US-Regierung will Pakistan Gaspipeline aus Iran verbieten

Trotz des wachsenden Drucks und der Drohungen der Obama-Regierung besteht die pakistanische Regierung in Islamabad weiterhin darauf, das lange aufgeschobene Projekt zum Bau einer Pipeline für den Erdgas-Import aus dem Iran abzuschließen.

Am Montag teilte Pakistans Außenministerin Hina Rabbani Khar mit, dass Islamabad alle zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen müsse, um das Land vor der chronischen und immer schlimmeren Energiekrise zu bewahren. Sie wies die Drohung von US-Außenministerin Hillary Clinton mit Repressalien zurück, falls Islamabad das Pipeline-Projekt nicht aufgebe. Khar warnte gleichzeitig vor einem militärischen Angriff auf Pakistans östlichen Nachbarn Iran: Ein solcher könnte "katastrophale Folgen" für die gesamte Region haben.

Vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses sagte Clinton am 29. Februar, falls Pakistan mit dem Pipeline-Projekt fortfahre, werde es ebenfalls von den Sanktionen gegen den Iran betroffen sein. Die US-Regierung nimmt sich das Recht heraus, Wirtschaftssanktionen gegen jedes ausländische (nicht-amerikanische) Unternehmen zu verhängen, das im iranischen Energiesektor mehr als zwanzig Millionen Dollar investiert. "Wir haben sehr deutlich auf die Konsequenzen des Baus dieser Pipeline hingewiesen", sagte Clinton. Sie unterstrich die Ernsthaftigkeit der Bedrohung durch die US-Sanktionen mit dem Hinweis auf den prekären Zustand der pakistanischen Wirtschaft. "[Dies] wäre besonders schädlich für Pakistan, weil seine Wirtschaft bereits ziemlich instabil ist", sagte Clinton. "Dieser zusätzliche Druck ... würde seine wirtschaftliche Situation weiter untergraben."

Clintons Drohung führte zu einer schnellen Reaktion aus Pakistan. Schon am nächsten Tag sagte Außenministerin Khar, dass die Projekte mit dem Iran im "nationalen Interesse" Pakistans lägen und unabhängig von irgendwelchem Druck von außen abgeschlossen würden. Premierminister Yousuf Raza Gilani reagierte ebenfalls auf die provokanten Aussagen Clintons und erklärte letzte Woche einem Fernsehsprecher: "Wir sind ein souveränes Land und wir werden alles tun, was im Interesse Pakistans liegt."

Sowohl Washington als auch Islamabad haben hart daran gearbeitet, die Beziehungen wieder zu verbessern. Zuvor hatte im November letzten Jahres ein NATO-Luftangriff auf einen pakistanischen Grenzposten Massenproteste provoziert, weil zwei Dutzend pakistanische Soldaten getötet wurden, und die Beziehungen in eine tiefe Krise gestürzt. Die Tatsache, dass Clinton solche Bemerkungen zu einem Zeitpunkt äußert, da die pakistanische Regierung und das Militär gerade dabei sind, die volle und offene Zusammenarbeit mit Washington im afghanischen Krieg gegen den Willen des pakistanischen Volkes wiederherzustellen, unterstreicht die Entschlossenheit des US-Imperialismus, die iranische Wirtschaft zu erdrosseln.

Seit dem vergangenen Jahr verstärkt die Obama-Regierung ihre Bemühungen, den Iran zu isolieren und zu destabilisieren. Sie will das Regime in Teheran durch ein dem westlichen Imperialismus geneigteres Regime ersetzen. Am Sonntag hatte Präsident Obama ausdrücklich eine Militäraktion gegen den Iran angedroht und dabei seine unbegründeten Behauptungen über die atomaren Ambitionen des Irans wiederholt. Er erklärte, er werde "nicht zögern“, gegen das ölreiche Land "Gewalt anzuwenden", um es daran zu hindern, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen.

Das 7,6 Milliarden Dollar teure iranisch-pakistanische Erdgas-Pipeline-Projekt wurde von den beiden Ländern im Juni 2010 nach mehr als zehn Jahre dauernden Verhandlungen unterzeichnet. Gemäß den Vereinbarungen in dem Vertrag verpflichtet sich der Iran bis Ende 2014 pro Tag 21,5 Millionen Kubikmeter Erdgas nach Pakistan zu exportieren, das dort dringend benötigt wird. Die Pipeline wird einen Durchmesser von 142 Zentimeter haben und vom iranischen South Pars Gasfeld ausgehend eine Strecke von fast 2.000 Kilometern überwinden.

Das Projekt wird in Teilabschnitten umgesetzt, wobei jedes Land selbst für den Bau der Pipeline auf seinem jeweiligen Staatsgebiet verantwortlich ist. Iran hat bereits einen 900 Kilometer langen Abschnitt der Pipeline von Assaluyeh nach Iranshahr fertig gestellt. Die restlichen 200 Kilometer bis zur iranisch-pakistanischen Grenze sind bereits im Bau und werden voraussichtlich in zwei Jahren abgeschlossen sein. Pakistan wird seinen Teil der Pipeline voraussichtlich bis Ende 2014 fertig stellen. Am Montag bestätigte die deutsche Firma ILF Consulting Engineering, dass sie einen Beratervertrag in Höhe von 250 Millionen Dollar für den pakistanischen Abschnitt der Pipeline abgeschlossen habe.

