Aufzeichnung entlarvt Trumps Gangstermethoden bei Wahlputschversuch

Die Washington Post hat am Sonntag Informationen über die Aufzeichnung eines einstündigen Telefonats veröffentlicht, das US-Präsident Donald Trump am Samstag mit Brad Raffensperger, dem Secretary of State von Georgia, geführt hat. Während dieses Telefonats versuchte Trump, Raffensperger zu nötigen, den Wahlsieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl in seinem Bundesstaat zu kippen.

Trump verlangte von Raffensperger: „Ich will nur, dass Sie 11.780 Stimmen finden“, d.h. eine Stimme mehr als Bidens Vorsprung von 11.779 Stimmen, durch die er die sechzehn Wahlmännerstimmen des Bundesstaates für sich gewonnen hatte. Raffensperger wies diese Forderung jedoch zurück und erklärte, er unterstütze das Ergebnis. Weiter erklärte er, die Stimmzettel seien bereits zweimal ausgezählt worden, darunter auch diejenigen per Hand, die zuvor mittels Wahlautomaten abgegeben worden waren.

Trump drohte Raffensperger und seinem Leiter der Rechtsabteilung, Ryan Germany, mit einem Strafverfahren wegen angeblicher Vertuschung von Wahlbetrug in ihrem Bundesstaat. Er behauptete, er habe in Wirklichkeit in diesem Staat mit Hunderttausenden Stimmen Vorsprung gewonnen, weshalb eine Niederlage unmöglich sei: „Die Menschen in Georgia sind wütend, die Menschen im Land sind wütend ... und es ist nicht schlimm, wenn man sagt, Sie hätten, Sie wissen schon, nochmal nachgerechnet.“ Darauf antwortete Raffensperger: „Nun, Mr. President, Ihr Problem ist, dass Ihre Daten falsch sind.“

Trump benutzte die Sprache eines Mafia-Gangsters, als er sich zu einer Wahlhelferin aus Fulton County (Atlanta) äußerte. Sie war bereits zuvor in rechten sozialen Netzwerken verteufelt und wiederholt bedroht worden. Sein Wahlkampfteam hatte ihr unterstellt, sie hätte einen Satz Stimmzettel aus dem Gebiet, das stark zu den Demokraten tendiert, dreimal gezählt.

Als Raffensperger bekräftigte, dass es keine Beweise für ein solches Verhalten gebe, und dass Trump falsch liegt, antwortete der Präsident:

„Also, Leute, was machen wir jetzt? Ich brauche nur 11.000 Stimmen. Leute, ich brauche 11.000 Stimmen. Machen Sie mal halblang. Sie wissen, dass wir bereits jede Menge davon haben. Oder wir können es laufen lassen, aber das ist nicht fair gegenüber den Wählern in Georgia. Sie werden sehen, was passiert ist, und sie werden sehen, was passiert ist. Ich meine, ich, ich werde es mit jedem aufnehmen in Bezug auf [Name der Wahlhelferin] und ihrer hübschen Tochter – bestimmt eine sehr schöne junge Frau, da bin ich mir sicher.“

Diese Äußerung kommt einer Gewaltandrohung gegen die Wahlhelferin – deren Name nicht genannt wurde – und ihre Tochter gleich, ausgesprochen vom Präsidenten der USA, „Oberbefehlshaber“ eines riesigen Militär- und Polizeiapparats und Parteichef der Republikanischen Partei, die sich zunehmend zu einer faschistischen Bewegung entwickelt.

Es ist nicht bekannt, wer die Aufzeichnung des Telefonats an die Presse weitergegeben hat. Möglicherweise waren es Vertreter der Regierung von Georgia, die auf diese Weise verhindern wollten, dass Trump seine Gewaltandrohungen gegen sie in die Praxis umsetzt. Ebenso gut könnte der Leak aus dem Militär- und Geheimdienstapparat stammen, der alle Telefongespräche in den USA überwacht und zuvor bereits das Telefonat zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten weitergegeben hatte, das vor einem Jahr zu einem gescheiterten Amtsenthebungsverfahren geführt hatte.

