Gysi und Cohn-Bendit: Kriegshetze nach dem Anschlag von Nizza

Vor wenigen Tagen schrieb die World Socialist Web Site, dass eine rot-rot-grüne Koalition „um keinen Deut fortschrittlicher [wäre] als die bestehende rechte Regierung“. Vor allem außenpolitisch würde sie noch aggressiver die Interessen des deutschen Imperialismus vertreten. Die unmittelbare Reaktion von Linkspartei und Grünen auf den schrecklichen Anschlag in Nizza am französischen Nationalfeiertag bestätigt diese Einschätzung.

Das Blut der zahlreichen unschuldigen Opfer war kaum getrocknet und die Hintergründe des Anschlags noch völlig unklar, da forderten Daniel Cohn-Bendit (Grüne) und Gregor Gysi (Die Linke) am Freitagmorgen im Deutschlandfunk (DLF) ein verstärktes militärisches Eingreifen im Nahen und Mittleren Osten.

Cohn-Bendit erklärte: „Solange der Islamische Staat in Syrien und im Irak nicht geschlagen wird, das heißt Rakka eingenommen wird, wird die Propagandamaschine des Islamischen Staates und die Anziehungskraft dieses Terrors weitergehen. Das muss man einfach jetzt kapieren. Das kann man nicht nur in Frankreich mehr lösen.“

Auf die Frage, ob er den Kurs des französischen Präsidenten Hollande befürworte, der noch in der Nacht gesagt hatte, „dass das französische militärische Engagement in Syrien, auch im Irak fortgesetzt wird“, antwortete Cohn-Bendit: „Ja, nicht nur die Franzosen! Da müssen alle mitmachen. Da müssen die Deutschen mitmachen, da müssen alle mitmachen. Es ist einfach ein unfassbarer Terrorismus. Ich nenne das islamischen Faschismus. Das ist nicht der Islam, das ist eine Ausformung genauso wie der Nationalsozialismus eine Ausformung oder ein Ergebnis ist oder kommt aus einer bestimmten europäischen Tradition. Das ist jetzt aus dieser Tradition ein Faschismus und den muss man zerschlagen, und da sind alle gefragt.“

Cohn-Bendit, der 1968 als Sprecher der Pariser Studentenrevolte international bekannt wurde, steht wie kaum ein Zweiter für die Verwandlung einer Schicht ehemals radikaler Kleinbürger in wütende Kriegstreiber. Wie sein langjähriger Weggefährte Joschka Fischer, der 1999 die deutsche Teilnahme am Kosovo-Krieg mit dem Ruf „Nie wieder Auschwitz“ begründete, hat er sich darauf spezialisiert, Kriege für Rohstoffe und geopolitische Interessen mit humanitären und links klingenden Phrasen zu rechtfertigen.

Gysi, der langjährige Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, der nur wenige Minuten nach Cohn-Bendit im DLF interviewt wurde, wollte dem grünen Kriegstreiber in nichts nachstehen. Nach den „Bomben in Frankreich“ und der jüngsten Attacke mit dem LKW „müssen wir uns jetzt darauf konzentrieren, den Islamischen Staat zu beseitigen“, erklärte er.

Es gehe darum ,„Schwerpunkte“ zu setzen und die „Fragen“ dort zu lösen. Dazu müssten sich die verschiedenen Länder „auch mal koordinieren und sagen, was kann man eigentlich gemeinsam machen, um erstens den Zulauf zu beenden und zweitens dann auch wirksam den Islamischen Staat zu bekämpfen.“

Gysi schlug vor, zunächst gemeinsam mit Russland gegen den Islamischen Staat vorzugehen und anschließend möglicherweise gegen das Assad-Regime in Damaskus. Er erklärte: „Das Erste, was wir mal benötigen, ist eine Verständigung USA-Russland. Aber wir machen ja Sanktionen gegen Russland, anstatt zu sagen, gut, jetzt lasst uns doch mal gemeinsam das Problem Assad nach hinten verschieben, gemeinsam überlegen, wie wir den Islamischen Staat beseitigen.“

Den „Militärpakt“ zwischen Russland und den USA im Kampf gegen den IS und al-Qaida, über den derzeit spekuliert wird, und die Einrichtung eines „möglichen gemeinsamen Kommando- und Kontrollzentrums für Bombenangriffe und weiteres Planen“ bezeichnete Gysi „als Schritt in die richtige Richtung, wenn dann noch der Sicherheitsrat einbezogen wird“.

Vor dem Hintergrund des „gewaltigen Durcheinanders“ in Syrien gebe „es nur eine Lösung: Russland und die USA müssen sich auf etwas verständigen, was dann auch vom Sicherheitsrat getragen wird, und das muss man dann auch mit Druck, auch gegen den Willen der türkischen oder saudi-arabischen oder iranischen Regierung durchsetzen. Anders wird es nicht laufen!“

Gysi und die Linkspartei sprechen für Vertreter des deutschen Imperialismus, die auf eine von den USA unabhängigere deutsche Außen- und Militärpolitik drängen und (zumindest momentan) eine engere politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland anstreben.

Gysi verurteilte zwar die russische „Annexion“ der Krim, kritisierte aber gleichzeitig auch die Sanktionen gegen Moskau. Dann erklärte er: „Von Anfang an hätten wir im Interesse der Ukraine und Russlands und Europas und Deutschlands vermitteln müssen, und da haben uns die USA auf einen falschen Weg geführt. Und weil wir leider hörig sind gegenüber der US-Administration, machen wir dann immer alles, was die sagen. Wir müssen etwas selbständiger werden, glaube ich.“

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