Wachsende Konflikte zwischen USA und EU vor G20-Gipfel

Der heute beginnende G20-Gipfel in Hamburg findet vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen Washington und seinen traditionellen Verbündeten in der Europäischen Union statt. Obwohl es sich angeblich um ein Wirtschaftstreffen handelt, wird der Schwerpunkt auf den globalen militärischen Krisen liegen. Dazu gehören die Pattsituation zwischen den USA und China in Bezug auf Nordkorea und die wachsenden geopolitischen Konflikte zwischen der EU und den USA in Asien, dem Nahen Osten und Osteuropa. Ein weiteres Thema wird Trumps Rückzug aus dem Klimaabkommen von Paris sein.

Mit seinem Besuch in Polen am Vorabend des Gipfels versuchte Trump die Opposition gegen die EU zu ermutigen und speziell gegen Deutschland, Europas dominierende Macht. Bereits nach seinem Amtsantritt hatte Trump die deutsche Handelspolitik als „wirklich schlimm“ bezeichnet und gedroht, die Auto-Exporte Deutschlands in die Vereinigten Staaten zu unterbinden. „In Berlin und anderen europäischen Hauptstädten“ sei „man entsprechend besorgt“ über Trumps Auftritt, kommentierte Spiegel Online. Es werde befürchtet, „Trump könnte versuchen, einen Keil zwischen die EU-Staaten zu treiben“.

Trump hielt seine Rede vor dem Denkmal zur Erinnerung an den Warschauer Aufstand von 1944. Der Warschauer Aufstand gegen die Nazi-Besatzung Polens war vom deutschen Militär brutal unterdrückt und etwa 200.000 Menschen getötet worden. „Polen ist das Herz Europas“, erklärte Trump und „das amerikanische Volk liebt Polen“. Vor seinem Auftritt hatte Trump demonstrativ die Verteidigungsfähigkeit Polens gegenüber Russland gestärkt. Die USA hätten der Lieferung von Patriot-Flugabwehrraketen zugestimmt, verkündete der polnische Verteidigungsminister Antoni Macierewicz.

Vertreter der herrschenden rechtsextremen Recht- und Gerechtigkeitspartei (PiS) in Polen hatten Scharen von PiS-Anhängern mit Bussen nach Warschau gebracht, um Trump ein jubelndes Publikum zu verschaffen. Doch Trumps Einladung widerspiegelt keineswegs eine breite Popularität von Trump in Polen. Laut einer Umfrage glauben nur 23 Prozent der Bevölkerung, dass Trump in der internationalen Politik „das Richtige tut“. Vielmehr hofft die PiS Trump als mächtigen Verbündeten in seinen erbitterten Konflikten mit der EU nutzen zu können. Die EU hatte die Schritte der polnischen Regierung kritisiert, mit denen das Justizsystem seiner Befugnisse beraubt, die Einwanderung nach Polen verhindert und extrem rechte Milizen aufgebaut sowie ein autoritäres Regime errichtet werden.

Vor Trumps Ankunft in Europa gaben Vertreter der amerikanischen Regierung eine Flut von Erklärungen heraus, in denen China verurteilt wird, weil es sich weigere, Nordkorea nach dessen Test einer Interkontinentalrakete am Dienstag wirtschaftlich zu erdrosseln. Dem zum Trotz wurde der chinesische Präsident Xi Jinping am Mittwoch bei seinem Staatsbesuch in Berlin mit offenen Armen empfangen. Im Mittelpunkt seines Besuchs standen die wachsenden politischen und ökonomischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern, den wirtschaftlichen Machtzentren Asiens und Europas. Das zentrale Thema bei Xis Besuch war der eskalierende Konflikt zwischen den Großmächten im Zentrum der kapitalistischen Weltwirtschaft. Xi wie auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel übten scharfe Kritik an der US-Politik.

Auf die Frage der Die Zeit, ob sie ihre mittlerweile allgemein bekannte Äußerung vom Mai wiederholen würde, dass Europa sich nicht völlig auf das Bündnis mit Washington verlassen könne, antwortete Merkel: „Ja, genauso.“ Unmittelbar nach einem ersten Treffen mit Trump am Donnerstagabend griff der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) die US-Regierung scharf an. „Die Amerikaner haben eine schwierige Vorstellung, finde ich, von der Welt. Die Vorstellung, die sie haben, ist, dass die internationale Zusammenarbeit nicht auf der Basis sozusagen gemeinsam verabredeten Rechts entsteht, sondern das sozusagen eine Kampfarena ist, wo der Stärkere sich Verbündete sucht, um gegen andere zu kämpfen.“

Gabriels Kritik ist pure Heuchelei. Deutschland arbeitet genauso daran, sich Verbündete zu suchen, „um gegen andere“ – allen voran die USA – „zu kämpfen“. Bereits am Mittwoch traf Xi, nach seinem Gipfeltreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau, in Deutschland ein. Bei dem Treffen hatten sich die beiden Staatsführer auf eine gemeinsame Politik in Bezug auf Nordkorea geeinigt, die in deutlichem Widerspruch zur Politik Washingtons steht. Xi ließ in den deutschen Medien eine Erklärung mit dem Titel „Lasst uns die Welt zu einem besseren Ort machen“ veröffentlichen. Darin tritt er für engere deutsch-chinesische Beziehungen ein und kritisiert indirekt Trumps „America First“-Politik.

