Perspektive

Kerry in Riad: Ein Treffen von Kriegsverbrechern

US-Außenminister John Kerry trat am Donnerstag in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, an der Seite seines saudischen Amtskollegen Adel al-Jubeir vor die Kameras. Er lobte das monarchische Öl-Regime für den blutigen Krieg, der seit zwei Monaten gegen den Jemen, das ärmste Land der arabischen Welt, geführt wird.

Kerry pries das saudische Königshaus, weil es die Initiative ergriffen habe, „die Chance auf eine friedliche Lösung auszuloten“, indem es seine „Absicht“ bekundet habe, „einen fünftägigen Waffenstillstand und eine humanitäre Pause auszurufen, die auch verlängert werden können“.

Kerry benutzte ausdrücklich das Wort “Absicht”. Noch während er sprach, setzten saudische Kampfflugzeuge ihre zerstörerischen Angriffe auf jemenitische Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser fort. Sie führten am Donnerstag mindestens sieben Luftschläge gegen die Hafenstadt Hudeida und fünf weitere auf die nordwestliche Provinzhauptstadt Saada durch. Saada ist eine Hochburg der Houthi-Rebellen, die das saudische Regime besiegen will.

Vorher hatten saudische Kriegsschiffe Raketen auf die Stadt Hajja abgefeuert, die das Krankenhaus Maydi trafen. Mehr als einhundert Luftschläge in anderen Teilen des Landes forderten Dutzende Todesopfer, darunter viele Frauen und Kinder.

Weder Kerry noch Jubeir verrieten, wann die fünftägige „humanitäre Pause“ beginnen werde, noch was ihre spezifischen Bedingungen seien. Jubeir ließ allerdings durchblicken, die Pause sei davon abhängig, dass die Houthi-Rebellen ihre Waffen niederlegen.

Dies ist nicht die erste Ankündigung des saudischen Regimes, es wolle das Blutbad beenden, das es im Jemen angerichtet hat. Schon am 21. April, nach fast einmonatigen Bombenangriffen, hatte es die Operation Decisive Storm, wie der Luftkrieg gegen den Jemen genannt wird, für beendet erklärt. Eine neue Phase habe begonnen, die sich auf eine politische Lösung des Jemen-Konflikts konzentriere. In Wirklichkeit hat das Regime die Luftangriffe seither noch ausgeweitet.

Die Vereinten Nationen geben die Zahl der Todesopfer, die der saudische Krieg bisher gefordert hat, mit mehr als 1.400 an. Tausende seien verwundet worden. Diesen Berichten zufolge sind die meisten Opfer Zivilisten. Etwa 300.000 Menschen wurden gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. Mindestens dreißig Schulen wurden durch Bomben zerstört, und fast zwei Millionen Kinder sind aufgrund der Gewalt nicht mehr in der Lage, die Schule zu besuchen.

Schätzungsweise zwanzig Millionen Menschen oder achtzig Prozent der Bevölkerung sind im Jemen nicht mehr ausreichend ernährt, weil die saudische Blockade der jeminitischen Häfen und die Zerstörung von Landebahnen der Flughäfen die Versorgung mit Nahrungsmitteln unterbrochen haben.

In Dschibuti, einem Zwischenstopp auf seinem Weg nach Saudi-Arabien, gab Kerry sich den Anschein, als sei die imperialistische Macht, die er vertritt, geradezu eine humanitäre Hilfsorganisation. Er erklärte, Washington sei „sehr besorgt über die humanitäre Lage im Jemen“ und forderte „alle Seitenk und alle Beteiligten auf, das humanitäre Recht zu beachten und alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um Zivilisten zu schonen“.

Wer soll diese Worte des Außenministers heute noch glauben? Washington ist bei diesem Blutbad alles andere als ein wohlmeinender Zuschauer.

