Die britische Labour Party und ihre Unterstützung für imperialistische Kriege

Die Rolle von Tony Blair als Verantwortlichem für den Krieg gegen den Irak 2003 bereitet der herrschenden Elite Großbritanniens erneut Probleme - vor allem der Labour Party.

Der ehemalige Labour-Premierminister verteidigte am Sonntag in einem Interview mit CNN erneut den Irakkrieg. Doch seine Wortwahl war verräterisch und machte deutlich, dass es sich um einen illegalen Angriffskrieg handelte. Blair entschuldigte sich dafür, „dass unsere Geheimdienstinformationen [über die Massenvernichtungswaffen, die sich angeblich im Besitz des Irak befanden], falsch waren.“ Außerdem entschuldigte er sich „für einige Fehler bei der Planung und für unsere fehlerhafte Einschätzung darüber, was passieren würde, wenn das Regime erst einmal abgesetzt war“. Er tat sich allerdings schwer damit, sich „für die Beseitigung von Saddam“ zu entschuldigen.

Blairs Äußerung entlarvt den verbrecherischen Charakter des Krieges, den die USA und Großbritannien geführt haben. Der Irakkrieg wurde fälschlich als Reaktion auf die Bedrohung durch irakische Massenvernichtungswaffen dargestellt. In Wirklichkeit war er jedoch ein Angriffskrieg mit dem Ziel eines Regimewechsels und damit völkerrechtswidrig. Das Internationale Militärtribunal in Nürnberg, das die Verbrechen von Hitlerdeutschland untersuchte, stellte zu diesem Thema fest: „Einen Angriffskrieg zu entfesseln ist nicht nur ein internationales Verbrechen, es ist das schwerste internationale Verbrechen, das sich von anderen Kriegsverbrechen dadurch unterscheidet, dass es das Übel in seiner Gänze umfasst.“

Blair beharrt weiterhin auf der Lüge, er und US-Präsident George W. Bush hätten wirklich geglaubt, Saddam Hussein sei eine Gefahr für den Frieden gewesen. Doch die gegenteiligen Beweise sind mittlerweile erdrückend.

Der amerikanische General Wesley Clarke hat zugegeben, dass er nur zehn Tage nach dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 von einem General im Pentagon erfahren habe, dass „wir uns entschieden haben, einen Krieg gegen den Irak zu führen.“

Einige Wochen später, nach Beginn des Krieges gegen Afghanistan, fragte Clarke den gleichen General: „Planen wir immer noch einen Krieg gegen den Irak?“ Er antwortete: „Das hier habe ich erst heute von oben [vom Verteidigungsministerium] bekommen... Darin steht, wie wir in fünf Jahren sieben Länder erobern, zuerst den Irak, dann Syrien, den Libanon, Libyen, Somalia, den Sudan, und zum Schluss den Iran.“

Blair selbst war direkt in den Plan verstrickt, einen völkerrechtswidrigen Angriff auf den Irak zu führen. Eine Woche vor seinem Auftritt bei CNN veröffentlichte die Mail on Sunday einen Vermerk des damaligen US-Außenministers Colin Powell an Bush vom 28. März 2002. Dieser Vermerk bewies, dass Blair trotz seinem offiziellen Bekenntnis zur Diplomatie zugestimmt hatte, eine wichtige Rolle dabei zu spielen, widerwillige europäische Mächte für den Krieg zu gewinnen, möglicherweise die Unterstützung der Vereinten Nationen zu bekommen und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Powell schrieb an Bush, Blair werde „uns beistehen, wenn Militäroperationen notwendig sein sollten“ und „wird Ihnen die strategischen, taktischen und PR-Vorgaben vorlegen, die seiner Meinung nach die weltweite Unterstützung für unsere gemeinsame Sache stärken werden...“

Die britischen Geheimdienstdossiers wurden so zusammengestellt, dass sie einen Krieg auf der nachweislich falschen Behauptung rechtfertigen sollten, der Irak besäße chemische und biologische Massenvernichtungswaffen und habe sein Atomprogramm wieder aufgenommen.

Im Jahr 2009 legte Blair ein noch aufschlussreicheres Eingeständnis ab als jetzt auf CNN. Auf die Frage, ob er im Irak einmarschiert wäre, „wenn Sie gewusst hätten, dass es dort keine Massenvernichtungswaffen gab“, antwortete er: „Ich hätte es trotzdem für richtig gehalten, [Saddam Hussein] zu entmachten... Ich meine, man hätte dann natürlich andere Argumente über die Art der Bedrohung benutzen müssen.“

Der Einmarsch im Irak im Jahr 2003 und die darauf folgende Besatzung haben das Land zerstört, mehr als eine Million Iraker das Leben gekostet und über fünf Millionen weitere zu Flüchtlingen gemacht. In Großbritannien, den USA und der ganzen Welt wollen Millionen Blair, Bush, Powell und ihre Mitverschwörer wegen Kriegsverbrechen angeklagt sehen. Daher wundert es nicht, dass die Labour Party verzweifelt versucht, sich von Blairs vergiftetem politischem Vermächtnis zu distanzieren.

