Obama könnte Zwangskürzungen dauerhaft beibehalten

„Sequester“: US-Arbeiter sollen noch härter sparen

Die umfassenden Sozialkürzungen, die US-Präsident Barack Obama im Rahmen der sogenannten „Sequestrierung“ oder des „Sequesters“ (Zwangskürzung) am Freitag verordnete, könnten auf Dauer beibehalten werden. Dies deuteten Obama und mehrere Abgeordnete der Demokraten und der Republikaner am letzten Wochenende an.

Die beispiellosen Kürzungen betreffen unter anderem die Arbeitslosenhilfe, das Bildungswesen, Studentendarlehen, Lebensmittelzuschläge für Mutter und Kind, die Lebensmittel-, Medikamenten- und Wasserkontrolle, den Flugverkehr, die Forschung und die Infrastruktur. Von der so geschaffenen Zwangssituation aus werden dann die Verhandlungen um den Haushalt 2014 geführt werden. Bei diesen Gesprächen werden im Wesentlichen die großen Sozialprogramme auf den Prüfstand gestellt werden, die noch in den 1930ern und 1960ern eingeführt worden waren: Medicare, Medicaid und Social Security.

Obama und die Parteiführung der Demokraten stellten klar, dass sie in den Gesprächen über die Verlängerung der Finanzierung der Bundesregierung, die am 27 März ausläuft, gar nicht versuchen wollen, die Zwangskürzungen durch einen Kompromiss mit den Republikanern zu verhindern.

Ein solcher Kompromiss hätte gewisse, wenn auch alibihafte Steuererhöhungen für Reiche und gezielte Ausgabenkürzungen umfasst. Stattdessen werden sie wohl ein Angebot der Republikaner annehmen, die Finanzmittel auf der Grundlage der Zwangskürzungen, d.h. minus 85 Mrd. Dollar bis zum Ende des aktuellen Haushaltsjahres am 30. September zu verlängern.

Die New York Times schrieb am Sonntag, diese Entscheidung werde es „vermutlich ermöglichen, die umfassenden Ausgabenkürzungen für Monate und sogar Jahre beizubehalten“.

Im gleichen Artikel deutete die Times an, dass beide Parteien sich bereits darauf geeinigt hätten, die Kürzungen beim Militärhaushalt in Höhe von 46 Milliarden Dollar, die ebenfalls Teil der Zwangskürzungen sind, im Gesetzentwurf zu verwässern. Wie die Zeitung schrieb, wird das Repräsentantenhaus, das von den Republikanern beherrscht ist, das Gesetz am Montag annehmen, jedoch „mit der detaillierten Anweisung versehen, dass einige Sparvorgaben für das Militär zu lockern sind“. Weiter heißt es in dem Artikel, Abgeordnete beider Parteien hätten angedeutet, „dass sie eine schnelle Einigung mit dem Senat [in dem die Demokraten die Mehrheit haben] erwarten“.

Die Zwangskürzungen werden sich rasch verheerend auf große Teile der Arbeiterklasse auswirken, und diese Auswirkungen werden von Woche zu Woche schlimmer werden. Eine der ersten Auswirkungen werden brutale Kürzungen der staatlichen Unterstützung für Langzeitarbeitslose sein. Diesen Monat werden die wöchentlichen Leistungen für 3,8 Millionen Amerikaner, die seit mehr als sechs Monaten arbeitslos sind, um fast elf Prozent oder 32 Dollar gekürzt werden. Derzeit beträgt sie nur 292 Dollar.

Die staatlichen Zahlungen an die Bundesstaaten werden schnell gesenkt werden, was einen Dominoeffekt zur Folge haben wird, d.h. Bundesstaaten und Kommunen werden ihre Leistungen einschränken und Arbeitsplätze abbauen. Am Freitag begannen Vertreter der Regierung, Briefe an die Gouverneure der Bundesstaaten zu schicken, in denen sie die Ausgabenkürzungen detailliert erklären. Zu den am stärksten betroffenen Regionen wird Washington DC gehören. Die Wirtschaft der Metropolregion um die Hauptstadt hängt zu 39 Prozent von den Staatsausgaben ab, und sie hat bereits eine der höchsten Armutsraten des Landes.

