Trump löst Handelskrieg gegen China aus

Die Trump-Regierung hat ihre Drohung wahrgemacht, Zölle gegen China zu erheben. Unter Anwendung des Paragraphen 301 des Trade Act (Handelsgesetz) von 1974 hat sie Zölle auf chinesische Waren im Wert von 34 Milliarden Dollar eingeführt, die ab Mitternacht gelten. Für die nahe Zukunft sind weitere Zölle auf Waren im Wert von 16 Milliarden Dollar geplant.

Diese Maßnahme ist der erste Schuss in einem direkten Handelskrieg gegen China, und am Donnerstag erklärte Trump vor der Presse, es würden noch weitere folgen.

Robert Holleyman, der ehemalige stellvertretende US-Handelsbeauftragte in der Obama-Regierung, hält eine Eskalation für unvermeidlich: „Wenn diese Zölle erst einmal in Kraft treten, dann ist unverkennbar, dass der Konflikt real ist. Wenn wir keinen Ausweg finden, wird er sich beschleunigen wie eine Lawine, die einen Berg hinunterrollt.“

China erklärte, es werde sofort in „gleichem Ausmaß und gleicher Intensität“ reagieren. Man habe u.a. Sojabohnen und Geländelimousinen (SUVs) ins Auge gefasst.

Beide Seiten haben Listen veröffentlicht, laut denen sich die amerikanischen Zölle gegen 818 Kategorien von Waren aus China richten werden; die chinesischen Maßnahmen richten sich gegen 545 Produktkategorien aus den USA.

Eine der wichtigsten Fragen ist jetzt, wie die USA auf die chinesischen Gegenmaßnahmen reagieren werden. In den Wortgefechten im Vorfeld der Entscheidungen von Freitag drohte Trump mit weiteren Zöllen auf chinesische Waren im Wert von bis zu 400 Milliarden Dollar, falls Peking Vergeltungsmaßnahmen ergreife.

Da die beiden größten Volkswirtschaften eng miteinander verflochten sind, werden auch Unternehmen im Rest der Welt von dem eskalierenden Handelskrieg betroffen sein.

Bruce Blakeman, ein hochrangiges Führungsmitglied des US-Agrarkonzerns Cargill, warnte vor den Folgen: „Die Auswirkungen eines Handelskonflikts werden zu schwerwiegenden Folgen für das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen führen und weltweit den Schwächsten schaden.“

Die Geschäftstätigkeiten der großen Konzerne sind so eng miteinander verzahnt, dass von den amerikanischen Maßnahmen gegen China auch amerikanische und andere ausländische Firmen betroffen sein werden. Der Sprecher des chinesischen Handelsministeriums Gao Feng erklärte am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Peking: „Die USA schießen auf die ganze Welt, und auch auf sich selbst.“

Gao wies darauf hin, dass ein Teil der in China hergestellten Güter im Wert von zwanzig Milliarden Dollar, gegen die sich die Maßnahmen der Trump-Regierung richten, von ausländischen Herstellern produziert werden. Darunter befinden sich auch amerikanische Firmen.

Ausländische Unternehmen, die in den USA tätig sind und nach China exportieren, werden in den Konflikt hineingezogen. Den deutschen Autobauern Daimler und BMW, die in den USA SUVs produzieren und nach China verkaufen, droht ein Strafzoll von 40 Prozent auf ihre Produkte, der ihre Position im Vergleich zu nicht betroffenen Rivalen wie Toyota verschlechtern wird.

Deutschen Firmen und Autobauern drohen weitere Schläge, wenn die Trump-Regierung Zölle von bis zu 25 Prozent auf Importe verhängt. Zu diesem Zweck findet momentan eine Untersuchung gemäß Abschnitt 232 des Trade Expansion Act von 1962 statt, ob Importe die „nationale Sicherheit“ der USA gefährden. Trump hat angedeutet, er erwarte die Ergebnisse der Untersuchung in den nächsten drei bis vier Wochen.

Die amerikanische Handelskammer, die größte Wirtschaftslobby-Organisation des Landes, warnte Trump, er riskiere einen globalen Handelskrieg.

Handelskammerpräsident Tom Donohue erklärte gegenüber Reuters: „Die Regierung droht, den wirtschaftlichen Fortschritt zu untergraben, an dem sie so schwer gearbeitet hat. Wir sollten freien und fairen Handel anstreben, aber so wird daraus nichts.“

Die Maßnahmen der USA richten sich gegen die chinesische Hightech-Industrie und entsprechen damit dem Plan der Trump-Regierung, Pekings Bestrebungen zu schaden, durch seinen Plan „Made in China 2025“ in der Wertschöpfungskette aufzurücken.

Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro, ein bekannter Vertreter einer harten antichinesischen Linie, erklärte: „China hat Amerikas Zukunftsbranchen ins Visier genommen.“ Trump „versteht besser als jeder andere, dass Amerika keine wirtschaftliche Zukunft hat, wenn sich China in diesen aufstrebenden Industriezweigen durchsetzt.“

Navarro und andere Angehörige der Regierung betonten, wirtschaftliche Sicherheit sei untrennbar mit nationaler Sicherheit verbunden, und der Aufstieg der chinesischen Hightech-Industrie gefährde die militärische Überlegenheit der USA.

