Die Berichterstattung der WSWS über politische Ökonomie ist wissenschaftlich und daher parteilich

Wir veröffentlichen sukzessive die Reden, die führende Mitglieder des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) und Autoren der WSWS auf unserer Online-Kundgebung am 25. Oktober gehalten haben. Anlass war der Relaunch der WSWS am 2.Oktober 2020. Nick Beams ist ein führendes Mitglied der Socialist Equality Party (Australien). 

Der Relaunch der World Socialist Web Site ist wahrhaft eine historische Errungenschaft der trotzkistischen Weltbewegung und der internationalen Arbeiterklasse.

Ich hatte das Privileg, von der Gründung der WSWS an mit Artikeln zu Fragen der politischen Ökonomie beteiligt zu sein.

Und so möchte ich eure Aufmerksamkeit auf einige der fundamentalen Grundsätze lenken, die unsere Arbeit in diesem Bereich in den vergangenen 22 Jahren geleitet haben und die auch in der jetzt vor uns liegenden turbulenten Zukunft weiterhin gelten werden.

Lasst mich zunächst feststellen, dass es in unserer Berichterstattung nicht um die so genannte „Volkswirtschaftslehre“ geht, sondern um politische Ökonomie.

Wir versuchen natürlich, die tagtäglichen Drehungen und Wendungen der kapitalistischen Wirtschaft zu analysieren, indem wir uns mit einer Vielzahl von Daten, Statistiken usw. auseinandersetzen – von den neuesten Zahlen zum BIP bis hin zu den Schwankungen an den Finanzmärkten.

Aber wir tun dies unter dem Gesichtspunkt, dass diese Zahlen letztlich Ausdruck gesellschaftlicher Kräfte und Klassenverhältnisse sind.

Das heißt, wir nähern uns den unzähligen Fragen, die sich aus einer Analyse dessen ergeben, was gemeinhin als „Wirtschaft“ bezeichnet wird, auf der Grundlage der von Karl Marx erarbeiteten historisch-materialistischen Methode.

Wie Marx erklärte: Die objektive Grundlage der sozialistischen Revolution ist die Entwicklung des Widerspruchs zwischen den Produktivkräften – der ökonomischen Basis – und den gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen, in die sie eingebettet sind – Beziehungen, die auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln und dem Markt beruhen.

Diese gesellschaftlichen Beziehungen sind, entgegen sämtlichen ideologischen Ergüssen der Bourgeoisie und ihrer Agenturen, nicht ewig, von Gott gegeben oder aus der Natur hervorgegangen. Sie sind ein historisches Stadium in der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft – dazu bestimmt, von der Arbeiterklasse gestürzt zu werden.

Unser Standpunkt ist daher parteilich. Er basiert auf den Interessen der Klasse, die objektiv der kapitalistischen Wirtschaft diametral entgegensteht.

Wenn wir das sagen, sind wir sofort mit der scharfen Erwiderung der ideologischen Vertreter der Bourgeoisie konfrontiert, dass unsere Analyse nicht wissenschaftlich ist und es gar nicht sein kann.

Genau das Gegenteil ist der Fall. Nur durch das Bemühen, die historischen Interessen der Arbeiterklasse bei der Untersuchung aller „ökonomischen“ Fragen zu artikulieren, kann eine objektive, d.h. eine wissenschaftliche Analyse, entwickelt werden.

Dies ist nicht einfach eine Behauptung von mir.

Das lässt sich nachweisen, indem man die Bilanz der WSWS der letzten 22 Jahre – die sich auf alle vorhergehenden Analysen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale stützt – der Bilanz der Bourgeoisie und ihrer sämtlichen Thinktanks und Institutionen gegenüberstellt.

Als die WSWS im Februar 1998 ins Leben gerufen wurde, wurde die kapitalistische Weltwirtschaft gerade von den Auswirkungen der so genannten asiatischen Finanzkrise erschüttert, die im Juli 1997 ausgebrochen war.

Laut US-Präsident Bill Clinton war dies nur ein „Ausreißer“ auf dem Weg zur kapitalistischen Globalisierung und zur Weiterentwicklung des so genannten unipolaren Moments der US-Herrschaft. Er brachte damit die Orgie an Jubelfeiern für den „freien Markt“ zum Ausdruck, die durch die Liquidierung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie im Jahr 1991 ausgelöst wurde.

