Bewaffnete Proteste gegen den ehemaligen Stanford-Studenten Brock Turner

Anfang September wurde die Logik der schmutzigen feministischen Medienkampagne rund um den Fall sexueller Gewalt an der Stanford University in den USA deutlich. Als der ehemalige Student Brock Turner nach einem Teil seiner Haftstrafe wegen Vergewaltigung einer jungen Frau zum Haus seiner Eltern zurückkehren wollte, erwarteten ihn in Bellbrook, Ohio, rechte bewaffnete Demonstranten und drohten, Turner zu ermorden.

Die Protestierenden, die sich selbst als „Anarchisten“ bezeichneten, waren mit Sturmgewehren und Schrotflinten bewaffnet. Sie trugen Schilder mit aufhetzenden Parolen, wie „Erschießt den Vergewaltiger in Eurer Stadt“ und „Wenn ich Brock [Turner] vergewaltige, werde ich dann auch nur drei Monate sitzen?“ Andere Plakate riefen dazu auf, Vergewaltiger zu kastrieren und zu töten. In Ohio ist das offene Tragen von Waffen erlaubt.

Micah Naziri, einer der Organisatoren der Aktion, der ein .300 Blackout-Gewehr trug, sagte laut der britischen Tageszeitung Guardian gegenüber Reportern: „Wir haben diesen bewaffneten Protest vor allem deshalb organisiert, um ein militantes feministisches Statement zu machen, das für das Recht auf Selbstverteidigung möglicher Vergewaltigungsopfer eintritt.“

Eine andere Teilnehmerin, Molly Hardin, erklärte, „es ist völlig legal, einen Vergewaltiger, der auf frischer Tat ertappt wird, zu töten… Sollte er so etwas nochmal versuchen… dann schützen wir die Stadt. Wir werden es nicht hinnehmen.“

Es ist bemerkenswert, dass die amerikanischen Medien über dieses unheimliche Ereignis in der Region Dayton im Wesentlichen positiv oder zumindest unaufgeregt berichteten, als handle es sich um eine legitime, wenn auch vielleicht übertriebene Reaktion auf Brock Turners ungeheuerliche Verbrechen. Dieselben Medien lassen jede ernsthafte Reaktion vermissen, wenn im Nahen Osten unzählige Zivilisten getötet werden, Menschen in Drohnenangriffen sterben, „Todeslisten“ geführt und Häftlinge gefoltert werden oder die NSA die Bevölkerung lückenlos überwacht.

Turner wurde im März 2016 in drei Anklagepunkten der sexuellen Nötigung für schuldig befunden. Im Januar 2015 hatten zwei Studenten, die mit dem Fahrrad auf dem Campus der Stanford University unterwegs waren, beobachtet, wie Turner, damals ein 19jähriger Studienanfänger, auf einer regungslos daliegenden 22jährigen Frau hinter einer Mülltonne lag. Nach mehreren unabhängigen Aussagen hatten er und sein Opfer auf einer Studentenfeier, einer sogenannten fraternity party, sehr viel getrunken. Die junge Frau sagte aus, sie könne sich an das Geschehene nicht erinnern.

Auf Basis des Berichts eines Bewährungshelfers, der sich zum Teil auf Turners jugendliches Alter und das Fehlen von Vorstrafen stützte, verurteilte der zuständige Richter Aaron Persky Turner am 2. Juni 2016 zu sechs Monaten Haft in einem Bezirksgefängnis. Außerdem muss er sich lebenslang als Sexualstraftäter registrieren lassen. Die Universität exmatrikulierte ihn. Turner wurde nach der Hälfte seiner Haftzeit entlassen, was eine gängige Praxis bei derartigen Delikten ist.

Der Fall löste rachsüchtige und obszöne Kommentare in den amerikanischen Medien aus. Wer mit der politischen und gesellschaftlichen Realität der Vereinigten Staaten vertraut ist, musste dem ganzen Ausmaß der primitiven und aggressiven Kampagne, die den Stanford-Studenten dämonisierte, mit großem Misstrauen begegnen.

Die Reaktion der Medien auf Turners Entlassung Anfang September war vorhersehbar. Erneut vergifteten sie mit ihren Schlagzeilen und Behauptungen die öffentliche Meinung und machten der abstoßenden Sensations- und Regenbogenpresse vergangener Zeiten alle Ehre. Oft stehen die „liberalen“ Medien an der Spitze dieser Hetze. „Wir alle kennen einen Brock Turner“, behauptete ein niveauloser Artikel in der Huffington Post, und führte wieder einmal unbewiesene Behauptungen über eine „Vergewaltigungsepidemie“ an Universitäten an.

