Unabhängige Untersuchung zum Müllhalden-Absturz in Sri Lanka

Diese Woche hielt das Unabhängige Arbeiter-Untersuchungskomitee (Independent Workers Inquiry Committee, IWIC) eine öffentliche Versammlung ab. Es untersucht die soziale Katastrophe im Zusammenhang mit dem Absturz von Colombos größter Müllhalde im Vorort Meethotamulla.

Das Komitee geht auf eine Initiative der Socialist Equality Party (SEP) von Sri Lanka zurück. Sie fordert eine unabhängige Untersuchung durch die Arbeiterklasse, um die Umstände zu ermitteln, die zu dem Absturz geführt haben. Die Veranstaltung in Meethotamulla ist Teil einer Kampagne, mit der die SEP die Untersuchung zurzeit unter Arbeitern und jungen Leuten bekannt macht.

Die Müllhalde war am 14. April abgerutscht und hatte 32 Menschen unter sich begraben und getötet. Weitere acht Personen werden bis heute „vermisst“. Im Ganzen sind 146 Familien von der Katastrophe betroffen, und fast alle, deren Häuser zerstört wurden, sind bis heute obdachlos.

Die Katastrophe kommt einem sozialen Mord gleich, für den die Regierung Sri Lankas verantwortlich ist. Die genaue Zahl der Toten sei immer noch nicht bekannt, sagte P. Aravinda von der SEP, der die Veranstaltung leitete.

Aravinda erklärte: „Verantwortlich für diese soziale Katastrophe ist die Regierung, sowohl die frühere als auch die jetzige, und ihre hochrangigen Vertreter. Schon seit 2011 sind die Menschen auf die Straße gegangen und haben verlangt, dass die Müllhalde beseitigt werde. Die Reaktion der Regierung bestand darin, dass sie die Polizei gegen die Demonstrationen einsetzte, um sie zum Schweigen zu bringen.“

Wie Aravinda erläuterte, schützen die Regierung und die etablierten Medien die wirklich Schuldigen, die für den Haldenabsturz verantwortlich sind, und schieben stattdessen den einfachen Leuten die Schuld in die Schuhe. Im Gegensatz dazu wird die IWIC die Klassenwurzeln der Katastrophe aufdecken. Diese sei ein weiteres krasses Beispiel für die enorm angewachsene soziale Ungleichheit, sagte Aravinda.

Fareeda Imran

Das SEP-Mitglied Fareeda Imran hielt eine Rede auf Tamil und sagte, wegen der massiven Kürzungen der Sozialausgaben seien Arbeiter und Arme auf der ganzen Welt der Gefahr solcher und ähnlicher Katastrophen wie in Meethotamulla ausgesetzt.

Imran verwies auf das Inferno, das im Juni den Grenfell Tower in London vernichtet hat. Der Brand hat offiziell 80 Menschen getötet, aber man muss davon ausgehen, dass die Zahl der Opfer in Wirklichkeit noch viel größer ist.

Imran sagte: „Der Grund für diesen Brand waren die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen und der gefährliche Zustand des Gebäudes.“ Sie erklärte, was dahinter steckt: „Die britische Regierung und ihr Beamtenapparat wollten die armen Bewohner aus der Gegend verjagen, die von Ultrareichen bewohnt wird.“

Genauso, bemerkte sie, vertreibt auch die Regierung in Colombo die armen Menschen aus den Elendsvierteln und kleinen Hütten, um Land für Investoren und Bauträger frei zu machen, damit sie luxuriöse Eigentumswohnungen, Hotels und Freizeitparks für die Reichen errichten können.

Vilani Peiris

Darauf ging das Mitglied des Politischen Komitees der SEP, Vilani Peiris, im Detail auf die Verantwortung der aufeinanderfolgenden Regierungen für die Katastrophe von Meethotamulla ein. Sie erklärte: „Die furchtbaren Bedingungen im Gebiet von Meethotamulla sind seit 2009 geschaffen worden, indem man dort jeden Tag 800 bis 1200 Tonnen Müll abladen ließ. Die Menschen haben dagegen Widerstand geleistet, und mehrere Umweltexperten haben vor den gefährlichen Folgen gewarnt.“

Die Regierungen hätten diese Warnungen jedoch in den Wind geschlagen. Peiris sagte: „Deswegen prangern wir dies an als eine bewusst vorbereite Katastrophe. Die Regierung hatte die Absicht, die Menschen aus diesem Gebiet zu vertreiben und das Land den Investoren zur Verfügung zu stellen.“

Peiris erklärte, die Regierung versuche jetzt, ihre Verantwortung zu vertuschen, und plane, massiv gegen die wachsende Wut vorzugehen. In der Tat hat sie schon mehrfach die Polizei eingesetzt, um Demonstrationen gegen die unsichere Müllentsorgung anzugreifen.

