Bundestagsparteien wollen Opposition gegen ihre rechte Politik vom Stimmzettel verbannen

Von der AfD bis zur Linkspartei versuchen sämtliche Bundestagsparteien, Opposition gegen ihre rechte Durchseuchungspolitik, die schreiende soziale Ungleichheit und den wachsenden Militarismus vom Wahlzettel zu verbannen. Seit Monaten weigern sie sich, die Wahlzulassung neuer Parteien an die Pandemiesituation anzupassen. Das zielt insbesondere auf die Kandidaten der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP), die ihrer rechten Politik entgegentritt.

Parteien, die noch nicht im Bundestag oder einem der Landtage vertreten sind, müssen laut Wahlgesetz über 27.000 Unterschriften sammeln, um im ganzen Bundesgebiet wählbar zu sein. Die Unterschriften müssen handschriftlich geleistet und anschließend vom Wahlamt einzeln geprüft werden.

Diese undemokratische Praxis hatte schon immer den Zweck, neue Parteien vom Stimmzettel fernzuhalten. Doch inmitten der Corona-Pandemie, in der Kontakte aufs Notwendige reduziert werden müssen, kommt es einem Ausschluss jeglicher Opposition gleich. Denn das „Werben um Unterschriften basiert maßgeblich auf dem persönlichen Kontakt und der spontanen Gesprächsaufnahme mit fremden Personen auf der Straße, auf öffentlichen Plätzen und anlässlich von Veranstaltungen“, wie das Berliner Landesverfassungsgericht feststellte. Dies ist unter Pandemiebedingungen schlicht unmöglich.

Doch trotz dieser eindeutigen Situation haben sich die Bundestagsparteien geweigert, die Bedingungen an die Pandemie anzupassen, seit im Juni letzten Jahres die Zeit für das Sammeln der Unterschriften begann. Nun sind bereits über vier Fünftel der Zeit verronnen, und es gibt noch immer keine Regelung.

Erst nachdem zahlreiche Landesverfassungsgerichte eine deutliche Reduzierung der erforderlichen Unterschriften eingefordert hatten, brachten die Grünen am 20. April einen Gesetzentwurf ein, der die Reduzierung auf 30 Prozent der ursprünglichen Menge vorsah. Das Berliner Landesverfassungsgericht hatte diese Größe zuvor als absolutes Maximum festgelegt. In der Debatte musste selbst der CDU-Abgeordnete Ansgar Heveling eingestehen, dass eine „Herabsetzung auf 30 Prozent nicht ausreichend sein dürfte, um eine verfassungsrechtliche Beeinträchtigung sicher auszuschließen“.

Nichtsdestotrotz griff die Regierungskoalition den Gesetzentwurf der Grünen scharf an. Mahmut Özdemir von der regierenden SPD erklärte etwa, dass eine Herabsetzung der Unterschriften eine Ungleichbehandlung derjenigen Parteien bedeuten würde, die bereits die Gesamtzahl der Unterschriften gesammelt hätten. So macht er die eigene monatelange Untätigkeit zum Ausgangspunkt weiterer Angriffe auf demokratische Rechte. Unverhohlen forderte er schließlich die Parteien auf, „trotz der Pandemie“ „tausende Türen abzuklappern“, um die erforderlichen Unterschriften zu sammeln.

CDU und SPD kündigten aus Angst vor verfassungsrechtlichen Problemen schließlich dennoch an, einen eigenen Gesetzentwurf einbringen zu wollen, der die Quoren senken soll. Presseberichten zufolge könnte die Zahl auf 25 Prozent gesenkt werden. Doch offizielle Verlautbarungen gibt es dazu noch nicht. Da eine Entscheidung frühestens im Juni erwartet wird, werden die Parteien bis kurz vor Fristende bewusst im Ungewissen gehalten.

Das Vorgehen sämtlicher Bundestagsparteien ist eindeutig darauf ausgerichtet, die Opposition gegen ihre rechte Politik vom Stimmzettel zu verbannen. Auch wenn sie kurz vor Schluss die Anzahl reduzieren sollten, um einen offenen Verfassungsbruch zu vermeiden, zielt die systematische Verzögerung darauf ab, Parteien die Teilnahme an den Wahlen unmöglich zu machen.

Dabei ist auch eine Reduzierung der Anforderungen vom demokratischen Standpunkt völlig inakzeptabel. Unter Pandemiebedingungen dürfen handschriftliche Unterschriften überhaupt nicht als Kriterium zur Wahlzulassung herangezogen werden. Das Verfahren hätte frühzeitig auf Online-Unterschriften umgestellt oder vollständig ausgesetzt werden können.

Durch das Beharren auf handschriftliche Unterschriften werden systematisch rechtsradikale Parteien bevorzugt, die die Abstandsregeln ablehnen und etwa auf den Demonstrationen der Corona-Leugner die Unterschriften leicht einsammeln können. Die sozialistischen Kandidaten der SGP werden hingegen die Gesundheit ihrer Unterstützer und von Passanten auch nicht für eine reduzierte Anzahl Unterschriften aufs Spiel setzen, um dem undemokratischen Wahlgesetz zu genügen.

