Erfolgreiche Wahlabschlussveranstaltung der PSG in Berlin

Am Donnerstagabend fand die Wahlabschlussveranstaltung der Partei für Soziale Gleichheit (PSG) in Berlin statt. Führende Vertreter der PSG sowie des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) erläuterten eine sozialistische Perspektive, die den Widerstand gegen Krieg mit dem Kampf gegen soziale Ungleichheit, Staatsaufrüstung und Fremdenfeindlichkeit verbindet.

Peter Schwarz, der Sekretär des IKVI und Vorstandsmitglied der PSG, ging als erster Redner auf die wachsende Kriegsgefahr ein. „Der Kampf gegen Krieg steht im Zentrum unserer Wahlkampagne, weil keine andere Frage die Arbeiterklasse derart betrifft wie die Kriegsgefahr“, begann er. Viele Menschen seien beunruhigt über den zunehmenden Militarism us. Doch kaum jemand könne sich vorstellen, wie weit die Kriegsvorbereitungen der führenden Politiker und Militärs bereits fortgeschritten seien.

Peter Schwarz

Um zu sehen, was in den herrschenden Kreisen diskutiert werde, müsse man militärische Fachzeitschriften und die Publikationen politischer Thinktanks studieren, oder Artikel von Spezialisten, die diese Berichte auswerten. „Hier ist die Frage längst nicht mehr, ob, sondern wann ein größerer Krieg ausbrechen wird. Selbst der Einsatz von Atomwaffen und die Gewinnbarkeit eines Atomkriegs werden ernsthaft diskutiert.“

Schwarz zitierte u. a. aus einer Studie des Institute for National Strategic Studies (INSS): „Russlands Verhalten hat dazu geführt, dass es Verteidigungsstrategen für nötig erachten, sich wieder auf eine mögliche Konfrontation und einen Konflikt mit Moskau zu konzentrieren … Das betrifft den konventionellen, den nuklearen und den Raketenbereich der Nato.“

Laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut (SIPRI) plane die US-Regierung, bis zum Jahr 2024 348 Milliarden Dollar für die Modernisierung ihrer Nuklearwaffen auszugeben. „In den kommenden dreißig Jahren werden es Schätzungen zufolge bis zu einer Billion (1000 Milliarden) Dollar sein“, so Schwarz.

Anschließend zeigte er auf, dass sich die USA nicht nur auf einen nuklearen Krieg gegen Russland, sondern auch gegen China vorbereiten. Russland und China rüsteten als Reaktion darauf ihrerseits auf. „Aber auch die europäischen Großmächte und insbesondere Deutschland bereiten sich auf Krieg vor. Siebzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrt der deutsche Militarismus zurück.“

Detailliert ging er auf die Wiederkehr des deutschen Militarismus ein, die letztlich den imperialistischen Interessen der deutschen Wirtschaft diene. Schwarz schloss, indem er die grundlegenden Voraussetzungen einer internationalen Anti-Kriegsbewegung zusammenfasste. Sie müsse von der Arbeiterklasse ausgehen, antikapitalistisch, d. h. sozialistisch und vor allem international sein. Um dem kapitalistischen System, das die Ursache für Militarismus und Krieg bildet, ein Ende zu setzen, „muss die neue Antikriegsbewegung unbedingt vollkommen unabhängig sein von allen politischen Parteien und Organisationen der Kapitalistenklasse“.

Jerry Whites Videobotschaft

Der internationale Charakter der PSG und ihres Wahlkampfs kam auch in den Reden zweier internationaler IKVI-Vertreter zum Ausdruck. Jerry White, der Präsidentschaftskandidat der Socialist Equality Party in den USA, wurde über Video der Versammlung zugeschaltet. Er überbrachte die Grüße der SEP und ging auf die Situation in den USA ein. „Unter Arbeitern und Jugendlichen gibt es hier eine breite Antikriegsstimmung“, sagte White. Diese Stimmung könne in einem politischen System, das komplett von der Finanzaristokratie dominiert wird, keinen Ausdruck finden.

