Israel spionierte USA-Iran Verhandlungen aus um sie zu blockieren

In einem am Dienstag veröffentlichen ausführlichen Artikel berichtet das Wall Street Journal, israelische Geheimdienste hätten die Atomgespräche mit dem Iran ausspioniert und Republikanern und Demokraten im Kongress Details zugespielt, um ein Abkommen zu torpedieren.

Nicht namentlich genannte hochrangige Funktionäre des Weißen Hauses waren die Hauptquelle des Artikels. Sie schilderten die Reaktion auf den höchsten Ebenen der Obama-Regierung und des US-Geheimdienstapparats auf Israels Vorgehen. Der WSJ-Artikel ist ein weiterer Schlag in dem zunehmenden Konflikt zwischen der Obama Regierung und Netanjahu.

Nach Angaben der Zeitung betrachten US-Funktionäre die israelische Spionagetätigkeit gegen alle an den Atomverhandlungen beteiligten Parteien, einschließlich des Iran, der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, Chinas und Russlands, als Routinesache. US-Geheimdienste spionierten ihrerseits Israel aus und fingen Nachrichten zwischen israelischen Funktionären ab, die Insiderwissen über die Gespräche hatten, das über die Briefings der israelischen Regierung durch die USA hinausging.

Was den Konflikt anheizte, war die Weitergabe geheimer Einzelheiten von Gesprächen durch die Netanjahu-Regierung an amerikanische Kongressabgeordnete, im Bestreben politischen Widerstand gegen das drohende Atomabkommen mit dem Iran zu schüren. Das Journal schrieb: „Aktive und ehemalige Beamte sagten, die Spionage habe das Weiße Haus weniger verärgert, als Israels Preisgabe von Insiderwissen an US-Abgeordnete und andere, um ein mit hohem Einsatz verhandeltes Abkommen zu torpedierten, das der Beschränkung des iranischen Atomprogramms dient.“

Der israelische Botschafter Ron Dermer, früher ein Kongressmitarbeiter, bevor er die israelische Staatsbürgerschaft annahm, begann im Januar Demokratische und Republiknische Abgeordnete über geheime Details zu unterrichten, wie zum Beispiel über die Anzahl der Zentrifugen, deren Betrieb dem Iran erlaubt sein sollte und welche moderne Technologie ihm zugestanden werden solle. Der Bericht des Journal besagte, er habe die Abmilderung der Sanktionen, die dem Iran in Aussicht gestellt wurde, angeblich um den Faktor zehn übertrieben.

Ein "über die Angelegenheiten informierter hochrangiger US-Beamter", teilte dem Journal mit: "Es ist eine Sache wenn sich die USA und Israel gegenseitig ausspionieren. Es ist eine ganz andere Sache, dass Israel Geheimnisse der USA stiehlt und diese US-Abgeordneten zuspielt um die amerikanische Diplomatie zu untergraben".

Der Bericht ist ein Beweis für die wachsenden Spannungen zwischen der Obama-Administration und der israelischen Regierung und für die starken Spaltungen innerhalb der herrschenden Elite der USA, die in beiden Fällen durch die Aussicht auf eine Änderung der US-Politik gegenüber dem Iran angetrieben werden.

Im Jahr 2012 startete die Obama-Regierung eine geheime Initiative Richtung Iran, als in Oman Gespräche zwischen Funktionären des Außenministeriums und führenden iranischen Funktionären stattfanden. Die Gespräche wurden nach der Wahl von Hassan Rouhani zum Präsidenten im Jahr 2013 verstärkt.

Rouhani, ein ehemaliger Verhandlungsführer in einer der früheren Runden der Atomverhandlungen, wurde von Ayatollah Khamenei ermächtigt, eine Vereinbarung zur Aufhebung der erdrückenden finanziellen und wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Iran zu suchen. Diese Gespräche wurden bereits mehrfach verlängert und werden am Ende dieser Woche in der Schweiz fortgesetzt. Dabei wurde der 31. März als Frist für das Erreichen von mindestens einer Rahmenvereinbarung gesetzt.

Netanjahus Reise nach Washington und seine Rede vor der gemeinsamen Sitzung des Kongresses am 3. März waren ein Versuch, im Kongress sowohl unter den Demokraten als auch den Republikanern Widerstand gegen das Atomabkommen mit dem Iran zu schüren. Der Sprecher des Repräsentantenhauses John Boehner hatte Netanjahu eingeladen, eine Rede zu halten, ohne das Weiße Haus davon zu unterrichten. Obama und andere Spitzenfunktionäre weigerten sich, mit dem israelischen Führer während seines Besuchs zusammenzutreffen.

Israelische Funktionäre prangerten den Bericht des Journal zwar an, bestätigten ihn aber quasi. Verteidigungsminister Moshe Yaalon erklärte, dass der Staat Israel die Vereinigten Staaten und ihre NATO-Verbündeten nicht ausspioniert hätten und das schon seit der Festnahme von Jonathan Pollard, einem israelischen Spion im Pentagon vor fast 30 Jahren, nicht mehr getan habe.

Allerdings, sagte Außenminister Avigdor Lieberman, die Informationen könnten durch das Ausspionieren des Iran oder anderer Teilnehmer an den Atomgesprächen erlangt worden sein. "Alle Informationen die wir gesammelt haben stammen von einer anderen Partei, nicht den USA" behauptete er.

Das Weiße Haus machte kaum ein Geheimnis aus seiner Hoffnung, Netanjahu könne die Wahlen vom 17. März verlieren. Obama und andere Spitzenfunktionäre verurteilten Netanjahus Aussagen vor der Wahl, dass er gegen jede Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern sei, sowie seine Warnung vor einer hohen Wahlbeteiligung der israelisch-arabischen Wähler.

Vor der liberalen zionistischen Lobbyorganisation J Street bedauerte der Stabschef des Weißes Haus Denis McDonough Netanjahus Bemerkungen und sagte, dass sie nicht einfach zurückgenommen werden könnten, wie es der israelische Führer in den Tagen nach der Wahl zu tun versuchte.

Spaltungen in der herrschenden Elite der USA über die neue Iran-Politik, die das Ziel hat den Nahen Osten umzugestalten und US-Streitkräfte für Operationen gegen Russland, China und andere potenzielle Gegner freizumachen, sind an einem Punkt angelangt, an dem die verfassungsmäßige Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative untergraben wird.

Um jede Übereinkunft mit dem Iran zu Fall zu bringen, haben Republikaner im Kongress versucht, als Parallelregierung mit eigener Außenpolitik zu agieren, indem sie Netanjahu zu einer Rede vor einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses einluden. Zur gleichen Zeit schickten 47 Republikanische Senatoren einen offenen Brief an Ayatollah Khamenei im Bestreben, die Verhandlungen mit Obama zu sprengen.

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Spannungen zwischen Obama und Netanjahu
[25. März 2015]

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