Nato verkündet massive Aufrüstung gegen Russland

Die Nato-Verteidigungsminister gaben am Donnerstag in Brüssel ihre Zustimmung zur Vergrößerung der Schnellen Nato-Eingreiftruppe auf 40.000 Mann. Das ist eine bedeutende Eskalation der militärischen Aufrüstung der Allianz gegen Russland.

Die Nato-Minister, allen voran der amerikanische Verteidigungsminister Ashton Carter, beziehen sich auf die russischen Luftschläge in Syrien, um die Erhöhung der westlichen Militärpräsenz an der russischen Grenze zu rechtfertigen. Russland führt seit einiger Zeit Luftschläge gegen islamistische Milizen, die die Regierung von Präsident Baschar al-Assad stürzen wollen.

Die Washingtoner Regierung und ihre Nato-Verbündeten versuchen insbesondere, das kurze Eindringen russischer Kampfjets in den türkischen Luftraum im Nordwesten Syriens vom vergangenen Wochenende als regelrechten Kriegsakt darzustellen.

„Die Nato ist bereit und in der Lage, alle Verbündeten, auch die Türkei, gegen jede Bedrohung zu verteidigen“, erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg mehreren Reportern, als er zu dem Treffen in Brüssel eintraf. Er fügte hinzu, die Nato sei bereit, Truppen in die Türkei zu entsenden, und habe schon Schritte unternommen, die „Fähigkeiten“ und die „Bereitschaft“ der Allianz zu erhöhen.

Es ist vor allem die amerikanische Regierung, die die russische Luftraumverletzung aufbauscht, um sie als Konfrontation zwischen Moskau und der westlichen Allianz darzustellen. Sie will sie nutzen, um die Kriegsvorbereitungen gegen Russland zu verschärfen.

Dagegen betont die Regierung von Präsident Wladimir Putin, dass die Verletzungen des türkischen Luftraums versehentlich geschehen seien. Aber Washington und die Nato weisen dies strikt zurück.

Tatsache ist, dass die islamistischen Milizen, und zwar sowohl der IS, als auch der syrische Ableger von al-Qaida, die al-Nusra Front, in unmittelbarer Nähe zur Türkei operieren, und dass die Türkei sie mit Geld, Waffen und ausländischen Kämpfern versorgt.

Außerdem behandelt die Türkei selbst die Grenze zu Syrien ausgesprochen nachlässig. 2012 schoss eine syrische Luftabwehrrakete ein türkisches Flugzeug ab, das in den syrischen Luftraum eingedrungen war. Seither hat die Türkei einseitig eine fünf-Meilen-Pufferzone erklärt und ihre Absicht bekräftigt, jedes feindliche Flugobjekt innerhalb dieser Pufferzone abzuschießen.

Die Türkei verletzt regelmäßig die Grenzen ihrer Nachbarn, indem sie Bombenangriffe auf kurdische Lager im Irak fliegt und Luftschläge gegen Syrien führt, ohne die Erlaubnis der jeweiligen Regierung einzuholen.

Generalsekretär Stoltenberg prahlte mit der Aufrüstung der Nato und erklärte den versammelten Ministern: „Wir vollziehen die größte Aufrüstung unserer kollektiven Verteidigung seit dem Ende des Kalten Kriegs.“

Diese Aufrüstung begann schon mit dem Ausbruch der Ukraine-Krise im Februar 2014, als die USA einen Putsch in Kiew steuerten, um den Präsidenten Wiktor Janukowitsch von der Macht zu vertreiben. Sie brachten ein extrem rechtes, ultranationalistisches Regime an die Macht, das seither an den Rockschößen Washingtons und der Europäischen Union hängt.

Diese Provokation und die enorme Ausdehnung des Einflussgebietes der Vereinigten Staaten und der Nato bis dicht an die Westgrenze Russlands heran haben die Gefahr einer militärischen Konfrontation der beiden größten Atommächte der Welt dramatisch erhöht. Eine solche Konfrontation hätte katastrophale Folgen für den ganzen Planeten.