Die Präsidentschaftswahlkampagne der SEP habe sich zur Aufgabe gemacht, diese Antikriegsstimmung auszudrücken, so White. „Gemeinsam mit unseren Genossen in Deutschland und dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale kämpfen wir für den Aufbau einer Massenbewegung gegen Krieg und gegen das kapitalistische System. Dafür verbinden wir die Arbeiter in den Vereinigten Staaten mit denen in Deutschland und auf der ganzen Welt.“

Chris Marsden

Chris Marsden, Vorsitzender der Socialist Equality Party (SEP), der britischen Schwesterpartei der PSG, sprach zu den Erfahrungen und Lehren aus dem Brexit. Marsden erläuterte in seinem Beitrag außerdem den Putschversuch der Labour-Rechten gegen den Parteivorsitzenden Jeremy Corbyn. Dessen Wahl im letzten Jahr sei ein verzerrter Ausdruck der Linkswendung von Arbeitern und Jugendlichen gegen die Wiederwahl der Tory-Regierung gewesen, sagte Marsden. Corbyn habe an die soziale Unzufriedenheit appelliert und dadurch Hunderttausende zum Eintritt in die Labour Party bewogen, die heute 640.000 Mitglieder habe. Corbyn selbst sei allerdings stets vor den Partei-Rechten zurückgewichen.

Unmittelbar nach dem Brexit-Referendum hätten diese Rechten mit ihrem Versuch begonnen, Corbyn abzusetzen. Sie versuchten so, das Ergebnis des Referendums rückgängig zu machen und die Labour Party als Instrument für eine politische Umgruppierung zu nutzen. Zu den Methoden, die dabei eingesetzt werden, gehörten der Ausschluss von 130.000 Mitgliedern von der Wahl des Partei-Vorsitzenden, die Überwachung von Email- und Social-Media-Accounts der Corbyn-Unterstützer, das Verbot von Ortsverbandstreffen und eine Säuberung der Partei von angeblichen „trotzkistischen Saboteuren“.

Marsden sprach eine deutliche Warnung aus. „Was der Labour-Apparat heute gegen die Corbyn-Anhänger durchsetzt, ist nur ein Vorgeschmack dessen, was die Partei bei einer Aufstandsbewegung der Arbeiterklasse tun wird.“ Er berichtete, dass die Säuberung der Partei von Corbyn-Unterstützern inoffiziell als ‚Operation Eispickel‘ bezeichnet werde. Das ist eine Anspielung auf die Waffe, mit der Trotzki 1940 ermordet wurde.

Endrik Bastian

Endrik Bastian, Direktkandidat der PSG im Wahlkreis Mitte 5 (Wedding), ging anschließend auf die Rolle der Linken in Deutschland ein. Er erinnerte vor allem an ihr Wirken in den zehn Jahren von 2002 bis 2011, als sie gemeinsam mit der SPD Berlin regierte und die Stadt zur „Hauptstadt der Armut“ machte.

Nun gelte die Berlinwahl als Test, um die Weichen für eine rot-rot-grüne Koalition im Bund zu stellen. „Eine solche Regierung wäre kein Fortschritt“, warnte Bastian. „1998 hatten die SPD und die Grünen ein Regierungsbündnis gebildet, um die Bundeswehr wieder in Auslandseinsätze zu schicken und mit der Agenda 2010 Löhne und Sozialleistungen zu senken. Nun soll dieses Bündnis mithilfe der Linkspartei neu belebt werden, um die nächste Runde des Sozialabbaus einzuleiten und dem deutschen Militarismus Bahn zu brechen.“

Bastian ging ausführlich auf die Forderung der Linkspartei nach Staatsaufrüstung ein.

Jessica Pluntke

Was die Gründe für den Ruf nach dem „starken Staat“ sind, erklärte anschließend Jessica Pluntke, Wahlkandidatin der PSG. Sie sagte, der Ruf sämtlicher Parteien im Berliner Abgeordnetenhaus nach einer Aufstockung der Polizei und der Aufrüstung des Staates habe nichts mit „Innerer Sicherheit“ zu tun. „Es geht vielmehr darum, die unpopuläre Politik des Militarismus gegen den Widerstand der Bevölkerung durchzusetzen.“

Wie sie erklärte, finden die Angriffe auf demokratische Grundrechte ihren schärfsten Ausdruck im Umgang mit den Flüchtlingen. „Hier wird am schwächsten Teil der Bevölkerung erprobt, was gegen die gesamte arbeitende Bevölkerung in Stellung gebracht werden soll. Militarismus und soziale Ungleichheit lassen sich nicht mit Demokratie vereinbaren.“