Dann ging Peiris auf die tödliche Dengue-Epidemie ein, die zurzeit in Sri Lanka wütet. Sie erläuterte, dass sich das Denguefieber wegen der unsicheren Müllentsorgung, und auch weil wichtige Sozialausgaben gekürzt worden sind, schnell ausbreiten könne. Mehr als hunderttausend Menschen sind im Land bereits erkrankt.

Peiris entlarvte die Behauptungen der Frontline Socialist Party (FSP) und anderer pseudolinker Gruppen, die soziale Krise könne durch Proteste und Appelle an die Regierung gelöst werden. Die FSP hat vorgeschlagen, wegen der Katastrophe vor Gericht zu gehen. Peiris erklärte, dies werde nur dazu dienen, die politischen Fragen zu kaschieren, die durch den Müllhaldenabsturz aufgeworfen werden, und die Wut in die offiziellen parlamentarischen Kanäle zu lenken.

Peiris erinnerte an die Geschichte der Trotzkisten in Sri Lanka, die in den 1940er- und 1950er-Jahren durch eine unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse soziale Rechte erkämpft hatten.

Die Lanka Sama Samaja Party (LSSP) verriet jedoch diesen Kampf, als sie 1964 in eine kapitalistische Koalitionsregierung mit der Sri Lanka Freedom Party (SLFP) eintrat. Das ebnete den Weg für die Machtübernahme der United National Party (UNP) und die Einführung einer Politik der Marktwirtschaft, die schließlich alle sozialen Errungenschaften der früheren Kämpfe wieder zerstörte.

Zum Schluss ihres Beitrags betonte Peiris, dass alle kapitalistischen Parteien entschlossen sind, die Arbeiterklasse für die wachsende Wirtschaftskrise bezahlen zu lassen, indem sie die Spardiktate des Internationalen Währungsfonds durchsetzen.

Sie erklärte: „Es gibt keine Lösungen innerhalb des kapitalistischen Systems. Die ersten Schritte, um die gewaltigen Geldmittel zu mobilisieren, die für die Sozialausgaben benötigt werden, können nur durch die Verstaatlichung der Konzerne, Plantagen und Banken unter Arbeiterkontrolle und die Ablehnung von Auslandsschulden gemacht werden.“ Es sei notwendig, für eine Arbeiter- und Bauernregierung zu kämpfen, um diese Politik als Teil des Kampfs für den internationalen Sozialismus durchzusetzen.

Diskussion unter Betroffenen der Katastrophe

In einer Diskussion nach der Versammlung berichtete eine Hausfrau, die vorherige Regierung unter Präsident Mahinda Rajapakse habe den Anwohnern ganz offen gesagt, das Land werde für die Entwicklung benötigt, und sie sollten aus der Gegend wegziehen. Sie erzählte: „Ich habe unser Haus mit meinen fünf Kindern allein gebaut. Man hat uns aufgefordert, in eine Wohnung zu ziehen, aber sie würde 100.000 Rupien kosten und wäre sehr klein, deshalb haben wir das abgelehnt.“

Die Frau erklärte, sie lebe mit ihrer Familie immer noch in der Nähe des Katastrophenorts. Eine Explosion in der Müllhalde oder ein Feuer könnten jederzeit zu einer neuen Tragödie führen. Sie sagte: „Keine Rede davon, dass wir ein neues Haus bekommen. Man sagt uns, wir wohnten dort unbefugt. Hat die Regierung nicht die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Einwohner ihres Landes vernünftig wohnen können?“

Eine andere Hausfrau, Kumudu, erklärte, mehrere Anwohner hätten gesehen, wie Athureliye Rathanasara, ein Mönch und regierungsfreundlicher Abgeordneter, eine Chemikalie auf den Müllberg gesprüht habe, von der er behauptete, sie würde dabei helfen, dass der Müll sich schneller zersetzt. Keine zwei Wochen später sei es zur Katastrophe gekommen, und deshalb ziehe Kumudu jetzt die Möglichkeit in Betracht, dass die Chemikalie zu dem Absturz beigetragen habe.

Kumudu sagte auch: „Abwasser mit zersetztem Müll ist in den nahegelegenen Fluss Kelani geflossen und hat ihn verunreinigt. Die Behörden haben uns mitgeteilt, es sollten nicht einmal buddhistische Feste organisiert werden. Was ist dann mit unseren täglichen Mahlzeiten? Viele Menschen haben sich mit dem Denguefieber angesteckt, darunter kleine Kinder, die gestorben sind.“

Kumudu erläuterte: „Champika Ranawaka [der so genannte Megapolis-Minister] will dieses Gebiet in einen Park zu verwandeln; er wollte uns schon einebnen. Wir sollen verjagt werden, und die Regierung behauptet, wir hätten unsere Häuser unbefugt auf diesem Land gebaut. Wir leben hier jedoch seit unserer Kindheit. Wir sind nicht bereit, unter diesem Müllberg zu sterben.“

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