Clinton in Burma: Ein weiterer amerikanischer Schachzug gegen China

Als US-Außenministerin Hillary Clinton im Verlauf ihres dreitägigen Besuchs in Burma (Myanmar) letzte Woche mit Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi zusammentraf, machte die Presse viel Aufhebens von den „demokratischen Rechten“, die Amerika angeblich in diesem Land unterstützen wolle. In Wirklichkeit diente der Clinton-Besuch vielmehr dem Bemühen der Obama-Regierung, Chinas Einfluss in Asien einzudämmen.

Es war das erste Mal seit mehr als fünfzig Jahren, dass ein US-Außenminister das Land besucht. Die Reise wurde vor nur zwei Wochen auf dem Ostasiengipfel angekündigt, auf dem Obama im Streit um das Südchinesische Meer den Druck auf China erhöhte. Obama spekulierte auf ein Anzeichen der Bereitschaft der herrschenden Militärjunta in Burma, sich von den engen Wirtschaftsbeziehungen mit China zu lösen und auf die USA zuzugehen.

Vor ihrer Ankunft in Burma äußerte Clinton spitz auf einer Hilfskonferenz, Entwicklungsländer müssten „intelligente Käufer“ sein und vorsichtig mit Geberländern umgehen, denen – wie China – „mehr daran gelegen ist, Ressourcen abzubauen, als Kapazitäten aufzubauen“. Diese Botschaft war offensichtlich an Burma und ähnliche Länder gerichtet, die stark von chinesischer Wirtschaftshilfe und Investitionen abhängig sind.

Clinton erklärte, sie sei gekommen, um „die wahren Absichten“ der Junta zu testen, und sie werde keine nennenswerten Zugeständnisse im Namen Washingtons machen. Sie traf vergangenen Donnerstag in der neuen Hauptstadt Naypyidaw mit dem burmesischen Präsidenten Thein Sein zusammen, dem sie erklärte, die jüngsten Schritte seiner Regierung würden zwar wohlwollend zur Kenntnis genommen, könnten aber „nur als Anfang“ gelten. Im Laufe des vergangenen Jahres hat das Regime den Hausarrest für die Kritikerin Suu Kyi aufgehoben, die nominelle Macht einem zivilen Präsidenten übertragen und Suu Kyi und ihre Partei National League for Democracy (NLD) zu den bevorstehenden Zwischenwahlen zugelassen.

Die burmesische Regierung hofft auf eine Einigung mit Washington, um weniger stark von Peking abhängig zu sein. Sie wollen, dass der Westen die Sanktionen aufhebt; außerdem möchten sie das Land in ein Billiglohnland umwandeln. Thein Sein nannte Clintons Besuch einen „historischen Meilenstein“, der, wie er hoffe, „ein neues Kapitel in unsern Beziehungen aufschlägt“.

Das Magazin Time zitiert den politischen Berater des Präsidenten, Nay Zin Latt, der einige Motive der Junta erklärte: „Bisher mussten wir nehmen, was China uns angeboten hat, ob wir wollten oder nicht. Wenn die Sanktionen aufgehoben sind, wird es allen in Myanmar besser gehen.“

In einem Artikel in der Asia Times mit dem Titel „China wird gegenüber Naypyidaw zu aufdringlich“ wird als Wendepunkt ein Machtkampf im Jahr 2004 genannt. Damals wurde Premierminister Khin Nyunt, der als „Chinas Mann“ galt, wegen Korruptionsvorwürfen seines Amtes enthoben. Weitere Faktoren sind Chinas Ärger im Jahr 2009 darüber, wie die burmesische Armee chinesische Staatsangehörige in Nordburma behandelte, und die vor kurzem erfolgte Entscheidung, ein großes Dammbauprojekt, das von China finanziert wurde, auf Eis zu legen.

Trotz dieser Spannungen will das burmesische Regime an Pekings Seite bleiben. Noch vor Clintons Ankunft, reiste der wichtigste General des Landes, Min Aung Hlaing, am Montag nach Peking, um der chinesischen Führung zu versichern, dass die Junta weiterhin mit ihr zusammenarbeiten werde. Die Pekinger Regierung hat beträchtliche Mittel für wirtschaftliche und strategische Zusammenarbeit ausgegeben, um Zugang zu Rohstoffen und direkten Zugang zum Indischen Ozean zu erhalten.

China hat mit dem Bau von Öl- und Gaspipelines durch Burma nach Südchina begonnen, damit die Pekinger Regierung für ihre Ölimporte aus dem Nahen Osten und aus Afrika weniger von der Straße von Malakka abhängig ist. Diese Strategie soll den Plänen des Pentagons entgegenwirken, das bestimmte „Knotenpunkte“, wie die Straße von Malakka, kontrollieren will, um jederzeit eine Seeblockade gegen China verhängen zu können.

In einer Rede im chinesischen Fernsehen sprach der Akademiker Gao Zugui die Befürchtungen der Pekinger Regierung offen aus. Er sagte: „Die USA versuchen, ihre Beziehungen zu Ländern am unteren Mekong, wie Myanmar, Kambodscha und Laos, zu stärken. Wir sehen, dass sie diese Absicht entschlossen verfolgen, und dass sie gegen China gerichtet ist.“

Es gibt noch einen weiteren Grund dafür, dass Burma den USA nachgeben könnte: So sagte der Berater des burmesischen Präsidenten Nay Zin Latt, dass auch die Ereignisse im Nahen Osten Grund genug sein könnten, die Beziehungen zu den USA zu verbessern. „Wir wollen hier keinen arabischen Frühling“, sagte er. Das Regime fürchtet nicht nur größere Proteste, die in der Vergangenheit stets mit aller Härte niedergeschlagen wurden, sondern auch, dass die USA, wie im Falle Libyens, soziale Unruhen ausnutzen könnten, um militärisch zu intervenieren und ein proamerikanisches Marionettenregime zu installieren.