Doch unabhängig von der Quelle ist die Aufzeichnung ein schlagkräftiger Beweis, um Donald Trump wegen seiner Verschwörung zum Sturz der US-Verfassung und zur Errichtung einer Präsidialdiktatur anzuklagen und vor Gericht zu bringen – falls überhaupt noch mehr solcher Beweise notwendig wären. Zu seinen Mitverschwörern gehören der Stabschef des Weißen Hauses, Mark Meadows, der an dem Telefonat beteiligt war, und mehrere Anwälte und Berater von Trumps Wahlkampfteam.

Auch eine Mehrheit der republikanischen Kongressabgeordneten in Washington hat sich der Komplizenschaft schuldig gemacht. Bis zum Sonntag hatten mindestens 140 republikanische Mitglieder des Repräsentantenhauses angekündigt, sie würden eine Anfechtung des Wahlergebnisses und einen Antrag zur Aushändigung und Auszählung der Stimmen unterstützen, die mehrere Bundesstaaten bei einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses am 6. Januar einreichen wollen.

Ein Dutzend republikanische Senatoren haben ebenfalls ihre Unterstützung für eine solche Anfechtung erklärt. Laut der Verfassung muss eine Anfechtung des Wahlergebnisses eines Bundesstaates von mindestens einem Mitglied des Repräsentantenhauses und einem Senator unterstützt werden. Danach müssen sich die beiden Häuser getrennt voneinander treffen und über die Anfechtungen abstimmen. Da die Demokraten über eine Mehrheit im Repräsentantenhaus verfügen und viele Republikaner im Senat Bidens Sieg bereits anerkannt haben, würden diese Abstimmungen voraussichtlich scheitern.

Allerdings ist es in der Geschichte Amerikas noch nie passiert, dass sich ein amtierender Präsident weigert, eine nahezu erdrutschartige Niederlage mit einem Rückstand von sieben Millionen Wählerstimmen anzuerkennen, und dass die Mehrheit seiner eigenen Partei die Wahl weiterhin als illegitim betrachtet und versucht, sie zu kippen.

Die Erklärungen der republikanischen Abgeordneten und Senatoren, die Trump bei seiner Anfechtung der Wahl unterstützen, vertreten offen eine autoritäre politische Perspektive. Der Abgeordnete Louie Gohmert aus Texas beispielsweise erklärte in seiner Klage, Vizepräsident Pence, der bei der gemeinsamen Sitzung des Kongresses am Mittwoch den Vorsitz führen wird, habe die Befugnis, die Wahlmänner eines Bundesstaates abzusetzen und seine eigenen einzusetzen oder die Wahlmännerstimmen eines Bundesstaates gänzlich für ungültig zu erklären.

Wie außergewöhnlich angespannt die Stimmung in den herrschenden Kreisen der USA ist, zeigt ein offener Brief aller zehn noch lebenden Verteidigungsminister, der am Sonntagabend von der Washington Post veröffentlicht wurde. Die Unterzeichner weisen Trumps Behauptungen über Wahlbetrug zurück und rufen den Kongress auf, am Mittwoch die formelle Auszählung der Stimmen durchzuführen und Bidens Sieg im Wahlmännerkollegium zu bestätigen.

Der Großteil der Erklärung richtet sich an die oberste zivile und militärische Führung, die vor jeder Einmischung in die Wahl gewarnt wird: „Versuche, die US-Streitkräfte zur Lösung von Wahlstreitigkeiten einzusetzen, würden uns auf gefährliches, rechts- und verfassungswidriges Terrain bringen. ... Zivile und militärische Beamte, die solche Maßnahmen leiten oder durchführen, müssten mit Konsequenzen rechnen, darunter möglicherweise strafrechtliche Folgen wegen der schwerwiegenden Konsequenzen ihres Handelns für unsere Republik.“

Diese Worte sind umso bedrohlicher, wenn man bedenkt, dass einer der Unterzeichner, Mark Esper, im November von Trump entlassen wurde – zum Teil weil er Trumps Forderung ablehnte, die Streitkräfte zur Unterdrückung von Massendemonstrationen gegen Polizeigewalt einzusetzen, die nach dem Polizeimord an George Floyd am 25. Mai ausgebrochen waren. Im Weißen Haus wurde offen darüber diskutiert, ob man den Insurrection Act anwenden sollte, um Trump an der Macht zu halten. Bereits im Sommer hatte Trump mit dem Einsatz des Insurrection Act gedroht.

