Mélenchons Bewegung beginnt Sommerschulung mit Avancen an rechte Parteien

Vom 23. bis zum 26. August fand in Marseille die Sommerschule der Bewegung Unbeugsames Frankreich (La France insoumise, LFI) statt, die von Jean-Luc Mélenchon angeführt wird. Die Schule brachte 3.000 Menschen zusammen und die Presse berichtete ausführlich über sie. Mélenchon betonte seine Absicht, „alle Teile der Opposition“ gegen den französischen Präsidenten Emmanuel Macron zusammenzubringen.

Nach dem Wahlsieg Macrons im vergangenen Jahr und dem Zusammenbruch der Sozialistischen Partei (PS), der wichtigsten sozialdemokratischen Partei Frankreichs seit dem Generalstreik von Mai/Juni 1968, ist die Strategie von Mélenchon klar geworden. Inmitten wachsender sozialer Wut gegen die Politik des Militarismus und der Sparmaßnahmen in ganz Europa versucht Mélenchon sicherzustellen, dass links von Macron und der PS keine wirklich sozialistische Alternative entsteht. Er will eine „Opposition“ gegen Macron aufbauen, die mit Krieg, Sparpolitik, Angriffen auf demokratische Rechte, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit konform geht.

In Marseille präsentierte sich Mélenchon als „Kraft für Vorschläge“, offen für alle Bündnisse, auch mit der extremen Rechten: „Auch auf der rechten Seite kann es Opposition geben. Macron wird mit einer Barrikade von einer Länge konfrontiert sein, von der er nicht einmal geträumt hat.“

Die LFI lud Vertreter der rechten Partei Die Republikaner (LR), der PS, der stalinistischen Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF), der Génération.s Partei des ehemaligen PS-Präsidentschaftskandidaten Benoît Hamon, Mitglieder von Macrons eigener Partei La République en Marche (LRM) und der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) nach Marseille ein. Mitglieder dieser Parteien führten Diskussionsgruppen, die die Armee, die Europäische Union (EU), die Renten und die Polizei zum Thema hatten. Mélenchon beschloss letztlich jedoch, keine neofaschistischen Politiker einzuladen.

Die LFI kündigte zudem ihren EU-Parlamentswahlkampf für 2019 an und forderte ein „Referendum gegen Macron“. Für diese Wahlen hat die LFI ein Bündnis mit anderen pseudolinken, populistischen Parteien wie Podemos in Spanien, dem Linken Block in Portugal und sogar Sinn Fein in Irland geschlossen. Zu Syriza, die der Prototyp für alle diese Organisationen ist, schwieg die LFI. Syriza ist in Griechenland an der Regierung und setzt dort ein Sparprogramm nach dem anderen gegen die Arbeiter durch. Mélenchon lud jedoch ehemalige Mitglieder von Syriza ein, darunter den ehemaligen Präsidenten des griechischen Parlaments, Zoé Konstantopoulou.

Die LFI verkündet, dass sie sich nicht auf eine Klasse, sondern auf das „Volk“ stützt, einschließlich der Kapitalistenklasse und der wohlhabenden Mittelschicht, und dass sie keine sozialistische, sondern eine „Bürgerrevolution“ will. Mélenchon soll die LFI-Kandidaten angeblich per „Lotterie“ ausgewählt haben und organisierte am Freitag einen „festlichen“ Marsch durch die Straßen von Marseille, ohne soziale oder politische Forderungen.

Die LFI versucht, ihre politische Umorientierung als neu darzustellen. Doch die von ihr vorgeschlagene Umgruppierung ist keineswegs neu. Vielmehr handelt es sich um einen Abklatsch der arbeiterfeindlichen und anti-trotzkistischen politischen Rezepte, die bereits in der Vergangenheit gescheitert sind und heute einen noch rechteren Charakter haben. Mélenchon begann seine politische Karriere 1971 in der Organisation communiste internationaliste (OCI) von Pierre Lambert, nachdem er mit dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale (ICFI) gebrochen hatte. Danach wurde er zu einem Schlüsselfunktionär in der von François Mitterrand geführten Union der Linken zwischen PS und PCF. Das Bündnis wurde von verschiedenen Gruppen wie der OCI, die mit dem Trotzkismus gebrochen hatten, unterstützt.