Der grundlegende Angriff auf die demokratischen Grundrechte richtet sich gegen die wachsende Ablehnung der rechten Politik sämtlicher Bundestagsparteien, die weitgehend dem Programm der rechtsradikalen AfD entspricht. Mit ihrer Durchseuchungspolitik haben die Parteien auf Bundes- und Landesebene die Profite der Konzerne vor die Gesundheit der Menschen gestellt und haben fast 100.000 Tote zu verantworten.

Zur gleichen Zeit wurden den Banken und Konzernen Milliarden Euro in den Rachen geworfen. Inmitten der Pandemie haben die zehn reichsten Deutschen ihr Vermögen um 35 Prozent auf 242 Milliarden Dollar vermehrt. Auch für die Aufrüstung werden Milliarden bereitgestellt. Im letzten Jahr steigerte Deutschland seine Militärausgaben mit 5,2 Prozent so stark wie kein anderes Land auf der Welt. Hingegen haben 40 Prozent der Arbeiter teils gravierende Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Die Etats für Bildung, Gesundheit und Soziales werden im laufenden Jahr massiv gekürzt.

Alle Parteien bereiten sich darauf vor, diese Politik nach den Wahlen weiter zu eskalieren. Der CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet steht wie kein anderer für die „Profite vor Leben“-Politik und hat selbst die unzureichenden Eindämmungsmaßnahmen der Bundesregierung regelmäßig von rechts angegriffen. SPD-Kandidat Olaf Scholz ist als Finanzminister direkt für die soziale Umverteilung und die Staatsaufrüstung verantwortlich.

Die nominell linken Oppositionsparteien sind keine Alternative, sondern greifen den reaktionären Kurs der Großen Koalition in vielen Fragen sogar von rechts an. So wirft die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock der Bundesregierung „außenpolitische Passivität“ vor und fordert einen aggressiveren Kurs gegen die Atommächte Russland und China. Sie will die Ukraine in Nato und EU aufnehmen und eine europäische Armee hochrüsten.

Die Spitzenkandidatin der Linkspartei in Nordrhein-Westfalen, Sahra Wagenknecht, knüpft offen an die Denktraditionen der Nazis an. Sie hetzt gegen Migranten, will Arbeit nur für Deutsche und verteidigt das deutsche Kapital gegen seine angeblich gierigeren ausländischen Konkurrenten.

Die Sozialistische Gleichheitspartei gibt der enormen Opposition gegen diese Politik eine Stimme und eine sozialistische Perspektive. Deshalb sollen ihre Kandidaten mit den undemokratischen Maßnahmen vom Stimmzettel ferngehalten werden. Durchseuchung, Militarismus und soziale Ungleichheit sind mit demokratischen Rechten für die Bevölkerung unvereinbar.

Mit ihrem Versuch, die SGP vom Wahlzettel zu verbannen, setzt die Regierung ihre Bemühungen fort, die SGP zu unterdrücken. Vor drei Jahren hatte der Verfassungsschutz die SGP erstmalig als „linksextremistisch“ verleumdet und unter geheimdienstliche Beobachtung gestellt, unter anderem, weil sie sich „gegen ver­meintlichen Nationalismus, Imperialismus und Militarismus“ wende. Nachdem die SGP Klage eingereicht hatte, rechtfertigte das Bundesinnenministerium ihre Beobachtung mit der Begründung, dass sie „für eine demokratische, egalitäre, sozialistische Gesellschaft“ streite.

Wir erklärten in unserer Antwort darauf: „Der Angriff auf die SGP zielt aber gegen jede fortschrittliche Bewegung. Er knüpft an die schlimmsten autoritären und faschistischen Traditionen Deutschlands an. Setzt sich das Innenministerium damit durch, schafft es einen gefährlichen Präzedenzfall. Er kann genutzt werden, um gegen jeden vorzugehen, der gegen soziale Ungleichheit, Umweltzerstörung, staatliche Repression, militärische Aufrüstung und andere Missstände der kapitalistischen Gesellschaft ankämpft.“

Das Gleiche gilt für die Maßnahmen gegen die Wahlzulassung von Oppositionsparteien. Die SGP steht im Zentrum dieser Angriffe, weil sie sich der Durchseuchungspolitik und dem massiven Rechtsruck entgegenstellt und damit die breite Opposition in der Bevölkerung zum Ausdruck bringt. Doch der Angriff richtet sich gegen jede Form des Widerstands gegen die kapitalistische Barbarei.

Die SGP fordert deshalb die Zulassung aller Parteien unabhängig von der Anzahl an Unterstützungsunterschriften. Gleichzeitig rufen wir alle Leser auf, noch heute für die Wahlzulassung der SGP zu unterschreiben und dem Angriff auf demokratische Rechte entgegenzutreten.

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