Feministinnen wie Michele Dauber, Soziologin und Professorin an der Stanford University, ließen im Fall Turner ihren boshaften Kommentaren und Aktionen freien Lauf. Unterstützung erfuhren sie von sogenannten linken Organisationen wie der International Socialist Organization. Das überrascht nicht, denn die Pseudolinke hat sich weitgehend in eine Lobbyorganisation verwandelt, die im Ausland für imperialistische Kriege im Namen von „Menschenrechten“ und „Frauenrechten“ wirbt und im Innern, wie der Fall Turner jetzt zeigt, eine Ausweitung der Polizeibefugnisse fordert.

Zahllose ehemalige „extreme Linke“, Maoisten und andere geben sich alle Mühe, sich mit dem Staat und den Medienexperten gemein zu machen und härtere Strafen für „Sexualverbrecher“ zu fordern. Es passt ins Bild, dass selbsternannte „Anarchisten“ den bewaffneten und provokativen Protest vor dem Haus der Familie Turner organisiert haben sollen.

An der Stanford University und anderen Universitäten wurde eine Lynchmob-Atmosphäre erzeugt, die sogar für Versuche genutzt wird, den Richter Persky seines Amtes zu entheben. Professorin Dauber spielt in dieser Kampagne eine führende Rolle. Beispiellos war die Reaktion des US-Vizepräsidenten Joseph Biden, der mit einem ignoranten und antidemokratischen „Offenen Brief“ in den Fall eingriff.

Der provokative „Protest“ vor dem Haus der Turners ist die unvermeidliche Folge der rücksichtslosen Propagandakampagne von Dauber und Konsorten.

Dauber versuchte, sich von dem Protest zu distanzieren. Dem Guardian sagte sie: „Wir unterstützen keine Selbstjustiz.“ Trotzdem sind sie und andere, die die Kampagne gegen Persky anführen, politisch und moralisch verantwortlich für die Folgen des Klimas, das sie geschürt haben.

Die Professorin gehörte eine Zeit lang zu den führenden Stimmen, die forderten, dass Rechte von verdächtigten Sexualstraftätern an Universitäten eingeschränkt werden müssen. Mit einem Brief an Richter Persky zu seinem Urteil mischte sie sich auch persönlich in den Fall Turner ein. Wie zu erwarten war, forderte sie den Richter auf, ein viel härteres Urteil zu fällen.

Dauber und ihr Ehemann Ken, ein Softwareentwickler bei Google, sind Teil eines wohlhabenden sozialen Milieus. Es ist kaum überraschend, dass beide begeisterte Unterstützer von Hillary Clinton sind. Auf Daubers Twitter-Account, auf dem man immer wieder Verleumdungen gegen Persky liest, findet man auch viele Mitteilungen von Politikern der Demokraten und unzählige Pro-Clinton-Einträge.

Am 21. Oktober 2015 twitterte Dauber: „Biden ist OUT, #Hillary2016 ist die Kandidatin, mit eurer Hilfe werden wir eine Frau als Präsidentin der USA haben.“ In einem Tweet vom Januar 2016 lud Dauber zu „einem Treffen mit Präsident Bill Clinton in kleinem Kreis ein… Tickets nur 1 K [vermutlich 1 000 Dollar].“ Ein anderer Tweet lautete: „Wollt ihr Hillary Clinton kennenlernen? Gebt mir Bescheid. Ich habe 25 Tickets für ein Event in Palo Alto [Kalifornien] jetzt am FREITAG, 8. JANUAR!!!!“.

Auf Ken Daubers Facebook-Seite lesen wir: „Fürchtet ihr Donald Trump? Wollt ihr wissen, wie ihr Hillary Clinton unterstützen könnt? Kommt am Mittwoch, den 25. März um 17 Uhr zu der Veranstaltung in Atherton [Kalifornien] und lernt Hillary kennen. Es gibt noch günstige Tickets (500 $), aber sie gehen schnell weg. Trefft unsere erste Frau im Präsidentenamt in kleinem privaten Rahmen. Das ist eine einzigartige Gelegenheit, etwas zu verändern und an der Geschichte mitzuschreiben! Tut es jetzt! Wir brauchen euch!“

Für die Daubers bietet der Feldzug gegen sexuelle Gewalt eine zusätzliche Gelegenheit, Clinton und die Demokratische Partei zu unterstützen. Themen wie die angebliche Existenz einer „Vergewaltigungskultur“ sollen das politische Klima vergiften, bestimmte Schichten der Gesellschaft verwirren und vor allem die Aufmerksamkeit von den endlosen Kriegen, der sozialen Ungleichheit und den pausenlosen Angriffen auf die Arbeiterklasse ablenken.

Diese Entwicklungen bestätigen die Position der World Socialist Web Site. Kampagnen aufgrund von aufsehenerregenden Vergewaltigungsvorwürfen gehörten und gehören zum Standardrepertoire der extremen Rechten. Die vernichtenden Angriffe auf Brock Turner könnten auch darin enden, dass er ein Opfer rechter Gewalt wird.

Loading