Der Haushalt des staatlichen Ernährungsprogramms für Frauen, Säuglinge und Kinder (WIC) wird um 340 Millionen Dollar gekürzt. Damit verlieren etwa 600.000 Frauen und Kinder aus einkommensschwachen Familien diese Unterstützung.

Bis zum 30. September werden die Haushalte aller zivilen staatlichen Behörden, die nicht explizit davon ausgenommen sind, um neun Prozent gekürzt. Die staatliche Luftfahrtbehörde erklärte, sie werde tausende von Fluglotsen in unbezahlten Urlaub schicken und dutzende von Kontrolltürmen schließen müssen. Das Zentrum für Gesundheitskontrolle und Prävention wird 289 Millionen Dollar verlieren. Hunderte von zivilen Mitarbeitern des Verteidigungsministeriums werden bis zu zweiundzwanzig unbezahlte Urlaubstage haben. Fleisch- und Geflügelinspektoren werden beurlaubt werden, sodass Lebensmittelbetriebe geschlossen und die Verbraucherpreise steigen werden.

Obama und die Demokraten werfen sich zynisch in die Pose von Gegnern der Zwangskürzungen; gleichzeitig verhandeln sie mit den Republikanern darüber, sie beizubehalten. Diese Scharade erreichte den Gipfel der Absurdität, als Obama am Freitag auf einer Pressekonferenz auftrat und am Samstag eine Rede an die Nation hielt.

In dieser Rede gab er zu, dass die Kürzungen gewaltige Auswirkungen haben werden. Dabei konzentrierte er sich auf das Militär und auf Unternehmen und Kommunen, die vom Militär abhängig sind. „Unternehmen, die mit dem Militär zusammenarbeiten, werden Leute entlassen müssen“, erklärte er und fügte hinzu: „Hunderttausende von Amerikanern, die ihrem Land dienen, müssen sich auf Lohnsenkungen und kürzere Arbeitszeiten einstellen.“

Er erklärte, Ökonomen sagten voraus, dass die Zwangskürzungen insgesamt mehr als 750.000 Arbeitsplätze kosten und das Wirtschaftswachstum um über 0,5 Prozent absenken würden.

Dann versuchte er, die Republikaner als Alleinschuldige hinzustellen: Sie hätten seine Steuererhöhungen für Reiche, die sowieso nur Augenwischerei waren, abgelehnt. Er deutete außerdem an, dass die Kürzungen für unbestimmte Zeit beibehalten würden, und wiederholte seine früheren Vorschläge für beispiellose Kürzungen bei Medicare und Social Security, die er, wie üblich, als „Sozialreform“ bezeichnete.

Die offiziellen Medien stellen die Zwangskürzungen als Folge von unüberbrückbaren Streitigkeiten und tiefen Meinungsunterschieden zwischen Demokraten und Republikanern dar. Aber das ist falsch. Der drakonische Sparkurs ist ein Angriff beider Parteien unter Führung der Obama-Regierung auf die Arbeiterklasse. Die Zwangskürzungen gehen auf einen Vorschlag des Weißen Hauses zurück, den es im Jahr 2011 im Rahmen seines Kompromisses mit den Republikanern über die Schuldenobergrenze gemacht hatte. Schon damals waren auch Kürzungen in Höhe von anderthalb Billionen Dollar im Gespräch.

Zu den 1,2 Billionen Dollar aus den Zwangskürzungen kommen noch die 1,5 Billionen Dollar hinzu, die schon 2011 vereinbart wurden. Die massive Ausgabensenkung in den nächsten zehn Jahren, zu der sich die Regierung jetzt verpflichtet hat, entspricht einem Vorschlag, den Obama schon bei seinem ersten Haushalt im Jahr 2009 machte. Damals plante er bereits, den Anteil der Staatsausgaben an der Wirtschaftsleistung bis zum Jahr 2019 weit unter den Stand zu drücken, den dieser im letzten Jahr der Bush-Regierung hatte.

Obama und beide Parteien des Großkapitals wollen die Zwangskürzungen umsetzen, weil sie sie für die effektivste Art und Weise halten, die Sozialausgaben zu kürzen und gleichzeitig Krisenstimmung zu schüren, um den Widerstand der arbeitenden Bevölkerung gegen die Angriffe auf Medicare und Social Security in Schach zu halten.

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