Nach Verfassungsreferendum: Ägyptische Junta verstärkt Unterdrückung

Nachdem der Verfassungsentwurf der proamerikanischen ägyptischen Militärjunta in dem Referendum am 14. und 15. Januar angenommen wurde, versuchen sie und ihre politischen Unterstützer den Widerstand zu unterdrücken und die Diktatur wiederherzustellen, die in Ägypten bestand, bis vor drei Jahren der langjährige Diktator Hosni Mubarak durch Massenkämpfe der Arbeiterklasse gestürzt wurde.

Am letzten Freitag gingen Sicherheitskräfte gegen Proteste vor, zu denen die islamistische Muslimbruderschaft (MB) aufgerufen hatte, dabei kamen vier Menschen ums Leben, mindestens fünfzehn wurden verletzt. Laut einer Stellungnahme des ägyptischen Gesundheitsministeriums wurden am Samstag drei Demonstranten in der Hauptstadt Kairo getötet, ein weiterer in Fayum. Auch in Gizeh und Mina wurden Demonstranten verletzt.

Am Montag erklärte ein Sprecher der Universität von Kairo - mit 280.000 Studenten die größte Universität Ägyptens - die Universitätsleitung habe zugestimmt, der Polizei Zugang zum Campus zu geben. Im Lauf des Semesters hatte es ständig Proteste gegen das Militärregime gegeben, die oft von Studenten organisiert wurden, die der MB nahestehen. Viele Studenten waren bei Zusammenstößen mit der Polizei getötet worden, auch am letzten Donnerstag.

Verteidigungsminister und de facto-Diktator General Abdel Fattah al-Sisi drohte am Dienstag in einer Rede an der Polizeiakademie an, dass das Militär und die Polizei auf alle Versuche, die "Sicherheit und Stabilität" zu untergraben, mit Gewalt reagieren würden. Er lobte das Militär und die Polizei als "Schutzschild des Heimatlandes" und erklärte stolz: "Der sichere Ablauf des Referendums hat der Welt gezeigt, dass wir in der Lage sind, im eigenen Land für Sicherheit zu sorgen."

Das Referendum war die Farce eines demokratischen Prozesses. Es war der verzweifelte Versuch einer brutalen Junta, dem Militärputsch vom 3. Juli ein scheinlegales Mäntelchen umzuhängen. Sie hatte den Putsch angesichts massiver Proteste der Arbeiterklasse gegen den islamistischen Präsidenten Mohamed Mursi durchgeführt, um eine soziale Revolution zu verhindern und die Militärdiktatur in der Verfassung zu verankern.

Die neue Verfassung verteidigt die Macht und die Privilegien des Militärs, das seit dem Putsch der Freien Offiziere unter Gamal Abdel Nasser die bestimmende politische Kraft und der Grundpfeiler der kapitalistischen Herrschaft in Ägypten ist.

Sie erhebt das Militär zum Staat im Staate, macht es praktisch unabhängig von ziviler Kontrolle und stärkt seine Befugnisse, den Widerstand zu unterdrücken. Artikel 234 legt fest, dass der Oberste Militärrat (SCAF) den Verteidigungsminister ernennt, Artikel 203 legt fest, dass der Nationale Verteidigungsrat, der von der Militär- und Geheimdienstführung dominiert wird, über den Militärhaushalt und Fragen der nationalen Sicherheit entscheidet. Artikel 204 legt fest, dass Zivilisten auch weiterhin vor Militärgerichten angeklagt werden können

Die Abstimmung über dieses reaktionäre Dokument fand unter Bedingungen statt, in denen das Land praktisch unter Kriegsrecht stand. Soldaten und niedrig fliegende Apache-Kampfhubschrauber patrouillierten in Stadtgebieten, an den Wahllokalen waren Polizei und Soldaten stationiert. Das Dokument geht noch weit über die Verfassung von 1971 hinaus, die die Grundlage für Mubaraks Diktatur bildete, und auch über die Verfassung von 2012, die das Ergebnis des mittlerweile geplatzten Bündnisses zwischen dem Militär und der MB war.

Vor dem Referendum wurde ein Gesetz gegen Proteste verabschiedet, Gegner des Militärs und des Referendums wurden brutal verfolgt.

Innenminister Mohammed Ibrahim erklärte in einer Pressekonferenz kurz vor dem Referendum: "Jeden Freitag werden mindestens 500 bis 600 Menschen verhaftet." Er ging auf die Strategie des Regimes ein, die Unterdrückung zu verschärfen: "Am Anfang haben wir gewartet bis die Demonstration gewalttätig wurde, mittlerweile gehen wir schon gegen sie vor, wenn sie sich formiert. Wenn wir gegen sie vorgehen, gibt es immer einige, die weglaufen, aber wir verhaften alle, die wir erwischen

Laut offiziellen Zahlen des Innen- und Gesundheitsministeriums wurden alleine an den letzten drei Freitagen vor dem Referendum 703 Demonstranten von den Sicherheitskräften verhaftet, 27 wurden getötet. Laut dem Innenministerium wurden in den zwei Abstimmungstagen 444 Menschen verhaftet, darunter Mitglieder der MB, angeblich wegen "Unruhestiftung und Störung der Abstimmung." Im ganzen Land wurden elf Menschen von Sicherheitskräften getötet, darunter ein vierzehnjähriger im oberägyptischen Sohag.