Außer Esper gehören zu den Unterzeichnern auch sein Vorgänger, der ehemalige General James Mattis, der Co-Architekt des Irakkriegs, Donald Rumsfeld, und sein Komplize Dick Cheney, Verteidigungsminister unter Präsident George H.W. Bush, später Vizepräsident unter George W. Bush. Außerdem haben sich Robert Gates, William Perry, Leon Panetta, Ashton Carter, Chuck Hagel und William Cohen angeschlossen.

Diese Gruppe von Kriegsverbrechern aus beiden Parteien warnt vor einer Einmischung des Militärs in die Machtübergabe, weil sie Biden als zuverlässigen Verwalter der Angelegenheiten des US-Imperialismus betrachten. Zudem fürchten sie, dass weitere Versuche Trumps, an der Macht zu bleiben, einen beispiellosen politischen Widerstand in der amerikanischen Arbeiterklasse auslösen könnten. Und das auf dem Hintergrund der Corona-Pandemie, die täglich Tausende von Todesopfern fordert, während Millionen Arbeitslosigkeit, Armut und Obdachlosigkeit drohen.

Inmitten dieser ausufernden sozialen, wirtschaftlichen und politischen Krise betrachten die tonangebenden Teile der herrschenden Elite Biden, seine Vizepräsidentin Kamala Harris und ihr Kabinett aus Angehörigen der Wirtschaftselite und des nationalen Sicherheitsapparats als zuverlässigere Stützen ihrer Klassenherrschaft.

Die Demokraten wiederum tun alles in ihrer Macht Stehende, um die Bedeutung von Trumps Vorgehen herunterzuspielen und ihren 78-jährigen Wahlsieger am Tag der Amtseinführung ohne einen völligen Zusammenbruch der verfassungsmäßigen Ordnung über die Ziellinie zu bringen. Selbst jetzt, kaum zwei Wochen vor dem 20. Januar, ist Bidens Amtsantritt noch nicht sicher.

Trumps Vorgehen und sein Verhalten während des Telefonats erwecken den Anschein von Verzweiflung, doch die Bedrohung der demokratischen Rechte verschärft sich. Der Präsident hat faschistische Anhänger wie die Proud Boys für einen Aufmarsch in Washington am 6. Januar mobilisiert und angekündigt, gemeinsam mit ihnen zu demonstrieren. Damit unterstützt er die Versuche seiner Kumpanen im Kapitol, die Wahlentscheidung der amerikanischen Bevölkerung anzufechten.

Doch unabhängig vom unmittelbaren Ergebnis wäre Trumps Ablösung durch Biden im Weißen Haus nicht das Ende der politischen Krise, sondern nur der Beginn eines neuen und noch gefährlicheren Kapitels. Trump hält sich nicht an die Regeln der konventionellen amerikanischen Politik, und die Republikanische Partei gerät zunehmend unter seine persönliche Kontrolle, verwandelt sich in das Instrument einer autoritären faschistischen Bewegung.

Die Tonaufzeichnung bestätigt nur, dass die Präsenz des Gangsters Trump im Weißen Haus eine Anklage gegen das amerikanische politische System, seine herrschende Elite und sein politisches und mediales Establishment ist.

Die Demokraten haben Trump durch die rechte Politik der Obama-Regierung und den rechten Wahlkampf von Hillary Clinton den Weg geebnet. Es waren die Demokraten, die durch ihren rechten antirussischen Wahlkampf versucht haben, den Widerstand der Bevölkerung gegen die Trump-Regierung in die Kanäle ihrer reaktionären Außenpolitik zu lenken. Und die Demokraten sind diejenigen, die der amerikanischen Bevölkerung die gefährlichen Folgen der derzeitigen politischen Krise verschweigen.

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