Der chinesische Präsident schreibt, Deutschland und China sollten „eine führende Rolle spielen und die strategische Kommunikation über bilaterale Beziehungen sowie über wichtige internationale und regionale Fragen stärken... Die G20 müssen auch weiterhin einer offenen Entwicklung und der Unterstützung multilateralen Handels mit der WTO als Herzstück verpflichtet bleiben und Handel und Investitionen ermöglichen, um das Weltwirtschaftswachstum weiter anzukurbeln.“

Auf einer Pressekonferenz unterstützte Merkel Chinas Seidenstraßen-Initiative zur Entwicklung eines eurasischen Infrastruktur-Netzwerks, das China, Russland, den Nahen Osten und Europa verbinden soll. Sie erklärte: „Wir glauben, dass wir uns gerne an solchen Projekten beteiligen werden und hoffen auf eine transparente Ausschreibung.“ Merkel betonte, dass es Vorbereitungen für ein Investitionsabkommen gebe, das zu Verhandlungen über eine Freihandelszone zwischen der EU und China führen könnte wie auch zu größeren Möglichkeiten für deutsche Stiftungen, die nach der Verabschiedung eines neuen chinesischen Gesetzes über NGOs, in China arbeiten könnten.

Deutsche und chinesische Vertreter unterzeichneten außerdem einen Auftrag in Höhe von ca. 20 Milliarden Euro, mit dem China Airbus-Flugzeuge kauft.

Auf dem Hintergrund wachsender Konkurrenz zwischen europäischen und chinesischen Firmen forderte Merkel jedoch umfangreichere und bessere Handelskonditionen für deutsche Firmen in China. Sie erklärte, „dass wir natürlich auch möchten, dass wir immer gleichberechtigt behandelt werden und uns gegenseitig sozusagen Marktzugang ermöglichen. Das ist für unsere Unternehmen sehr wichtig.“

Thomas Oppermann, der Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion forderte, die europäischen Mächte sollten auf dem G20-Gipfel eine deutlich feindseligere Haltung gegenüber den US-Interessen einnehmen. Er erklärte: „Wenn man versucht, Donald Trump mit permanentem Appeasement zu begegnen, dann führt das am Ende zu einer Erosion der westlichen Werte…Und es gibt ja schon kleine Trumps in Ungarn oder in Polen.“ Außerdem forderte Oppermann Merkel auf, auf dem G20-Gipfel eine Allianz der übrigen 19 Staaten gegen Trump zustande zu bringen, um die Vereinigten Staaten zu isolieren: „Wir haben die klare Erwartung, Frau Merkel, dass Sie eine 19 :1-Allianz … in Hamburg zustande bringen.“

Xis Besuch in Berlin im Vorfeld des G20-Gipfels macht deutlich, dass die internationalen Institutionen und Bündnisse zusammenbrechen, die die internationalen Verhältnisse des Weltkapitalismus beherrscht haben. Ein Prozess, der seit 1991 eingesetzt hat, als die stalinistische Bürokratie die Sowjetunion auflöste. Während Washington Nordkorea mit Militäraktionen droht, die einen Krieg mit China und Russland auslösen könnten, gehen die Nato-Mächte tief gespalten zum G20-Gipfel. Der Gipfel ist weniger ein Wirtschaftskongress als ein Treffen rivalisierender Mächte, die alle vor der Entscheidung stehen, mit wem sie sich angesichts eines neuen drohenden katastrophalen globalen Konflikts verbünden sollen,

Mit seinem Besuch in Polen nimmt Trump die Strategie wieder auf, die Amerika während der ersten größeren Krise mit der EU in der Nach-Sowjet-Zeit verfolgte. Im Jahr 2002, als die Bush-Regierung ihre illegale Invasion des Iraks trotz der Einwände aus Berlin und Paris vorbereitete, stellte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld das „neue Europa“, d.h. die osteuropäischen Länder, den Ländern des „alten Europa“ entgegen, die gegen die Invasion waren.

Diese zunehmenden Konflikte zwischen den großen Ökonomien der Welt sind Warnsignale für die Arbeiter international. Xis Besuch in Berlin am Mittwoch und Trumps Besuch in Polen am Donnerstag machen klar, dass der Konflikt zwischen Washington und der Achse Berlin-Paris wegen des Iraks vor 15 Jahren kein isoliertes Ereignis war. Er war vielmehr das Ergebnis tiefgehender und andauernder Gegensätze, die ihre Wurzeln in den miteinander konkurrierenden wirtschaftlichen und politischen Interessen der imperialistischen Großmächte haben, die sich im letzten Jahrhundert schon zweimal in Weltkriegen entladen haben.

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