New York Times sieht auf Republikaner-Konvent nur „Weiße“

Die New York Times ist zum wichtigsten Organ für die Verbreitung von rassenbezogenem Gedankengut geworden. Sie betrachtet mittlerweile sämtliche Ereignisse fast ausschließlich durch das Rassenprisma.

Dies drückt sich in unzähligen „aktuellen Nachrichtenbeiträgen“ und direkten Meinungsäußerungen in den Leitartikeln und Kommentaren aus. Besonders die Kolumnen von Charles Blow und Michael Eric Dyson behandeln alle Ereignisse, Personen, politische Bewegungen, Bücher, Filme und was immer ihnen journalistisch unterkommt, aus dem Blickwinkel der Rassenfrage. (Und hin und wieder bringen sie auch die Gender-Frage ins Spiel.)

Das betrifft natürlich auch die Art und Weise, wie die Zeitung letzte Woche den Wahlparteitag der Republikaner behandelt hat. Der Leitartikel der Times vom 21. Juli mit der Überschrift „Grand Old Party, die surreale Show der Vielfalt“ beginnt mit der Feststellung: „Die unerbittliche Vorherrschaft der Weißen auf dem Republikanischen Wahlparteitag ist schon erstaunlich. Dies ist vielleicht der weißeste Parteitag seit hundert Jahren.“

Der Parteitag war ein widerliches Spektakel, ein Symptom für den ungeheuren politischen und sozialen Niedergang des amerikanischen Kapitalismus. Würde es die Times trösten, wenn ein Teil der reaktionären Politiker Afroamerikaner gewesen wären? Nun, der Demokratische Parteitag wird diese Woche ausreichend Vertreter dieser Gattung bieten.

Die Times erwähnte „die vielen weißen Rednern, wie Rudolph Giuliani, ehemaliger Bürgermeister von New York“. Die entscheidende Frage ist aber auch hier nicht Giulianis Hautfarbe, sondern seine ultrarechte Gesinnung und seine Politik. In dieser Hinsicht stehen ihm allerdings ungezählte schwarze Bürgermeister und Lokalpolitiker der großen Städte Amerikas in nichts nach.

Davon abgesehen: Wer benutzt derartige Begriffe wie „die Weißen“, „weiße Redner“, usw.? Ist das nicht die Sprache von Rassisten und Ultranationalisten?

Vor ihren Lesern und vor sich selbst tun die Times-Herausgeber so, als würden sie damit nur die harte, bittere Wahrheit aussprechen. Aber das stimmt nicht. Wer spricht wie ein Rassist und Ultranationalist, erweist sich am Ende durchwegs selbst als Rassist und Ultranationalist.

Weiter heißt es im selben Leitartikel: „Die Republikaner werden letztendlich begreifen (selbst wenn ihr Präsidentschaftskandidat es nicht begreift), dass sie als Partei des weißen Grolls und der rassischen Ausgrenzung keine Zukunft haben.“

Die Behauptung der Times ist in vielerlei Hinsicht falsch. Zuerst einmal gibt es nicht den „weißen Groll“ im Allgemeinen, ebenso wenig, wie es im Grunde eine „weiße Bevölkerung“ gibt. Wie in allen Gesellschaften der modernen Geschichte ist die amerikanische Gesellschaft definitiv in Klassen gespalten.

Zweitens ist es eine Verleumdung, zu unterstellen, Donald Trump sei „der Kandidat der weißen Bevölkerung“, wie es auch eine Verleumdung ist, zu behaupten, Barack Obama sei der Vertreter der Afroamerikaner, oder Hillary Clinton spreche für alle Frauen. Trump ist der Sprecher der rücksichtslosen, gierigen amerikanischen Elite und, genau wie Obama und Clinton, erklärter Feind der Arbeiterklasse in all ihren Teilen.

Die heftige Reaktion des Times-Redakteurs auf Trump birgt ein Element von Täuschung. Die inzestuöse Beziehung der Zeitung zu den New Yorker Bauspekulanten, darunter auch Trump, ist ausreichend belegt. Im April 1984 veröffentlichte die Journalistin Anisa Purbasari ein Schreiben von Trump an den damaligen Times-Chefredakteur Abe Rosenthal, in dem es heißt: „Ich bewundere Sie und die Art, wie Sie Ihr großartiges Organ, die NEW YORK TIMES, leiten. Niemand sonst hat einen so nachhaltiger Erfolg wie Sie erreicht.“ Zwei Tage darauf erschien im New York Times Magazine eine überschwängliche Titelgeschichte über Trump. Darin war zu lesen: „Einen Tag mit Donald Trump zu verbringen, ist wie eine Fahrt im Ferrari ohne Windschutzscheibe. Es ist extrem aufregend.“

Später haben sich Trump und die Times auseinandergelebt. Derzeit sind sie unterschiedlicher Meinung über die Strategie und Taktik der herrschenden Klasse. Der Immobilienmogul und die Zeitungsredakteure haben jedoch hundert Mal mehr Gemeinsamkeiten als Trump und irgendein „weißer“ Busfahrer, Krankenpfleger oder Lehrer.