Einige behaupten, der Premierminister habe sie getäuscht. Andrew MacKinlay beispielsweise, der im außenpolitischen Ausschuss saß, behauptet heute: „Die britische Bevölkerung und ich, wir alle wurden getäuscht.“

Viel bedeutsamer als diese eigennützigen und unglaubwürdigen Äußerungen ist die Behauptung, die Wahl von Jeremy Corbyn, der in der Vergangenheit Militärinterventionen, u.a. im Irak, abgelehnt hatte, sei ein neues Kapitel in der Geschichte der Labour Party. Corbyn hat sogar angedeutet, Blair könnte wegen des Irakkrieges „für Kriegsverbrechen angeklagt werden“.

Trotzdem ist Blair noch immer auf freiem Fuß und hat durch seine Verbrechen sogar zweistellige Millionenbeträge verdient. Der Grund dafür ist, dass er nicht als Individuum gehandelt hat, sondern als Vertreter des britischen Imperialismus und Vorsitzender der Labour Party, eines seiner wichtigsten Werkzeuge.

Nicht nur Blair, sondern die Labour Party als Ganzes hat den zweiten Krieg im Irak ebenso unterstützt wie den ersten 1990 und wie die Kriege im Kosovo, in Sierra Leone und in Afghanistan. Die Labour-Abgeordneten haben es nicht getan, weil sie an die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen glaubten. Millionen Menschen durchschauten Blairs Lügen. Der Grund ist vielmehr, dass die Partei von ihrem pro-kapitalistischen Programm und ihrer jahrzehntelangen Verteidigung der Interessen des britischen Imperialismus geformt worden ist.

Die Abgeordnete schlossen sich Blair an, weil sie sein zentrales Ziel teilten, die globalen Interessen der britischen Bourgeoisie durch ein Militärbündnis mit Washington zu sichern. Das Thema ist politisch noch immer so heikel, dass Justizminister Dominic Grieve das Veto gegen die Veröffentlichung der Sitzungsprotokolle des Kabinetts bei Diskussionen über den Irakkrieg 2003 noch 2012 verlängerte. Der frühere Justizminister Jack Straw hatte das Veto im Jahr 2009 ausgesprochen.

2011 stimmten nur elf Labour-Abgeordnete gegen die Teilnahme am Krieg in Libyen. Die Befürworter benutzten genau die gleichen „humanitären“ Argumente, mit der auch der verheerende Angriff auf den Irak gerechtfertigt wurde.

Corbyns Wahl hat in dieser Hinsicht nichts Grundlegendes geändert.

Die Geschichte zeigt, dass jedem Labour-Vorsitzenden, der als Gefahr für die grundlegend imperialistische Orientierung der Partei angesehen wird, entweder die Absetzung droht, so geschehen mit George Lansbury im Jahr 1935 auf Beharren des Trades Union Congress, oder gezwungen ist, seine pazifistischen Überzeugungen aufzugeben. Letzteres tat Michael Foot im Jahr 1982 wegen des Falklandkrieges.

Selbst jetzt bereitet sich die Labour Party auf einen weiteren Krieg vor. Bis zu einhundert Labour-Abgeordnete werden vermutlich für die Ausdehnung der Beteiligung an den Luftangriffen im Irak unter Führung der USA auf Syrien stimmen, die bereits im September 2014 beschlossen wurden - auf Syrien zustimmen, wenn die konservative Regierung dies vorschlägt. Corbyn hat das möglich gemacht, indem er zuerst ein Schattenkabinett berufen hat, das mehrheitlich aus Kriegsbefürwortern besteht, und danach eine freie Abstimmung über die Unterstützung der Intervention in Syrien versprochen hat. Auf dieser Grundlage sollte er beurteilt werden.

Wer will, dass die Verbrechen des britischen Imperialismus geahndet werden, muss verstehen, dass diese Aufgabe untrennbar mit der politischen Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen Militarismus und Krieg auf der Grundlage eines sozialistischen und internationalistischen Programms verbunden ist. Dieser Kampf lässt sich nur gegen die Labour Party führen, egal wer an ihrer Spitze steht.

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