Obamas Iran-Rede:

Ein Scheitern des Atomabkommens bedeutet Krieg

In einer Rede am Mittwoch, mit der Obama das Atomabkommen vom Juli mit dem Iran verteidigte, sagte der US-Präsident, eine Ablehnung durch den Kongress würde schnell zu einem Krieg gegen den Iran führen.

In einer schockierenden Passage seiner Rede an der American University in Washington, DC, erklärte Obama: „Eine Ablehnung des Abkommens durch den Kongress lässt jeder amerikanischen Regierung, die unbedingt verhindern will, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen kommt, nur eine Wahl: einen weiteren Krieg im Nahen Osten. Mir geht es nicht um Provokation. Ich stelle nur die Tatsache fest…“

„Zweifelt denn wirklich jemand daran, dass die heutigen Gegner dieses Abkommens vom nächsten Präsidenten verlangen werden, die Nuklearanlagen des Iran zu bombardieren?“ … Also reden wir nicht um den heißen Brei herum. Wir haben nur die Wahl zwischen Diplomatie oder einer Form von Krieg. Vielleicht nicht schon morgen und in drei Monaten, aber dennoch schon bald.“

Diese Aussagen bildeten den Kern der Rede, die eine genügend große Zahl von Demokratischen Abgeordneten und Senatoren dafür gewinnen sollte, ein Veto des Präsidenten gegen eine nahezu sichere Ablehnung im Repräsentantenhaus und Senat zu unterstützen, wenn der Kongress nach der Sommerpause am 8. September wieder zusammentritt.

Obamas Rede strotzte vor Heuchelei und Falschheit. Das Abkommen zwischen dem Iran und der sogenannten P-5 + 1-Gruppe (USA, Großbritannien, Frankreich, Russland, China und Deutschland) sieht die Aufhebung der einschneidendsten Sanktionen gegen Teheran vor, als Gegenleistung für weitreichende Zugeständnisse Irans, wozu die Zustimmung zu Inspektionen des zivilen Nuklearprogramms des Iran in nie dagewesenem Ausmaß gehört. Ebenfalls Teil des Abkommens ist eine Klausel, die es Washington erlaubt, dem Iran den Bruch des Abkommens vorzuwerfen und die Sanktionen sofort wieder in Kraft zu setzen, einschließlich des Ölembargos, das die Wirtschaft des Landes zerrüttet hat.

Obama verpackte seine Antwort auf Gegner des Abkommens – praktisch alle Republikanischen und ein Teil der Demokratischen Kongressabgeordneten, die israelische Regierung, einflussreiche israelfreundliche Organisationen in den USA und vom Wall Street Journal angeführte Medienunternehmen – als ein Eintreten für Diplomatie und die friedliche Lösung von internationalen Konflikten im Unterschied zu den Kriegsbefürwortern, die unilaterale Militäraktionen der USA fordern. Obama erinnerte an die Rede, die Präsident John F. Kennedy 1963 an gleicher Stelle gehalten hatte; damals plädierte Kennedy für einen Vertrag über das Verbot von Nuklearversuchen und eine Politik friedlicher Diplomatie gegenüber der Sowjetunion.

Kennedys Politik, die er wenige Monate nach der Kuba-Krise verkündete, sei erfolgreich gewesen, behauptete Obama, weil sie „die Zeit und die Möglichkeiten schuf, den Kalten Krieg zu gewinnen, ohne einen Schuss auf die Sowjets abzufeuern.“

Die eindeutige Botschaft dahinter war, dass das Atomabkommen mit dem Iran die besten Bedingungen schaffen würde, den Iran als Hindernis für die imperialistische Politik der USA im Nahen Osten und international aus dem Weg zu räumen, ohne die Gefahren und Kosten eines großen Krieges zu riskieren. Zur Bekräftigung seiner Behauptung nannte der Präsident die heutigen Gegner des Abkommens mit dem Iran in einem Atemzug mit den Befürwortern der Invasion des Irak im Jahr 2003, die Obama als strategische Katastrophe bezeichnete.

Der Präsident rühmte sich seiner angeblichen Verdienste als Kriegsgegner. Er rief seine Ablehnung des Irakkriegs in Erinnerung, die er im Wahlkampf 2008 ausnutzte, um an Antikriegs- und Anti-Bush-Stimmungen zu appellieren. Er verlor kein Wort darüber, wie dieses falsche Bild mit seiner Bilanz als Präsident zusammenpasst – die zweijährige Fortführung des Blutbads im Irak nach seinem Amtsantritt, die massive Ausdehnung des Kriegs in Afghanistan, das Anzetteln des Kriegs für einen Regimewechsel, der Libyen ins permanente Chaos stieß, und die Orchestrierung eines entsetzlichen Bürgerkriegs für einen Regimewechsel in Syrien.