Das Weiße Haus und das Pentagon unterstützen Saudi-Arabien seit Beginn der Kämpfe vorbehaltlos. Sie liefern immer häufiger frische Waffen, darunter tödliche Streubomben, die von den meisten Ländern der Welt wegen ihrer mörderischen Wirkung auf Zivilisten geächtet sind. In Riad haben sie eine amerikanische Leitstelle installiert, um die saudische Luftwaffe mit Geheimdienstinformation zu versorgen. Sie haben Tankflugzeuge in die Region geschickt, um saudische Kampfflugzeuge in der Luft aufzutanken, damit die Bombardierungen rund um die Uhr weitergehen können

Letztes Jahr kaufte Saudi-Arabien Waffen für achtzig Milliarden Dollar und war damit der viertgrößte Waffenkäufer überhaupt. Die Obama-Regierung bereitet sich darauf vor, dem Land und auch den anderen Golfmonarchien noch tödlichere Waffensysteme zu verkaufen.

Der US-Präsident wird nächste Woche einen Gipfel mit den gekrönten Häuptern des Golfkooperationsrates in Camp David durchführen. Er ist bereit, ihnen ein hoch entwickeltes ballistisches Raketenabwehrsystem sowie Bunker brechende Bomben anzubieten.

CNN zitierte einen hohen US-Sprecher mit den Worten: “Das Ziel des Präsidenten ist der Aufbau einer Verteidigungsinfrastruktur und –architektur für die Golfregion, die auch die Sicherheit zur See, Grenzsicherheit und Terrorismusabwehr umfasst.

Mit anderen Worten will sich die Obama-Regierung künftig noch stärker auf die saudische Monarchie stützten, um die US-Vorherrschaft im strategisch wichtigen und ölreichen Nahen Osten zu behaupten. Obwohl die USA und die anderen Großmächte mit dem Iran über ein Abkommen über sein Atomprogramm verhandeln, rüstet Washington Saudi-Arabien und die anderen reaktionären Golfstaaten für einen möglichen Krieg gegen den Iran auf.

Der Charakter des saudischen Regimes wurde am Vorabend von Kerrys Besuch überdeutlich, als im Wüstenreich fünf Einwanderer geköpft wurden. Zwei stammten aus dem Jemen und je einer aus dem Sudan, aus Eritrea und aus dem Tschad. Ein saudischer Staatsbürger wurde am Tag von Kerrys Ankunft ebenfalls enthauptet. Nach den grausigen Hinrichtungen werden die kopflosen Leichen an Helikopter gehängt, um der staatlichen Gräueltat die größtmögliche Publizität zu verschaffen.

Die amerikanisch-saudische Achse straft jeden Vorwand, mit dem der US-Imperialismus seit Jahren seine Kriege rechtfertigt, der Lüge. Diese Kriege, die unter dem Vorwand der „Demokratie“ und des „Kriegs gegen Terror“ geführt wurden, haben im Nahen Osten mehr als eine Million Menschen das Leben gekostet.

Während die saudische Luftwaffe weiter jemenitische Städte bombardiert, hat sie diese Woche mit Washingtons Segen auch Waffen und Versorgungsgüter für Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel (AQAP) abgeworfen. Dabei hat die Obama-Regierung die AQAP bis vor kurzem noch als den Gottseibeiuns persönlich und als die alles überragende terroristische Bedrohung bezeichnet. Neuerdings gelten die AQAP-Kräfte als jemenitische Patrioten, weil sie die entschiedensten Gegner der Houthis sind. Sie berufen sich auf die saudische Staatsreligion, den wahabitischen Islam, der auch ähnliche Bewegungen wie den IS oder Boko Haram inspiriert.

Wie zuvor im Irak, in Libyen und Syrien geht es der amerikanischen Regierung auch im Jemenkrieg nicht um humanitäre Anliegen, Demokratie oder Kampf gegen Terrorismus. Sie verfolgt vielmehr die räuberischen Interessen des US-Imperialismus, dessen ökonomischen Niedergang sie mit militärischen Mitteln ausgleichen will. Dafür ist sie bereit, unbegrenzte Mengen Blut zu vergießen und die Völker des Nahen Ostens, der Vereinigten Staaten und des gesamten Planeten in einen dritten Weltkrieg zu stürzen.

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