Pakistan muss bis spätestens 2014 beginnen, das Erdgas abzunehmen, sonst droht eine Strafe in Höhe von acht Millionen Dollar pro Tag wegen einer Staatsbürgschaft im Zusammenhang mit dem Pipeline-Projekt. Letzte Woche erklärte sich der Iran bereit 250 Millionen Dollar bereitzustellen, um Pakistan beim Bau seines Teils der Pipeline zu unterstützen, nachdem pakistanische Institute sich wegen der Anfang des Jahres gegen den Iran verhängten strengen US-Sanktionen geweigert hatten, Geld für das Projekt bereitzustellen,. Diese Sanktionen drohen Firmen, die Geschäfte mit dem Iran tätigen, von dem westlich dominierten weltweiten Finanzsystem auszuschließen. Bei der Erläuterung ihrer Weigerung, äußerte das sich im pakistanischen Staatsbesitz befindliche Öl- und Gasförder-Unternehmen "Oil and Gas Development Co Ltd" (OGDCL) seine Befürchtungen, dass die Finanzierung eines iranischen Projektes zum Abzug der ausländischer Aktionäre führen könnte.

Die Obama-Regierung drängt Pakistan, sich für eine Alternative Pipeline nach Turkmenistan, Afghanistan und Indien zu entscheiden, was Washingtons langjähriges strategisches Ziel der Umleitung der zentralasiatischen Öl- und Gasströme weg von Russland voranbringen würde. Aber der jahrzehntelangen Besetzung durch die USA und die Nato ist es nicht gelungen, Afghanistan zu befrieden, so dass der Bau einer solchen Pipeline unmöglich ist. Darüber hinaus beharrt Islamabad darauf, dass das importierte Erdgas aus dem Iran den günstigsten und für die Stromerzeugung am besten geeigneten Brennstoff bieten würde.

Die USA haben das iranisch-pakistanische Pipeline-Projekt bisher jahrzehntelang erfolgreich sabotiert. Anfänglich konzentrierte Washington seine Bemühungen darauf, Indien dazu zu bringen sich nicht daran zu beteiligen, was Teil der Bedingungen für die indisch-amerikanische Übereinkunft über die Nutzung ziviler Atomtechnik war, dem Herzstück der indisch-amerikanischen "globalen strategischen Partnerschaft."

Als die Pipeline zum ersten Mal zur Debatte stand, wurde sie als Grundlage des indisch-pakistanischen Friedensprozesses angepriesen, da sie beiden Ländern einen großen wirtschaftlichen Anreiz gegeben hätte, die Spannungen zu unterdrücken. Doch für Washington war die Sabotage der iranischen Wirtschaft ein viel wichtigeres geopolitisches Ziel.

Nachdem Indien sich im Jahr 2009 aus dem Pipeline-Projekt zurückgezogen hatte, bat Islamabad Peking sich anzuschließen. Der chinesische Teil der Pipeline sollte neben der Karakorum Autobahn gebaut werden, die Pakistans nördliche Region Gilgit Baltistan mit Westchina verbindet. Peking hat sich noch nicht entschieden, ob es an dem Pipeline-Projekt teilnehmen wird, aber eine solche Pipeline würde eine gute Möglichkeit bieten, die Menge an Energie zu verringern, die über die Straße von Malakka importiert wird, die wegen der überlegenen amerikanischen Seemacht anfällig ist.

Es besteht kein Zweifel, dass diese Aussicht die Entschlossenheit Washingtons, die pakistanisch-iranische Pipeline zu verhindern, noch verstärkt hat.

Pakistans Entschlossenheit, das Pipeline-Projekt weiterzuführen, ergibt sich aus seinem verzweifelten Bedarf an ausländischer Energie. Pakistan wurde in den letzten Jahren von einer Vertiefung der Energiekrise geplagt, die die Industrie lähmt und das Leben für die Massen immer unerträglicher macht.

Im vergangenen Monat zwangen ungeplante Stromausfälle, die bis zu zehn Stunden dauerten, die Unternehmen in weiten Teilen des Landes den Betrieb einzustellen. Die häufigen Stromausfälle haben Fabrikbesitzer in Karachi und anderen industriellen Zentren gezwungen, die Produktion anzuhalten und Hunderttausende von Arbeitern in Kurzarbeit zu schicken. Stromausfälle haben im vergangenen Jahr in allen Provinzen spontane Proteste provoziert, auf die die pakistanische Polizei wiederholt mit tödlicher Gewalt reagiert hat.

Die wirtschaftlichen Argumente für die Pipeline sind unangreifbar, aber die pakistanische Elite gerät wieder einmal unter intensiven Druck der USA, ihre lebenswichtigen Interessen dem amerikanischen Imperialismus und dessen aggressiver Agenda in Zentralasien und dem Nahen Osten zu opfern. Im vergangenen Jahrzehnt hat Pakistan auf Geheiß Washingtons einen brutalen Unterdrückungskrieg gegen die mit den Taliban verbündeten Aufständischen geführt. Während der Krieg verheerende Auswirkungen auf das Leben der einfachen Pakistaner gehabt hat, haben die USA unerbittlich Druck auf Pakistan ausgeübt, mehr von der Last des neuen kolonialen Kriegs in Afghanistan zu übernehmen.

Clintons Bemerkungen über die Verwundbarkeit der pakistanischen Wirtschaft werden in Islamabad nicht auf die leichte Schulter genommen. Die USA haben wiederholt ihre Bereitschaft demonstriert, Pakistans verschlechterte wirtschaftliche Situation auszunutzen, um es hinter Washingtons Agenda zu zwingen. Zum Beispiel haben sie sich geweigert, Pakistan bei der Sicherung eines neuen Kredits vom IWF zu unterstützen, und die Flut-Hilfe auf ein Almosen zu beschränken. Zweistellige Inflationsraten, steigende Arbeitslosigkeit und krasse soziale Ungleichheit haben wiederholt zu Warnungen pakistanischer Politiker und Zeitungskommentatoren vor drohenden sozialen Unruhen geführt.

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