Wie die Linkspartei versucht ihre Spuren im Syrienkrieg zu verwischen

In einer Situation, in der die US-Regierung und ihre europäischen Verbündeten einen Militärschlag gegen Syrien vorbereiten, unternimmt die Linkspartei den zynischen Versuch, sich als Kriegsgegnerin darzustellen. Sie verfolgt das Ziel, ihre eigene Unterstützung für die imperialistische Offensive gegen Syrien zu verschleiern und so die massive Antikriegsstimmung in der Bevölkerung aufzufangen und zu kanalisieren.

Auf der Titelseite der linksparteinahen Tageszeitung Junge Welt prangte am Mittwoch in roten Lettern: „Krieg gegen Syrien: Wir sagen Nein!“ Der außenpolitische Sprecher der Linkspartei, Wolfgang Gehrcke, veröffentlichte ein Statement, das die Bundesregierung auffordert, einer Intervention in Syrien „klipp und klar“ entgegenzutreten. Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, behauptet in einem Videostatement: „Wir sind absolut gegen einen Militäreinsatz des Westens in Syrien.“

Während die Medien den Versuch der Linkspartei unterstützen, sich als „Antikriegspartei“ zu geben, machen eine sorgfältige Analyse ihrer Erklärungen und ihrer Rolle im Syrienkrieg deutlich, dass sie in Wirklichkeit elementarer Bestandteil der imperialistischen Offensive gegen Syrien ist. Die Linkspartei vertritt keine grundlegend andere Standpunkte als alle anderen bürgerlichen Parteien und unterstützt wie diese seit langem das Ziel, die syrische Regierung von Präsident Bashar Al-Assad zu stürzen und durch ein pro-westliches Marionettenregime zu ersetzen.

Christine Buchholz, die für die Linkspartei im Verteidigungsausschuss des Bundestags sitzt, formulierte am deutlichsten, dass die jüngste rhetorische Kritik der Linkspartei an einem Militärschlag nichts mit einer grundsätzlichen Opposition gegen den imperialistischen Krieg zu tun hat, sondern vielmehr mit dem zentralen Kriegsziel, dem Sturz des Assad-Regimes, übereinstimmt.

In einer Erklärung, die am Mittwoch auf der Website der Linkspartei veröffentlicht wurde, beklagt Buchholz, dass „das Assad-Regime aus einem solchen militärischen Angriff politisch noch gestärkt hervorgehen“ könnte, und fügt hinzu: „Ein US-geführter Angriff von außen würde es dem Regime erleichtern, solchen zivilen Widerstand, den es weiterhin gibt, als Teil der äußeren Aggression zu verunglimpfen und noch wirksamer zu unterdrücken.“

Andere führende Linksparteipolitiker warnen vor „einem Flächenbrand“ in der Region und betonen die Notwendigkeit einer „politischen Lösung“. Gleichzeitig stimmen sie in die Medien-Propaganda ein, die der Vorbereitung eines Militärschlags unter dem Deckmantel einer „humanitären Intervention“ dient.

So erklärte der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Gregor Gysi: „Wenn es dort einen Chemiewaffeneinsatz gegeben hat, ist der scharf zu verurteilen, und die Verantwortlichen müssen in Den Haag vor Gericht gestellt werden.“ Desweiteren müssten „alle atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen ... verboten und zerstört werden.“

Die Parteivorsitzende Katja Kipping ergänzte in einer Videobotschaft: „Millionen Menschen in Syrien fliehen vor dem blutigen Bürgerkrieg... Diesen Menschen muss geholfen werden. Was ihnen helfen kann, ist ein sofortiges striktes Waffenembargo, das heißt, Medizin und Lebensmittel können und sollen die Grenze passieren, aber keine einzige Waffe darf mehr über die Grenze nach Syrien gelangen, und es braucht eine Unterstützung der Flüchtlinge.“

Der Ruf nach einem Sturz Assads und einer „humanitären Intervention“ zu einem Zeitpunkt, an dem Washington, Paris, London und Berlin einen Militärschlag vorbereiten, unterstreicht die Rolle der Linkspartei als Partei des deutschen Imperialismus. Gerade der Syrienkrieg zeigt, dass die Linkspartei in enger Zusammenarbeit mit allen anderen Parteien bereit ist, mit kriegerischen Mitteln die wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen Deutschlands zu verteidigen.

Die Aussagen der Linkspartei unterscheiden sich kaum von den Statements der deutschen Bundesregierung und von führenden Politikern der SPD und den Grünen, die ebenfalls unter dem Deckmantel einer „politischen Lösung“ den Syrienkrieg unterstützen.

Anfang der Woche hatte die Bundesregierung betont, dass der vorgebliche Giftgaseinsatz in Syrien „nicht folgenlos bleiben“ dürfe. Außenminister Guido Westerwelle erklärte, dass Deutschland zu denjenigen gehöre, „die Konsequenzen für richtig halten“, falls sich der Einsatz bestätigen sollte. Am Mittwoch ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel durch ihren Sprecher erklären, dass sich der Bürgerkrieg in Syrien nur durch eine „umfassende politische Lösung“ beenden ließe.

