Partei für Soziale Gleichheit verteidigt griechische Arbeiter

Mit einem Treffen an der Technischen Universität Berlin begannen die Partei für Soziale Gleichheit und die International Students for Social Equality ihre Veranstaltungsreihe zur Solidarität mit den griechischen Arbeitern.

Schon während der Kampagne für das Treffen waren die Unterstützer auf sehr positive Resonanz gestoßen. „Viele Arbeiter verstehen, dass die Angriffe in Griechenland nur der Auftakt für einen Sozialkahlschlag in ganz Europa sind, und befürworten deshalb ernsthafte Solidarität,“ erklärte die Studentin Clara Weiss, die die Kampagne mit organisiert hat.

Am Montag versammelten sich dann dutzende Arbeiter und Studenten im Hörsaal der TU, um nicht nur über die Notwendigkeit einer breiten Solidarisierung, sondern auch über Ursache und Entwicklung der sozialen Angriffe in ganz Europa zu diskutieren.

Christoph Dreier vom Vorstand der PSG, der als Korrespondent der WSWS mehrfach über Griechenland geschrieben hatte, gab einen einleitenden Bericht. Er begann damit, die brutale Herrschaft des chilenischen Diktators Pinochets ins Gedächtnis zu rufen, in deren Zuge radikale Angriffe auf die sozialen Rechte der Arbeiter durchgesetzt wurden.

Wolle man historische Analogien zu dem Ausmaß der sozialen Angriffe in Griechenland aufzeigen, müsse man auf solch autoritäre Regimes wie jenes Pinochets oder Heinrich Brünings in Deutschland zurückgreifen.

Steuererhöhungen, die Einführung der Besteuerung von Niedrigverdienern, die Senkung von Löhnen, Mindestlöhnen und Renten, Massenentlassungen im öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft hätten zu Reallohnverlusten von bis zu zwei Dritteln geführt. „Die Arbeitslosigkeit liegt bei zwanzig, im Jugendbereich bei fünfzig Prozent.“

Trotzdem gehen die Angriffe von EU und IWF auf die griechischen Arbeiter weiter. „Bis 2015 sollen zusätzliche 150.000 Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen werden. Immer neue Sparmaßnahmen treiben Griechenland immer tiefer in die Rezession und die Bevölkerung zunehmend in Armut und Verzweiflung“.

Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg sind Hunger und Obdachlosigkeit wieder ein Thema. Für Schulbücher fehlt wegen der Sparmaßnahmen das Geld, die Einsparungen im Gesundheitswesen verhindern, dass Kinder geimpft werden.

Trotz dieser verheerenden Auswirkungen ist die superreiche Elite im Land mit keinem Euro zusätzlicher Steuern zur Kasse gebeten worden. Im Gegenteil: Die Senkung der Unternehmenssteuer beschert Investoren heute höhere Renditen als vor der Krise. Die Superreichen bedanken sich dafür auf ihre Weise: Sie schaffen ihre angehäuften Reichtümer ins Ausland. Griechische Millionäre haben inzwischen geschätzte 450 bis 600 Milliarden Euro über die Grenzen gebracht.

Hätte man diese winzige Gruppe von Menschen nur mit einer fünfzigprozentigen Vermögenssteuer belegt, so Dreier, hätte man im Jahre 2009 sämtliche Staatsschulden Griechenlands begleichen können. Doch die Herrschaft des Kapitals kennt weder Mitleid, noch Kompromisse. Sie setzt ihre Interessen mit aller Macht durch, notfalls auch unter Abschaffung demokratischer Rechte und durch die Errichtung einer Diktatur – wie in Chile 1973.

Dreier schilderte extrem brutale Polizeieinsätze auf dem Athener Syntagma-Platz und erinnerte daran, dass die Regierung Papademos, die derzeit an der Macht ist, nicht vom Volk gewählt wurde. Der ehemalige Vizepräsident der EZB wurde von EU und IWF eingesetzt, nachdem sein Amtsvorgänger Papandreou aus wahltaktischen Gründen ein Referendum über die Sparpakete der EU durchführen wollte.