Als letzter sprach Ulrich Rippert, der PSG-Vorsitzende, zur Bedeutung und Geschichte dieser Partei. Er wies auf den hundertsten Jahrestag der Russischen Revolution im nächsten Jahr hin, „des größten Ereignisses des zwanzigsten Jahrhunderts, das die Weltsituation grundlegend verändert hat“. Die erste Machteroberung des Proletariats sei „keine spontane Entwicklung“ gewesen, erklärte Rippert. „Es erforderte eine intensive politische und theoretische Vorbereitung. Darin bestand die große Bedeutung des Kampfs von Lenin und Trotzki.“

Ulrich Rippert am Rednerpult

Aus dieser geschichtlichen Erfahrung ergäben sich für heute zwei wichtige Lehren, fuhr der PSG-Vorsitzende fort. Der Kampf gegen Krieg erfordere erstens die Vorbereitung auf die Revolution. Zweitens sei ein unnachgiebiger Kampf „gegen all jene erforderlich, die im Namen der ‚Einheit gegen Rechts‘ oder der ‚Einheit für den Frieden‘ die Arbeiterklasse einem opportunistischen, nationalistischen Programm unterordnen“.

„Die Stärke unserer Partei besteht darin, dass wir immer an diesen Prinzipien festgehalten haben“, betonte Rippert, um dann die Geschichte der trotzkistischen Bewegung in Deutschland zu skizzieren und die wichtigsten Lehren daraus festzuhalten.

Er berichtete, welche politischen Fragen vor 45 Jahren die jungen Arbeiter und Studenten bewegten, darunter ihn selbst, die den „Bund Sozialistischer Arbeiter“ gründeten, den Vorläufer der PSG.

Er berichtete über die Auseinandersetzungen mit den Sozialdemokraten, Stalinisten und Maoisten in den 1970er Jahren. Er erinnerte auch an die Pablisten, die 1953 vom Trotzkismus gebrochen hatten und nun in Wirtschaft, Medien und Politik wichtige Rollen einnahmen. Er nannte einige prominente Fälle, darunter Harald Wolf, ehemaliger Wirtschaftssenator der Linkspartei in Berlin, Volker Ratzmann, früherer Fraktionsvorsitzender der Grünen im Abgeordnetenhaus und heute Bevollmächtigter des grün-schwarz regierten Landes Baden-Württemberg in Berlin, Andrea Fischer, früher Bundesgesundheitsministerin und danach Lobbyistin für die Pharmaindustrie, und Sonia Mikich, lange Jahre Fernsehmoderatorin (Monitor) und heute Chefredakteurin beim WDR.

„Aber den größten Fortschritt haben wir gemacht, als wir vor dreißig Jahren den Kampf gegen die Workers Revolutionary Party (WRP) führten“, betonte Rippert. Die damalige britische IKVI-Sektion „wollte die reaktionären Standpunkte des Pablismus in unserer Partei durchsetzen.“

„Durch diese Auseinandersetzung waren wir auf den Zusammenbruch der Sowjetunion vorbereitet, der vor 25 Jahren einen tiefgreifenden politischen Umbruch einleitete“, fuhr er fort. Das IKVI habe von Anfang an die Auflösung der Sowjetunion als Auftakt zu neuen Kämpfen der Großmächte um Macht und Einfluss verstanden.

Die Partei stehe heute erneut am Vorabend gewaltiger Klassenkämpfe. „Die Arbeiterklasse kann keinen Schritt vorwärts machen, ohne mit der SPD, den Grünen, der Linken und dem gesamten pseudolinken Anhang zu brechen“ und ihre eigene Partei aufzubauen. „Diese Partei ist die PSG als Sektion des IKVI.“

Die Partei für Soziale Gleichheit habe in ihrer Geschichte und in den letzten Wochen im Wahlkampf gezeigt, „dass sie fähig ist, dem ganzen politischen Establishment entgegen zu treten, und sich nicht einschüchtern lässt. Jetzt gilt es, diese Partei aufzubauen. Unsere Stärke ist unsere Geschichte und die historische Tradition, die wir verkörpern. Studiert diese Geschichte und werdet Mitglied der PSG!“

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