenbrüche von Leitungen zu Polizeistationen und Krankenhäusern.“

Verizon hat gerichtliche Anordnungen und einstweilige Verfügungen erwirkt, mit denen die Streikposten in Delaware, Pennsylvania, New York, Massachusetts und New Jersey beschränkt werden. Von Standorten im gesamten Nordosten berichten Arbeiter über vermehrte Polizeipräsenz, wobei Polizisten die Gerichtsbeschlüsse vollstrecken und die Zahl der erlaubten Streikposten an einem bestimmten Eingang beschränken und jede Maßnahme verbieten, mit der der Geschäftsbetrieb der Firma beeinträchtigt wird.

Mehrere Arbeiter wurden festgenommen, darunter sechs letzte Woche außerhalb eines Werks in Baltimore, Maryland. Am Donnerstag hat die Polizei zwei Frauen in Salisbury, Maryland, festgenommen, weil sie die Straße blockiert und versucht haben, Streikbrecher am Betreten des Werks zu hindern. Sie wurden wegen Ruhestörung, ungebührlichem Benehmen und der Weigerung, einer gesetzmäßigen Anweisung Folge zu leisten, angeklagt – die Anklagepunkte ziehen Strafen von bis zu sechs Tagen Gefängnis nach sich.

[Bild] Streikbrecher in Albany

Jeanine, Kundenberaterin in einem Call Center in Albany, erklärte: „Die einstweilige Verfügung erlaubt jedem, einfach durch die Tür hereinzuspazieren, weil wir hinter der Absperrung sind und sie erhalten einen direkten Zugang zum Eingang. Wir müssen innerhalb der Absperrung bleiben, was bedeutet, dass wir nicht an die Streikbrecher rankommen. Die Absperrung ist draußen auf der Straße, weil sie sagen, wir müssen 4,5 Meter vom Gebäude entfernt bleiben. Deshalb stellen sie uns auf die Straße.

Es gibt drei Eingänge an unserem Gebäude, und sie beschränken die Zahl der Streikposten auf 30 an jedem Eingang“, fügte Jeanine hinzu. „Vor dieser einstweiligen Verfügung gab es Hunderte von Streikposten hier. Wir haben Streikbrecher nicht rein gelassen und sie abgebremst. Einmal haben sich Streikbrecher durchgedrängt und Leute mit ihren Schultern und Ellbogen niedergeschlagen. Wir haben diese Angriffe der Polizei gemeldet. Die hat mit der Gewerkschaft gesprochen. und jetzt gibt es die einstweilige Verfügung gegen uns.“

Pam, eine weitere Arbeiterin von Verizon in Albany ist der Meinung, die Streikposten könnten verhaftet werden, wenn sie versuchen, die Streikbrecher aufzuhalten. Ein Video auf der Internet-Seite der CWA zeigt, wie ein Arbeiter am Tag zuvor von einem Vertreter des Managements umgefahren wurde, der sein Auto beschleunigt, während er sich den Streikposten näherte.

„Es sieht so aus, als ob Sie einen Polizeistaat für die Unternehmen errichten würden. Sieh Dir mal an, wie sie uns hier zusammengepfercht haben“, sagte Pam.

Die Weigerung der beiden Gewerkschaften, die an dem Streik beteiligt sind, der CWA und der International Brotherhood of Electrical Workers (IBEW), gegen den Streikbruch zu kämpfen oder sich den einstweiligen Verfügungen zu widersetzen, ermutigt die Obama-Regierung und die staatlichen wie lokalen Regierungen, ihre Unterdrückung und Einschüchterung der streikenden Arbeiter zu verstärken. Der AFL-CIO, der einen der größten Streiks in den USA seit Jahren faktisch ignoriert, unterstützt dadurch de facto die Maßnahmen zum Streikbruch.

Diese Gewerkschaften sind mit der Demokratischen Partei verbündet und sind dabei, Millionen Dollar in die Kampagne zur Wiederwahl von Obama zu stecken, der ein rechte unternehmerfreundliche Politik von Rettungspaketen und Steuererleichterungen für die Großunternehmen und Sparmaßnahmen für die Arbeiterklasse verfolgt – diese Politik stimmt in allen wesentlichen Punkten mit der der Republikaner überein.

Ob die Verizon-Arbeiter in der Lage sind, die Angriffe der Regierung und des Unternehmens zurückzuschlagen, hängt von der Mobilisierung breiterer Schichten der Arbeiterklasse ab. Der Streik bei Verizon muss zum Ausgangspunkt für eine allgemeine Mobilisierung aller Arbeiter gegen die Angriffe auf Arbeitsplätze, Löhne, Sozialleistungen und demokratische Rechte gemacht werden.

Der AFL-CIO lehnt eine derartige Mobilisierung ab und bemüht sich, den Streik mit der Unterstützung der Führung von CWA und IBEW zu isolieren und zu verraten. Am Sonntagabend wurde auf der Startseite des Internet-Auftritts des AFL-CIO Verizon nicht einmal erwähnt.

Verizon verwirklicht die Politik der Obama-Regierung, die von allen Teilen des politischen Establishments unterstützt wird: die Wirtschaftskrise wird als Gelegenheit genutzt, um die Arbeitskosten drastisch zu senken. Obama stellte mit dem erzwungenen Bankrott von General Motors and Chrysler im Jahr 2009, der mit Unterstützung der Autoarbeitergewerkschaft UAW durchgesetzt wurde, die Weichen für diese Vorgehensweise.

Das Eingreifen des Staats –von FBI, Polizei und Gerichten – unterstreicht, dass die Verizon-Arbeiter bei der Verteidigung ihrer Rechte mit einem politischen Kampf gegen das kapitalistische Zwei-Parteien-System konfrontiert sind. Trotz all ihres Geredes, die „Demokratie“ im Ausland zu verbreiten, verweigert die amerikanische herrschende Klasse den amerikanischen Arbeitern ihre grundlegenden Rechte, immer wenn die Ausübung dieser Rechte sich negativ auf die Unternehmensprofite auswirkt. Der amerikanische Staat wird das gesamte Unterdrückungsinstrumentarium, das ihm zur Verfügung steht, einsetzen, um den Widerstand der Arbeiterklasse gegen die Diktate der Unternehmerelite niederzuschlagen.

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