Ausgehend von unserer wissenschaftlich fundierten Parteilichkeit vertraten wir eine vollkommen entgegengesetzte Position.

Es handelte sich nicht um eine Krise Asiens, sondern vielmehr um den Ausdruck einer Verschärfung der Krise des globalen kapitalistischen Systems – zunächst in Asien. Es war eine historische Krise, die durch die Beschleunigung des finanziellen Parasitismus hervorgerufen wurde, der seinerseits Ausdruck des zunehmenden Verfalls und der Fäulnis im Zentrum des Profitsystems war.

Auf die so genannte Asienkrise folgte 1998 der Zusammenbruch des US-Hedgefonds Long Term Capital Management – ein Vorgeschmack auf das, was zehn Jahre später kommen sollte. Dann folgten die Technologieblase und ihr Platzen in den Jahren 2000–2001 und schließlich die globale Finanzkrise von 2008.

Trotz, oder vielmehr wegen der Krise setzte sich die Spekulationsorgie fort, als die Federal Reserve und andere Zentralbanken Billionen von Dollar in das Finanzsystem pumpten. Die weisen Häupter der herrschenden Klassen sagten uns, dies seien vorübergehende Maßnahmen, die aufgehoben würden, sobald sich die Verhältnisse wieder normalisierten.

Wir erklärten, dass dieser Tag niemals kommen würde und dass die Maßnahmen, die angeblich zur Lösung der Krise eingeführt wurden, in Wirklichkeit eine neue Krise hervorbringen würden.

Der Beweis, wer Recht hatte und wer eine wissenschaftliche Analyse lieferte, ist für jeden ersichtlich.

Als das Coronavirus im März zuschlug, erstarrten die Finanzmärkte in den USA und weltweit, was zu weiteren Billionen-Dollar-Interventionen der Regierungen und der US-Notenbank sowie anderer Zentralbanken führte und das, was nach 2008 geschah, weit in den Schatten stellte.

Ein neues Stadium hat nun begonnen. Es ist durch zwei miteinander verbundene Entwicklungen gekennzeichnet. Die Schaffung eines Bergs von Schulden und fiktiven Kapitals – da die Bourgeoisie wieder einmal versucht, sich mit Rettungspaketen zu helfen – hat nur die Voraussetzungen für eine weitere finanzielle Katastrophe geschaffen.

Gleichzeitig versucht die Bourgeoisie mit ihrer mörderischen „Zurück-an-die-Arbeit“-Politik, Wert in ihre Finanzanlagen zu pumpen.

In unserer gesamten Analyse der letzten 22 Jahre haben wir die hohlen Behauptungen „linker“ Ökonomen zurückgewiesen, dass die Krise das Ergebnis der falschen Politik von Teilen der Bourgeoisie ist und dass es eine „Kurskorrektur“ geben kann, wenn man nur eine andere Denkweise übernimmt und eine andere Gruppe kapitalistischer Politiker gewählt wird.

Die großen sozialen Missstände und Gefahren, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, haben ihre Wurzeln in den objektiven Widersprüchen des kapitalistischen Profitsystems. Dazu gehören die ständige wachsende soziale Ungleichheit, die Bedrohung des Lebens selbst, die durch die Zerstörung der Gesundheitssysteme im Interesse des Profits entsteht, die Entstehung autoritärer und faschistischer Herrschaftsformen, die systemische Korruption und die ständig wachsende Gefahr eines neuen Weltkriegs, um nur einige zu nennen.

Wie kann diese Krise bewältigt werden? So, wie Marx es beschrieben hat – im Verlauf des Klassenkampfs.

Es gibt keine „letzte“ Krise des kapitalistischen Systems. Vielmehr wird sie neue und immer barbarischere Formen annehmen, wenn und solange die Arbeiterklasse nicht die politische Macht ergreift, das Profitsystem beendet und die Gesellschaft auf der Grundlage menschlicher Bedürfnisse organisiert. Dies ist das A und O der Analyse der politischen Ökonomie durch die WSWS.

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