Millionen demonstrieren in Teheran, USA rüsten weiter gegen Iran

Die Trump-Regierung bereitet sich nach der Ermordung des iranischen Generalleutnants Qassim Soleimani darauf vor, neue und noch schwerere imperialistische Kriegsverbrechen zu begehen. Tausende von US-Fallschirmjägern und Marines werden in Stellungen versetzt, von denen aus sie Ziele im Iran angreifen können.

Während das US-Militär mobilisiert wird, sieht man nicht nur im Iran, sondern auch in anderen Ländern des Nahen Ostens mit großer schiitischer Bevölkerung und religiösen oder politischen Beziehungen zu Teheran außergewöhnliche Szenen von Wut und Empörung der Massen.

In der iranischen Hauptstadt selbst erwiesen Millionen Menschen Soleimani die letzte Ehre. Der Ermordete war 20 Jahre lang Befehlshaber der al-Quds-Brigaden der iranischen Revolutionsgarde und einer der Hauptverantwortlichen für die Erfolge des Iran im Kampf gegen die sunnitische Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowie bei der Unterstützung der libanesischen Hisbollah-Bewegung und der syrischen Regierung von Präsident Baschar al-Assad.

Teheran am 6. Januar 2020: Auf dem Revolutionsplatz werden die Särge von General Qassim Soleimani und den anderen Opfern des US-Drohnenangriffs durch die trauernde Menge gefahren. (AP Photo/Ebrahim Noroozi).

In Teheran waren laut Beobachtern so viele Menschen auf den Straßen wie zuletzt bei der Trauerfeier für den Gründer der Islamischen Republik Ajatollah Ruhollah Khomeini im Jahr 1989. Weitere Hunderttausende demonstrierten in Isfahan, Ahwas und anderen iranischen Städten. Soleimani soll am Dienstag in seiner Geburtsstadt Kerman beerdigt werden.

Zu den mobilisierten US-Truppen gehört eine Spezialeinheit der Army Rangers, ein Bataillon des 75. Ranger-Regiments. Die Zeitung The Hill schreibt dazu: „Rangers sind die leichte Elite-Infanterieeinheit der Army und spezialisiert auf Überfälle mit dem Ziel, feindliche Anführer zu töten oder gefangen zu nehmen. Auf dem Höhepunkt des Irakkriegs führten die Rangers eine geheime Einheit namens Task Force 17 an, die iranische Unterstützer und die Anführer der vom Iran unterstützten schiitischen Milizen im Irak jagte.“

Die Nachrichten-Website des US-Militärs Army Times bemerkt dazu: „Die Rangers sind bekannt für die Eroberung von Flugfeldern und für direkte Überfälle. Bei Militäroperationen für ein gewaltsames Eindringen in ein Land greifen Rangers Flughäfen und Terminals an und besetzen sie für nachfolgende Operationen, u.a. Massenlandungen von Fallschirmjägern und Ausrüstung, bis später dann Flugzeuge landen können, um Gerät und Ausrüstung abzuladen. [...] Das 75. Ranger-Regiment ist auch bekannt für direkte Überfälle mit dem Ziel, hochrangige Ziele gefangen zu nehmen oder zu töten.“

Qassim Soleimani war ein solches „hochrangiges“ Ziel, allerdings wurde der Anschlag auf ihn durch eine Rakete, abgeschossen von einer Drohne, ausgeführt. Doch die Truppen, die in den Nahen Osten entsandt werden, könnten durchaus eingesetzt werden, um pro-iranische Aufständische im Irak, Syrien und dem Libanon gefangen zu nehmen oder zu ermorden oder um grenzüberschreitende Operationen im Iran selbst durchzuführen.

Die Mobilisierung der Army Rangers verleiht den Äußerungen von US-Außenminister Mike Pompeo vom Sonntag Nachdruck. Er hatte in einer Reihe von Fernsehinterviews angekündigt, Soleimani werde vielleicht nicht der letzte iranische Führer sein, der vom US-Militär getötet wird. Er erklärte, jede Vergeltung des Iran für die Ermordung Soleimanis werde eine Reaktion der USA nach sich ziehen, die sich „gegen den Iran und seine Führung selbst richtet“.

Daneben wurde in den letzten Tagen auch eine Brigade von 4.000 Fallschirmjägern der 82. Fallschirmjägerdivision nach Kuwait verlegt. Außerdem wurden 2.000 Marines an Bord der USS Bataan von geplanten Marinemanövern vor der Küste Afrikas abgezogen und an Stellungen in den Persischen Golf entsandt. Eine in Italien stationierte Einheit der Army wurde für eine mögliche Verlegung in den Nahen Osten in Bereitschaft versetzt.

