Generalstaatsanwältin berichtet:

Verschwörer in Michigan wollten Kapitol stürmen, Livestreams von Hinrichtungen senden, Abgeordnete einsperren und das Gebäude niederbrennen

In einem Schriftstück, das sie vor Kurzem bei Gericht eingereicht hat, befasst sich die Generalstaatsanwältin von Michigan, Dana Nessel, ausführlich mit den 14 Milizionären, die im Oktober verhaftet wurden, weil sie die Entführung und Ermordung der Gouverneurin des Bundesstaats Gretchen Whitmer planten. Demnach wollten sie das Kapitol stürmen, Geiseln nehmen und Hinrichtungen live im Internet übertragen. Sie hatten die gesamte Regierung des Bundesstaats sowie weitere Mitglieder der Legislative im Visier.

Im Vorfeld dieser Darstellung hatten Richter in Michigan drei der Verschwörer, darunter auch den Mitbegründer der „Wolverine Watchmen“, Pete Musico, stillschweigend aus der Haft entlassen.

Männer mit Schnellfeuergewehren vor dem Kapitol in Lansing (Michigan) am 15. April (AP Photo/Paul Sancya)

In dem Schriftstück des Büros der Generalstaatsanwältin heißt es: „Plan A sah vor, 200 Mann zu rekrutieren und das Kapitol in Lansing während einer Sitzung des Kongresses zu stürmen [Mit Kongress meinten die Verschwörer offenbar das bundestaatliche Parlament]. Sie wollten Geiseln nehmen, ‚Tyrannen‘ hinrichten und das Ganze öffentlich übertragen. Es sollte etwa eine Woche dauern, Überlebende waren nicht vorgesehen.“

Weiter heißt es: „Der Ausweichplan war, das Kapitol in Lansing während einer Sitzung des Kongresses zu stürmen. Daraufhin sollten die Ein- und Ausgänge versperrt und das Gebäude angezündet werden.“

Bis Freitagmorgen hat kein anderes Medium in den USA über diese Details berichtet. Bisher hüllen sich die die Demokraten, von der Generalstaatsanwältin abgesehen, in völliges Schweigen.

Laut der Staatsanwaltschaft planten die Verschwörer zudem, die Adressen von mehreren nicht namentlich genannten Politikern zu recherchieren und sie in ihren Häusern hinzurichten.

Die Behörde veröffentlichte auch weitere Details über die militärischen Übungen der Verschwörer. Eine dieser Trainingseinheiten fand am 14. Juni in Wisconsin auf dem Grundstück eines führenden Mitglieds der faschistischen Organisation „Oath Keepers“ statt. Die Verschwörer wollten sich dort mit „Grundlagen für neue Mitglieder“, „dem Verhalten, falls ein Fahrer ausfällt“, „die Übernahme eines [möglicherweise] feindlichen Fahrzeugs“, „geplanten Hinterhalte“, „L-förmigen Hinterhalten“ sowie mit der „angemessenen Zeit, um einen Sanitäter zu finden“ befassen.

Die Wolverine Watchmen rechneten sich intern der rechtsextremen Boogaloo-Bewegung zu. Laut einer privaten Facebook-Seite der Gruppe bestand ihr Zweck darin, „sich zu vernetzen sowie Gleichgesinnte zu versammeln und zu rekrutieren“. Sie nutzten Demonstrationen gegen den Lockdown, die von republikanischen Parlamentariern der Bundesstaaten gesponsert und von Trump gefördert wurden, um ihre Pläne zu diskutieren und neue Kräfte zu rekrutieren.

Die Generalstaatsanwaltschaft reichte das Schriftstück mit diesen Informationen ein, um gegen einen Kautionsantrag des Mitbegründers der Wolverine Watchmen, Pete Muscio, zu argumentieren. Nach Prüfung der vorgebrachten Beweise gewährte Richter Michael Klaeren jedoch eine Haftentlassung gegen eine Kaution in Höhe von etwa 10.000 Dollar. Zuvor hatte Klaeren die Kaution für Muscio von zehn Millionen auf 10.000 Dollar herabgesetzt.

Am Mittwoch gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass auch der 38-jährige Shawn Fix am Dienstag in Antrim County (Michigan) auf Kaution freigelassen wurde. Bereits vor Wochen wurde dem in Wisconsin ansässigen Brian Higgins vom Bezirksrichter Todd Hepler die Haft erlassen, nachdem er 10.000 Dollar in bar hinterlegt hatte – weit weniger als die von der örtlichen Bezirksstaatsanwaltschaft verlangten 1 Million Dollar.

Diese Beträge und die Kautionsbedingungen sind angesichts der Schwere der Verbrechen, deren die Verschwörer angeklagt sind, äußerst milde.