Die Diktatur von EU, EZB und IWF hat Griechenland in eine Katastrophe geführt. „Die Interessen der Herrschenden sind nicht mehr mit den Interessen der Bevölkerung vereinbar“, zitierte Dreier das Kommunistische Manifest und schlussfolgerte: „Es gibt keinen Zweifel daran, dass Griechenland objektiv auf eine revolutionäre Situation zutreibt.“

Dabei handele es sich in Griechenland nur um den Auftakt zu viel umfassenderen Kürzungen. Spanien, Portugal, Irland und Italien sind bereits in ähnlicher Lage, und auch die Arbeiter in Frankreich und Deutschland bleiben von einschneidenden Maßnahmen nicht verschont. Vor allem die Agenda 2010 von Grünen und SPD habe zur Ausweitung der Leiharbeit, zur Einführung von Werkverträgen und zum massiven Anstieg prekärer Beschäftigungsverhältnisse geführt. Nun rollt eine neue Welle von Massenentlassungen an.

Gegen diese Politik entwickelt sich in ganz Europa der Widerstand. Dass dieser bisher nicht erfolgreich gewesen sei, hänge vor allem mit der Rolle der Gewerkschaften zusammen. „Es ist vor allem ihnen zu verdanken, dass der Widerstand der Arbeiter bisher ins Leere gelaufen ist.“

In Griechenland zum Beispiel habe es zwei Dutzend eintägige Generalstreiks gegeben, mit denen nichts erreicht wurde. „Mit Hilfe dieser rein symbolischen Streiks haben die Gewerkschaften nur Dampf abgelassen, aber sind den sozialen Angriffen nie wirklich entgegengetreten.“ Sobald Arbeiter in ernsthafte Streiks gegangen seien, hätten die Gewerkschaften alles daran gesetzt, sie zu stoppen und ihren Kampf zu sabotieren.

Unterstützt werden die Gewerkschaften dabei durch das linke bürgerliche Lager und pseudosozialistische Gruppierungen. Sie schüren Illusionen in den Kapitalismus und die Europäische Union und halten die Arbeiter davon ab, sich unabhängig und mit einer klaren Perspektive gegen ein System aufzulehnen, das ihnen keine Zukunft mehr bieten kann.

„Wenn Arbeiter erfolgreich sein wollen, müssen sie mit diesen Organisationen brechen und sich politisch unabhängig in Aktionskomitees organisieren. Ihr Ziel muss es sein, die herrschende Elite durch die demokratische Kontrolle der Arbeiter zu ersetzen. Entwickeln die Arbeiter keine derartige revolutionäre Perspektive, dann ist eine Katastrophe unvermeidlich“, schloss Dreier und kam noch einmal auf den Ausgangspunkt seines Vortrags zurück: „Was passiert, wenn die Arbeiter bürgerlichen Kräften untergeordnet bleiben, hat Chile 1973 gezeigt. Die Herrschenden setzen eher auf Diktatur, als dass sie auch nur ein einziges Privileg aufgeben.“

In der anschließenden lebhaften Diskussion ging es unter anderem um die Rolle der Gewerkschaften. Ein Zuhörer meinte, dass man keine Pauschalurteile fällen und bei aller Kritik nicht vergessen dürfe, dass es sich bei ihnen um Arbeiterorganisationen handle. Die Antwort war klar und deutlich: Allein die soziale Zusammensetzung einer Organisation sagt noch nichts über ihren politischen Charakter aus, ansonsten müssten auch ADAC und katholische Kirche als Arbeiterorganisationen gelten.

Vor allem aber erfüllten die Gewerkschaften seit der Beendigung der „Sozialpartnerschaft“ eine klare politische Funktion: Sie sollen den Widerstand der Arbeiter kanalisieren, ihre Kampfkraft schwächen und sich notfalls sogar aktiv gegen sie wenden. Jüngstes Beispiel sei das beschämende Verhalten der Gewerkschaft ver.di beim Streik der Vorfeldarbeiter auf dem Frankfurter Flughafen. Statt die Kollegen zu unterstützen, stellte sich ver.di auf die Seite der Fraport und betätigte sich als Streikbrecher-Organisation.

Erhellend waren in diesem Zusammenhang auch Informationen über die Finanzierung der französischen Gewerkschaften, in denen nur noch acht Prozent aller Arbeiter organisiert sind: Neunzig Prozent ihrer Einnahmen in Höhe von vier Milliarden Euro erhalten sie vom Staat und von Unternehmen. Die Mitgliedsbeiträge machen nur noch drei bis vier Prozent aus – ein deutlicher Beleg dafür, in wessen Auftrag diese Organisationen und ihre korrupten Führungen handeln.

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