Alle Verweise auf eine „politische Lösung“, die von Linkspartei und Bundesregierung gleichermaßen bemüht werden, sind reine Augenwischerei. Alle Parteien des deutschen Imperialismus sind tief in die Kriegsoffensive gegen Syrien verstrickt und politisch und moralisch verantwortlich für die Zerstörung des Landes und das Leid von Millionen von Menschen. Die Bundesregierung hat bereits Ende vergangenen Jahres mit Unterstützung der SPD und der Grünen Patriot-Luftabwehrsysteme in der Türkei stationiert. Die deutsche Marine patrouilliert mit einem Spionageschiff vor der syrischen Küste und unterstützt die pro-westlichen Rebellen mit Funkdaten. Im Falle eines Militärschlags wird sie die Daten über mögliche Angriffsziele liefern.

Die Linkspartei versucht nun ihre Spuren zu verwischen, aber vor allem sie spielt bei der Organisation und Durchführung der imperialistischen Offensive gegen Syrien eine zentrale Rolle arbeitet dabei eng mit den anderen Kriegsparteien zusammen. Sie hat bereits im letzten Dezember mit führenden Vertretern der Regierung Merkel und von SPD und den Grünen einen Aufruf unter dem Titel „Syrien: Freiheit braucht Beistand“ unterzeichnet, der zur Intervention in Syrien aufruft. (siehe: Die Linkspartei mobilisiert für den Krieg gegen Syrien). Unter den Erstunterzeichnern des Aufrufs befanden sich neben Kipping der Stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Jan Van Aken, die Generalsekretärin der SPD, Andrea Nahles, die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth, und der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU).

Den wirklichen Charakter der Linkspartei als Kriegspartei im Syrienkonflikt unterstreicht vor allem ihre Zusammenarbeit mit der pro-westlichen syrischen Opposition. Die Linkspartei fungiert als verlängerter Arm des deutschen Außenministeriums und nutzt ihre engen Kontakte zur syrischen Opposition, um sie für die Interessen des deutschen Imperialismus fruchtbar zu machen. Sie hat in den letzten Monaten immer wieder Konferenzen und Podiumsdiskussionen abgehalten auf der sie unter dem Deckmantel einer „Friedensinitiative“ und „politischen Lösung“ für Syrien Elementen in der syrischen Opposition eine Plattform gab, die offen eine Bewaffnung der syrischen Rebellen unterstützen und für eine Militärintervention eintreten.

Die Teile der syrischen Opposition, mit denen die Linkspartei am engsten zusammenarbeitet, stellen mittlerweile die Führung in der Nationalen Syrischen Koalition (NSK), die von den imperialistischen Mächten und ihren regionalen Verbindungen als „legitime Vertretung Syriens“ bezeichnet wird. Anfang Juli gab es einen Führungswechsel in der Koalition, die nun von Ahmed Jarba geführt wird. Jarba gehört zu der von Michel Kilo angeführten Oppositionsgruppe „Michel Kilo's Mass“ (zuvor Syrisches Demokratisches Forum), die Ende Mai in die NSK eintrat. Kilo ist eine gewendeter Stalinist und syrischer „Dissident“, der von der Linkspartei in den letzten beiden Jahren systematisch aufgebaut und unterstützt wurde.

Kilo sprach im letzten Jahr mehrfach auf Treffen der Linkspartei, unter anderem auf einer Veranstaltung der linksparteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung unter dem Titel „Ein anderes Syrien ist möglich!“ und einer Tagung unter dem Titel „Syrien: politische Lösung möglich?“. Die Linkspartei stellt Kilo auch ihre Publikationen zur Verfügung. Er kommt regelmäßig in den Parteizeitungen Neues Deutschland und Junge Welt zu Wort und steuerte einen eigenen Aufsatz zur jüngsten Buchveröffentlichung von Wolfgang Gehrcke zum Syrienkrieg bei.

Wer verstehen will, was sich hinter den Orwellschen Phrasen der Linkspartei von einer „politischen Lösung“ verbirgt, muss die Politik ihrer Verbündeten Kilo und Jarba studieren.

Am Donnerstag fordert Jarba in einem Interview mit französischen Tageszeitung Le Parisien einen schnellen Militärschlag und mehr Unterstützung für die Freie Syrische Armee. Er erklärte: „Das Assad-Regime hat die volle Unterstützung Russlands, der Hisbollah und des Iran und wir haben nichts. Unsere Verbündeten haben uns nicht das gegeben, was wir wollen. Wir brauchen wirkliche Unterstützung.“ Dann fügte er hinzu: „Wenn es eine Intervention gibt, wird das Regime nicht lange überleben. Es ist notwendig eine mutige Entscheidung zu treffen. Wir brauchen unsere Freunde. Sie sollten nicht nur Worte verlieren.“

Bereits Mitte Juli sprach Kilo in einem Interview mit Al-Jazeera, über seine „Zukunftsvision“ für Syrien. An erster Stelle stehe der Sturz derer, „die Syrien zerstört haben, das sind nur 150 Personen“. Dann komme die Phase in der es darum gehe, die Wurzeln der Tyrannei „aus den Herzen und Köpfen“ in Staat und Gesellschaft auszutreiben. Dies müsse durch eine nationale Einheitsbewegung in Kooperation mit dem Militär geschehen, da die Armee „der Grundpfeiler des Regimes“ sei. Nach mehreren Jahren – laut Kilo „drei, fünf, oder sieben“ – könne dann die Phase eines demokratischen Regimes beginnen.

