Wirtschaftsrückgang - Wallstreetboom

Die amerikanische Zentralbank, die Federal Reserve, hat am Mittwoch ihre Prognose zum Wirtschaftswachstum in den USA und zum jährlichen längerfristigen Wachstum auf etwa zwei Prozent nach unten korrigiert. Das ist deutlich weniger als der Nachkriegsdurchschnitt von 3,3 Prozent. Diese Prognose bedeutet für die große Mehrheit der Bevölkerung keine Erleichterung. Seit sechs Jahren ist sie mit Arbeitslosigkeit, Kürzungen im Bildungs- und Gesundheitswesen und bei anderen wichtigen Sozialprogrammen konfrontiert.

Mit dieser Einschätzung gesteht die Fed ein, dass die wirtschaftliche Flaute und der Rückgang des Lebensstandards für die große Masse der Bevölkerung anhalten werden.

Die düstere Prognose lag auf der gleichen Linie mit Linie wie zwei andere Wirtschaftsberichte, die in den letzten Tagen veröffentlicht wurden. Letzte Woche korrigierte die Weltbank ihre globale Wachstumsprognose für 2014 von 3,2 Prozent auf 2,8 Prozent, für die USA von 2,8 auf 2,1 Prozent. Am Montag korrigierte der Internationale Währungsfonds seine Wachstumsprognose für die USA von 2,8 auf 2.0 Prozent.

Der IWF erklärte, die Arbeitslosigkeit in den USA würde frühestens 2017 wieder ein normales Niveau erreichen.

Die Wall Street reagierte mit Begeisterung und steigenden Kursen auf die Einschätzung der Fed, der Aktienindex Standard & Poor's 500 stieg auf einen neuen Rekordstand, der Dow Jones stieg um 98 Punkte. Die Gründe dafür sind leicht zu erraten.

Die Fed machte, im Einklang mit der Politik der Zentralbanken und Regierungen im Rest der Welt, deutlich, dass sie weiterhin für mindestens ein Jahr unbegrenzt und praktisch kostenlose Kredite in das Finanzsystem pumpen werde. Die Vorsitzende der Fed, Janet Yellen, gab sich auf einer Pressekonferenz zum Ende des zweitägigen Treffens der Zentralbank alle Mühe, den Bankern und Spekulanten zu versichern, dass der Leitzins der Fed weitere Monate bei -0,25 Prozent bleiben werde, und dass die niedrigen Zinssätze für unbeschränkte Zeit weiterbestehen würden.

Genau diese Politik – eine riesige Subventionierung der Finanzaristokratie aus öffentlichen Mitteln – hat es der Börse in den letzten fünf Jahren seit dem Höhepunkt der Krise im September 2008 ermöglicht, ihren Wert fast zu verdreifachen und die Vermögen der Banker und Vorstandschefs auf Rekordniveau zu erhöhen, während die Realwirtschaft weiterhin in der Rezession steckte und der Lebensstandard der großen Mehrheit der Bevölkerung sank. Das Einkommen eines typischen amerikanischen Haushaltes ist zwischen 2007 und 2012 um 8,2 Prozent gesunken.

Wie es erwartet worden war, kürzte die Fed ihr Programm monatlicher Anleihenaufkäufe (das als "quantitative Lockerung" abgekürzt QE, bekannt ist) zwar um weitere zehn Milliarden pro Monat. Yellen betonte in ihrer Stellungnahme vor der Presse jedoch, dass die Zinssätze auch nach Beendigung des QE bei fast null bleiben würden.

Sie ging noch weiter und erklärte, der Aktienmarkt, dessen astronomischer Aufstieg völlig vom schlechten Zustand der Realwirtschaft abgekoppelt ist, sei nicht "überbewertet." Mit anderen Worten, die Wall Street ist zufrieden, wenn sie weiter ihre Geldspritzen erhält.

Zwei Tage zuvor hatte die leitende Direktorin des IWF, Christine Lagarde, die Fed dazu gedrängt, die Zinssätze auch nach Mitte 2015 auf ihrem aktuellen Niveau zu halten. Von da an rechnen die Finanzmärkte mit kleinen Erhöhungen der Zinssätze. Lagarde warnte vor der Empfindlichkeit des Finanzsystems und deutete damit an, dass die Zentralbanken den Banken und Hedgefonds auch weiterhin fast kostenlos Geld zur Verfügung stellen müssten.

Yellen, Lagarde und andere rechtfertigen diese Politik systematischer Umverteilung des Reichtums von unten nach oben mit dem Argument, sie sei notwendig, um Arbeitsplätze zu schaffen und Arbeitslosigkeit zu senken. Aber das ist ein Betrug.