Das Pentagon hat außerdem eine noch unbekannte Zahl von Soldaten für eine Entsendung nach Kenia mobilisiert, wo die somalische islamische Gruppe al-Shabab letzte Woche zwei Anschläge auf militärische Ziele der USA verübt hat.

Dieser massive Ausbruch öffentlicher Wut über Soleimanis Ermordung und des Hasses auf den US-Imperialismus sind auch Ausdruck einer wachsenden Welle von Streiks und Protesten der Arbeiter und Jugendlichen auf der ganzen Welt gegen soziale Ungleichheit, Krieg und Unterdrückung.

Soleimanis Trauerzug ging von Bagdad durch den Südirak, wo er in Nadschaf und Karbala Halt machte, zwei heilige Städte der Schiiten. Danach fuhr er nach Osten zur iranischen Provinz Chusestan und schließlich nach Teheran im Norden. Hier wurden die Särge von Soleimani und dem irakischen Milizenführer Abu Mahdi al-Muhandis, der am 3. Januar ebenfalls durch den Drohnenangriff getötet wurde, über die Köpfe einer riesigen Menge von Trauernden hinweg bewegt.

Auch in der jemenitischen Stadt Saada demonstrierten mehr als eine Million Menschen. Die Stadt wird von der Huthi-Bewegung kontrolliert, die dem saidischen Zweig der Schiiten angehört. Daneben veranstaltete die Hisbollah-Bewegung im Libanon am Sonntag eine Trauerfeier für Soleimani, an der Zehntausende teilnahmen.

Die Medien zitierten Soleimanis Tochter Seinab, die im iranischen Staatsfernsehen angedroht hatte, der Mord werde den USA einen „dunklen Tag“ bescheren: „Trump, Sie Verrückter, glauben Sie nicht, dass mit dem Märtyrertod meines Vaters alles vorbei ist.“

Die iranische Führung verwies auf die riesigen Demonstrationen als Antwort auf Trumps Drohungen gegen ihr Land. Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif schrieb auf Twitter an den US-Präsidenten: „Haben Sie JEMALS in Ihrem Leben ein solches Menschenmeer gesehen? Und glauben Sie immer noch, Sie könnten den Willen dieser großen Nation und ihres Volkes brechen?“

Ali Akbar Velayati, ein Berater des obersten Führers Ajatollah Ali Chamenei, erklärte gegenüber der iranischen Nachrichtenagentur Fars: „Die Amerikaner haben mit Soleimanis Ermordung einen Fehler gemacht, und sie müssen die Region verlassen ... Wenn sie die Region nicht verlassen, droht ihnen ein neues Vietnam, diesmal aber im Nahen Osten.“

Die iranische Regierung kündigte am Sonntag an, sie werde ihre noch bestehenden Verpflichtungen aus dem Atomabkommen mit den sechs Weltmächten (China, Russland, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA) von 2015 aussetzen. Trump war 2018 einseitig aus dem Abkommen ausgetreten und hatte einseitig illegale Finanz- und Handelssanktionen gegen den Iran verhängt, die einem Wirtschaftskrieg gleichkommen und die iranische Wirtschaft lahm gelegt haben. Bisher hatte sich der Iran weiterhin an einige der Einschränkungen seiner atomaren Aktivitäten gehalten, doch die europäischen Mächte haben sich geweigert, sich den Drohungen der USA zu widersetzen und ihre Handels- und Investitionsbeziehungen aufrechtzuerhalten.

Soleimanis Ermordung treibt weiterhin die Diskussionen in diplomatischen und militärischen Kreisen im Nahen Osten und der ganzen Welt an.

Im Irak, wo die USA ihr Verbrechen verübt haben, herrschte am Montag Verwirrung unter US-Militärs. Der Kommandant der US-Truppen im Irak hatte der irakischen Regierung eine Mitteilung geschickt, in der er die Resolution des irakischen Parlaments zum Abzug aller US-Truppen aus dem Land zur Kenntnis nimmt. Der US-Offizier erklärte, die US-Truppen würden ihre Stationierungen im Land ändern, um sich auf einen tatsächlichen Abzug vorzubereiten. Nur wenige Stunden nachdem die Presse darüber berichtet hatte, veröffentlichte das Pentagon eine Erklärung, in der es rundweg abstritt, dass ein Abzug der US-Truppen aus dem Irak geplant sei.