Der syrische Bürgerkrieg hat diese Gefahr noch verschärft. Die Washingtoner Regierung und ihre Verbündeten haben ihn angestachelt, um einen Regimewechsel zu erreichen und eine US-Marionettenregierung in Damaskus zu installieren. Mit dem Eingreifen Russlands und der Möglichkeit eines beabsichtigten oder unbeabsichtigten Zusammenstoßes zwischen amerikanischen und russischen Kampfflugzeugen steigt nun die Gefahr eines Krieges noch einmal erheblich.

Auf dem Nato-Ministertreffen beschwerte sich US-Verteidigungsminister Carter bitter darüber, dass Moskau Washington nicht vorab über seine Absicht informiert habe, 26 Cruise Missiles aus über 1400 Kilometern Entfernung von Kriegsschiffen im Kaspischen Meer auf Ziele in Syrien abzuschießen.

Carter stieß eine deutliche Drohung aus: „Das wird Konsequenzen für Russland selbst haben.“ Er fügte hinzu: „Ich rechne damit, dass Russland bald selbst die ersten Opfer in Syrien zu beklagen haben wird.“

Ein großer Teil der Kritik an Moskaus Militäraktionen in Syrien bezieht sich darauf, dass nicht nur der Islamische Staat, sondern „auch andere Ziele“ angegriffen würden. Das ist eine bemerkenswerte Formulierung. Diese Ziele sind „andere Ziele als der IS“, sie werden aber nicht mit Namen genannt. Das ist eine für amerikanische und Nato-Vertreter typische Umschreibung. Washington und seine Verbündeten verschleiern damit die Tatsache, dass sie nicht wollen, dass Russland Luftschläge gegen al-Nusra und andere islamistische Milizen aus dem Umkreis von al-Qaida führt, mit denen der Westen faktisch zusammenarbeitet.

Außer dem Beschluss, die Krisenreaktionskräfte auf 40.000 Mann aufzustocken, wurden auf dem Treffen in Brüssel noch mehrere andere Entscheidungen getroffen, die den Druck auf Russland verstärken sollen.

Die Nato-Minister beschlossen die Errichtung von zwei weiteren militärischen Zentren in Ungarn und der Slowakei, neben den schon geplanten in den baltischen Staaten und in Bulgarien, Polen und Rumänien. Jedes dieser Zentren, die als NATO Force Integration Units bezeichnet werden, soll mit achtzig Soldaten besetzt sein. Ihre Aufgabe ist es, die schnelle Entsendung großer Kontingente von Nato-Truppen zu planen und vorzubereiten.

Großbritannien will in Zukunft regelmäßig Einheiten von bis zu 150 Soldaten zu Ausbildungszwecken in die baltischen Staaten, nach Polen und in die Ukraine entsenden. Der britische Verteidigungsminister Michael Fallon sagte, das sei die Antwort auf „russische Aggressionen und Provokationen“.

Die russische Regierung verurteilte die britische Ankündigung umgehend. „Hier werden künstliche Gründe erfunden, um Pläne zu rechtfertigen, die Nato näher an unsere Grenzen heran auszudehnen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. „Es ist klar, dass solche Pläne, die Nato-Infrastruktur näher an die Russische Föderation heranzuschieben, zu entsprechenden Gegenmaßnahmen führen, um das notwendige Gleichgewicht wieder herzustellen.“

Neben Syrien und der Nato-Eskalation in Osteuropa diskutierte das Ministertreffen auch die Lage in Afghanistan. Dort hat die jüngste Eroberung von Kundus durch die Taliban allen vor Augen geführt, wie fragil das Washingtoner Marionettenregime und seine Sicherheitskräfte sind. Für deren Ausbildung hatte das Pentagon etwa 65 Milliarden Dollar ausgegeben. Verteidigungsminister Carter bat darum, „flexibel“ mit dem Abzug der noch verbliebenen 6000 Nato-Soldaten umzugehen, die nicht aus den USA stammen.

Was die US-Soldaten betrifft, so müssten sie alle bis auf tausend Mann bis Ende 2016 aus Afghanistan abgezogen werden. Der US-Kommandeur in Afghanistan, General John Campbell, sagte am Mittwoch schon zum zweiten Mal vor dem Kongress aus und erklärte, er halte den bisherigen Zeitplan für den Abzug für falsch. Gegenwärtig befinden sich noch 9800 US-Soldaten in Afghanistan.

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