Hillary Clinton kam mit einer Liste von Forderungen in Burma an. Sie forderte mehr politische Freiheiten für die bürgerliche Opposition unter Führung von Suu Kyi, ein Ende der langwierigen Konflikte mit den ethnischen Minderheiten des Landes und eine Inspektion des begrenzten Atomprogramms des Landes durch die Internationale Atomenergiebehörde.

Im Austausch dafür hatte Clinton sehr wenig anzubieten. „Wir sind bereit, weiter zu gehen, wenn die Reformen vorankommen, aber die Erfahrung der Geschichte lehrt uns, vorsichtig zu sein“, sagte sie und fügte hinzu: „Wir sind noch nicht soweit, dass wir über ein Ende der Sanktionen reden könnten.“ Die USA wollen vorerst noch keine vollen diplomatischen Beziehungen mit Burma aufnehmen. Clinton deutete nur an, die USA würden nicht länger die Gelder von internationalen Einrichtungen wie der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds blockieren. Auch wollen sie eine Ausweitung der UN-Entwicklungshilfe für Gesundheitswesen und Kleinunternehmen unterstützen.

Bezeichnenderweise hat Clinton Burma dazu angeregt, der Lower Mekong Initiative beizutreten, um seine Bindung an China weiter zu lockern. Diese Gruppierung, zu der Kambodscha, Laos, Thailand und Vietnam gehören, wurde im Jahr 2009 auf Bestreben der USA gegründet, um größeren Einfluss in der Region zu haben. Die Namenswahl war durchaus kalkuliert: Der Bezug auf den „unteren Mekong“ schließt den „oberen“ Mekong in China aus. Die USA hoffen, die Unzufriedenheit mit China zum Beispiel über die Auswirkungen der chinesischen Dammbauprojekte auf den Mekong ausnutzen zu können.

Clinton schlug außerdem vor, die USA und Burma sollten zusammenarbeiten, um die Gebeine der etwa sechshundert Soldaten zu bergen, die im Zweiten Weltkrieg in dem Land gefallen sind. Ähnlich arbeiten die USA schon mit Vietnam zusammen, wo gemeinsam vermisste Soldaten gesucht werden. Dies könnte ein guter Vorwand sein, um direkten Kontakt zwischen den Militärs beider Länder herzustellen.

Clinton traf sich, am Donnerstag und am Freitag zweimal mit Oppositionsführerin Suu Kyi in Rangun. Die Obama-Regierung arbeitet eng mit der burmesischen Opposition zusammen, weil sie ein Regime anstrebt, das sich mehr den amerikanischen Interessen fügt. Vor zwei Wochen, kurz bevor Obama Clintons Besuch ankündigte, rief er Suu Kyi aus Bali an.

Dass Suu Kyi die amerikanische Strategie vollkommen unterstützt, zeigt, dass die burmesische Oppositionsbewegung sich wenig Sorgen um die demokratischen Rechte der arbeitenden Bevölkerung macht. Stattdessen repräsentiert Suu Kyi Teile der herrschenden Elite, die durch Jahrzehnte der Militärdiktatur an den Rand gedrängt wurden und jetzt auf enge Beziehungen mit den westlichen Mächten und die Öffnung des Landes für direkte Investitionen drängen.

Suu Kyi hatte letztes Jahr die inszenierten Wahlen der Junta boykottiert, aber jetzt will sie mit der NLD zu den Zwischenwahlen antreten, obwohl diese nicht weniger undemokratisch sind. In einer Videokonferenz mit dem Council of Foreign Relations erklärte Suu Kyi, sie vertraue Präsident Thein Sein, einem ehemaligen General und langjährigen Junta-Apparatschik.

Suu Kyi hofft, mithilfe der USA ein Abkommen mit der Junta zu schließen, das der NLD größeren politischen Einfluss verleihen und den Wirtschaftskreisen, welche die Opposition unterstützen, mehr Freiraum verschaffen würde. Sowohl die Junta als auch Suu Kyi wollen verhindern, dass es in Burma zu einem „Arabischen Frühling“ kommt, d.h. dass Massenproteste der Arbeiterklasse und der ländlichen Massen ausbrechen.

Ein Artikel im Wall Street Journal mit dem Titel „Firmen sehen Myanmar als neues Betätigungsfeld“ beschrieb die Vorteile, die Großkonzerne sich von der Öffnung des Landes versprechen. Schon sind die ersten Unternehmensdelegationen auf dem Weg nach Burma, um dessen potenzielle Märkte und Reichtum an Öl und Gas auszubeuten. Der Artikel beschrieb auch Burmas Vorteile als Billiglohnstandort mit „niedrigen Produktionslöhnen“, einer gebildeten Schicht, die Englisch spricht, und einem Rechtssystem auf Grundlage des britischen bürgerlichen Rechts.

Für die Obama-Regierung überwiegen jedoch die politischen Erwägungen ihre unmittelbaren wirtschaftlichen Interessen: Das Hauptziel besteht für sie darin, Chinas Beziehungen mit Burma zu untergraben und in der Region Bündnisse gegen China zu schmieden.

 

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