Mélenchon wurde Minister der PS in dem Regierungsbündnis „pluralistische Linke“ aus PS, PCF und den Grünen, das von 1997 bis 2002 an der Macht war. Das Bündnis endete mit einer Blamage, als Premierminister Lionel Jospin die Stichwahl bei den Präsidentschaftswahlen 2002 nicht erreichte und hinter dem Kandidaten der LR, Jacques Chirac, und dem Neofaschisten Jean Marie Le Pen den dritten Platz belegte. Der Vorgänger der LFI, die 2009 von Mélenchon gegründete Linkspartei (Parti de Gauche, PG), verbündete sich mit den Stalinisten und Teilen der NPA in der sogenannten Linken Front.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Wut gegen Macrons Sparpolitik stellen sich LFI und Mélenchon als die einzig tragfähige Opposition gegen die Macron-Regierung dar. Gleichzeitig bestehen sie darauf, dass es notwendig sei, Verbindungen zu rechtsextremen Kräften aufzubauen.

In seiner Rede vor der Sommerschule legte Mélenchon die nationalistische Anschauung dar, die seine Politik durchdringt. Fast die Hälfte seiner Rede widmete er Fragen des Lebensstils und der Ökologie, gespickt mit ahistorischen Plattitüden über die Menschheit im Allgemeinen: „Wir müssen uns alle mit dem Symbol des Wassers identifizieren… Wir verteidigen die Menschheit.“

All seine Kritik an Macrons Sparpolitik, an der EU und der NATO stützt sich nicht auf die Interessen der europäischen und internationalen Arbeiterklasse, sondern auf strategische Vorrechte des französischen Staates. „Sie bauen Europa auf, indem sie Frankreich zunichte machen. Wir sagen dazu entschieden Nein“, sagte Mélenchon. „Wir respektieren die Institutionen von Frankreichs Fünfter Republik“, fügte er hinzu.

Diese Verherrlichung des französischen Nationalismus entspricht klaren imperialistischen Klasseninteressen. In der Führungsspitze der LFI selbst sitzen Elemente der Polizei, des Inlandsgeheimdienstes und der Spezialeinheiten, die seit mehreren Jahren regelmäßig Arbeiter und Jugendliche angreifen, die gegen Macron und die PS protestieren.

Mélenchon kritisierte Macron nicht, weil dieser die Angriffe der Finanzaristokratie auf die Arbeiterklasse in die Tat umsetzt, sondern weil Macron Deutschland nicht feindlich genug gegenübertritt. „Herr Macron ist nur ein Amtsschreiber der Europäischen Kommission und von Merkel“, sagte er. Er erneuerte die Forderung nach einer „Mittelmeerunion“, um dem französischen Imperialismus eine Einflusssphäre zu sichern. Diese Forderung wurde ursprünglich von LR-Präsident Nicolas Sarkozy gegen ein von Merkel geführtes „Nordeuropa“ erhoben.

Mélenchons Opposition gegen ein „Europa der Verteidigung“, sprich: eine europäische Armee, und seine Forderung nach einem „Ausstieg aus der NATO“ basieren auf seiner Absicht, die strategischen Interessen des französischen Imperialismus, dessen Atomstreitkräfte und Armee sowie dessen Anspruch auf militärische Autonomie zu fördern.

Mit rechtsnationalistischen Tönen, die von seinen deutschen Verbündeten aus der Linkspartei bekannt sind, griff er zugewanderte Arbeiter an und behauptete, dass Einwanderung schlicht und einfach das Lohnniveau senke. Mélenchon biederte sich der von Neofaschisten geführten Regierung in Italien und deren ausländerfeindlichen Positionen an und erklärte, dass er „die Ablehnung der italienischen Bevölkerung“ gegenüber Einwanderern verstehe.