Als Präsident Trump von seinem Ferienhaus in Florida mit der Air Force One ins Weiße Haus zurückflog, drohte er vor Reportern mit „sehr schweren Sanktionen gegen den Irak“, falls die Regierung ihre Drohung wahr mache, einen Rückzug der USA zu fordern (die vom Parlament verabschiedete Resolution ist nicht bindend). Er versucht, den Irak genauso einzuschüchtern wie den Iran, und erklärte, er werde vom Irak die Rückzahlung von Milliarden Dollar für den US-Luftwaffenstützpunkt al-Asad fordern, der seit mehr als einem Jahrzehnt die Hauptrolle bei den US-Militäroperationen in der Region bildet.

Am Montag flog außerdem der saudische Verteidigungsminister zu dringenden Beratungen mit dem Pentagon nach Washington. Saudi-Arabien ist der größte Einzelabnehmer für amerikanische Waffen, die meisten davon sind für einen möglichen Krieg gegen den Iran vorgesehen. Im September wurden die saudischen Ölfelder von den Huthi im Jemen mit Drohnen angegriffen. Dabei handelte es sich um einen Vergeltungsschlag für den langen Krieg der Saudis gegen die Bevölkerung des Jemen, der eine der schwersten humanitären Krisen der Welt ausgelöst hat.

Die Botschafter der Nato-Staaten trafen sich am Montag zu einer Dringlichkeitssitzung in Brüssel, um über die Krise im Irak und dem Iran zu diskutieren. Sie bekamen eine Videopräsentation von Vertretern der US-Regierung über die Ermordung von Soleimani vorgeführt, nach der die Nato-Vertreter ihre volle Unterstützung erklärten.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte: „Wir verurteilen gemeinsam die Unterstützung des Iran für eine Vielzahl von verschiedenen terroristischen Gruppierungen. Bei dem heutigen Treffen haben die Verbündeten zu Mäßigung und Deeskalation aufgerufen. Ein neuer Konflikt wäre in niemandes Interesse. Deshalb muss der Iran von weiterer Gewalt und Provokationen Abstand nehmen.“

Die Heuchelei des Imperialismus ist atemberaubend. Die Forderungen nach „Mäßigung“ richten sich an den Iran, das Opfer der militärischen Gewalt der USA, während die Ermordung des wichtigsten iranischen Militärs durch die USA unterstützt und nicht kritisiert wird. Laut Teilnehmern hat während des Treffens mit Vertretern des Pentagons und des Außenministeriums kein Botschafter Einwände gegen den Drohnenmord erhoben. Es gab keine Diskussion, geschweige denn Kritik an Trumps Drohung, als Reaktion auf eine mögliche Vergeltung des Iran für Soleimanis Ermordung 52 Ziele im Iran zu zerstören, darunter bedeutende Kulturstätten.

Allerdings sind führende Nato-Mitglieder wie Deutschland und Frankreich offensichtlich beunruhigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Samstag gemeinsam mit ihrem Außenminister Heiko Maas nach Moskau reisen, um sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über die Krise zu beraten. Zuvor wird sich Putin am Mittwoch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Istanbul treffen.

In Washington erklärte die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi den demokratischen Abgeordneten, sie werde eine „War Powers Resolution“ unterstützen, die jegliche militärische Kampfhandlung gegen den Iran auf 30 Tage begrenzt, wenn der Kongress keine formelle Genehmigung erteilt. Diese Maßnahme ist aus mindestens zwei Gründen zynisch und zahnlos.

Zum einen würde der Senat, der von den Republikanern kontrolliert wird, sie nicht aufgreifen und Trump sie vermutlich ignorieren – selbst wenn sie es durch das Repräsentantenhaus schafft.

Zum anderen würde eine Begrenzung der Militäraktionen auf 30 Tage Trump einen Anreiz geben, massive Bomben- und Raketenangriffe und sogar den Einsatz von Atomwaffen anzuordnen. Er hat bereits per Twitter gedroht, falls der Iran irgendeine Vergeltung für Soleimanis Ermordung verübt, würden die USA „schnell und vollständig zurückschlagen, vielleicht in unverhältnismäßiger Weise“.

Man sollte daran denken, dass Trump bereits letzten Sommer geäußert hat, er wolle den Krieg in Afghanistan mit einem schnellen militärischen Sieg beenden. Er erklärte damals: „Ich könnte diesen Krieg in einer Woche gewinnen, ich will nur keine zehn Millionen Menschen töten ... Afghanistan würde vom Angesicht der Erde getilgt werden.“ Der Bevölkerung des Iran und der ganzen Welt drohen jetzt ähnliche Gefahren.

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