In dieser Atmosphäre von Angst und Einschüchterung kündigte der Oberste Wahlausschuss am Samstag an, dass 98,1 Prozent der abgegebenen Stimmen für die Verfassung waren - ein Ergebnis, das an die manipulierten Wahlen unter Mubarak erinnert.

Selbst laut offiziellen Zahlen war die Wahlbeteiligung gering. Nach Angaben der SEC gaben nur etwa 20,1 Millionen der 53,5 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Das Referendum hatte mit 38,9 Prozent eine der niedrigsten Wahlbeteiligungen aller Abstimmungen in Ägypten seit Mubaraks Sturz. Bei dem Verfassungsreferendum im März 2011 und im Vorfeld der Präsidentschaftswahl im Juni 2012 lag die Beteiligung bei 41, bzw. 49 Prozent.

Das Bündnis gegen den Putsch, das von den Muslimbrüdern angeführt wird, veröffentlichte eine Stellungnahme, in der es dem Militärregime vorwarf, die Wahl in großem Stil manipuliert zu haben. Sie schrieben: "Die Wahlurnen befanden sich die ganze Nacht über in korrupten Händen und wurden illegal mit Millionen von gefälschten Stimmen gefüllt. Das ist eine alte Angewohnheit der Mubarak-Clique, bei der es keine Wahl ohne Fälschungen und Betrug gab."

Trotz seines betrügerischen Charakters wurde das Verfassungsreferendum von den imperialistischen Geldgebern der Junta in den USA und Europa gelobt. EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte in einer Stellungnahme vom Sonntag zynisch: "Ich möchte dem ägyptischen Volk und den verantwortlichen Behörden dafür gratulieren, die Abstimmung auf größtenteils geordnete Weise organisiert zu haben.

US-Außenminister John Kerry erklärte: "Ägyptens turbulente Experimente mit partizipativer Demokratie in den letzten drei Jahren haben uns daran erinnert, dass eine Demokratie nicht von einer Abstimmung entschieden wird, sondern von allen Schritten, die darauf folgen.

Eine Delegation des amerikanischen Kongresses, die sich am Sonntag mit al-Sisi traf, gratulierte ihm angeblich zu dem erfolgreichen Referendum. Oberst Ahmed Ali, ein Sprecher des ägyptischen Militärs, erklärte: "Die Mitglieder der Delegation betonten, sie seien erfreut, dem Kongress über die tatsächliche Lage in Ägypten berichten zu können und haben ihre Unterstützung für die Maßnahmen bekräftigt, die die ägyptische Regierung unternommen hat, um Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten."

Das sind Codewörter für die Verschärfung der repressiven Politik der Militärjunta kurz vor dem dritten Jahrestag der ägyptischen Revolution am 25. Januar.

Innenminister Ibrahim erklärte am Montag auf einer Zeremonie vor neuen Polizeikadetten in Neu-Kairo, alle Versuche, Recht und Ordnung zu stören, würden mit äußerster Gewalt bekämpft werden. Er erklärte weiter, er habe mit seinen Stellvertretern und mehreren Führungskräften des Sicherheitsapparates über Vorbereitungen für "öffentliche Feierlichkeiten zum 25. Januar" diskutiert. Das Innenministerium erklärte, Sicherheitskräfte würden ihre Patrouillen und Kontrollpunkte an wichtigen Orten verstärken, und dass die Sicherheitskräfte mit "schweren Waffen ausgerüstet sein werden, um alle Angriffe abzuwehren."

Der reaktionäre Charakter der Verfassung zeigt die reaktionäre Rolle, die die liberalen und "linken" politischen Organisationen des bessergestellten ägyptischen Kleinbürgertums spielen. Organisationen wie die Nationale Heilsfront (NSF), die Jugendbewegung des 6. April und die pseudolinken Revolutionären Sozialisten (RS) fürchten die Aussicht auf eine Revolution der Arbeiterklasse in Ägypten und haben daher die Tamarod-Koalition unterstützt, eine rechte Verschwörung, die die Massenproteste der Arbeiterklasse gegen Mursi und die MB vor den Karren des Militärs gespannt hat.

Die meisten Parteien, und Organisationen, die die Tamarod-Kampagne unterstützt haben, sind wichtige Bestandteile der Militärdiktatur geworden. Bei einem Treffen mit Ibrahim am Montag lobten die Führer von Tamarod angeblich die Polizei für "ihre Opfer zum Schutz des Vaterlandes." Ibrahim erklärte, er sei erfreut, sich mit Jugendbewegungen und angeblich "revolutionären" Kräften zu treffen und lobte sie als "die Hoffnung der Nation für die Zukunft."

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