Im Laufe des vergangenen Jahres begann Obama einen erneuten Krieg im Irak, gab das Signal für Bombardierungen Syriens und unterstützte einen mörderischen Krieg Saudi-Arabiens gegen den Jemen. Nur Tage vor seiner Rede an der American University befürwortete er die Einrichtung einer „Pufferzone“ durch türkisches Militär in Syrien und gab grünes Licht für US-Luftschläge gegen die syrische Armee, um von den USA finanzierte und ausgebildete Söldner, die in Syrien operieren, zu unterstützen.

Auch wies er in seiner Rede ausdrücklich darauf hin, dass Washington sich selbst dann vorbehalten würde, Krieg gegen den Iran zu führen, wenn das Abkommen in Kraft tritt. An einer Stelle sagte er: „Wenn der Iran in 15 oder 20 Jahren versucht, die Bombe zu bauen, sorgt dieses Abkommen dafür, dass die USA bis dahin über bessere Möglichkeiten verfügen, dies zu entdecken, eine stärkere Grundlage im Völkerrecht haben, um darauf zu reagieren, und die gleichen Optionen wie heute besitzen, um dies aufzuhalten. Das beinhaltet, wenn nötig, auch militärische Optionen.“

An anderer Stelle sagte er: „Das Verteidigungsbudget der Vereinigten Staaten liegt bei über 600 Milliarden Dollar, das des Irans bei 15 Milliarden. Unser Militär ist das Sicherheitsnetz für jedes Sicherheitsabkommen, das wir schließen. Ich habe klargestellt, dass wir es dem Iran niemals gestatten werden, Atombomben zu besitzen. Ich habe alles Notwendige getan, damit uns unsere militärischen Optionen weiterhin offenstehen. Und ich bin mir sicher, dass jeder zukünftige Präsident dieselbe Position vertreten wird.“

Fast prahlerisch sagte er: „Ich habe militärisches Eingreifen in sieben Ländern angeordnet“, und fügte hinzu: „Manchmal muss Gewalt angewandt werden, und wenn der Iran sich nicht an dieses Abkommen hält, kann es sein, dass uns keine andere Wahl bleibt.“

Innerhalb der amerikanischen herrschenden Klasse und im Staatsapparat sowie mit den traditionellen Verbündeten der USA im Nahen Osten gibt es scharfe Meinungsverschiedenheiten über das Abkommen mit dem Iran und den Versuch, das iranische Regime für das Streben des US-Imperialismus nach Hegemonie über die gesamte Eurasische Landmasse einzuspannen. Diese Differenzen hängen mit den wachsenden Krisenerscheinungen und Widersprüchen zusammen, denen sich die USA gegenübersehen bei ihrem Versuch, ihren relativen wirtschaftlichen Niedergang durch militärische Gewalt, wirtschaftliche und diplomatische Erpressung und kaltschnäuzige Missachtung des Völkerrechts aufzuhalten.

Ein wichtiger Grund für Washingtons Wende zu einer gewissen Annäherung an den Iran, zumindest momentan, ist das Bedürfnis der USA, politische und militärische Ressourcen stärker darauf zu konzentrieren, die Isolierung und militärische Einkreisung Russlands und Chinas voranzutreiben.

Obamas Versuch, seinen Politikwechsel als Engagement für friedliche Diplomatie und Einhaltung des Völkerrechts darzustellen, ist ein durchsichtiges Betrugsmanöver. Seiner ganzen Rede lag die Prämisse zugrunde, dass die USA das Recht haben, den Iran und jedes beliebige Land anzugreifen, von dem sie glauben, dass es ihrem Streben nach Beherrschung der Ressourcen, Märkte und arbeitenden Massen auf dem gesamten Planeten im Wege steht.

Wenn der Präsident unmissverständlich erklärt, dass die Ablehnung des Abkommens mit dem Iran Krieg zur Folge hat, kann das nur heißen, dass hinter dem Rücken der amerikanischen Bevölkerung bereits detaillierte Pläne für massive Angriffe ausgearbeitet wurden, und mächtige Teile der herrschenden Elite und des militärisch-geheimdienstlichen Establishments diese verwirklichen wollen.

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