Streiks und Proteste in Griechenland

Am Dienstag begann in Griechenland ein 48-stündiger Generalstreik gegen die Kürzungspläne der Regierung, die heute im Parlament verabschiedet werden sollen. Schon seit Tagen nehmen die Proteste zu. Die Arbeiter setzen sich in wachsendem Maße gegen ihre blanke Verelendung zur Wehr. Der Streik ist der vierte Massenprotest innerhalb von sechs Wochen.

Am Dienstag kam das öffentliche Leben in Athen und anderen griechischen Städten zum Erliegen. Der öffentliche Nahverkehr war fast vollständig lahmgelegt. Banken und Postfialen hatten ebenso geschlossen wie Ämter und viele Museen. Am Mittag versammelten sich Polizeiangaben zufolge etwa 40.000 Menschen auf dem Syntagma-Platz vor dem griechischen Parlament, um ihrer Wut über die erneuten Einsparungen Ausdruck zu verleihen.

„Die sollen zur Hölle und weiter fahren“, sagte der 65-jährige Rentner Anais Metaxopoulou der Nachrichtenagentur Reuters. „Die sollten mich mal fragen, wie ich mich fühle, wenn ich zur Kirche gehen muss, um nach Essen zu fragen. Ich könnte keiner Fliege etwas zuleide tun, aber ich wäre froh, einen von denen zu enthaupten.“

Das Parlament hat bereits letzte Woche zusätzliche Privatisierungen beschlossen, die zu Lohnsenkung und Entlassungen führen werden. Heute soll nun das nächste Sparpaket verabschiedet werden, das weitere Lohn- und Rentenkürzungen, die Reduzierung des Kindergeldes sowie Massenentlassungen im öffentlichen Dienst vorsieht. 13,5 Milliarden Euro sollen auf diese Weise eingespart und den Banken zur Verfügung gestellt werden.

Insgesamt sollen 150.000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst und in staatlichen Betrieben vernichtet werden. Die Löhne in Staatsbetrieben wie den Elektrizitätswerken sollen um bis zu 30 Prozent sinken. Die Regierung will zudem das Weihnachtsgeld für Rentner und öffentlich Beschäftigte streichen, sowie die Renten um fünf bis 15 Prozent kürzen, was zu geschätzten Einbußen von durchschnittlich 2.000 Euro pro Jahr und Rentner führen wird. Das Renteneintrittsalter soll von 65 auf 67 Jahre steigen.

„Es sollte denen mal jemand sagen, dass nichts übrig geblieben ist, was sie noch kürzen können“, zitiert Reuters Vassilis Dimosthenous, einen 50-jährigen Bauarbeiter, der seit zehn Monaten arbeitslos ist. „Sie machen unserer tägliches Leben unerträglich. Wenn ich zehn Jahr jünger wäre, würde ich diesen Ort verlassen.“

Dimosthenous bezieht sich darauf, dass die griechischen Löhne in den letzten zwei Jahren bereits um bis zu 60 Prozent gesenkt und die Massensteuern erhöht worden sind. Zudem ist die Arbeitslosigkeit über 25 Prozent gestiegen. Die Staatsverschuldung ist trotz dieser Einschnitte weiter gewachsen, weil jeder Cent den Banken und Spekulanten zugute kommt.

Die Arbeiter der Verkehrsbetriebe hatten schon letzte Woche gegen die erneuten Kürzungen protestiert und gestreikt. Am Montag schlossen sich die Mitarbeiter der Krankenhäuser an, denen mit dem neuen Sparpaket der Abbau jeder zehnten Stelle sowie Kürzungen von 1,5 Milliarden Euro drohen. Außerdem sind sie wegen fehlenden Medikamenten und heruntergekommener Infrastruktur kaum mehr in der Lage, ihre Arbeit auszuführen und kranken Menschen zu helfen. In den Kliniken werden bis Mittwoch nur noch Notfallbehandlungen durchgeführt.

Zudem haben auch Taxifahrer, Elektrizitätsarbeiter und Journalisten bereits am Montag gestreikt. Letzteren droht der Verlust ihrer Sozialversicherung, da die Regierung plant, ihren gesonderten Träger in die größte und völlig bankrotte Versicherung EOPYY zu integrieren. Diese ist seit Wochen zahlungsunfähig, die Versicherten müssen Medikamente oder Arztbesuche erst einmal aus eigener Tasche bezahlen.

Die beiden großen Gewerkschaftsverbände GSEE und ADEDY haben zu einem zweitägigen Streik statt wie sonst üblich zu einem 24-stündigen aufgerufen. Das geht direkt auf die Kampfbereitschaft der Arbeiter zurück. Die Bürokraten glauben, dass sie nur so die Kontrolle über die Proteste aufrechterhalten können.

Derartige Proteste, die Griechenland seit Beginn der Sparmaßnahmen zu Dutzenden gesehen hat, dienen ausschließlich dazu, Dampf abzulassen und eine ernsthafte Bewegung der Arbeiter gegen die Regierung und die EU zu verhindern. Die Aktionen werden von den Gewerkschaften so angelegt, dass sie möglichst wenig Schaden anrichten und politisch ins Nichts führen.

Die Streiks werden nicht nur zeitlich klar befristet, so dass sich Staat und Unternehmen darauf einstellen können, sie lassen auch alle wesentlichen Bereiche aus. So wurde der Flughafen am Dienstag nur für drei Stunden bestreikt, um den Flugverkehr nicht ernsthaft zu behindern. Am Dienstag wurde der öffentliche Nahverkehr so bestreikt, dass Arbeiter nicht zu den zentralen Demonstrationen gelangen konnten.

Die größte Oppositionspartei, die Koalition der Alternativen Linken (SYRIZA), hat ebenfalls zu den Demonstrationen aufgerufen. Sie hat in den letzten Wochen deutlich gemacht, dass sie jede ernsthafte Initiative ablehnt, die die Kürzungen stoppen könnte.

Sie hat nicht nur ihre Bereitschaft wiederholt, das Diktat der Europäischen Union zu akzeptieren und die Kürzungen lediglich neu zu verhandeln, sondern der Regierung auch versichert, dass die Abgeordneten von SYRIZA nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen werden, das Parlament durch Rücktritt aufzulösen und so Neuwahlen zu erzwingen.

Die griechischen Arbeiter können die massiven Angriffe der Regierung und der EU nur zurückschlagen, wenn sie sich von diesen Organisationen befreien und sich einer sozialistischen Perspektive zuwenden, die alle europäischen Arbeiter im Kampf gegen die soziale Konterrevolution der EU vereint.

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