Musico wurde lediglich auferlegt, eine elektronische Fußfessel zu tragen. Higgins darf den Bundesstaat Wisconsin nicht verlassen. Die Verschwörer werden von sympathisierenden Polizeibeamten überwacht, von denen viele rechtsextremen Gruppen angehören, die die Verschwörer gelobt und ihr Handeln als rechtmäßig verteidigt haben.

Der Gründer von MilitiaWatch, Hampton Stall, der rechtsextreme Gruppen erforscht und eine Datenbank über ihre Aktivitäten unterhält, erklärte gegenüber der World Socialist Web Site: „Unter Milizen wird oft groß dahergeredet, was als leere Drohungen abgetan werden kann. Aber das spezifische und extrem hohe Gewaltniveau der Fantasien, die im Schriftsatz der Generalstaatsanwältin dokumentiert sind, müssen als deutliches Alarmsignal betrachtet werden. Vor allem wenn man bedenkt, wie aktiv der Kern der Beteiligten gewesen ist.“

Stall erklärte, die Verhaftungen von 14 Milizionären im Oktober „haben die Rekrutierung der von mir beobachteten Milizen nicht verlangsamt. Scheinbar hat die Rekrutierung im Vorfeld der Wahlen weiter zugenommen, sowohl bei den Anführern, die für ihre Gruppen werben, als auch bei den neuen Rekruten, die versuchen, Verbindungen zu bewaffneten Bewegungen herzustellen.“

Als Reaktion auf Trumps haltlose Behauptungen, Bidens Sieg sei lediglich das Ergebnis von Wahlbetrug, organisieren sich im ganzen Land weitere rechtsextreme Netzwerke.

Wie Media Matters am Donnerstag berichtete, erklärte der Führer der faschistischen Oath Keepers, Steven Rhodes, er habe „Männer außerhalb von [Washington] D.C. stationiert, die auf Trumps Befehl bereit sind zu Gewaltanwendung“. Gegenüber dem faschistischen Online-Prominenten Alex Jones erklärte Rhodes: „Wir werden auch außerhalb von D.C. sein, bewaffnet und bereit zum Einsatz, wenn der Präsident uns dazu aufruft.“

Rhodes gab diese Kommentare in einer YouTube-Sendung ab, in der die für das Wochenende geplanten Pro-Trump-Demonstrationen „Stop the Steal“ beworben wurden. Ziel dieser Demonstrationen ist es, den Sieg von Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl rückgängig zu machen. Am vergangenen Wochenende fanden in mehreren Bundesstaaten kleine Aufmärsche statt, die jedoch von den Demonstrationen zur Feier von Trumps Niederlage zahlenmäßig deutlich übertroffen wurden.

Bei diesen Demonstrationen waren auch die „Proud Boys“ anwesend, deren Führer Enrique Tarrio zuvor erklärt hatte: „Wir rücken aus. Der Befehl zur Bereitschaft wurde aufgehoben.“ Damit spielte er auf Trumps Äußerung in der ersten Präsidentschaftsdebatte an, die Proud Boys sollten „zurücktreten und sich bereithalten“.

Am vergangenen Wochenende hatten sich bewaffnete Proud Boys an einer rechtsextremen Kundgebung in Harrisburg (Pennsylvania) beteiligt. Auf den mitgeführten Plakaten stand: „Wir treten zurück und stehen zu unserem Präsidenten“ und „Freiheit für Kyle“ – womit sie den Faschisten Kyle Rittenhouse meinten, der im August in Kenosha (Wisconsin) zwei Demonstranten ermordet hatte, die gegen Polizeigewalt protestierten. Die Demonstration in Harrisburg fand vor dem Kapitol des Bundesstaats statt. Republikanische Abgeordnete gesellten sich zu den bewaffneten faschistischen Demonstranten besuchten und erklärten ihre Unterstützung.

Pennsylvania und Michigan sind zwei von vier umkämpften Bundesstaaten, in denen die Republikaner die Mehrheit im Parlament haben, die Demokraten aber den Gouverneur stellen. In diesen Staaten setzt Trump darauf, dass die Parlamente Wahlmännerlisten ernennen, die sich über das Wahlergebnis hinwegsetzen. In Michigan gewann Joe Biden mit rund 150.000 Stimmen Vorsprung, in Pennsylvania mit über 50.000 Stimmen.

Obwohl die Beweise auf einen sehr groß angelegten Angriff auf demokratische Politiker und Abgeordnete hindeuten, schweigt die Demokratische Partei den Angriff tot und unterdrückt faktisch die Warnungen der Generalstaatsanwaltschaft des Bundesstaats, die Verschwörer nicht aus der Haft zu entlassen. Die Demokraten fürchten sich vor allem davor, dass die Öffentlichkeit von den Plänen erfährt, gewählte Amtsträger in Massenhinrichtungen umzubringen. Denn dies könnte den Widerstand der Massen gegen Trumps Versuch auslösen, durch Gewalt und polizeiliche Unterdrückung das Wahlergebnis auszuhebeln.

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