Am Tag zuvor hatte der LFI-Abgeordnete Adrien Quatennens die „Effizienz“ der Polizeikräfte gepriesen, die in den Pariser Vororten einen Mann niedergeschossen hatten, der Menschen mit einem Messer angegriffen hatte.

Die Arbeiter haben bittere Erfahrungen mit der nationalistischen, rechten und Law-and-Order-Politik gemacht, die Mélenchon seit der Gründung von LFI im Jahr 2016 verfolgt. Man muss die Frage stellen: Was ist die Bilanz ihres Eingreifens in den Kämpfen gegen das Arbeitsrecht der PS im Jahr 2016 und gegen Macrons Privatisierung der Staatsbahnen in diesem Jahr?

Mélenchon trug dazu bei, diese Kämpfe in eine Sackgasse zu treiben und unterstützte die Gewerkschaftsbürokratie bei der Unterzeichnung von Vereinbarungen, die 2016 die Arbeitsgesetze und 2018 das Statut der Eisenbahner zerstörten. Mélenchon rief wiederholt dazu auf, die Kämpfe den Gewerkschaften unterzuordnen, so auch am 23. September 2017 bei den Protesten gegen Macrons Arbeitsdekrete: „Wir sind bereit, hinter ihnen zu marschieren… Wir kennen die Stärke der Gewerkschaften.“ LFI passte sich dem Ausnahmezustand an, der vor allem darauf abzielte, ein Polizeistaatsregime aufzubauen, um den Arbeitern die Sparpolitik aufzuzwingen.

Bei den Präsidentschaftswahlen im letzten Jahr nahm Mélenchon in der Stichwahl keine Position ein, obwohl unter seinen Wählern extreme Feindschaft sowohl gegenüber Macron als auch gegenüber dem neofaschistischen Kandidaten Marine Le Pen herrschte. Er unterstützte Macron stillschweigend und auch die Versuche der französischen Medien, Macron als das „kleinere Übel“ zu verkaufen.

Jetzt, wo Mélenchon seine Verbindungen nach rechts ausbaut, wird der Klassencharakter seiner Politik immer deutlicher. In Marseille hat er zu keinem Zeitpunkt die Entscheidung Macrons kritisiert, die grenzenlosen Befugnisse der Polizei während des Ausnahmezustands durch das Anti-Terror-Gesetz des letzten Jahres zum Dauerzustand zu machen. Dabei schloss sich ihm die gesamte offizielle „radikale Linke“ Frankreichs an, einschließlich der NPA und der Lutte Ouvrière (Arbeiterkampf). Ihr Bündnis mit Mélenchon bildeten diese Organisationen während der Proteste gegen Macrons Bahnprivatisierung in diesem Jahr.

Dies unterstreicht den tiefen Graben zwischen der nationalistischen und militaristischen Politik der Pseudolinken und der Perspektive der Parti de l'égalité socialiste (PES), der französischen Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI). Die PES lehnt Mélenchons Populismus und seine Verbindungen zu den Rechten ab. Ihre Aufgabe besteht darin, ein internationalistisches Programm für den Kampf der Arbeiterklasse um die Macht, gegen die kapitalistische EU und für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa zu vertreten.

Die PES kämpft für ein trotzkistisches Programm in der Arbeiterklasse. Ihre Aufgabe ist es, die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse von den bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien herzustellen und eine unabhängige Politik auszuarbeiten. Bei der „Wahl“ zwischen Macron und Le Pen rief die PES zu einem aktiven Boykott der Präsidentschaftswahlen auf. Ein solcher Boykott wurde de facto auch von einer breiten Mehrheit von Mélenchons Wählern unterstützt.

Um die Sparmaßnahmen Macrons zu bekämpfen, fordert die PES den Aufbau von Arbeiterkomitees. Diese Komitees werden die Kämpfe unabhängig von den prokapitalistischen Parteien und Gewerkschaften organisieren, die alle Sparmaßnahmen Macrons unterzeichnen. Die PES allein kämpft für eine Alternative zu Politikern wie Mélenchon, die Arbeiter und Jugendliche an ein bankrottes politisches Establishment ketten wollen, das bestrebt ist, einen Polizeistaat aufzubauen.

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