Denn sie wissen genau, dass produktive Investitionen und anständig bezahlte Arbeitsplätze nicht dadurch geschaffen werden können, dass Geld in das Finanzsystem gepumpt wird. Die Banker und Großinvestoren, die von dieser Umverteilung öffentlicher Gelder profitieren, sind keineswegs dazu verpflichtet, die Gewinne für den Bau von Fabriken oder Schulen einzusetzen. In den letzten sechs Jahren sind die Rettungspakete der Regierung und die Subventionen der Zentralbanken auf die Konten und in die Aktienportfolios der Superreichen gewandert und haben dort immer leichtsinnigere und kriminellere Formen von Finanzmanipulationen finanziert.

Die Schulden, die die Regierungen damit gemacht haben, wurden ausgeglichen durch die Einführung von brutalen Sparprogrammen, die Zerstörung von Sozialleistungen, Arbeitsplätzen, Löhnen, Renten und des Lebensstandards der Arbeiterklasse. Zwischen 2007 und 2012 gingen die öffentlichen Investitionen und Ausgaben der US-Regierung um fast acht Prozent zurück, der größte Rückgang seit mehr als einem Jahrhundert. Die Wirtschaft hat nur in minimalem Umfang investiert.

Abgesehen von der massiven Umverteilung von gesellschaftlichem Reichtum an die Finanzelite fordern der IWF und die Fed auch die Aushöhlung der früheren Sozialreformen und des Schutzes für Arbeiter im Namen der "Schaffung von Arbeitsplätzen" und der "Wettbewerbsfähigkeit." Die Weltbank forderte am 10. Juni in ihrem Bericht Global Economic Prospects (Weltwirtschaftliche Perspektiven) Kürzungen von staatlichen Subventionen, die die Kosten für Nahrungsmittel und Strom niedrig halten, sowie die Privatisierung staatlicher Betriebe und erklärt: "In einer Welt, in der sich äußere finanzielle Bedingungen verschlechtern und eine Herausforderung bleiben werden, erfordert das künftige Wirtschaftswachstum zunehmende Anstrengungen, die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit im Inland zu erhöhen."

Die gleichen quasi-kriminellen und gesellschaftlich zerstörerischen Methoden, die den Finanzbetrieb der herrschenden Elite charakterisieren, finden auch Ausdruck in der kriegstreiberischen Außenpolitik der imperialistischen Regierungen. Lagarde warnte diese Woche davor, dass der Zusammenbruch des Irak – die Folge des amerikanischen Krieges und der Subversion in diesem Land, in Libyen, Syrien und dem ganzen Nahen Osten – die Ölpreise in die Höhe treiben und die amerikanische Wirtschaft noch mehr aus dem Gleichgewicht bringen könnte.

Die Arbeiter in den USA sind bereits mit steigenden Preisen für Nahrung und Energie konfrontiert, die von der Inflation der Aktienkurse und anderer Wertpapiere und den Krisen in die Höhe getrieben werden, die der US-Imperialismus, unter anderem, in der Ukraine und im Irak verursacht hat. Der nationale durchschnittliche Benzinpreis ist der höchste für diese Jahreszeit seit 2008. Mehr als die Hälfte aller amerikanischen Bundesstaaten haben steigende Benzinpreise vermeldet. Die Einzelhandelspreise für Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch, Eier und Milch sind im Vergleich zum letzten Jahr stark angestiegen.

Letzte Woche warnte der IWF davor, dass die Inflation der Immobilienpreise in mehreren großen Ländern die Gefahr eines weiteren Finanzcrashs erhöhen würde. Doch eben die Politik, die der IWF propagiert – allem voran der Geldstrom in das Bankensystem – führt zu Finanzblasen, die unausweichlich implodieren müssen.

Dieser Widerspruch zeigt die Sackgasse dieses Systems, des Kapitalismus, den all diese Institutionen der herrschenden Klasse verteidigen. Er hat riesiges menschliches Elend und Unterdrückung ebenso wie Stagnation und Verfall der menschlichen Produktivkräfte hervorgebracht. Dieser wurde durch die Plünderung der sozialen Ressourcen zur Finanzierung steigender Aktienkurse, Rekordgewinne von Unternehmen und den persönlichen Vermögen einer zahlenmäßig winzigen Finanzaristokratie noch verschärft.

Eine oft zitierte, aber dennoch außergewöhnlich aufschlussreiche und bedrückende Statistik zeigt die Irrationalität, den moralischen und historischen Bankrott des kapitalistischen Systems: 85 Milliardäre besitzen heute soviel Reichtum (1.68 Billionen Dollar) wie die untere Hälfte der Weltbevölkerung zusammen – 3,5 Milliarden Menschen.

Diese Situation ist weder wirtschaftlich noch politisch haltbar. Immer mehr Arbeiter in den USA und im Rest der Welt merken, dass es im Rahmen des bestehenden Systems – das kaum noch verbirgt, dass es nur noch das Ziel verfolgt, einige wenige auf Kosten des Restes noch reicher zu machen - keinen Ausweg gibt.

Die Antwort muss sein, eine revolutionäre Führung aufzubauen, die notwendig ist, um die bevorstehenden Massenkämpfe der Arbeiterklasse mit einem sozialistischen und internationalistischen Programm auszustatten.

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