Diese Auffassung teilen auch führende Mitglieder der Demokratischen Partei. Der Führer ihrer Fraktion im Senat, Charles Schumer, warf der Trump-Regierung letzte Woche vor, sie sei nicht hart genug gegenüber China. Wenn Peking sein Verhalten nicht ändere, könne es die amerikanische Wirtschaft „über mehrere Generationen hinweg“ schädigen.

Doch aufgrund des integrierten Charakters der Hightech-Entwicklung, in der Komponenten während der Herstellung des Endprodukts mehrere Landesgrenzen überqueren, werden auch amerikanische Unternehmen von den Handelskriegsmaßnahmen getroffen werden.

Laut einem Bericht der Financial Times wirken die Zölle auf die amerikanischen Microchip-Hersteller keineswegs beruhigend: „Der Verband der Halbleiterindustrie in Washington hat erklärt, dass amerikanische Unternehmen aufgrund der komplexen Lieferketten bei der Halbleiterherstellung stärker von Zöllen betroffen sein werden als ihre chinesischen Konkurrenten.“

Wichtige Teile der amerikanischen Industrie und des politischen Establishments vertreten die Ansicht, man müsse etwas gegen Chinas Aufbau einer Hightech-Industrie unternehmen, allerdings gefährde die Regierung mit ihren Zöllen gegen potenzielle Verbündete wie Kanada, Japan und die Europäische Union ihre eigene Stellung.

Am Donnerstag erschien in der Financial Times ein Kommentar des Gouverneurs von Ohio, John Kasich (Republikaner), der diese Ansicht zusammenfasste: „Amerikas erster Krieg, der für seine Unabhängigkeit, begann mit einem ,Schuss, der auf der ganzen Welt gehört wurde‘. Leider beginnt der jüngste Krieg, ein Handelskrieg, in dem es angeblich um die Verteidigung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit Amerikas geht, mit einem Schuss ins Knie.“

Kasich erklärte, Chinas „Missachtung von geistigem Eigentum“ und der „ungerechte Schutz von bevorzugten Industriezweigen“ durch andere Staaten habe unfaire Wettbewerbsbedingungen geschaffen und müsse aufhören. Doch derartige Maßnahmen müssten in Zusammenarbeit mit den anderen durchgeführt werden. Die Verfahren der Welthandelsorganisation müssten modernisiert werden, um Abhilfe bei „unfairen Handelspraktiken“ zu ermöglichen.

Weiter erklärte er: „Man kann das Welthandelssystem nur modernisieren, wenn noch etwas davon übrig ist. Die Missachtung der Regierung gegenüber dem regelbasierten System, das die USA mit aufgebaut haben, und ihr Frontalangriff auf den Handel mit Freunden und Feinden gleichermaßen sind vergleichbar mit einer Messerstecherei, bei der derjenige ,gewinnt‘, der als letztes verblutet. Man geht das Risiko ein, eine lebenswichtige Infrastruktur zu zerstören.“

Wegen dieser Mentalität des Weißen Hauses – „Operation gelungen, Patient tot“ – hätten die USA immer weniger Partner, um „die grundlegenden Freiheiten der Demokratie gegen Staaten wie Russland und China zu schützen“.

Nach dieser Auffassung ist es durchaus notwendig, die potenziellen wirtschaftlichen und militärischen Bedrohungen für die Vorherrschaft der USA zu bekämpfen, aber nicht mit den Methoden der Trump-Regierung.

Der Financial-Times-Wirtschaftskommentator Martin Wolf schrieb am Mittwoch eine Kolumne über die Auswirkungen von Trumps „Krieg gegen die liberale Ordnung“ im Namen der nationalen Sicherheit der USA. Er zitierte eine Warnung von Adam Posen vom Peterson Institute for International Economics, laut dem die Handelskonflikte die „Trennlinie zwischen Handel und nationaler Sicherheit aufheben und damit eine deutliche Eskalation des Konflikts auslösen könnten“.

Mit anderen Worten, man riskiert einen militärischen Konflikt, wenn man wirtschaftliche Beziehungen mit nationaler Sicherheit vermischt.

Wolf schrieb: „Trumps begrenzte transaktionale Herangehensweise geht auf Unwissenheit und Ressentiments zurück und könnte eine Katastrophe auslösen ...“ Weiter erklärte er, die Grundlagen der „Wirtschafts- und Sicherheitsordnung der Nachkriegszeit ... werden in Frage gestellt“.

Doch der Ursprung der drohenden „Katastrophe“ liegt nicht im Geisteszustand des derzeitigen US-Präsidenten, sondern in den Widersprüchen der kapitalistischen Weltordnung. Die globalisierte Produktion, d.h. die komplexe Integration der Arbeit von Arbeitern auf der ganzen Welt, steht in Widerspruch zur Aufteilung der Welt in rivalisierende Nationalstaaten, durch die die Großmächte ihre eigene Position gegenüber ihren „strategischen Konkurrenten“ zu stärken versuchen.

Diese Widersprüche sind am Freitag in Trumps Handelskriegsmaßnahmen zum Ausdruck gekommen. Ihnen werden weitere folgen, sowohl gegen China als auch gegen andere Rivalen der USA.

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