Mit anderen Worten: Kilo plädiert dafür, die Spitzen des Regimes auszutauschen, das Militär und den Sicherheitsapparat aber intakt zu lassen, um eine neue Diktatur über die Bevölkerung zu errichten.

Um Assad zu stürzen spricht sich Kilo explizit dafür aus, eng mit islamistischen Terrorgruppen zusammenzuarbeiten, welche den weitaus größten Teil der Rebellen stellen und vor allem von Saudi-Arabien finanziert und unterstützt werden. Laut einem Bericht von France 24 erklärte Kilo bereits im Februar, dass Schluss damit sein müsse, „die Menschen zu missbrauchen, in dem man ihnen Angst vor Extremisten macht“. Er sagte: „Ich war in Syrien und habe dort Mitglieder von Jabhat al-Nusra und Liwaa Ahar Souria getroffen. Das sind Brigaden freier syrischer Männer, die von euch als Fundamentalisten bezeichnet werden. Ich bin Christ, sie haben mich mit offenen Armen empfangen mich umarmt und mir Auszeichnungen gegeben.“

Kilo's Verteidigung von Jabhat Al-Nusra, eine islamistische Terrorgruppe, die Al-Qaida angehört, wirft ein Schlaglicht auf den reaktionären Charakter der Linkspartei. Um die Ziele des deutschen Imperialismus zu verteidigen, ist sie bereit, mit Kräften zusammenzuarbeiten, welche die schrecklichsten Verbrechen an der syrischen Zivilbevölkerung unterstützen. Während die rechtsextremen Terrorkämpfer Kilo umarmen mögen – zumindest solange sie einen Nutzen darin sehen –, überziehen sie die Teile Syriens in denen sie aktiv sind, mit Terror und Massenexekutionen von Andersgläubigen und politischen Gegnern.

Kilo und Jarba personifizieren gewissermaßen das Ausmaß und den Zynismus der imperialistischen Vergewaltigung Syriens und entlarven den reaktionären Charakter der Linkspartei selbst. Entgegen der Lügen der imperialistischen Mächte und ihrer Handlanger geht es beim Krieg gegen Syrien nicht um einen Einsatz für Menschenrechte und Frieden. Es ist eine von langer Hand geplante imperialistische Intervention, die sich auf rechtsradikale Terrorkräfte stützt und zum Ziel hat, eine neue Diktatur zu etablieren, welche den Interessen des internationalen Finanzkapitals dient.

Die Bereitschaft von Leuten wie Kilo und Jarba, gleichzeitig mit blutrünstigen Terroristen und Teilen des Assad-Regimes zusammenzuarbeiten, wird vom Imperialismus geschätzt, da es seinen eigenen Plänen zur Errichtung eines neokolonialen Marionettenregimes entspricht. Das hochrangige NSK-Mitglied Adib Shishakly, ein syrischer Geschäftsmann mit engen Verbindungen in die USA und Saudi-Arabien, erklärte nach der Wahl Jarbas: „Ein Wechsel war notwendig. Die alte Führung der Koalition hatte versagt... Ahmad Jarba ist bereit, mit jedem zusammenzuarbeiten.“

Aus den gleichen Gründen, könnte man ergänzen, wird die Linkspartei vom deutschen Imperialismus geschätzt. Als Nachfolgerin der DDR-Staatspartei SED verfügt sie über beste Verbindungen zur nominell säkularen syrischen Opposition, die größtenteils aus gewendeten Stalinisten wie Kilo besteht, aber auch zum syrischen Regime selbst, in dem die beiden offiziellen Kommunistischen Parteien Syriens ein fester Bestandteil sind und Minister stellen. Wie ihre Verbündeten in Syrien ist sie bereit, „mit jedem zusammenzuarbeiten“, und, sollte man hinzufügen, „alles zu tun“, um die geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen des deutschen Imperialismus durchzusetzen.

Gegenwärtig versucht sie dies, indem sie sich betrügerischerweise als Antikriegspartei ausgibt. Die Linkspartei weiß, dass es keine größere Gefahr für den deutschen Imperialismus gibt, als eine unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse gegen Krieg und Kapitalismus auf der Grundlage eines internationalen sozialistischen Programms. Um den drohenden Krieg zu verhindern, müssen sich Arbeiter einer solchen Perspektive zuwenden. Dies bedeutet vor allem auch zu verstehen, dass sich hinter den Phrasen der Linkspartei in Wirklichkeit eine Politik verbirgt, die ihre Verbündeten in der syrischen Opposition offen aussprechen, nämlich Diktatur und Krieg.

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