Drittens spricht die Times mit Geringschätzung von jeder Art von „Groll“. Für die gutbetuchten Mitglieder der Redaktionsleitung und die gehobenen Redakteure könnten die Dinge kaum besser laufen. Sie bereichern sich auch weiterhin an der Börse und am Immobilienboom, während Millionen schwarzer, weißer, lateinamerikanischer und eingewanderter Arbeiter unter anhaltender Not leiden.

Die aktuelle Besessenheit der Times ist keine vorübergehender Marotte oder Verwirrung. Ihr konzentriertes Bemühen, ein Narrativ allein um die Rassenfrage herum zu schaffen, ist bewusste Politik. Es ist die Reaktion eines Teils der herrschenden Elite auf die Radikalisierung großer Menschenmassen in Amerika, die zunächst in den dreizehn Millionen Stimmen für den „Sozialisten“ Bernie Sanders Ausdruck fand. Die Times-Herausgeberund die ganze Parteihierarchie der Demokraten sind entschlossen, im gegenwärtigen Wahlkampf die Frage von Rasse (und Geschlecht) in den Vordergrund zu stellen. Der Leitartikel vom 21. Juli und ihre allgemeine Strategie sind nur ein Vorgeschmack dessen, was noch kommt.

Gemeinsam mit den Demokraten führt die Times eine systematische Kampagne. In einer Situation, in der die Klassenfrage immer wichtiger wird, wollen die Zeitungsherausgeber unbedingt „das Thema wechseln“. Deshalb unterstützt die Times ihren Kommentator Charles Blow, der die Ansicht, „Rasse sei nur eine Unterkategorie von Klasse“, rundheraus zurückweist. Ihnen zufolge muss das Rassen-Narrativ um jeden Preis vorrangig sein. Das ist eine Wahlkampftaktik, mit der sie die weithin verachtete Clinton ins Weiße Haus hieven wollen. Und – grundlegender noch – es ist eine Klassenstrategie, um die arbeitende Bevölkerung zu spalten.

Das ist allerdings eine sehr gefährliche und hetzerische Politik. Würde es irgendwo in den USA tatsächlich zu einem Rassenaufstand kommen, dann, so hat man den Eindruck, würde die Redaktionsleitung darauf mit „Wir haben es euch doch gesagt“ reagieren, wenn nicht mit offener Genugtuung.

Diese Politik ist nicht nur unverantwortlich, sie basiert auch auf einer Lüge. Nie war in den USA die soziale Differenzierung unter Afroamerikanern (und unter Frauen) größer als jetzt. Die schwarze Bevölkerung ist deutlich in Klassen geteilt, und eine dünne Schicht von Unternehmern und Politikern hat in den letzten Jahrzehnten enorm profitiert. (Gleichzeitig unterscheidet sich die soziale Situation der obersten zehn bis fünfzehn Prozent der Frauen – Führungskräfte in der Wirtschaft, Beraterinnen, Rechtsanwälte, Doktoren und Akademikerinnen – deutlich von der Masse der arbeitenden Frauen.

Die objektiven Voraussetzungen für eine Vereinigung der Arbeiterklasse waren noch nie so günstig. Die Angriffe auf Arbeitsplätze und Rechte der Arbeiter sind so gut wie universell. Bedingungen von Armut und Not haben Dutzende Millionen Menschen auf gleiche Stufe gestellt und sozial angenähert. Rassische, ethnische, sprachliche und religiöse Unterschiede spielen im amerikanischen Leben eine geringere Rolle als je zuvor in der Geschichte.

Genau aus diesem Grund bemüht sich die Times mit ihrem unfehlbaren Klasseninstinkt immer wieder, die Fragen von Rasse und Geschlecht zu betonen und hervorzuheben.

Hinzu kommt, dass in der bürgerlichen Politik generell eine Tendenz in Richtung Rasse, „Blut“ und Nation vorherrscht. Es entspricht ihrem Bedürfnis, Unterdrückung und Ungleichheit aufrechtzuerhalten. Darin sprechen die Times-Redakteure, nur wenig abgewandelt, die Sprache des sunnitischen, schiitischen oder hinduistischen Sektierertums und Chauvinismus. Die gut betuchten New Yorker Intellektuellen drücken sich nur etwas gewählter aus. So sticht die Zeitung in ein Wespennest, und es kann gut sein, dass andere dafür den Preis bezahlen werden.

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